Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr van Ooyen, was Sie gefordert haben – Steuern erhöhen, den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen mehr Belastungen zumuten und auch die Nettoneuverschuldung erhöhen –, ist der falsche Weg. Es gibt eine einfache Regel, um zu höheren Steuereinnahmen zu kommen, nämlich eine so wachstumsfreundliche Wirtschaftspolitik zu betreiben,dass wir in Deutschland tatsächlich Wachstum haben. Dadurch bekommen wir mehr Steuereinnahmen und können dafür sorgen, dass wir dann auch ausgeglichene Haushalte haben.
Ein Grundsatz ist auch durch die Ausführungen des Kollegen von der FDP deutlich geworden: Wenn wir den Schwachen dieser Gesellschaft helfen wollen – das ist eine klare gesellschaftliche Aufgabe –, dann brauchen wir genügend Starke, die in der Lage sind, dieses System zu stützen. Wir haben in den letzten Jahren als Hessische Landesregierung einen klaren Konsolidierungskurs bei den hessischen Haushalten gefahren.
Herr Schmitt, zu Ihren Ausführungen komme ich gleich noch. – Wir haben 2007 als Haushaltszahl 750 Millionen c Nettoneuverschuldung, im Jahre 2008 550 Millionen c. Geplant sind für das nächste Jahr 500 Millionen c,danach 300 Millionen c.
Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, dass das Ziel, für 2011 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, weiterhin das Ziel der Mehrheit dieses Hauses ist, um nachhaltige Wirtschaftspolitik zu betreiben.
Herr Abg. Schmitt, ich habe Ihre Ausführungen so erwartet und möchte deutlich eines sagen: Die Entwicklung der Haushalte in den Jahren 2000 bis 2006 war durch zwei klare Ereignisse geprägt, einmal durch eine wachstumsfeindliche Wirtschaftspolitik der damaligen Bundesregierung unter Kanzler Schröder.
Wir hatten kein Wachstum mehr in Deutschland, und damit sind die Steuereinnahmen in Deutschland und in Hessen exorbitant zurückgegangen.
Für den zweiten glorreichen Gedanken hat der hier im Haus wohlbekannte damalige Finanzminister Hans Eichel verantwortlich gezeichnet. Das war der Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren bei der Körperschaftsteuer. Diese Grafik, die ich Ihnen nachher gerne zur Verfügung stelle,
zeigt sehr eindrücklich und sehr eindeutig, wie mit diesem Systemwechsel 2001 die Steuereinnahmen bei der Körperschaftsteuer dramatisch wie noch nie vorher eingebrochen sind – von 23 Milliarden c bundesweit auf minus 0,4 Millionen c im folgenden Jahr. Für Hessen hat das bedeutet, dass unser Körperschaftsteueraufkommen von 2,3 Milliarden c im Jahr 2000 auf 350 Millionen c im Jahr 2001 zurückgegangen ist und auf minus 330 Millionen c im Jahr 2002.
Dieser Einbruch hat zusammen mit den Steuermindereinnahmen dazu geführt, dass Finanzminister Karlheinz Weimar mehr als 10 % des Haushaltsaufkommens ausgleichen musste. Ich will deutlich sagen, dass Karlheinz Weimar in diesen Jahren einen hervorragenden Job gemacht hat. Er hat einen ausgesprochen guten Haushalt dargestellt.
Vielleicht noch eine Bemerkung, die das Ganze wunderbar abrundet. Die hessische SPD hat vor dem Staatsgerichtshof nachprüfen lassen, ob der Nachtragshaushalt 2002 verfassungskonform ist oder nicht.
Die Ausführungen des Staatsgerichtshofs sind eine so glänzende Rechtfertigung für die hervorragende Finanzpolitik von Karlheinz Weimar, dass dem nichts hinzuzufügen ist.
Eine Bemerkung noch.Sie haben von den 10 Milliarden c Verschuldung gesprochen, die in diesen Jahren entstanden sind. Ja, das ist richtig. Sie wissen auch, dass wir einen sehr hohen Anteil an den Länderfinanzausgleich geleistet haben. Wenn der nicht gewesen wäre, hätten wir keine neuen Schulden gemacht und hätten unsere Verschuldung abbauen können.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ich keine Steuern mehr zahlen würde, hätte ich auch mehr Geld!)
Aber genauso kann ich auch sagen, Herr Abg. Schmitt, dass sich in den acht Jahren des damaligen Ministerpräsidenten Hans Eichel die Schulden in Hessen verdoppelt haben. Das ist auch eine historische Tatsache. Sie sind von 10 auf 20 Milliarden c gestiegen. Bei dem, was danach kam und für 2001 bis 2005 eindrücklich durch dieses Diagramm dargestellt wird, war es die einzige Möglichkeit, in Hessen eine Politik zu betreiben, die nicht nur von einem Sparkonto bestimmt ist. Da waren schlagende Beispiele die „Operation sichere Zukunft“, aber auch Investitionen in unserem Land, zusätzliche Lehrer, weitere Polizisten, andere Investitionen. Das hat dazu geführt, dass wir heute so gut dastehen.
Ich schließe ab. Ich möchte deutlich sagen: Es gibt keine Spielräume für finanzielle Abenteuer. Das können wir so nicht machen. Wir brauchen einen klaren Konsolidierungskurs, und wir werden ihn als Hessische Landesregierung in der Verantwortung für dieses Land und für unsere Bürgerinnen und Bürger fahren. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Dr. Arnold. – Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann stelle ich fest, dass die Aktuelle Stunde abgehalten worden ist.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Konsequenzen aus dem IAQ-Report ziehen – Ausweitung des Niedriglohnsektors stoppen) – Drucks. 17/72 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat den Report der Universität Duisburg zum Anlass genommen,hier noch einmal über das Thema Ausweitung des Niedriglohnsektors zu debattieren, und zwar deshalb,weil wir glauben,dass sich keine politische Ebene dieser verheerenden Entwicklung entziehen kann und dass jede politische Ebene ihre Verantwortung übernehmen muss, auch die Ebene der Landespolitik.
Herr Milde, Sie haben vorhin gesagt, dass das Sozialste, was es in Deutschland gibt, Arbeitsplätze sind. Herr Milde, ein Arbeitsplatz, bei dem man unter 4 c in der Stunde verdient – das ist leider keine Seltenheit mehr –,ist
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten zehn Jahren eine Ausweitung des Niedriglohnsektors um 43 % gehabt. 2006 waren 22 % aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor beschäftigt. Das sind 6,5 Millionen Erwerbstätige. Durchschnittlich verdienen die Niedriglohnbeschäftigten in Westdeutschland 6,89 c pro Stunde. In Ostdeutschland sind es nur 4,86 c. Aber davon kann wirklich niemand mehr leben.
Wir müssen auch feststellen, dass der Durchschnittsverdienst im Niedriglohnsektor gesunken ist – auch eine Entwicklung, vor der wir immer gewarnt haben. 2004 lag der Verdienst in der Stunde bei 7,25 c. 2005 waren es nur noch 7,16 c, und 2006 betrug der durchschnittliche Verdienst im Niedriglohnsektor nur noch 6,89 c.
Das heißt, auch hier ist eine Spirale nach unten in Gang gesetzt worden. Die Studie belegt leider auch, dass das gesamte Lohnspektrum – auch das haben wir immer wieder thematisiert – nach unten ausfranst. Deshalb ist unsere Forderung nach einem Mindestlohn, der unten wenigstens ein Netz einzieht, die richtige Forderung.
Bemerkenswert ist auch, dass eine Ausdifferenzierung der Löhne nach unten,wie wir sie für Deutschland festgestellt haben, in den europäischen Nachbarländern undenkbar ist,weil gesetzliche Mindestlöhne zwischen 8 und 9 c oder tarifliche Standards dies nicht zulassen.
Das ist ein Beleg dafür, dass die Forderung nach Einführung von Mindestlöhnen nach wie vor richtig ist.
Auch wir wissen natürlich, dass die Einführung von Mindestlöhnen nicht jedes Problem löst, aber ich denke, Politik muss einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Firmen im Lohndumping, also im Wettbewerb darum, den niedrigsten Lohn zu zahlen, nicht gegenseitig Konkurrenz machen.
Die Studie räumt auch mit dem Märchen auf, dass im Niedriglohnsektor nur gering Qualifizierte beschäftigt sind. Es hieß ja immer, denen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Stelle bekommen, muss man zumuten, für einen geringen Lohn zu arbeiten, und der Staat soll den Rest aufstocken. Die Studie belegt aber, dass drei Viertel aller Niedriglöhner eine abgeschlossene Berufsausbildung, zum Teil sogar einen akademischen Abschluss haben.Es ist also nicht nur die mangelnde Qualifikation, die zu Niedriglöhnen führt, sondern es sind die Bedingungen auf einem total deregulierten Arbeitsmarkt und die mangelhafte Tarifbindung.
Weil heute der Girls’ Day stattfindet, haben wir natürlich auch gegenüber den Frauen eine besondere Verantwortung.