Aber – das ist die Grenze; die sollte Gegenstand dieser Debatte sein; damit hätten auch Sie sich befassen sollen – wer sich über das Recht stellt und versucht, sein eigenes ideologisch geformtes Weltbild anderen mit Gewalt überzustülpen, der erschüttert die Grundfesten unserer Demokratie und gefährdet damit den inneren Frieden.
Ich sage das aus gegebenem Anlass sehr deutlich, weil wir alle möglichen Debatten über Extremismus in diesem Hause führen: Dies gilt zwingend und unabhängig von den Motiven gleichermaßen für alle, für rechtsradikale Schläger und Mörder ebenso wie für die Initiatoren der Ausschreitungen in Frankfurt oder sonstiger jährlicher Krawalle, wie sie immer zum 1. Mai in der Republik stattfinden.
Sie haben es sich ausdrücklich zu eigen gemacht. Sie machen sich damit die Schutzbehauptungen der Gewalttäter zu eigen, die meinen, hinter solchen Aussagen die klare Botschaft verstecken zu können, dass sie das System bekämpfen wollen.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Erkundigen Sie sich einmal! – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Dazu sage ich sehr deutlich: Wer sich selbst als Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person aufspielt und anderen das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum und Freiheit abspricht, der ist weder Freiheitskämpfer noch Revolutionär, sondern er ist schlicht und einfach kriminell.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Willi van Ooyen und Her- mann Schaus (DIE LINKE))
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Unrecht wird nicht durch Gewalt zu Recht. Diese Lehre ist speziell aus der deutschen Geschichte allen Demokraten gewärtig. Ich kann deshalb nur sagen und nicht oft genug in Erinnerung rufen: Es ist ein Segen, dass das SED-Unrechtsregime ohne Gewalt gestürzt werden konnte und die deutsche Teilung in Frieden und Freiheit überwunden werden konnte.
Frau Wissler und Ihre Kollegen aus der Fraktion, im Hinblick auf Pressemeldungen der letzten Tage will ich eines in Erinnerung rufen: Die notwendige Bestrafung und Verfolgung von Straftaten aus dem linken Spektrum dulden keine Relativierung, und sie stellen vor allem auch keine Relativierung oder Verharmlosung rechter Gewalt dar oder umgekehrt. Es ist Sache der Justiz, zu entscheiden, was strafbar ist und was nicht strafbar ist. Das ist keine politische Entscheidung.
Wir werden dafür sorgen, dass diese rechtsstaatlichen Grundsätze auch in Hessen durchgesetzt werden.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Die Gesetze machen doch wir! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Frau Wissler, darauf lasse ich mich nicht ein. Auch Sie haben nicht das Recht, mit Gewalt die Grundrechte anderer zu bestreiten.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Gewalt? – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wer hat etwas von Gewalt gesagt?)
Wir als FDP treten ungeteilt für die Freiheit ein. Wir stellen uns deswegen gegen alle, gegen wirklich alle, die diesen Staat und seine Grundrechte gefährden, gleichgültig im Namen welcher Ideologien.
Deshalb, das sage ich sehr deutlich, sollten alle Demokraten zusammenstehen und jegliche Gewalt gegen andere ächten, insbesondere aber auch Gewalt gegen diejenigen, die im Polizeidienst unsere Rechtsordnung schützen und verteidigen.
Meine Damen und Herren, ich will zu dem, was Herr Frömmrich gesagt hat, nur eines kurz klarstellen: Natürlich schreibt das Grundgesetz nicht die Einzelheiten unse
rer Wirtschaftsordnung vor; das hat auch kein Mensch behauptet, und das steht auch nicht in unserem Antrag.
Wenn Sie es sinnerfassend lesen oder sogar einfach nur den Wortlaut nehmen, dann werden Sie feststellen, dass die Aussage in Ziffer 4 unseres Antrags enthalten ist, nach der die soziale Marktwirtschaft integraler Bestandteil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist.
Darüber können wir uns gern unterhalten, aber das ist unbestreitbar. Wenn Sie es infrage stellen wollen, dann tun Sie das. Dann müssen wir das in der Tat einmal etwas intensiver erörtern, darauf wäre ich sehr gespannt.
Aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie sich vielleicht einfach nur ein wenig vergaloppiert haben und es nicht wirklich so meinen.
Zu den vorliegenden Anträgen will ich nur feststellen: Der CDU/FDP-Antrag deckt alles ab, was hier heute zu entscheiden ist. Es steht alles in diesem Antrag, was entscheidend ist. Deswegen – darauf hoffe ich, aber ich habe entsprechend klare Ansagen von SPD und GRÜNEN vermisst – sollten auch alle Fraktionen diesem Antrag zustimmen.
Ich bin sicherlich nicht der Einzige, der der Auffassung ist, dass Herrn Grumbachs Äußerungen, vorsichtig formuliert, teilweise etwas unverständlich waren – –
Hören Sie doch einmal zu. Frau Kollegin Ypsilanti, es ist ja schön, wenn man mal wieder etwas von Ihnen hört, aber trotzdem.
Das Positive – und das ist es, was ich eigentlich sagen wollte –: Herr Kollege Grumbach, ich habe Ihren Worten jedenfalls sehr deutlich entnommen, dass Sie sich von jeglicher Art der Gewalt, insbesondere auch von den Vorfällen am 31. März in Frankfurt, distanzieren. So etwas hätte ich mir vorher gewünscht. Auch dazu, um es vorsichtig auszudrücken: Die Reaktion, die der Kollege Rudolph seinerzeit öffentlich gemacht hat, war ein wenig undeutlich, weil er sich insbesondere zu der Frage des schwer verletzten Polizisten nicht geäußert hat. Aber das haben wir ja jetzt ausgeräumt.
Was den Antrag der GRÜNEN angeht, will ich sagen: Die Ziffer 1 dieses Antrags können wir nicht unterstützen. Die in Frankfurt bestehende Situation ist eine höchst schwierige – das wissen Sie, und das wissen wir. Ich sage das ohne jeden Vorbehalt: Ich wünsche den Mitgliedern des schwarz-grünen Magistrats in Frankfurt, der letztlich auch für die Ordnungsbehörde in Frankfurt zuständig ist, eine geschickte und wohlgeleitete Hand beim Umgang mit
dem, was dort bevorsteht. Wir alle ahnen wohl, dass das keine einfachen Tage für die Stadt Frankfurt werden. Deswegen will ich, dass wir als Landtag uns jeder Empfehlung enthalten, wie man in Frankfurt seitens des Magistrats und der Ordnungsbehörde mit den Anträgen umgeht. Lassen Sie das vor Ort nach Recht und Gesetz entscheiden, lassen Sie es durch die Gerichte überprüfen, dann werden wir sehen, wie es geht. Ich habe da Vertrauen in den Rechtsstaat.
Ich komme zum Schluss. – Die Ziffer 1 können wir deswegen nicht übernehmen. Die Ziffern 2 und 3 Ihres Antrags, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, sind als Ergänzung zu dem denkbar, was wir beantragt haben. Darin steht nichts Falsches, für sich allein genommen reicht es allerdings nicht aus. Deswegen machen wir ein klares Angebot: Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, können wir auch Ziffer 2 und 3 Ihres Antrags beschließen – sonst ist das leider nicht möglich.
Vielen Dank, Herr Greilich. – Zu einer Kurzintervention hat Frau Kollegin Wissler jetzt Gelegenheit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Greilich, Sie haben mich persönlich angesprochen. Ich will sagen, ich verwahre mich gegen Ihre Behauptung, ich hätte bei der Demonstration in Dresden Gewalt ausgeübt. Das ist eine Unterstellung, zu der ich Sie bitte, sie zurückzunehmen. Als Mitglied des Hauptausschusses wissen Sie im Übrigen besser, was in Dresden passiert ist. Sie wissen auch, dass nicht einmal unsere Personalien aufgenommen wurden. Daher ist es wirklich absurd, was Sie hier erzählen.
Sich hierhin zu stellen und zu erzählen, mein Kollege Willi van Ooyen oder ich hätten in Dresden gewaltsam protestiert – das ist die Unwahrheit, die Sie hier erzählen; das wissen Sie ganz genau. Wir haben uns an Protesten von über 10.000 Menschen beteiligt, die von einem breiten Bündnis aller Parteien, von den Kirchen und den Gewerkschaften unterstützt wurden, die sich friedlich den Nazis in den Weg gestellt haben.
An dieser Stelle will ich noch einmal sagen: Ich halte es nicht nur für mein Recht, sondern für meine Pflicht als Demokratin, den Nazis nicht die Straße zu überlassen. Ich fordere Sie auf, sich ebenfalls an solchen Protesten zu beteiligen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Zurufe von der CDU und der FDP)
Gerade angesichts des Terrors der NSU und zunehmender rechter Gewalt halte ich es wirklich für eine Zumutung, wie Sie hier argumentieren, Gleichsetzungen betrei
ben und versuchen, Menschen zu kriminalisieren, die versuchen, diesen rechten Mob zu stoppen. Sie versuchen, das zu kriminalisieren. Deswegen sage ich ganz klar: Es kann nicht sein, dass berechtigte Proteste kriminalisiert werden – das gilt für Proteste gegen Nazis genauso wie für Proteste, die jetzt in Frankfurt geplant sind. Sie stellen sich hierhin und sagen, es sei ein erfolgreiches Wirtschaftssystem. Es ist aber eben nicht so, wenn man es sich anschaut. Das ist doch der Punkt, warum Sie hier diese Gewaltdebatte führen. Sie wollen von den eigentlichen Inhalten ablenken, um die es den Demonstranten geht.