Protocol of the Session on September 6, 2012

Lassen Sie mich zuletzt etwas zur Erfahrungszulage sagen. Mich erinnert es an schlichtes Neusprech. Im Kern werden nur die Jahreszahlen abgezogen, die man im Amt ist. Das ist nichts anderes als die Altersstufe mit einem neuen Namen. Ich glaube, es gibt Alternativen dazu, die eine höhere Grundbesoldung auf der einen Seite und einen größeren Spielraum für die Hochschulen auf der anderen Seite darstellen, zu entscheiden, wie sie besondere Leistungen und besondere Berufserfahrung organisieren. Ich glaube, dass es zu diesem Gesetz heftiger Debatten bedarf. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr May jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Richtig ist, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldungsstufe W 2, der Professorenbesoldung, macht es notwendig, dass wir heute über diese Gesetzesnovelle beraten müssen.

Nicht so ganz zutreffend ist meiner Meinung nach, dass das Bundesverfassungsgericht die W-Besoldung in Gänze infrage gestellt hat. Von daher ist es zwar folgerichtig, eine Erhöhung des Grundgehaltes vorzunehmen. Denn das ist das, worüber sich Karlsruhe Gedanken gemacht hat.

Nicht mit dem Urteil zu begründen ist jedoch, dass die Leistungsbezüge in weiten Teilen abgeschafft werden sollen. Frau Ministerin Kühne-Hörmann hat in ihrem Redebeitrag darauf hingewiesen, dass die Grundlage ein rotgrünes Gesetz aus dem Jahr 2002 ist, und hat dies gelobt. Ich lobe diesen Ansatz auch und bin der Meinung, dass die Leistungsbezüge auch weiterhin einen wesentlichen Anteil in der W-Besoldung haben sollten. Es macht überhaupt keinen Sinn, jetzt große Teile der leistungsbezogenen Vergütung wieder abzuschaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Das will auch keiner!)

Doch, darauf läuft es hinaus.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Das würde ich noch einmal lesen!)

Mein Vorredner hat das eben schon relativ deutlich gesagt: Sie schmälern das, was an Leistungsbezügen möglich ist, zugunsten der Erfahrungsstufen. Für uns ist es gerade so, dass die Möglichkeit, wesentliche leistungsbezogene Zuschläge zu gewähren, den Hochschulen ein wirksames Instrument gegeben hatte, herausragende Leistungen zu honorieren. Von daher ist mir unverständlich, wieso das Ministerium jetzt vorschlägt, dieses Instrument in weiten Teilen abzuschaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Sprechen wir über den gleichen Gesetzentwurf?)

Wir sprechen über denselben Gesetzentwurf. Da bin ich mir ganz sicher.

Ich bin mir mit Herrn Grumbach einig, dass das, was an Erfahrungsstufen jetzt vorgesehen ist, wirklich nichts anderes als eine Umbenennung des Dienstaltersprinzips ist. Ich glaube, dass das völlig kontraproduktiv zum Leistungsgedanken in der W-Besoldung ist.

Wir stehen mit unseren Ansichten hinter den Ansichten der hessischen Hochschulen und Universitäten, die sich dafür einsetzen, den Leistungsgedanken auch in der W-Besoldung weiterhin drinnen zu behalten und ihn nicht durch das Erfahrungsprinzip zu ersetzen.

Etwas irritiert hat mich allerdings heute, dass ich in den Onlinemedien las, dass der Hochschulverband jetzt schon wieder plant, die nächste Verfassungsklage auf den Weg

zu bringen. Denn ausweislich der Unterlagen der Regierungsanhörung hat dieser Verband gerade das, was ich kritisiere, nämlich weniger Leistungsbezug, dafür die Erfahrungsstufen, begrüßt. Natürlich argumentiert er nicht auf diese Art und Weise, sondern er sagt: Wir wenden uns dagegen, dass für diejenigen, die bisher eine Leistungszulage bekommen haben, diese Leistungszulage jetzt eingepreist wird in die allgemeine Erhöhung. Das könne nicht sein.

Das kann ich zwar nachvollziehen, aber dann wäre es eigentlich konsequent, zu sagen: Wir sind für den Leistungsbezug, und wir lassen die Finger von den Erfahrungszulagen.

Sie stellen sich aber hin und sagen: Ja, wir wollen das größere Grundgehalt, ja, wir wollen die Erfahrungszulage alle fünf Jahre, und, ja, wir wollen obendrauf noch eine Leistungszulage. – Das finde ich dann doch ein bisschen zu viel des Guten. Von daher, denke ich, sollte man da eine gewisse Kongruenz herstellen. Ich würde mich freuen, wenn der Hochschulverband sich auf unsere Seite stellen und sagen würde: Ja, wir wollen das Leistungsprinzip stärker berücksichtigt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Das kann ich verstehen!)

Ich fasse zusammen. Wir stehen zum Prinzip der Leistungsbezüge. Wir freuen uns auf eine intensive Debatte im Ausschuss über die Frage, wieso das ausgerechnet so geschmälert werden soll. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr May, vielen Dank. – Für die FDP-Fraktion erhält Herr Dr. Büger das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über die W-Besoldung. Die Änderung ist notwendig geworden – das wurde schon mehrfach erwähnt – wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Es hat in Teilen und nicht in der großen Linie die W-Besoldung aufgehoben.

Wir müssen deswegen jetzt auch schnell handeln. Herr Grumbach, deswegen sind Überlegungen, einmal sämtliche Bereiche der Bezüge und der Transferzahlungen und alles, was es an bundesgesetzlichen und landesgesetzlichen Regelungen gibt, einzubeziehen, gesetzgeberisch schlichtweg nicht möglich. Wir können das sicherlich im Ausschuss als Hintergrundinformation mit hineinnehmen.

Ein wichtiger Punkt ist, dass die Besoldung der Professoren zwei Teile hat. Der eine Teil ist das Grundgehalt, der andere die Leistungszulage. Dass ein Teil der Vergütung nach Leistung bezahlt wird – noch immer ist das nur ein Bruchteil, also der kleinere Teil –, ist absolut richtig. Ich freue mich, dass sich das bis in die GRÜNEN hinein klarer Zustimmung erfreut.

Ich will das noch einmal betonen. Die Frau Staatsministerin hat das bei der Einbringung klar gesagt. Nur so können gute Leistungen in Forschung und Lehre belohnt werden. Nur so können ausgezeichnete Wissenschaftler für unsere Hochschulen gewonnen bzw. hier gehalten werden.

Wer keine Leistungszulage haben will, der würde sich schlichtweg aus dem internationalen wissenschaftlichen Wettbewerb verabschieden. Die Wissenschaft ist ein besonderer Bereich, der nicht mit allen Bereichen vergleichbar ist.

In Hessen erhält im Übrigen die größte Anzahl der Professoren Leistungszulagen in unterschiedlicher Höhe, die natürlich vom Prinzip her weder dauerhaft zugesagt noch einklagbar sind. Das erfolgt aufgrund der Leistung.

Das ist genau der Punkt, an dem das Bundesverfassungsgericht eingehakt hat und gesagt hat, das dürfe deswegen bei der Alimentation nicht mit eingerechnet werden. Dann wurde das mit den Gehältern A 15, A 16 bzw. B 3 verglichen. Das müsse einen gewissen Abstand haben.

Wenn man sich das ansieht, was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dann kommt man vom Grundsatz her zu drei unterschiedlichen Möglichkeiten, unter denen man wählen kann. Erstens könnte man komplett auf Leistungszulagen verzichten und alles dem Grundgehalt zuschlagen. Das wäre inhaltlich falsch. Das wäre, wissenschaftspolitisch gesehen, eine Katastrophe. Ich habe das Gefühl, dass das auch hier ganz deutlich keine Mehrheit finden würde.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann gibt es die Möglichkeit, das Grundgehalt nur so weit anzuheben, dass es gerade über der Endstufe von A 15 bzw. A 16 liegt. Dann bräuchten wir all die Erfahrungsstufen nicht. Dann bleibt aber für Leistungszulagen fast nichts mehr übrig.

Man könnte auch nur eine Mindestanhebung des Grundgehalts machen, also die kleinstmögliche. Dann muss man aber – das hängt mit der Systematik bei A 15 und A 16 zusammen – gewisse Stufen einbeziehen, die im Zusammenhang mit den Jahren stehen, die ich im Dienst bin. Das mag ich nun Erfahrungszulage nennen oder nicht. Das ist schlichtweg so, weil sich die A-15- und A-16-Gehälter verändern.

Der Vorteil ist, dass gerade in diesem Fall der größte weitere Spielraum verbleibt, nämlich der größte weitere Spielraum für die Leistungsbezüge. Dann ergibt sich der größte Spielraum für die Hochschulen.

Herr May, deswegen verstehe ich Ihre Argumentation nicht. Sie sagen, Sie wollten so viel wie möglich für die Leistungszulage retten. Da sind wir uns einig. Dann können wir nur den Weg gehen, den die Ministerin vorgetragen hat. Dann kommen wir um den sauren Apfel nicht herum. Die Erfahrungszulage ist etwas, was sich aus der Anzahl der Jahre im Amt ergibt. Dies muss dann als Variante mit hineingenommen werden. Man hat sich für diese dritte Variante entschieden, um den größtmöglichen Spielraum für die Leistungszulage zu retten. Das begrüßen wir ganz ausdrücklich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Finanziell gesehen, wird das Ganze das Land nur relativ gering belasten. Wir reden von einem Betrag unter 1 Million €. Das wird vermutlich nur einmalig der Fall sein. Sie können sich sicher sein, dass wir die Hochschulen da nicht im Regen stehen lassen werden.

Dass wir uns bei diesem Gesetzentwurf auf die Umwidmung von Leistungsbezügen in solche Grundbezüge geeinigt haben, liegt natürlich auch in der Natur der Sache. Ansonsten hätten wir am Ende eine ganz deutliche Erhöhung. Dann käme beides obendrauf. Das Verfassungsge

richt hat nur gesagt, dass sichergestellt wird, dass die Professoren dieses Mindestgehalt bekommen, aber nicht, dass derjenige, der eh schon deutlich über dem Mindestgehalt ist, noch einmal einen Zuschlag bekommen muss. Das wäre sicherlich, wissenschaftspolitisch gesehen, nicht sinnvoll.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich sagen, dass ich nicht verhehlen will, dass es mir lieber gewesen wäre, dass es bei der bestehenden Lösung geblieben wäre, weil sie den Hochschulen noch mehr Gestaltungsfreiheit gegeben hat. Hier hat uns nun einmal das Verfassungsgericht einen engeren Rahmen gesetzt. Das müssen wir akzeptieren. Deswegen gibt es auch die eine oder andere unschöne Systematik, der wir uns dort beugen müssen.

Ich will jetzt auch noch einmal den Universitätspräsidenten, Herr Mukherjee, inhaltlich anführen, der bereits zitiert wurde. Es geht mir gar nicht um die berühmte Karotte. Es hat manchmal auch einen symbolischen Wert, dass ich sage, ich gebe hier etwas für eine besonders gute Leistung.

Er hat gesagt, dass sich die Hochschulen an das große Maß an Gestaltungsfreiheit bei den Bezügen gewöhnt haben. Er sehe aber in der Neuregelung keine Probleme. Dem kann ich nur zustimmen.

Herr Präsident, ich komme damit zum Schluss meiner Rede. Deshalb kann ich nur sagen: Die Details können wir im Rahmen der Anhörung noch einmal besprechen. Das sollten wir auch tun. Ich glaube aber, dass dieser Gesetzentwurf eine hervorragende Basis für die weitere Beratung ist. Er bietet beste Möglichkeiten innerhalb des Rahmens, den uns das Bundesverfassungsgericht vorgibt. Ich möchte in dieser Richtung auch weiterhin in der Beratung vorgehen. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Herr Dr. Büger, schönen Dank. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Dr. Müller.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ein Tatbestand ist klar: Das Bundesverfassungsgericht hat uns bescheinigt, dass das Grundgehalt der W-2-Besoldung bei Professoren nicht dem Alimentationsprinzip entspricht. Damit haben wir hier im Landtag die Aufgabe – übrigens in einer sehr kurzen Zeit: bis zum Ende dieses Jahres –, zu handeln. Darüber besteht Einigkeit.

Zum Zweiten. Ich habe mit Freude vernommen, dass auch Einigkeit darüber besteht, dass zumindest die beiden Elemente der bisherigen Besoldung, nämlich die Grundgehälter und die Leistungsbezogenheit, die sich bewährt haben, fortgesetzt werden sollen. Das ist auch Bestandteil dieses Gesetzentwurfs, über den wir hier reden.

Nun kann man über dieses Urteil sprechen, wie man will. Es ist ein Urteil des höchsten deutschen Gerichts. Wenn man weiß, dass die meisten Bundesverfassungsrichter Professoren sind, wundert es einen nicht unbedingt, dass diese Verfassungsrichter dem Professorenberuf natürlich eine evidente Wertigkeit zumessen. Das ist auch okay. Das sehe ich für den Lehrerberuf und andere wichtige Elemente in unserer Berufsstruktur ganz genauso.

Meine Damen und Herren, die Diskussion war sehr sachlich. Ich will eigentlich nur auf einen Punkt eingehen; denn ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Es wundert mich, dass ein so erfahrener und kluger Kollege wie der Kollege Grumbach diesem Missverständnis erlegen ist.

Ich bin keiner, der nach dem Motto geht: Haust du meine Tante, haue ich deine Tante. – Ich stelle fest, dass man immer den Ländervergleich bemüht. Aber man muss natürlich feststellen, dass die meisten Bundesländer hier den Weg des geringsten Widerstandes gehen werden. Die meisten Bundesländer – von diesem Urteil sind alle betroffen – entscheiden sich dafür, das Grundgehalt der W-2-Besoldung anzuheben. Das ist ein einfacher Weg. Damit hat man vermutlich dem Tenor dieses Urteils Rechnung getragen – aber auch gezeigt, dass man nicht unbedingt kreativ sein will.

Die Ministerin hat gerade darauf hingewiesen: Wir wollen durch die Einführung dieser Erfahrungsstufe deutlich machen, dass wir beides wollen: eine angemessene Alimentation durch das Grundgehalt auf der einen Seite, aber eben auch einen Leistungsbezug, und zwar nicht nur in Bleibeund Berufungsverhandlungen, sondern generell. Man muss überlegen, wie das gelingen kann.