Protocol of the Session on September 6, 2012

Frau Schröder mimt die Super-Nanny, vergisst dabei aber, dass an Jugendliche unter 16 ohnehin kein Alkohol ausgeschenkt werden darf. Erst einmal muss hier strikter kontrolliert werden, bevor wir alle Straßenfeste, Sportveranstaltungen, Opern, Theater und Konzerte am Abend zu Jugend-Sperrgebieten umfunktionieren müssen.

Er sagt weiter:

Sie unter Generalverdacht zu stellen, ist unerhört.

Recht hat Herr Roth, und der Rede von Herrn Dr. Spies hat er eben noch applaudiert. Es gibt wohl durchaus Kollegen auch bei der SPD, die das etwas anders sehen.

Herr Roth geht sogar noch etwas weiter. Im Moment wirbt er auf seiner Internetseite für den Weinausschank der KBV am 7. September 2012 auf dem Köhlerfest. – Meine Damen und Herren, wer es als Abgeordneter wirklich ernst meint, den darf ich dann auch durchaus einmal fragen, ob es sich wirklich gehört, wenn ein Abgeordneter auf seiner Internetseite zu einem Weinausschank aufruft. Er hat dort nicht differenziert und auch keinen Vermerk daruntergeschrieben, nach dem Motto: Alkohol gefährdet Ihre Gesundheit. – Nein, meine Damen und Herren, ich glaube, Herr Roth hat auch ein ganz gutes Gefühl dafür, wie die Gesellschaft tickt, und setzt ein Stück weit auf Selbstverantwortung. Das tun wir als FDP auch. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist unbestritten und im Hessischen Landtag einheitlich vertreten, dass Alkohol und sein übermäßiger Konsum eine Gefährdung darstellen – und zwar nicht nur für einen selbst, sondern durchaus auch eine Fremdgefährdung – und dass wir alles unternehmen müssen, um insbesondere den übermäßigen Gebrauch und damit den Missbrauch von Alkohol zu verhindern. An einem solchen Punkt ist die spannende Frage schlicht und einfach, mit welchen Maßnahmen und wie wir es schaffen, einen Weg zu finden, um übermäßigen Alkoholgebrauch zu verhindern.

Die Hessische Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind an dieser Stelle auf einem ganz klaren Weg. Sie sagen: Beratung, Aufklärung, Prävention und Bewusstmachung ist der richtige Weg.

Dass möglicherweise auch einem Zeitgeist Rechnung getragen wird, Frau Lentz, indem man sagt: „Verbote und Gesetze sind uncool“, ist ein Effekt, der damit einhergeht. Aber er trifft auch den Kern der Sache. Seit der Prohibition in Amerika oder der Situation in den skandinavischen Ländern wissen wir, dass der Alkoholmissbrauch nirgendwo so groß ist wie da, wo das völlige Verbot herrscht.

Deswegen geht es um die Fragestellung: Wie gehe ich mit einem solchen Sachverhalt um? Es war ein schwarz-gelbes Gesetz in Baden-Württemberg, das von der SPD in Hessen abgeschrieben worden ist. Ich würde ungern sagen, dass es handwerklich falsch ist. Es verfolgt einen anderen Ansatz, indem es mit Repression und Verbot einhergeht und nicht mit Aufklärung und Prävention. Man muss sich die Situationen sehr trefflich anschauen.

Ich will dann auf einige Ausführungen des Kollegen Dr. Spies eingehen. Er hat eine Pressemeldung verfasst, die kurz vor dieser Debatte auch über den Ticker gelaufen ist, in der es heißt: große Zustimmung zu dem SPD-Gesetz. – Im Plenum des Hessischen Landtags sehe ich diese große Zustimmung nicht. Mit dem Gesetz steht die SPD erst einmal ganz alleine da.

(Peter Seyffardt (CDU): Sogar DIE LINKE ist nicht dabei!)

Ja. Das war nach den Ausschussberatungen zu erwarten. – Die Frage ist: Warum kommt die SPD im Januar mit einer Änderung des Ladenöffnungsgesetzes, obwohl wir das Hessische Ladenöffnungsgesetz bereits im September beraten und verlängert hatten? Ich habe erwartet, dass Herr Dr. Spies sagt: Wir haben damals keinen Antrag stellen müssen, aber wir haben – wie er es hier vorgetragen hat – die von der Suchthilfe vorgetragene Auffassung, dass eine Veränderung vorgenommen werden muss, massiv unterstützt. – Das große Problem ist: Die Suchthilfe hat sich damals gar nicht zu dem Gesetz geäußert. Die Suchthilfe ist gar nicht angefragt worden. Insofern ist das vorgeschoben, das wissen Sie auch, denn es war damals nicht in der Diskussion. Sie haben es vergessen einzubringen und meinen, jetzt mit einer solchen Gesetzesänderung in einer singulären Art und Weise Kapital schlagen zu können. Das geht nicht.

Dann haben Sie gesagt: Wir konstatieren in Hessen nach wie vor, dass viele Jugendliche aufgrund von Alkoholmissbrauch in Kliniken eingeliefert werden. – Leider ist das in der Tat der Fall. Auf meine Zwischenfrage nach der Uhrzeit haben Sie schlicht und einfach nicht geantwortet. Ansonsten gehen Sie ab und zu auf Zwischenfragen von der Regierungsbank ein, obwohl ich weiß, dass ich sie nicht stellen darf. Wenn Sie die Zahlen sehen: Der überwiegende Teil der Jugendlichen, die Alkoholmissbrauch begangen haben – so schlimm es ist –, wird vor der Zeit, in der Ihr Alkoholverbot gelten soll, in die Kliniken eingeliefert. Gerade in der Karnevalszeit, in der wir präventiv auf den Straßen unterwegs gewesen sind, nehmen die Klinikeinlieferungen von alkoholisierten Jugendlichen extrem zu. Sie werden von einem solchen Gesetzentwurf an keiner Stelle erfasst.

Herr Dr. Spies hat seine Rede mit den Worten beendet: Jeder weiß es besser, nur die in Hessen nicht. – Ich habe ihm schon im Ausschuss gesagt, dass ich mich frage, warum kein anderes Land in der Bundesrepublik Deutschland außer Baden-Württemberg eine solche gesetzliche Regelung hat, weder ein rot-grün regiertes NordrheinWestfalen noch ein rot-grün regiertes Rheinland-Pfalz, noch ein damals links regiertes Berlin. Sind die alle dumm? – Nein, sind sie nicht, sondern sie warten – das ist auch richtig – auf die Ergebnisse, die in Baden-Württemberg zutage treten müssen.

Wir müssen überlegen, was die Zielrichtung ist. Deswegen verstehe ich auch die sehr geehrte Frau Kollegin Zeimetz, die ehemalige Landtagsabgeordnete, und die kommunale Seite, die sagt: „ein toller Gesetzentwurf“; denn die Durchsetzung von Jugendschutzvorschriften und Jugendschutzrecht obliegt den Ordnungsämtern in den Städten und Gemeinden. Sie müssen Sorge dafür tragen, dass kein Alkohol an Jugendliche unter 16 oder keine harten Drogen an Jugendliche unter 18 abgegeben werden. Das ist eine Aufgabe der kommunalen Ordnungsbehörden. Denen ist es sehr viel lieber, wenn das Ganze per Gesetz geregelt ist und sie nicht vor Ort mit ihren Maßnahmen intensiver nachprüfen müssen. Deswegen verstehe ich eine solche Regelung. Sie wollen sich ein Stück weit entlasten, aber nicht unter der Zielrichtung, Alkoholmissbrauch zu verhindern, sondern unter dem Gesichtspunkt, ordnungspolizeiliche Maßnahmen ergreifen zu können. Ich habe viel Verständnis dafür, aber es trifft den Kern nicht.

Sie müssen sich entscheiden, auch wenn Sie die badenwürttembergischen Zwischenergebnisse erzielen, welches Ihre Zielrichtung ist. In Baden-Württemberg ist der Rückgang von mit Alkoholauffälligkeiten eingelieferten Jugendlichen seit Inkrafttreten des Gesetzes marginal.

Die Schwierigkeit, das auf die Wirkungen des Gesetzes zu beziehen, wird auch durch die Stellungnahmen in BadenWürttemberg deutlich.

Richtig ist – ein Effekt, der durchaus nicht zu unterschätzen ist, der auch aus polizeilicher Sicht eine Rolle spielt – , dass die Zahl der Überfälle auf Tankstellen in BadenWürttemberg und damit die Einsätze der Polizei dort seit dieser Zeit zurückgegangen sind. Diese Einsätze erfolgen aber nicht, weil ein 14-Jähriger an einer Tankstelle Alkohol kauft, sondern sie erfolgen aus vollkommen anderen Gründen. Deswegen muss man auch die positivsten Stellungnahmen, sofern man zum jetzigen Zeitpunkt etwas Positives daraus lesen kann, unter der Zielrichtung sehen. Unter der Zielrichtung „Prävention von Alkoholmissbrauch“ sind die bisherigen Ergebnisse nicht so, dass sie zu einer gesetzlichen Regelung in Hessen führen sollten. Daher schließt sich die Landesregierung der hier vertretenen Auffassung der Fraktionen außerhalb der SPD an.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In der zweiten Lesung haben wir keine Wortmeldungen mehr vorliegen. Ich komme zur Abstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – CDU, FDP, LINKE. Enthaltungen? – Die GRÜNEN. Ich stelle fest, dass das Gesetz bei Zustimmung von SPD, Enthaltung der GRÜNEN sowie Ablehnung von CDU, FDP und LINKEN abgelehnt worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Betreuungsgesetz – Drucks. 18/6047 neu zu Drucks. 18/5584 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Tipi. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP bei Enthaltung der Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen. – Danke sehr.

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abg. Spies für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Wahrheit ist das in dieser Frage keine sehr umfangreiche Gesetzgebung. Allerdings weist der Gesetzentwurf der Landesregierung Mängel an Stellen auf, an denen unseres Erachtens Lösungen erforderlich wären, damit das Ganze einen Sinn macht. Deshalb können wir dem Gesetzentwurf auch nicht folgen.

Das wesentliche Problem ist, dass die Arbeit der Betreuungsvereine und insbesondere die ehrenamtliche Arbeit der Betreuungsvereine, die ehrenamtlichen Betreuern helfend und unterstützend zur Seite stehen und diese beraten sollen, nicht ohne eine angemessene Finanzierung stattfinden kann. Tatsache ist aber, dass genau das kontinuierlich zurückgeht.

Solange man nicht zu einer Lösung kommt, die diese Arbeit angemessen unterstützt und an der Stelle insbesondere die Rahmenvereinbarung des Landes mit den Kommunalen Spitzenverbänden zur Kommunalisierung der sozialen Hilfen weiterentwickelt, ist dieser Gesetzentwurf, wiewohl gut gemeint, nicht hinreichend gut gemacht und kann so nicht verfolgt werden, weil wir meinen, dass die nötigen Aufgaben an dieser Stelle erst an anderen Punkten erledigt werden müssen. Deshalb können wir Ihrem Gesetzentwurf leider nicht folgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Utter, Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde das jetzt ein bisschen bedauerlich von Dr. Spies, denn es handelt sich hierbei um ein Ausführungsgesetz des Bundes. Es ist klar, wenn man die Diskussion verfolgt, dass sich bei der Bundeslage durchaus etwas ändern wird. Es gibt Bestrebungen, das Bundesgesetz zu verändern. Das ist auch der Grund, warum dieses Ausführungsgesetz jetzt zu denen gehört, die wir immer noch zeitlich begrenzen. Es ist jetzt nur für fünf Jahre vorgesehen, weil es möglicherweise in diesem ganzen Bereich grundsätzlich eine Reform gibt.

Es wird auch ein bisschen unterschlagen, dass sich das bisherige Ausführungsgesetz, das jetzt nur ein bisschen reformiert wird, durchaus bewährt hat. Es geht um einen Bereich, der leider zunimmt, nämlich um Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können – entweder durch Unfall oder Krankheit verursacht –, die auf Hilfe angewiesen sind, wo insbesondere Familienangehörige nicht unterstützen können. Die Regelungen des Gesetzes haben sich bewährt. Deshalb fände ich es doch gut, wenn Sie dem zustimmen könnten, dieses Ausführungsgesetz in dieser leicht bearbeiteten Version erneut in Kraft zu setzen.

(Beifall bei der CDU)

Es folgt nun Frau Kollegin Schulz-Asche, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird sich bei der Abstimmung enthalten. Wir können nicht für dieses Gesetz stimmen, weil wir der Meinung sind, dass wir eine grundsätzliche Reform des Betreuungsrechts brauchen. Es ist eine bundesrechtliche Regelung. Wir wollen aber auch nicht mit Nein stimmen, weil wir es für richtig halten, dass das Hessische Sozialministerium oberste Betreuungsbehörde wird.

Von daher glauben wir, dass wir mit unserer Enthaltung völlig richtig liegen. Sicher ist klar, dass wir aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention und des demografischen Wandels ein Betreuungsrecht brauchen, das den Schwächsten in unserer Gesellschaft tatsächlich zur Seite steht. Deswegen – Kollege Spies hat es schon gesagt – müssen wir uns auch mit den ehrenamtlichen Betreuungsvereinen befassen. Ich hoffe, dass wir über alle Fraktionen diese ehrenamtliche Arbeit der Betreuungsvereine in Zukunft stärker unterstützen können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Rock, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden natürlich dem Betreuungsgesetz und der Verlängerung zustimmen. Es geht darum, dass wir die Geltungsdauer dieses Gesetz verlängern. Wir haben schon in der Diskussion darauf abgehoben, dass es eine Arbeitsgruppe gibt, die Reformvorschläge erarbeitet hat, dass das Bundesjustizministerium an einem entsprechenden Gesetz arbeitet und dass wir in absehbarer Zeit eine Anpassung vornehmen. Ich glaube, da werden wir auch konstruktiv zusammenarbeiten.

Ich hoffe, dass sich vielleicht doch der eine oder andere zur Zustimmung überwinden kann, weil ich glaube, das ist ein Gesetz, das sich bewährt hat. Es gibt kleine Anpassungen. Und wir haben zugesagt, dass wir, sobald die bundesrechtliche Gesetzgebung vorhanden ist, an die Bearbeitung gehen. Das müssten wir eigentlich im Konsens hinbekommen. – Danke.

(Beifall des Abg. Heidel (FDP) und bei der CDU)

Nun Frau Kollegin Schott für DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich müsste der Finanzminister hier das Wort ergreifen und seinen Kollegen sagen: Liebe Leute, ihr habt etwas Wichtiges vergessen. Wir loben immer das Ehrenamt, wir wollen die Ehrenamtlichkeit, und wir brauchen in diesem Fall auch die Ehrenamtlichkeit. Genau dafür brauchen wir die Vereine und deren wirtschaftliche Sicherheit, damit die ordentlich arbeiten können.

Je mehr ehrenamtliche Betreuer wir verlieren – deshalb habe ich den Finanzminister angesprochen –, umso mehr Berufsbetreuer brauchen wir. Die Berufsbetreuer kosten die öffentliche Hand im Endeffekt richtiges, echtes Geld.

Wenn Menschen nicht mehr in der Lage sind, ehrenamtlich zu betreuen, weil sie an ihre Grenzen kommen, Hilfe und Beratung brauchen, die sie nicht mehr dort finden, wo sie sie finden sollten, weil wir diese Betreuungsvereine nicht ordentlich unterstützen, dann werden sie aufgeben. In dem Moment, wenn sie aufgeben, brauchen wir die Berufsbetreuer. Das ist ein klarer Mangel, den Sie sich einge

baut haben, und eigentlich ein Eigentor. Deswegen werden wir dem Gesetz nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Sozialminister Grüttner.