Protocol of the Session on April 24, 2008

In den 60 Jahren hessischer Geschichte wurden noch nie so viele Schulden gemacht wie unter der Verantwortung von Herrn Koch.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Sie kennen diese Grafik, das sind die Istzahlen. Herr Kollege Hahn, ich habe diese Fläche rot dargestellt, weil ich denke, dass es eine Verbindung zwischen der LINKEN und der CDU genau in dieser Frage gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Deswegen hatten wir unsere Pressemitteilung auch überschrieben, dass es im Olympiajahr offensichtlich einen Wettbewerb zwischen Roland Koch und Willi van Ooyen unter dem Motto gibt: citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker mit dem Schuldenmachen. Das kann ja wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im letzten Jahr vor der Landtagswahl 2003 – Herr Hahn, da brauchen Sie nicht so zu lachen, da waren Sie dabei – war das Jahr der Rekordschulden: 2 Milliarden c Neuverschuldung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Norbert Schmitt (SPD):Wir sollten zum Boykott aufrufen! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

An den Kollegen Krüger, der nach mir spricht, gewandt, sage ich: Ihre Partei war beim Rekordschuldenmachen immer dabei. Insoweit freuen wir uns ja, die Wandlung vom Saulus zum Paulus zu beobachten, die bei der CDU mehr oder weniger aus karibischen Aspekten stattzufinden scheint, aber auch bei der FDP. Wir freuen uns, dass Sie endlich an nachhaltige Haushaltswirtschaft denken.

Meine Damen und Herrn, wir entwickeln uns alle weiter. An die CDU gerichtet: Ihr müsst noch viel tun. Für das folgende Jahr stehen globale Mehreinnahmen von 500 Millionen c, globale Minderausgaben von 250 Millionen c und eine Neuverschuldung von 500 Millionen c an. Das macht zusammen 1,25 Milliarden c Deckungslücke. Arbeitet bitte einmal an der nachhaltigen Haushaltsführung.

(Michael Boddenberg (CDU): Lassen Sie uns das gemeinsam machen!)

Gerne. – Wir werden dafür sorgen, dass sich Hessen nicht weiter so rekordverschuldet wie bisher. Wir wissen, dass wir da leider nicht auf die Unterstützung der CDU rechnen können und auch nicht auf die Unterstützung der LINKEN. Dann müssen es eben andere machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Das Wort hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Krüger.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht will die CDU ihre Aktuelle Stunde zurückziehen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Nach diesem launigen Vortrag ist es etwas schwierig, wieder zu dem eigentlichen Thema zurückzukehren. Das eigentliche Thema heißt: Generationengerechtigkeit gegen eine Wünsch-dir-was-Politik. Es ist schon interessant zu beobachten, dass, egal an welcher Stelle und wann solche Debatten geführt werden, ob im Bundestag, im Landtag oder in kommunalen Parlamenten, geradezu reflexartig erst einmal jeder dem anderen vorwirft und nach rückwärts guckt, wer welchen Beitrag zu der heute existierenden Verschuldung geleistet hat. Ich glaube nicht, dass das der Weg ist,um diesem Thema gerecht zu werden.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Reinhard Kahl (SPD) und Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Weg, diesem Thema gerecht zu werden, liegt an erster Stelle darin, sich noch einmal die Binsenweisheit vor Augen zu führen, dass jeder Euro Mehrverschuldung heute mit Zinsen und Zinseszinsen von den zukünftigen Generationen zurückbezahlt werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Das ist der einzige seriöse Ansatz.Natürlich ist es genauso richtig, dass wir mit der neuen LINKEN in diesem Landtag eine neue Dimension in diese Frage eingezogen bekommen haben.Wie jeder lesen konnte und der eine oder andere in persönlichen Gesprächen mit Willi van Ooyen erfahren konnte: Es ist ihm eigentlich todernst mit seiner Wünsch-dir-was-Vorstellung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann kriegen wir von dieser Ecke, so frei nach dem Motto: „Die Alternative zum Holzweg ist die Sackgasse“, gesagt, dass Schuldenmachen und neue Schulden daraufzusetzen der Königsweg sei, um den Haushalt sozial gerecht und generationengerecht zu gestalten.

Ich glaube nicht, dass es uns weiterführt, wenn wir dauernd zurückgucken und jeder dem anderen vorwirft, die SPD der CDU,die CDU den anderen usw.,wie es im Land Hessen zu einer Verschuldung von 32 Milliarden c gekommen ist, und diese schönen Kürvchen zeigt. Der Weg dahin ist, an dem Ziel festzuhalten. Im Übrigen möchte ich noch einmal eine Korrektur anbringen: Das Ziel heißt nicht, 2011 ohne Verschuldung, sondern ohne Nettoneuverschuldung.

(Beifall bei der FDP)

Schon alleine die Sprachverwirrung oder die Saloppheit – wie immer man das formulieren will – zeigt, dass bei dem einen oder anderen die Seriosität oder der Wille fehlt,dieses Ziel tatsächlich richtig und vernünftig anzugehen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man darüber hinaus das Thema Erbschaftsteuer, Vermögensteuer – es hätte nur noch gefehlt, dass das Thema Mehrwertsteuer auch noch angeführt worden wäre, dazu muss man sich auch ein paar Gedanken machen – oder das Thema Einkommensteuer aufführt – –

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich empfehle, einfach einmal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Es gibt objektive Zahlen, und die objektiven Zahlen sagen, jedenfalls bei der Einkommensteuer, dass die berühmten obersten 20 %, die ein zu versteuerndes Ein

kommen von über 50.000 c haben, insgesamt 70 % dieses Steueraufkommens erbringen.Dann halte ich es schon für sehr vermessen, erst recht aufgrund der Erfahrungen, die wir mit der Globalisierung gemacht haben, jetzt noch einmal über Steuererhöhung zu sprechen, um am Ende der Geschichte zu erreichen, dass nach den Unternehmen die letzten Leistungsträger auch noch ausfallen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann haben wir einen wunderbaren generationengerechten und sozialen finanz- und haushaltspolitischen Weg beschritten.

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass die Zeit sehr knapp ist. Ich möchte es nun noch einmal – da kann ich leider Gottes die SPD und Teile der GRÜNEN nicht ausnehmen – an einem Beispiel klarmachen, das wir in diesem Haus erlebt haben. Es handelt sich um den berühmten Finanzierungsvorschlag, dass es bei sinkenden Zinsen zusätzliche Spielräume gibt, aus denen man Wünsche finanzieren könnte. Es ist sicher unbestritten, dass bei bestimmten Zinsausgaben und sinkenden Zinsen zusätzliche Spielräume entstehen. Das wird kein Mensch bestreiten. Das wird auch die FDP nicht bestreiten. Das bestreite ich persönlich auch nicht. Nur bestreite ich Folgendes: Unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit ist es oberste Priorität, solche Spielräume im Haushaltsvollzug für einen weiteren Schuldenabbau einzusetzen, um zukünftig die Belastungen zu reduzieren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Das ist schon ein himmelweiter Unterschied.Noch einmal dieses berühmte Beispiel, ich muss es einfach anbringen, weil es mich schon vor einigen Tagen geärgert hat. Wenn so etwas als seriöser Finanzierungsvorschlag eingebracht wird, dann muss doch jeder wissen, in dem Moment, in dem wir über sinkenden oder steigenden Preis reden – Zins ist ein Preis –, dass das ein klassisches Finanzprodukt ist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat es immer noch nicht verstanden! – Weitere Zurufe von der SPD)

An anderer Stelle schreien bestimmte Leute auf – Herr Kaufmann, nicht Sie –, dass das das Teufelswerkzeug von kapitalistischen Spekulanten sei.

(Beifall bei der FDP)

Wenn das hier mit einer Teilmehrheit im Hessischen Landtag beschlossen werden soll, dann wird ein solches Instrument plötzlich geadelt als klassisches seriöses Finanzierungsinstrument. Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich einmal überlegen. Was machen Sie eigentlich, wenn die Märkte sich nicht so entwickeln, sondern wenn die Zinsen steigen?

Herr Kollege, ich darf Sie noch einmal bitten, zum Schluss zu kommen.

Noch eine Abschlussbemerkung, die zeigen soll, in welche Dimensionen man sich da bewegt. Ich sehe vor meinem geistigen Auge schon, wie die Gremien der EZB, der Federal Reserve Bank und andere in Zukunft nicht mehr die Ziele Geldwertstabilität, Wachstum usw. im Auge haben, sondern darauf schauen werden, was Teile des Hessischen Landtags beschließen, und das in ihre zins- und geldpolitischen Entscheidungen einbeziehen werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn Sie darüber nachdenken, dann werden Sie feststellen, wie absurd Ihre Vorschläge sind. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Krüger. Das war Ihre erste Rede im Hessischen Landtag. Herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Dr. Arnold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs sagen,dass ich einigermaßen beruhigt bin, dass nach den Ausführungen der Sprecher von CDU, FDP und GRÜNEN doch deutlich wird, dass im Hause weiterhin eine klare Mehrheit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik nachkommt.

(Beifall bei der CDU – Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 10 Milliarden c Schulden – weiter so!)

Diese Grundsätze werden uns auch in den kommenden Jahren leiten.