Insbesondere Herr Koch war da ein Meister – aber auch der ansonsten außerhalb des Landtagsplenums sehr geschätzte Dr. Jung: immer feinfühlig. Der Kollege Hahn und der Herr Bouffier waren immer fleißig dabei. Ich erinnere mich, da kam einmal eine Mitarbeiterin der Staats
kanzlei aus dem Erziehungsurlaub zurück – Sie haben eine Sondersitzung beantragt, der Untergang des Abendlandes war noch die mildeste Variante für normale personalpolitische Entscheidungen. Herr Dr. Wagner, deswegen: ein bisschen kleiner und ein bisschen Demut, nach dem Motto, wir haben als Opposition früher auch einmal Dinge kritisiert, die wir als falsch oder anders eingeschätzt haben.
Genau dieses Recht nehmen sich GRÜNE, SPD und auch LINKE heraus: Dinge, die nicht in Ordnung sind, zu kritisieren und zu thematisieren. Ja, im Kern geht es darum, Minister ausschließlich aus biologischen Gründen auszutauschen. Das ist mehr als eine Frage des Stils. Hier geht es auch um politische Inhalte.
Ich sage aber auch sehr deutlich: Hier geht es auch um persönliche Schicksale. Deswegen will ich zunächst sagen: Ja, da bin ich sehr bei Ihnen. Es gehört sich auch in einer Demokratie, Dankeschön zu sagen, wenn Leute, die Regierungsämter innegehabt haben – das haben sie auch für den Staat, für die Gemeinschaft getan –, aus ihrem Amt scheiden, Frau Henzler, Herr Posch, obwohl wir in den Inhalten, gerade im Bildungsbereich, einen anderen Ansatz haben. Wir halten Ihre Bildungspolitik nicht für den Ansatz, den wir uns vorstellen, aber Ihnen gebührt Respekt und Dank für Ihre Arbeit.
An die Person von Frau Henzler sage ich: Das, was man in der eigenen Partei mit Ihnen gemacht hat, das können wir als Opposition gar nicht tun. Das Verhalten von Teilen der FDP-Führung Ihnen gegenüber war schlicht und ergreifend schäbig.
Wenn das Kriterium für Veränderungen das Lebensalter ist, dann ist das eine spannende Angelegenheit.
Wir erleben es auch in Berlin. Am Dienstag hat mir Herr Rentsch acht Finger signalisiert – das sollte 8 % bedeuten. Klar, wahrscheinlich können Sie mir auch vorrechnen, dass Sie in Schleswig-Holstein mit 100 % Verluststimmen gerechnet haben, es sind jetzt nur 40 % geworden. – Das kann man so tun. Wir werden auch sehen, wie das in Nordrhein-Westfalen ausgeht.
Richtig ist allerdings: Der letzte große bundesweite Wahl erfolg der FDP war 2009 in Hessen. Das liegt lange zurück. Ich weiß, wie schwierig es für uns Sozialdemokraten war, und ich erinnere mich auch an Ihre feinfühligen Kommentare und die Rücksichtnahme, die Sie uns damals entgegengebracht haben. Dafür bedanken wir uns auch ausdrücklich.
Deswegen an dieser Stelle: Die FDP begeht folgenden Kardinalfehler, und zwar schon länger: Sie verwechseln Staat und Partei. Das ist der zentrale Punkt, Staat und Partei werden von Ihnen verwechselt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die LINKE – Widerspruch bei der FDP und der CDU)
Da sagt der FDP-Landeschef – der muss bei Herrn Wes terwelle in die Schule gegangen sein, obwohl die beiden sich nicht so mögen –, dass Sie die nächsten Landtagswahlen halbwegs überstehen und 5 % oder 6 % erreichen wollen. Das wären aber immer noch deutlich weniger als beim letzten Mal. Herr Hahn, die Messlatte ist nicht, was
gefühlt wird, sondern das letzte Wahlergebnis. So haben Sie uns das damals vorgehalten. Jetzt müssen Sie sich das vorhalten lassen. Einfache Mathematik: Sie müssen eine Hürde von 16,9 % erreichen. Ich bin einmal gespannt, wie weit Sie darunter liegen. Denn natürlich erkennen die Menschen: Mit ein paar wenigen Dingen – wie einem schlanken Staat, mehr Netto vom Brutto, jeder ist für sich selbst verantwortlich – kann man die Probleme, um die es in dieser Gesellschaft geht, nicht lösen, nämlich die Frage, wie wir Gerechtigkeit definieren und in dieser Gesellschaft austarieren, das immer größere Auseinanderdriften. Mit Ihren alt-neoliberalen Konzepten kann man das nicht lösen.
Deswegen ist das, was Sie hier machen, Herr Hahn, schlichte Parteipolitik. Weil der verehrte Kollege Blechschmidt uns zugerufen hat „Wie haben Sie denn ihren Spitzenkandidaten inthronisiert?“: demokratisch. Auf einem Parteitag haben wir demokratisch mit einem souveränen Ergebnis den nächsten Ministerpräsidenten gekürt: Thorsten Schäfer-Gümbel. So einfach ist das, so einfach: in einer demokratischen Wahl.
(Beifall bei der SPD – Lachen und Widerspruch bei der FDP – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Genau das haben Sie nicht getan! – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wir machen es nicht wie Herr Röttgen. Das ist ja der Versuch, einmal ein bisschen Ministerpräsidentenkandidat zu spielen. Herr Röttgen hat sich beschwert und gejammert, dass nicht die CDU den Ministerpräsidenten bestimmt, sondern die Wählerinnen und Wähler.
Wir freuen uns, dass die Wählerinnen und Wähler in Hessen die Gelegenheit haben, Thorsten Schäfer-Gümbel zu wählen. Daran werden wir arbeiten.
Die Heuchelei ist da nicht mehr zu überbieten. Herr Greilich hat sich ja gemeldet. Wenn Frau Henzler eine so tolle Arbeit gemacht hat, wie Sie es hier beschrieben haben – Herr Irmer, Herr Dr. Herr –, warum haben Sie Frau Henzler dann nicht einmal für ihren Einsatz gelobt? Sie haben ihr doch mehr Schwierigkeiten gemacht, als wir es jemals hätten machen können. Sie haben Frau Henzler jedes Mal boykottiert und obstruiert.
Ja, das war ein parteipolitisches Manöver. Der Ministerpräsident war angeblich in alles eingeweiht. Er war zu dem Zeitpunkt in Bursa, auf einer Delegationsreise. Da kann man im Nachhinein viel Geschichtsklitterung betreiben. Der Eindruck ist wohl ein anderer. Herr Hahn hat einen glatten Wortbruch begangen – Kollege Al-Wazir hat
bereits darauf hingewiesen. Sie haben letzten Herbst erklärt: Herr Posch, Herr Henzler, die Kabinettsriege der FDP,
Jetzt gibt es die fadenscheinige Begründung, die Wahlchancen müssten erhöht werden. Sie müssen sich jetzt in Ihrer Argumentation entscheiden. Wenn das alles so toll ist – was wir inhaltlich nicht teilen –, dann können sie auch im Amt bleiben. Wenn Sie nur Personen auswechseln wollen, weil sie biologisch ein paar Jahre jünger sind, dann kann ich nur sagen: Es gibt in der CDU Leute, die sind biologisch jünger als Herr Posch, aber ideologisch verkrusteter. Dafür muss man keine 60 sein. Man kann auch mit 30 Jahren ideologisch verkrustet sein.
Dann wird es ganz lustig. Der Abgeordnete der FDP Florian Rentsch wollte parlamentarischer Geschäftsführer werden; diesen Posten hatte Frau Beer inne. Die Abstimmung ging eindeutig zugunsten von Frau Rentsch aus.
Der eine kann seine eigene Schrift nicht lesen, Herr Dr. Wagner; das kommt bei mir gelegentlich auch vor. Der andere kommt mit den vielen Frauen in der FDP durcheinander. Das bin ich.
(Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Was ist denn schlimmer?)
So habe ich wenigstens ganz elegant die Kurve gekriegt. – Meine Damen und Herren, wir sind bei einem ernsten Thema. Ich bin einmal gespannt. Die herzliche Freundschaft der Parteikollegen von Frau Beer und Herrn Rentsch wird sich sicherlich bemerkenswert in der Kabinettsarbeit ausweisen. Es heißt so schön, man solle 100 Tage Schonfrist geben.
Wir sehen das ganz entspannt. Herr Rentsch ist ja nicht ganz unbeschrieben. Er hat als Fraktionsvorsitzender in erster Linie die Opposition beschimpft. Das ist zulässig. Wir werden jetzt sehr genau hinschauen, ob Herr Rentsch an das Format von Herrn Posch anknüpft.
Man muss nicht alles teilen. Herr Kollege Al-Wazir, Sie haben zu einem bestimmten Projekt der Hessischen Landespolitik etwas gesagt.
Wir haben zu einem anderen Projekt eine andere Auffassung als Sie, nämlich beim Thema Flughafen. Ich nehme Herrn Posch sogar ab, dass er das Problem lösen wollte, das ihm andere hingelegt haben. Herr Rentsch wird beweisen müssen, ob er das Format hat, ein wichtiges Land wie Hessen in der Wirtschaft zu führen. Das werden wir dann ganz gelassen sehen.
Ob die Qualifikation von Frau Beer ausreicht, weil sie Kinder hat – das war die Begründung von Herrn Bouffier –, ein Kultusministerium zu führen, das wird die Praxis zeigen.
Was aber nicht geht, ist, dass die FDP, seitdem sie ab 2009 wieder in Regierungsverantwortung steht, Staat und Partei verwechselt. Sie meint, ein Wahlergebnis von 16,9 % sei für alle Ewigkeit gemeißelt. Wir arbeiten daran, dass dieser Spuk in eineinhalb Jahren vorbei ist. Wir stellen uns auf den Wettbewerb der Inhalte ein. Da bieten Rot und Grün eine gute Alternative. Ich sage Ihnen eines voraus: Wir waren dann 15 Jahre in der Opposition. Das ist eine verdammt lange und harte Zeit. Wir wollen die Gelegenheit haben, Hessen sozialer und gerechter zu gestalten. Es muss aufhören, dass CDU und FDP meinen, der Staat gehöre ihnen.
Deswegen war das, was Sie gemacht haben, ein ganz schäbiges Postengeschachere. So springt man mit Menschen nicht um. Da sollten Sie einmal in sich gehen. Aber das ist ein Problem, das die FDP seit Langem hat.