Diese gemeinsame Erklärung hat mehr mit einem Offenbarungseid der Landesregierung als mit der Verpflichtung zur Vertragstreue seitens des Rhön-Klinikums zu tun. Das bestätigte sich auch noch gestern Abend. Auf der Rückfahrt vom Landtag nach Hause hörte ich auf „hr-Info“ einen Bericht über die Betriebsversammlungen, die gestern stattfanden, während Sie mit der Leitung zusammensaßen. Es wurde darüber gesprochen, dass es den Abbau dieser 500 Stellen nicht geben solle, also der Zahl 500. Anschließend sagte der Sprecher des Rhön-Klinikums, den wir noch alle gut kennen, ins Mikrofon, dass es trotz dieser Mitteilung keinen Grund zur Entwarnung beim Personalabbau gebe.
Meine Damen und Herren, in diesem Moment dachte ich, dass der Nasenring, an dem die Landesregierung vom Rhön-Konzern durch die Manege geführt wird, ein weiteres Mal größer geworden ist.
Wir wissen heute Morgen auch nach Ihrer Erklärung, Frau Ministerin, nur eines: Es wird einen Stellenabbau geben, aber die Zahl ist wahrscheinlich nicht 500. Aber selbst da können wir nicht sicher sein.
Ein übereilter, schlampiger Vertrag vor Jahren und eine schwache, schwankende, konzeptionslose Landesregierung heute, das haben die Patienten und die Beschäftigten in Forschung, Lehre und Krankenversorgung nicht verdient. Der Leuchtturm „Privatisierung eines Universitätsklinikums“ der Hessischen Landesregierung ist ein Schutthaufen. Sie haben nicht einmal den Mut, dies zuzugeben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Blick auf die Vorgeschichte beginnen. Es hat an der einen oder anderen Stelle ein bisschen Geschichtsklitterung gegeben. Insoweit ist das notwendig.
Das Land Hessen war im Besitz von Universitätskliniken in Gießen und Marburg, die in einem schlechten Zustand waren. In Gießen hatten wir großteils marode Gebäude.
Diese Situation hatten verschiedene Landesregierungen zu verantworten, im Übrigen waren bei Weitem die meisten davon SPD-geführt, Herr Dr. Spies.
Das Land hat 2005/2006 zu Recht die Frage gestellt, ob es originäre staatliche Aufgabe ist, ein Klinikum zu betreiben.
Deswegen sind auch viele Krankenhäuser privat geführt. Untersuchungen zeigen im Übrigen, dass privat geführte Krankenhäuser im Schnitt nicht nur wirtschaftlicher arbeiten,
Meine Damen und Herren, das ist auch kein Wunder; denn Staatswirtschaft ist per se nicht besser als Privatwirtschaft, auch und gerade weil die Privatwirtschaft Geld verdienen will und sich deshalb aus eigenem Antrieb heraus anstrengt, mit Innovationen und gutem Management immer besser zu werden.
Herr Spies, es ist traurig, dass ich das in meiner Rede überhaupt so sagen muss und stattdessen in den Anträgen der LINKEN, aber auch von Ihnen lesen muss, Krankenhäuser gehörten nur in öffentliche Hand und Staatsmedizin sei angeblich der bessere Weg.
(Dr. Thomas Spies (SPD): Wollen Sie sagen, dass sich die Ärzte im Uniklinikum Frankfurt nicht anstrengen?)
Herr Spies, Sie stoßen mehrfach, auch hier, in dasselbe Horn. Ich habe mit Interesse gelesen, dass Sie in der „Frankfurter Rundschau“ vom 2. März mit folgenden Worten zitiert werden:
Das Streben nach Profit sei „ein natürliches Merkmal von Kapitalgesellschaften, aber genau deshalb gibt man ihnen keine Krankenhäuser …“
Herr Spies, interessant ist nur, dass Ihr Parteifreund, Bürgermeister Goßmann aus Wiesbaden, Klinikdezernent, gerade 49 % der Horst-Schmidt-Kliniken an eben diese Rhön AG, von der Sie gesagt haben, dass sie angeblich zur Führung nicht in der Lage sei, verkaufen möchte.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Super! – Florian Rentsch (FDP): Mein Gott, ist das peinlich!)
Neu war es also nicht, dass ein Krankenhaus privatisiert wurde, sondern dass es sich dabei um ein Universitätskrankenhaus gehandelt hat, in dem nicht nur behandelt, sondern auch gelehrt und geforscht wird.
Da kann ich sagen: Das war Neuland, selbstverständlich. Aber wie ist dieses Neuland beschritten worden? Dazu gibt es klare Aussagen des Wissenschaftsrats. Der hat nämlich festgestellt, dass diese Privatisierung gelungen ist, und insbesondere, dass die Forschung eben nicht gelitten hat. Im Übrigen: Gerade weil das Neuland war, ist es ein großer Erfolg. Das muss hier einmal ganz deutlich festgehalten werden.
Was hat diese Privatisierung darüber hinaus dem Land, der Region, den Patienten gebracht? Vor der Privatisierung waren die Kliniken, wie gesagt, in teilweise miserablem Zustand. Die Rhön AG hat mehr als 300 Millionen € in neue Kliniken investiert. Damit konnte die Qualität der Gesundheitsvorsorge in Mittelhessen deutlich gesteigert und auf ein neues Niveau gehoben werden. Das kommt der gesamten Region und den Patienten dort zugute.
Ich will es sehr deutlich sagen: Ohne Privatisierung würde es den Standort Gießen wahrscheinlich gar nicht mehr geben – eine deutliche Verschlechterung für die Patienten und eine Gefährdung von Tausenden von Arbeitsplätzen.
Stattdessen konnten wir dieses Geld in die Aufstockung des Hochschuletats, in LOEWE und in die Schaffung neuer Lehrerstellen investieren.
Außerdem wäre zu befürchten gewesen, dass ein nicht privatisiertes Klinikum Defizite einfährt und den Landeshaushalt zusätzlich belastet. Stattdessen haben wir ein gesundes Unternehmen, medizinische Versorgung auf hohem Niveau, und wir haben ein Unternehmen, das auch noch Steuern zahlt. Was wollt ihr eigentlich mehr?