Protocol of the Session on March 29, 2012

Meine Damen und Herren, uns reicht es wirklich, dass Sie nichts anpacken, sondern ständig Anträge zum LFA produzieren, die lediglich dazu da sind, sich selbst Mut zu machen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen Sie mit einem Gutachten daher, das erst im Herbst vorliegen soll. Eine Spaßbremse sind Sie wirklich nicht, Herr Rentsch. Das muss man Ihnen lassen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen um die Probleme und die Ungerechtigkeiten, die im System stecken, um die mangelnde Anreizwirkung und um die Einwohnerveredelung. Darüber haben wir uns hier länger unterhalten. Der Länderfinanzausgleich allein ist aber nicht das Problem. Herr Rentsch, das wissen auch Sie. Nach dem LFA ist Hessen immer noch vorne. Die Reihenfolge ändert sich erst, wenn die Bundesergänzungszuweisungen hinzukommen, die in ihrer Summe etwa das Doppelte der Mittel ausmachen, die aus dem LFA kommen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Ist das nicht ungerecht?)

Herr Kollege Rentsch, Sie haben hier eben gesagt: Wir müssen diesen Weg gehen. – Sie haben all das gesagt, was nicht geht, was am LFA verfassungswidrig ist. Sie haben aber nicht einen einzigen Weg aufgezeigt, wie es denn anders gehen könnte. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie ein paar Lösungsbeispiele bringen, wenn Sie den LFA zum Thema machen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das hat er doch gemacht!)

Ich hätte erwartet, dass Sie etwas dazu sagen würden, wie es z. B. mit der Überlegung ist, Einkommensteuer und Umsatzsteuer jeweils zu einer reinen Bundessteuer bzw. einer reinen Ländersteuer umzuwidmen, womöglich mit einem eigenen Heberecht für die Länder. Dazu haben Sie nichts gesagt. Was ist mit dem Vorschlag, die Steuererhebung ganz beim Bund zu zentralisieren und den Ländern feste Quoten an den Einnahmen zuzugestehen? Ein weiterer Vorschlag: Die Umsatzsteuer könnte, wenigstens zum Teil, nach dem Bedarf der Länder verteilt werden. Diesen Bedarf könnte man an den Arbeitslosenquoten und der Bevölkerungsentwicklung messen.

(Zurufe der CDU: Wer hat Ihnen das aufgeschrie- ben?)

Ein weiterer Vorschlag: Dem Bund könnte ein größerer Teil der Gemeinschaftssteuern überlassen werden, und den Nehmerländern würden einzig Bundesergänzungszuweisungen zufließen. Zu all diesen Punkten hätten Sie hier etwas sagen können.

Ein Vorschlag, der ebenfalls in der Diskussion ist, den ich persönlich sehr spannend finde, betrifft die Kosten für neue Steuerfahnder, um hier einen Anreiz zu schaffen. Wenn man neue Steuerfahnder einstellt, könnten von den Mehreinnahmen, die diese generieren, die Kosten für die neuen Steuerfahnder abgezogen werden, bevor die restlichen Mittel in den Finanzausgleich verschwinden. Auch das ist ein interessanter Vorschlag. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie hier nicht nur sagen, was nicht geht, son

dern dass Sie auch ein paar Punkte aufzeigen, die gehen, Herr Kollege Rentsch.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nur populistisch „Der LFA muss weg!“ zu rufen ist viel zu wenig. Das wird auch dem bündischen Prinzip nicht gerecht, das in der Verfassung steht.

Es ist aber völlig klar, warum Sie das machen. Herr Rentsch, Sie brauchen den LFA. Deshalb passiert hier nichts. Sie brauchen den LFA – das haben wir gerade wieder gemerkt –, um die Stammtische zu bedienen, um andere Landesregierungen zu beschimpfen, um den Leuten zu erzählen, dass die Menschen in Rheinland-Pfalz und in NRW von unserem Geld leben.

(Zurufe von der CDU)

Die Landesregierung braucht den LFA, um weiterhin eine Ausrede zu haben, warum sie ihr Haushaltsdefizit nicht in den Griff bekommt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Sie brauchen den LFA, und deshalb tut sich nichts. Das ist der Grund.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Milde, schreien Sie ruhig. Tun Sie doch etwas. Ich weiß, das ist schwer. Umso schlimmer ist, dass Sie regieren, aber zumindest könnten Sie es versuchen.

(Zuruf des Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Milde, ich weiß, dass Sie etwas machen wollen. Ich weiß, dass das in einer Koalition nicht immer einfach ist. Sie haben einen gelben Klotz am Bein, auch wenn der inzwischen zu einem Klötzchen geworden ist.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wenn Sie zumindest bei einer Sache eine feste Meinung haben, dann gehen Sie doch bitte stringent vor, statt hier seit zwei Jahren Luftblasen zu produzieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Sie haben drei Möglichkeiten. Sie können versuchen, mit den Nehmerländern ins Gespräch zu kommen. Das ist aber nicht so einfach, wenn Sie sich hierhin stellen und sie ständig beleidigen. Dann würde ich mich als Nehmerland nicht unbedingt mit Ihnen an einen Tisch setzen wollen. Sie haben zweitens die Möglichkeit, z. B. bei der Verteilung der EFRE-Mittel Druck zu machen. Da haben Sie viele Möglichkeiten. Sie haben drittens die Möglichkeit, endlich zu klagen. Das ist nämlich Beschlusslage des Landtags.

Sie haben unsere volle Unterstützung, egal welche der drei Möglichkeiten Sie wählen. Aber machen Sie bitte etwas.

(Beifall bei der SPD)

Peter Ustinov hat einmal gesagt: Wer ständig auf der Stelle tritt, kann nur Sauerkraut produzieren. – Das ist oft genauso unverdaulich wie das jahrelange Zaudern von Schwarz-Gelb beim Länderfinanzausgleich. – Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Nächster Redner ist der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Willi van Ooyen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Willi, jetzt mach nicht die Spaßbremse!)

Auf die Spaßbremse muss ich noch kommen; das ist klar. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich erinnere mich an die vom Kollegen Weiß beschriebenen Debatten, die wir hier hatten; denn sie standen alle unter dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Diese Plenarwoche wird ebenfalls von einer solchen Debatte gekrönt. Auch heute dürfen wir uns mit einem Antrag beschäftigen, der darauf abzielt, den Länderfinanzausgleich für reformbedürftig zu erklären. Wir alle wissen, dass der bestehende Länderfinanzausgleich vom Land Hessen mitgetragen wird und von Herrn Koch mit unterzeichnet wurde. Wir alle wissen, dass der Länderfinanzausgleich nach dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 sowieso neu verhandelt werden muss. Nur um sich nicht mit 20 Jahren verfehlter Steuerpolitik beschäftigen zu müssen, thematisiert Schwarz-Gelb hier regelmäßig die Finanzlage anderer Bundesländer.

Sie alle, CDU und FDP und natürlich auch SPD und GRÜNE, lamentieren immer wieder darüber, wie ungerecht der LFA sei. Ich könnte Sie verstehen, wenn Sie alle endlich offen sagen würden, worum es Ihnen geht, nämlich um die Senkung der Nettoneuverschuldung des Landes Hessen auf Kosten anderer Bundesländer. Das ist eine der Grausamkeiten, mit deren Hilfe Sie alle die Schuldenbremse einhalten wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist Ihnen die liebste Grausamkeit; denn wenn in Bremen oder in Rheinland-Pfalz die Kitas für alle teurer werden, ist das kein hessisches Problem mehr.

(Horst Klee (CDU): Die nehmen doch gar kein Geld!)

In der vergangenen Woche hat sich die FDP wieder einmal damit hervorgetan, ein Papier zum Länderfinanzausgleich, wenn schon nicht zu veröffentlichen – Herr Rentsch, das gibt es nicht, das ist gar nicht bekannt –, so doch zumindest anzukündigen. Nebenbei gesagt: Ich bin nicht erstaunt darüber, dass die FDP auch in diesem Fall Ankündigungen liefert. Das, was wir von der FDP zum Länderfinanzausgleich hören, besteht nämlich darin, dass sie, neben einer Verstümmelung der Solidarität im Bundesstaat, versucht, der neoliberalen Steuerpolitik zur Geltung zu verhelfen.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Endlich wieder!)

Das geschieht auch in Zusammenarbeit mit dem Professor, den ich als die letzte Stütze des Neoliberalismus betrachte. Der soll doch einmal den Versuch unternehmen, eine gescheiterte Politik wiederzubeleben.

„Meine Herren von der FDP“, wollte ich sagen; aber ich sehe, Frau Henzler ist ebenfalls anwesend. Ich muss natürlich auch Frau Henzler begrüßen.

(Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da hast du aber lange gesucht, bis du eine gefunden hast!)

Ja. – Mit dem Mantra von einem einfacheren und für Reiche gerechteren Steuersystem sind Sie gescheitert. Sie werden sicher keine Mehrheit für ein System finden, bei dem die Bundesländer in einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern eintreten werden. Der Vorschlag, dass die Länder eine größere Steuerautonomie bekommen, ist absurd.

Während sich – bis auf die Rest-FDP – mittlerweile alle dafür einsetzen, dass wir das Steuersystem in Europa harmonisieren, etwa mittels einer Finanztransaktionssteuer, schlagen Sie vor, dass die Steuersätze im Taunus niedriger ausfallen als im Saarland. Genau darum geht es doch: Wenn ich von jemandem, der der FDP angehört, das Wort „Steuerautonomie“ höre,

(Florian Rentsch (FDP): Bitte umblättern!)

weiß ich schon, dass es vor allem darum geht, eine Steuersenkungsautonomie durchzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)