Protocol of the Session on May 10, 2012

Aber lassen Sie mich ein paar Bemerkungen – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind die Partei der Steuerhinterzie her! – Gegenruf des Abg. Peter Beuth (CDU): Unglaublich, unfassbar! – Weitere lebhafte Zurufe)

Herr Kaufmann, diesen Zwischenruf rüge ich ausdrücklich. Das kann ich nicht durchgehen lassen.

(Wolfgang Greilich (FDP): Was war das? – Große Unruhe)

Herr Greilich, zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident, wahrscheinlich haben Sie das nicht gehört. Deswegen sage ich es hier. Auf Ihre Rüge hin hat der Abg. Kaufmann reagiert, indem er gerufen hat: „Das ist die Wahrheit.“ Das heißt, er hat auf die Rüge reagiert, nicht etwa, indem er sie annimmt, sondern indem er sie quasi zurückgewiesen hat. Ich finde das unerhört.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Greilich. Die Kritik am Präsidenten, das kennen Sie, wird normalerweise im Ältestenrat geübt. Ich gehe nicht davon aus, dass der Ältestenrat einberufen werden soll. Ich nehme das zur Kenntnis. Ich bleibe selbstverständlich dabei, dass ich diesen Ausdruck ausdrücklich gerügt habe. – Herr Noll, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte auf zwei Aspekte eingehen, die bereits durch den Redner der CDU angesprochen worden sind. Erster Punkt ist das Steuerabkommen mit der Schweiz. Es ist doch ein typisches Beispiel für das Verhalten der SPD: Elf Jahre lang hat die SPD den Finanzminister auf Bundesebene gestellt, und es ist in der Frage der Besteuerung von Vermögen aus Deutschland, die auf Schweizer Banken liegen, gar nichts passiert. Im Gegenteil, da war ein Finanzminister, der die Schweiz mit wüsten Attacken belegte und damit versuchte, das Problem zu lösen.

Die jetzige Bundesregierung hat sich auf den Weg gemacht und hat mit der Schweiz verhandelt und ein Abkommen ausgehandelt, das, wie ich denke, für beide Seiten erträgliche Rahmenbedingungen schafft. Die Schweiz ist doch kein Büttel. Es ist ein eigenes souveränes Land, sodass nur auf dem Verhandlungsweg Erfolge erzielt werden können. Das hat diese Bundesregierung herbeigeführt, indem ein solches Abkommen ausgehandelt worden ist.

(Zuruf von der SPD: Das ist schlecht!)

Es eröffnet den Weg – über die Möglichkeiten, die dieses Abkommen festlegt –, überhaupt Steuergelder in die Kassen der Bundesrepublik Deutschland zu holen. Dies ist doch ein deutlich größerer Schritt als der Zustand, den wir über Jahrzehnte hatten.

Was macht die SPD? Aus genau diesen grundsätzlichen Überlegungen, die eigentlich eher etwas mit Ideologie und weniger mit Pragmatismus zu tun haben, wird der Abschluss dieses Steuerabkommens, der die Kassen der Bundesrepublik Deutschland füllen wird und zu einer ge

rechteren Besteuerung aller Deutschen beitragen würde, einfach verhindert. Herr van Ooyen, das nennt sich Blockadepolitik, selbst wenn Sie diesen Begriff in Zweifel ziehen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie verhindern Schreckliches!)

Ein weiterer Punkt ist die Abschaffung der kalten Progression. Die kalte Progression schädigt in erster Linie Kleinverdiener, mittlere Verdiener und keinesfalls Großverdiener. Gerade dahin zielt diese Steuerreform: auf jene Gruppe, die von der kalten Progression ganz besonders negativ betroffen ist, wo sich Leistungsanreize ins Gegenteil verkehren. Dies wieder umzukehren und Gerechtigkeit herbeizuführen, dagegen gehen Sie an.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das ist ein Vorschlag der LINKEN gewesen!)

Diese Reform verhindern Sie mit Ihrer Blockadepolitik im Bundesrat.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten – eigentlich müssten Sie dabei doch mit wehenden Fahnen voranlaufen –, erklären Sie mir einmal, wo dies denn noch eine Politik für den kleinen Mann ist: Auf der einen Seite fordern Sie Mindestlöhne, auf der anderen Seite verhindern Sie eine gerechtere Besteuerung der kleinen und mittleren Einkommen. – Das nennt sich Blockadepolitik.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Im Übrigen trägt das nicht dazu bei, dass gerade diese Bevölkerungsgruppen ein Verständnis für eine gerechte Besteuerung in diesem Land bekommen. Sie selbst, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, tragen aus reiner Ideologie dazu bei, dass das Vertrauen in den Staat verlorengeht – und das lehnen wir ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke sehr, Herr Noll. – Frau Kollegin Erfurth, Sie dürfen jetzt für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ans Mikrofon treten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Beuth, die Mahnung des Ministerpräsidenten, wieder zu Sachpolitik zurückzukehren, ist offensichtlich an Ihnen vorbeigegangen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie hier im Schweinsgalopp durch drei wichtige Themen rasen, was eine sachliche Debatte eigentlich gar nicht mehr ermöglicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es scheint Sie auch nicht zu interessieren: Die CDU ist wohl zur Hälfte Kaffee trinken gegangen, und der Ministerpräsident ist auch nicht mehr da.

(Zuruf von der CDU)

Ich versuche jetzt einmal ein paar Antworten auf die Fragen, die Sie aufgeworfen haben.

Ich fange mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz an. Ich finde es gut und richtig, dass es nicht so in Kraft getreten ist, wie es die CDU ursprünglich wollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie wollten nämlich, dass der Steuersatz relativ niedrig ist, und Sie wollten es ermöglichen, dass die Menschen, die Geld in der Schweiz angelegt haben, auch noch über einen relativ langen Zeitraum ihr Geld in andere Steueroasen verbringen könnten. Da ist ein Riegel vorgeschoben worden. Das ist zwar noch nicht ganz so gut, und es könnte noch besser werden, aber ich bin optimistisch, dass im Laufe der Verhandlungen noch Verbesserungen möglich sind.

Nicht gut gelöst ist auch, dass weiterhin anonym Geld in der Schweiz angelegt werden kann und deutsche Steuerbehörden nicht wissen, wem das Geld gehört. Dem allgemeinen Grundsatz, nach dem das Welteinkommen eines Steuerbürgers steuerpflichtig ist, kann hier nicht nachgegangen werden, weil das Steuerabkommen Anonymität ermöglicht. Da wäre noch viel Raum für Verhandlungen. Deswegen bin ich den Verhandlungspartnern durchaus dankbar, dass dieses bisher schlechte Abkommen noch nicht zum Gesetz erhoben worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Zum Abbau der kalten Progression. Hier versuchen Sie, im Windschatten dieses Begriffs Steuersenkungen auf Pump durchzusetzen; genau so ist es nämlich. Es ist gut und richtig, den Grundfreibetrag zu erhöhen. Darin sind wir uns einig. Dass Sie im Zuge dieser Diskussion sozusagen den Tarifverlauf verschieben und – wer hätte Böses dabei gedacht – damit auch die Menschen am stärksten begünstigen, die am meisten verdienen, das sind wir von Ihnen ja gewohnt.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf von der FDP)

Aber dass Sie sich dann hierhin stellen und die armen sozial Schwachen auch noch in Mithaftung nehmen, das ist nicht in Ordnung, Herr Krüger. Da sollten Sie noch einmal in sich gehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir sind dafür, den Grundfreibetrag anzuheben – aber nicht auf Pump – und dafür den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Dann wird ein Schuh draus, wenn Sie sich darauf einlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU)

Im Gegensatz zu Ihnen hat Rot-Grün ein paar vernünftige Gesetze im Rahmen der Steuerreform gemacht, ist dabei aber auch an mancher Stelle übers Ziel hinausgeschossen; da stimme ich Ihnen zu, Herr Peuser. Da muss man jetzt wieder einen Schritt korrigieren.

Noch ein paar Worte zu energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden: Das ist wirklich eine ganz witzige Nummer. Sie stellen sich hierhin und werfen der SPD und unterschwellig auch ein bisschen den GRÜNEN vor, wir würden nicht verhandeln und seien nicht kompromissbereit. – Haben Sie sich eigentlich einmal die Entwicklung dieses Gesetzes angeschaut?

Im Juni hat die Bundeskanzlerin das Gesetz eingebracht, und die Regierungsfraktionen von Schwarz-Gelb haben ein ähnliches Gesetz eingebracht. Dann ist es im Bundestag beschlossen worden, und der Bundesrat sagte, er gehe nicht mit. Dann passierte nichts. Gar nichts. Es wurde nicht verhandelt, und der Rat, den Vermittlungsausschuss anzurufen, wurde nicht befolgt. Dann haben die GRÜNEN beantragt, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Wieder passierte nichts. Und nachdem die Handwerker drängten, die offensichtlich gemerkt haben, dass in dem Gesetz Potenzial steckt, teilte irgendwann das Presseamt der Bundeskanzlerin mit, dass der Vermittlungsausschuss angerufen worden sei. – Wer von Ihnen aus der CDU von Blockadepolitik spricht, der hat nicht gesehen, wie diese Mechanismen gearbeitet haben.

(Peter Beuth (CDU): Sie verweigern immer noch die Einigung!)

Es gibt viele gute Gründe für dieses Gesetz, es ist richtig und wichtig. Wir müssen die energetische Sanierung der Gebäude vorantreiben. Aber wie es finanziert wird, das ist nicht richtig, Herr Beuth.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es steht doch überhaupt nicht fest, wie es finanziert wird. Daran müssten Sie als Hesse ein Interesse haben, nämlich dass die Steuerausfälle für die Länder nicht ins Uferlose laufen. Es ist doch gar nicht klar, wie hoch die Steuerausfälle sind, weil überhaupt nicht richtig festgestellt wird, wie groß das Volumen am Ende wird.

Frau Erfurth, kommen Sie bitte zum Schluss.

Entschuldigung, Herr Präsident, dass die Zeit schon um ist; aber es ist wohl so.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Man kann in fünf Minuten eben nicht vernünftig zu einem solchen Schweinsgalopp argumentieren. Ich hoffe nur, dass man in den Verhandlungen noch zu guten Ergebnissen kommt; darauf setze ich. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)