Leider hat das Ministerium auch hier seine Hausaufgaben nicht gemacht und einen Transfer auf andere Schulen eingeleitet, ohne die Projektergebnisse zu evaluieren. Die selbstständigen beruflichen Schulen müssen jetzt mit weniger Ressourcen auskommen und sollen davon nicht nur
der Verwaltungsaufwand, sondern auch zusätzliches pädagogisches Personal finanzieren. Ebenso sollen sie damit neue pädagogische Konzepte zur individuellen Förderung entwickeln und Schulentwicklung organisieren. Ganz nebenbei wird das Budget von 1 % Lehrerzuschlag auch noch als zukünftiger Landesbeitrag zur Finanzierung von Hessencampus definiert.
Wen wundert es da, dass neben den SV-plus-Schulen sich lediglich 18 neue berufliche Schulen in selbstständige Schulen umwandeln wollen? Herr Döweling, zwei Drittel machen nicht mit.
Das ist wahrlich keine Erfolgsbilanz, wenn man bedenkt, dass die beruflichen Schulen mit ihrer Aufgabenstellung und ihrer Verankerung in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt ein großes Interesse daran haben, einen eigenständigen Weg zu gehen.
Die Bereitschaft der Schulen, sich auf neue Wege zu begeben, wurde erheblich strapaziert und in vielen Schulen überwiegt das Misstrauen, das Land wolle den Schulen die Mangelverwaltung zuschieben. Dieses Misstrauen haben Sie mit der Einführung des kleinen Budgets genährt. Ab Januar 2011 wurden die vielen Töpfe für Fortbildung, verlässliche Schule und IT-Ausstattung zusammengelegt und gegenseitig deckungsfähig gemacht. Ich habe damals gesagt: ein guter und überfälliger Schritt. Dieser längst überfällige Schritt ging einher mit einer Kürzung von 9,3 Millionen € im Gesamtbudget. Das ist eine Einschränkung des frei verfügbaren Budgets, die einmal mehr das Vertrauen in die Verlässlichkeit dieser Landesregierung erschüttert hat.
Verlässlichkeit der Politik ist auch eine Voraussetzung dafür, dass Schulen mehr Verantwortung übernehmen wollen – Verlässlichkeit hinsichtlich der Zielsetzungen, der Unterstützung für die Schulen und der Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen. Mehr Selbstständigkeit von Schulen darf von der Politik nicht dazu missbraucht werden, Mangelverwaltung in die Schulen abzuschieben. Sie sind auf dem besten Wege dazu.
Noch skurriler wird der Weg zur Selbstständigkeit bei den allgemeinbildenden Schulen. 24 der knapp 1.800 bis 1.900 Schulen dürfen zukünftig mit dem großen Budget arbeiten. Herr Döweling, nach welchen Kriterien, bleibt verborgen. Die Schulen konnten sich nicht etwa bewerben, wie ursprünglich angekündigt, sondern sind Auserwählte mit dem Segen des Kultusministeriums. Ein offener, vertrauensbildender Prozess, der dazu motiviert, mitzumachen, sieht anders aus.
Der Verdacht liegt nahe, dass auch hier die Ressourcenfrage eine Rolle spielt. 101 % Lehrerversorgung für zusätzliche 24 Schulen können Sie noch organisieren. Es reicht nicht mehr für alle Schulen. Und es reicht vor allen Dingen nicht für die versprochenen 105 %. Herr Döweling, Sie haben darauf gewartet, deswegen will ich auch dazu noch etwas sagen: Diese 105 % Lehrerversorgung werden immer wieder wie eine Wurst ins Schaufenster gehängt, aber im Laden sind sie gar nicht erhältlich.
Deswegen bleibt die 105-prozentige Lehrerversorgung eine Fata Morgana, selbst wenn Ihnen der Versuch gelingt – woran ich überhaupt keinen Zweifel habe –, durch immer neue Kürzungen später auf dem Papier darzustellen, dass das, was Sie vorher weggenommen haben, anschließend 5 % mehr sind. Dieses gebrochene Versprechen wird Ihnen anhängen. Das wird die Unterrichtsgarantie plus von Frau Henzler.
Ein letzter Punkt. Für uns ist eine eigenverantwortliche Schule eine, in der alle Beteiligten, Eltern, Lehrkräfte und Schüler, gemeinsam gestalten und mitbestimmen können. Der Abbau von Personalvertretungsrechten oder das Streichen der Vertrauenslehrerstunde für die Schülervertretung schwächt die Mitbestimmungsrechte.
Ihre selbstständige Schule bleibt ein bunter Flickenteppich, ohne Perspektive auf Umsetzung in der Fläche. Mutlos, kraftlos, perspektivlos – Herr Döweling, was für das neue Schulgesetz gilt, gilt auch für ihr Vorzeigeprojekt selbstständige Schule.
Vielen Dank, Frau Kollegin Habermann. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Döweling gemeldet. Für unsere Zuschauer: Der Redner hat zwei Minuten Redezeit.
Herr Kollege Rudolph, die Leute sagen immer, Frau Kollegin Habermann könne nicht lustig sein. Ich kam mir eben so vor wie bei einer verspäteten Büttenrede.
Meine liebe Frau Habermann, den Kollegen Holzapfel, den ehemaligen Kultusminister – für unsere Zuschauer: das ist schon fast etwas aus dem Geschichtsunterricht, er hat vor über zehn Jahren versucht, dieses Land im Schulbereich zu gestalten –,
als Erfinder der selbstständigen Schule zu deklarieren, das ist schon ein starkes Stück. Kollege Holzapfel hat das erfunden, was ich vorhin gesagt habe: 85 % Lehrerzuweisung als 100 % zu verkaufen. Das hat Herr Holzapfel erfunden und nicht die selbstständige Schule.
Wenn man dann die Quintessenz Ihres Vortrags nimmt, haben Sie es gar nicht bestritten, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Sie haben nur gemäkelt und genölt, es
gehe Ihnen alles nicht schnell genug. Da muss man doch sagen: Das ist der Unterschied zwischen einer Oppositionsfraktion, die immer gerne mäkelt und nölt, und einer gestaltenden Regierungsfraktion. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Wir führen die selbstständige Schule mit Sorgfalt und mit Ruhe ein. Wir geben den Schulen eine Tür, durch die sie gehen können. Viele Schulen machen das auch.
Sie haben mir nicht richtig zugehört: 105 % Lehrerversorgung bis Ende der Legislaturperiode. Dann ist die Wurst im Geschäft erhältlich, und nicht jetzt. Das muss man ganz klar sagen, und das haben wir auch immer gesagt.
Wenn Sie sagen, Selbstständigkeit sei kein probates Mittel, dann schauen Sie doch einmal in das Positionspapier des Landeselternbeirats. Dort steht:
Die Ausgestaltung der selbstständigen Schule muss ausschließlich unter dem Aspekt der Qualitätsentwicklung und -sicherung von Lernen und Lehren erfolgen. Ziel muss es sein, die Qualität des Schulsystems zu erhöhen und zu erhalten.
Ich kann Ihnen die Geschichte von „Schule gemeinsam verbessern“ genau erläutern. Ende der Neunzigerjahre hatte der damalige Schuldezernent des Kreises Groß-Gerau gemeinsam mit dem damaligen Kultusminister dieses Projekt entwickelt. Dass es drei Jahre später im Kreis Groß-Gerau zuerst gestartet ist, hat etwas mit dieser Urheberschaft zu tun.
Deswegen bleibe ich dabei: Das, was damals an Gutem auf dem Weg gebracht wurde, ist sehr viel älter, als Sie es wahrhaben wollen, und auch nicht auf schwarz-gelbem Mist gewachsen, Herr Döweling.
Ich habe Herrn Holzapfel nicht als „Erfinder“ der selbstständigen Schule bezeichnet, sondern ich habe hier erklärt, dass Sie viele der Errungenschaften, die Frau Wolff