Protocol of the Session on May 14, 2008

Herr Innenminister, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich finde, es wäre angebracht, dass Sie sich angesichts der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht eine der Gesetzesregelungen, die Sie für völlig unproblematisch gehalten haben,als grundgesetzwidrig erkannt hat,mit ein wenig mehr Demut hierhin gestellt hätten – um es einmal vorsichtig auszudrücken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Günter Rudolph (SPD): Das ist nicht seine Stärke!)

Ich glaube, wir alle – und da schließe ich niemanden aus – müssen schon genau überlegen, wo wir in der Vergangenheit vielleicht Fehler gemacht haben.

Herr Hahn, dabei möchte ich uns gar nicht ausnehmen. Schon vor einigen Jahren, genau gesagt, im Jahr 2005, haben wir parteiintern schon sehr genau darüber geredet, was wir in den sieben Jahren Rot-Grün richtig und was wir falsch gemacht haben. Dabei kann ich mich an eine interne Diskussion bei uns erinnern, bei der der Kollege von Plottnitz gesagt hat: Na ja, manche Kompromisse waren halt Kompromisse und nicht so schön. – Es gab ein einziges Gesetz – das war vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts –, das er als einen absoluten Fehler angesehen hat, und das ist das Luftsicherheitsgesetz.

Aber wenn schon wir das diskutieren, dann würde ich mir wünschen, dass gerade die hessische FDP, die heute hier beantragt,die Regelungen zur Unverletzlichkeit der Wohnung einzuschränken, einmal selbstkritisch überlegt: Wie kam eigentlich der Lauschangriff ins Grundgesetz? Da gab es doch eine heftige Debatte zwischen LeutheusserSchnarrenberger und Ähnlichen, und die hessische FDP hat doch diesen Mitgliederentscheid angestoßen, der am Ende dazu geführt hat, dass man jetzt in eine solche Situation gekommen ist.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir machen es doch jetzt, Herr Kollege Al-Wazir! Was soll das jetzt?)

Ich finde, insofern sind wir alle gut beraten, einmal zurückzublicken und zu prüfen, ob wir nicht in bestimmten Punkten Fehler gemacht haben.

Offensichtlich hat sich die gesellschaftliche Stimmung nach dem 11. September 2001 gewandelt – das war der Startpunkt für bestimmte Gesetzesänderungen, in denen sehr stark auf mehr Polizeirechte, auf mehr Überwachung gedrungen wurde. Ich glaube, es ist gut, dass sich diese Stimmung gewandelt hat.

Herr Innenminister, wenn wir seit dem 11. September 2001 eines gelernt haben, dann ist das doch, dass wir mit noch so perfekten Überwachungsmethoden am Ende keine absolute Sicherheit gewährleisten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Noch dazu befinden wir uns in der Gefahr, durch Übertreibung der Überwachungsinstrumente dafür zu sorgen, dass am Ende eine relevante Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern zunehmend den Staat selbst als Bedrohung wahrnimmt. Damit tun wir das Gegenteil von dem, was zur Gewährleistung von mehr Sicherheit notwendig ist: Wir stellen nicht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger her,wir gewinnen nicht den Kampf um die Köpfe,sondern wir tragen im Gegenteil dazu bei, dass am Ende das, was wir eigentlich alle miteinander wollen – nämlich die Gewährleistung größtmöglicher Sicherheit –, nicht erreicht wird, sondern das Gegenteil eintritt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insofern rate ich uns allen, einmal genau zu schauen, wo eigene Fehler liegen, wo vielleicht neue Möglichkeiten liegen, die man in Betracht ziehen muss. Ich rate dazu, in einer Anhörung im Innenausschuss einmal sehr genau unter anderem mit Herrn Ronellenfitsch über die Frage zu diskutieren, wie er damals zu einer solchen Einschätzung kommen konnte und wie er das heute sieht. Ich rate auch, sich zu überlegen, ob es im HSOG noch andere Bereiche gibt, die sich vielleicht nicht bewährt haben.

Insofern kann ich nur bitten, Herr Kollege Hahn – Stichwort: neuer Landtag –, sich sehr genau zu überlegen, wo die eigenen Fehler lagen.

Deshalb lasse ich jetzt auch einmal die Frage weg, wer eigentlich als Erster dieses Gesetz zur Onlinedurchsuchung beschlossen hat und welcher Partei dieser Innenminister angehört. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herzlichen Dank. – Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP, Drucks. 17/133, dem Innenausschuss zu überweisen. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Sitzung. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Bis morgen früh.

(Schluss: 18.45 Uhr)