Protocol of the Session on May 8, 2012

Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um Unsummen, mit denen Otto Normalverbraucher belastet werden soll, sondern um eine Steuererhöhung, die weit unterhalb dessen liegt, was CDU und FDP, aber auch SPD und GRÜNE den Menschen zugemutet haben, als sie die Axt an den Sozialstaat gelegt haben. Denken Sie nur an die Mehrwertsteuererhöhung der Großen Koalition oder die Kürzung der Renten.

Ich möchte hier betonen, dass die Grunderwerbsteuer nicht jene Steuer ist, die wir als LINKE gerne als Erste erhöhen würden. Viel lieber würden wir endlich wieder für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, indem wir die Steuerspitzensätze, die Vermögensteuer oder die Körperschaftsteuer erhöhen. Aber für die Rücknahme rot-grüner Steuergeschenke fehlen uns hier in Hessen zum einen die Gesetzgebungskompetenz und zum anderen eine Landesregierung, die bereit wäre, sich etwa im Bundesrat für Mehreinnahmen des Landes einzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuer, deren Höhe wir in Hessen selbst festlegen können, und deshalb sollten wir dies auch tun – und zwar auf 5 %.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr van Ooyen. – Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Krüger für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Ausführungen des Kollegen van Ooyen mit einer Vorbemerkung eingehen. Wer in den letzten Tagen die Presseveröffentlichungen verfolgt hat, hat gelesen, dass das Bundesfinanzministerium mit bestimmten Erwartungen in die nächste offizielle Steuerschätzung geht. Diese Erwartungen lauten wie folgt: Das Gesamtsteueraufkommen – Bund, Länder und Gemein

den – beträgt für das Jahr 2012 597 Milliarden € und für das Jahr 2013 618 Milliarden €. Nebenbei gesagt: Das sind die höchsten Gesamtsteuereinnahmen, die es bisher gegeben hat.

Die Begründung wird auch gleich geliefert, und zwar in zwei Punkten zusammengefasst – das ist nicht meine Zusammenfassung, sondern die des Bundesfinanzministeriums –: zum einen der Lauf der Konjunktur im vergangenen Jahr, in diesem Jahr und geschätzt für 2013, zum anderen – auch das ist nicht meine Feststellung – die Lohnund Tarifabschlüsse, ebenfalls im vergangenen Jahren, in diesem Jahr und, geschätzt, die für 2013.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer kann angesichts dieser Situation tatsächlich auf die Idee kommen, noch einmal an der Steuerschraube zu drehen, statt das zu machen, was mittlerweile Konsens sein sollte, nämlich das Augenmerk darauf zu richten, stabilisierende Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen? Es gibt leider Gottes immer wieder und immer noch Unbelehrbare. Die sitzen bei uns im Landtag, vom Pult aus gesehen, auf der linken Ecke.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Das ist richtig. Vor allen Dingen ist noch richtiger, dass das Ganze unsozial ist, auch wenn man sich bemüht, hier mit vielen Worten einen anderen Eindruck zu erwecken.

(Zurufe von der LINKEN)

Man muss doch einfach einmal sehen, dass die, die für bezahlbare Mieten kämpfen, auf der anderen Seite nicht akzeptieren, dass eine nicht abzugsfähige Anhebung der Grunderwerbsteuer weitergeben wird und dazu führt, dass die Erhöhung auf die Mieten aufgeschlagen wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Sie fordern immer wieder die Quadratur des Kreises und drehen Ihre ewige Gebetsmühle, wir sollten die Einnahmen erhöhen.

(Zurufe von der LINKEN)

Nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis, dass es laufend Einnahmeerhöhungen gibt und dass die sozialste Politik immer noch die ist, für Arbeitsplätze zu sorgen und gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, für eine Verbesserung der Konjunktur zu schaffen.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Machen Sie Ihre Zwischenrufe am besten in einem Stück, dann bin ich die los. Das ist eigentlich günstiger, Herr van Ooyen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU)

Sie verkennen total, dass Wohnungs-, Haus- und Grundstückseigentum wesentliche Beiträge für die Altersversorgung sind. Auch das ist sozial. All das erschweren Sie durch eine solche Erhöhung. Ich gestehe Ihnen ja zu, dass es hier nicht um riesige Beträge geht. Wir gestehen Ihnen aber nicht zu – insbesondere den LINKEN nicht –, dass Sie auf der einen Seite angeblich für bezahlbare Mieten kämpfen, auf der anderen Seite aber mit diesem Gesetzentwurf indirekt dafür sorgen, dass die Mieten erhöht werden. Das ist ein Widerspruch. Das können Sie ja noch einmal erklären, indem Sie nach vorne ans Pult kommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das Hauptproblem ist nicht, die Einnahmen zu erhöhen. Unser Hauptproblem ist und bleibt – da ist diese Landesregierung vorbildlich, insbesondere die FDP-Minister sind da vorbildlich –, dafür zu sorgen, dass wir unser Augenmerk nach wie vor auf eine strukturierte und einsparende Ausgabenseite richten und dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft keine zusätzlichen Hemmschuhe an die Füße gelegt bekommt. Wir sollten auch dafür sorgen, dass die Normalbürger – die Ihr Gesetzentwurf treffen würde – kein zusätzliches Blei an die Füße gelegt bekommen, wenn sie Grundeigentum, ein Haus oder Wohnungseigentum erwerben wollen. Insofern ist das, was Sie hier vorschlagen, zutiefst unsozial. Aber wir sind es ja gewohnt, dass Sie das Wort „sozial“ auf den Lippen führen, in der Sache aber etwas anderes machen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wir wollen die Reichen einfach stärker besteuern!)

Insofern dürfte es kein Wunder sein, dass wir als FDP den Gesetzentwurf ablehnen werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Krüger. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Schaus zu Wort gemeldet. Für unsere Besucherinnen und Besucher: Der Redner hat zwei Minuten Redezeit.

Herr Krüger, wenn man Ihnen zuhört, dann könnte man glauben, die hessischen Kommunen würden im Geld schwimmen, die brauchten gar nichts mehr, auch das Land brauche nichts mehr, trotz einer Schuldenbelastung von insgesamt etwa 40 Milliarden €. Ich kann das nicht nachvollziehen. Insofern kann ich auch Ihre Argumentation nicht nachvollziehen, wenn ausgerechnet Sie sagen, die Altersversorgung der armen – dieses Wort haben Sie nicht verwendet – Rentnerinnen und Rentner, die sparen wollen, werde gefährdet und eingeschränkt. Wenn Sie die meinen, die schon ein Eigenheim besitzen: Die betrifft es ja nicht mehr. Aber es würde unter anderem die betreffen, die Büroräume ankaufen wollen, z. B. in Frankfurt, wo über 2 Millionen m2 leerstehen, die – jedenfalls zum Teil – sehr leicht in Wohnraum umgewandelt werden könnten. Darüber wird jetzt hoffentlich auch öffentlich diskutiert, denn diese Fläche würde nach unseren Berechnungen rund 70.000 Studierenden Wohnraum bieten.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Hören Sie mir doch zu, Herr Lenders. Ich habe ja nur zwei Minuten Redezeit. – Eine Analogie zwischen dem Kauf eines unbebauten Grundstücks, bei dem die Grunderwerbsteuer natürlich viel niedriger als beim Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung ist, und der Vermietung zu ziehen – Sie haben es ja so dargestellt, dass die Immobilie vermietet und nicht selbst genutzt wird – und zu sagen, die Erhöhung sei auf die Miete umlagefähig, ist eine abenteuerliche Erklärung, die ich nicht verstanden habe.

(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Lenders (FDP): Dafür können wir aber nichts!)

Vielen Dank, Herr Schaus. – Herr Krüger, wenn Sie wollen, können Sie, ebenfalls in zwei Minuten, antworten. Bitte schön.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass das ein mühevolles und am Ende erfolgloses Unterfangen ist.

(Heiterkeit bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie schon zu zweit hier auftreten müssen, um Ihren Unfug zu erklären, erklärt das eigentlich alles.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU)

Das, was Sie hier dargestellt haben, habe ich überhaupt nicht gesagt. Ich habe schlicht und ergreifend gesagt, dass eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer die Kosten einer Immobilie, z. B. einer Wohnung, in die Höhe treibt und natürlich in jeder Kalkulation ihren Niederschlag finden wird. Ihnen das zu erklären ist aber ein völlig hoffnungsloses Unterfangen. Das weiß ich, ich habe ja schon öfter mit Ihnen diskutiert.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Bei Ihrem Verständnis der Ökonomie wird es nie gelingen, Ihnen das beizubringen. Insofern brauche ich keine zwei Minuten Redezeit. Ich gebe es einfach auf, Ihnen irgendetwas Ökonomisches erklären zu wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Erklären Sie einmal, wie die Kommunen zu ihren Einnahmen kommen!)

Vielen Dank, Herr Krüger. – Als Nächster wird Herr Weiß von der SPD-Fraktion zu uns sprechen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Glaubwürdigkeit in der Politik hat etwas damit zu tun, dass man die Maßstäbe, die man an sich selbst anlegt, auch an andere anlegt. Das gilt auch und im Übrigen für das Verhältnis des Landes zu den Kommunen. Innenminister Rhein fordert dieser Tage in seinem Handbuch für die Schutzschirmkommunen – er ist leider gerade gegangen, er wird schon wissen, warum –

(Zurufe von der CDU)

unter anderem massive Steuererhöhungen bei den Kommunen. Herr Krüger, hören Sie zu: massive Steuererhöhungen bei den Kommunen.

(Holger Bellino (CDU): Machen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben! – Weitere Zurufe von der CDU)

Er ist als Innenminister ja Mitherausgeber dieses Handbuchs.

Ich zitiere das, was auf Seite 45 gefordert wird:

a. Überprüfung der Realsteuerhebesätze (Grund- steuer A und B sowie Gewerbesteuer) mit dem Ziel einer Erhöhung....