Protocol of the Session on April 24, 2008

(Zurufe von der SPD)

Ich sage sehr deutlich, es ist eine gute Sache, wenn sich die Region, was die Kultur betrifft, freiwillig organisiert.

Meine Damen und Herren von der SPD, was die Dringlichkeitserklärung betrifft,so will ich Ihnen auch noch einmal sagen: Das ist in dem Ballungsraumgesetz deswegen

enthalten, weil man weiß, dass es, wenn in einer Region viele Gebietskörperschaften existieren, die viele unterschiedliche Interessen und Steuereinnahmen in unterschiedlicher Höhe haben, auch viele unterschiedliche Meinungen dazu gibt, ob man einer solchen Kulturregion beitritt oder nicht.

Ich fordere Sie auf:Versuchen Sie, Ihre Parteifreundinnen und -freunde dort, wo sie Verantwortung tragen, dazu zu bringen, dieser Kulturregion beizutreten. Wir z. B. – ich komme aus dem Main-Taunus-Kreis, mein Kollege Holger Bellino und Herr Banzer kommen aus dem Hochtaunuskreis – sind dabei. Wir haben das Geld in den Kreishaushalt eingestellt und sind bereit, für die Kultur in der Region zu zahlen, die durchaus ein Leuchtturm sein kann und in Zukunft auch sein soll.

In einem widerspreche ich Ihnen – ich weiß nicht, ob Sie im Gegensatz zu einigen anderen, auch zu mir, einen Führerschein für Wasserfahrzeuge haben –: Ein Leuchtturm ist nicht nur ein Warnsignal. Ein Leuchtturm ist darüber hinaus ein Signalturm, der den richtigen und rechten – bei Ihnen möglicherweise auch den linken – Weg weist.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, dass die Kultur im Rhein-Main-Gebiet diese Kulturregion wirklich verdient hat. Ich hätte mir gewünscht – das will ich an dieser Stelle auch sagen –, dass, was das Museum der Weltkulturen betrifft, Frankfurt die entsprechende Entscheidung gemeinsam mit allen in der Region getroffen hätte. Frau Sorge, wir haben damals darüber diskutiert. Sie erinnern sich daran. Aber die Frankfurter konnten und wollten nicht warten.

Deswegen fordere ich alle Gebietskörperschaften auf, in denen die SPD regiert oder mitregiert – je nachdem –, zum rechten Weg zurückzukehren, den Leuchtturm der Erkenntnis wahrzunehmen und die Bildung der Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main endlich nicht mehr zu behindern, sondern zu fördern.

Das, was Sie heute mit Ihrem Antrag machen und später im Ausschuss machen wollen, wird dazu führen, dass es in den nächsten zwei, drei, vier oder fünf Jahren keine gemeinsame Kultur im Rhein-Main-Gebiet, in ganz Hessen und auf nationaler Ebene gibt.

Ich sage sehr deutlich: Damit erweisen Sie der Kultur keinen guten Dienst, sondern Sie fördern ausschließlich ideologische Überlegungen. Herr Schäfer-Gümbel, da Sie einer der Chefideologen der SPD sind, wundert mich das nicht. Ich hoffe, dass Ihre Kollegen in der SPD etwas vernünftiger denken. – Danke.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege Wintermeyer. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Frau Sorge das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wintermeyer, Sie haben hier von einem guten Kompromiss gesprochen. – Wo ist er denn?

(Michael Boddenberg (CDU): Er ist hinausgegangen!)

Erst reden, dann hinausgehen. Das ist eine neue Variante, aber okay. – Herr Wintermeyer – auch wenn er nicht hier ist – hat also von einem guten Kompromiss gesprochen.

Ich möchte gern noch einmal darauf eingehen, in welcher Situation wir waren. Es gab diese Androhung, einen „Kulturzwangsverband“ zu schaffen. Ich muss sagen, in dieser Situation war es durchaus ein hart errungener und im Kleinen guter Kompromiss; denn durch ihn wurde dieser „Kulturzwangsverband“ erst einmal verhindert.Wenn wir aber die Lage unter dem Gesichtspunkt betrachten, welche Probleme es gibt und wie eine umfassende, gute und langfristig angelegte Lösung aussehen könnte, müssen wir feststellen, dass es wirklich sehr kleine Brötchen waren, die von dieser Kulturmediation gebacken worden sind.

Ich muss allerdings auch sagen, und darin muss ich Herrn Wintermeyer – der jetzt wieder anwesend ist; herzlich willkommen zurück – recht geben: Ich finde, dass die SPD in der Kulturmediation durchaus keine gute Rolle gespielt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich denke aber, dass wir heute zusammengetroffen sind, um vom Wahlkampf und den althergebrachten Konfrontationen möglichst herunterzukommen und in dem neuen, „errundeten“ Plenarsaal gemeinsam zu schauen: Was für eine Lösung gibt es, die weiter reicht als die kleinen Brötchen, die die Kulturmediation gebacken hat?

(Michael Boddenberg (CDU): Eine runde Lösung!)

Herr Wintermeyer, um Ihnen nicht zu sehr zuzustimmen, muss ich Herrn Schäfer-Gümbel wiederum verteidigen: Bei den Sozialdemokraten empfinde ich nämlich Herrn Schäfer-Gümbel als einen derjenigen, die durchaus bereit sind, über die Grenzen hinauszudenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Wer sind die anderen?)

Ich will noch einmal darauf hinweisen, was meiner Meinung nach die Aufgabe ist, die wir hier für die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main zu bewältigen haben. Ich habe es eben schon einmal gesagt: Ich meine durchaus, dass der Herr Ministerpräsident mit dem Hervorheben der Leuchttürme recht gehabt hat, glaube aber, dass dies nur ein Baustein sein kann.

Ich glaube tatsächlich, dass wir diese Leuchttürme brauchen – das habe ich heute schon in meiner ersten Rede erwähnt –, um international wettbewerbsfähig zu sein und sozusagen strahlen zu können, so, wie sich das für Leuchttürme gehört.Gleichzeitig bin ich der Auffassung,dass wir mehr in die Kultur investieren müssen, nicht nur in die Leuchtturmprojekte, sondern insbesondere auch – das ist uns GRÜNEN ganz wichtig – in die Kultur der Region: mit der Region für die Region.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hiermit sind wiederum zwei Ziele verbunden, die nicht nur mit der Kultur zu tun haben, sondern für die gesamte Region bzw. für andere Bereiche wichtig sind.

Das ist zum einen das Zusammenwachsen der Region, also dass sich die Region als Region empfindet und das nach außen vermittelt. Dafür ist die Kultur ein wichtiges Mittel.

Zum anderen muss darüber nachgedacht werden – das wird mit den kleinen Brötchen, die momentan gebacken werden,überhaupt nicht angegangen;auch das habe ich in meiner ersten Rede schon einmal erwähnt –, wie die Finanzierung der Kultur Hessens aussieht und wie wir es hinbekommen, einen gerechten Ausgleich für alle, insbesondere aber zwischen den Metropolen und dem Umland, zu schaffen. Dieses Problem haben wir nicht nur in der Rhein-Main-Region, sondern beispielsweise auch in Nordhessen und in Kassel. Um die Zukunft der großen Kommunen zu sichern, müssen wir für dieses Problem dringend eine Lösung herbeiführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen glaube ich, dass wir uns hier und heute in dem neuen Plenarsaal – in dem Rund, in dem wir alle gemeinsam sitzen – durchaus noch ein bisschen Zeit erlauben können. Es ist so viel Zeit ins Land gegangen. Es hat, wie gesagt, nur eine Lösung gegeben, die aus dem Backen kleiner Brötchen bestand. Das ist es, was die Kulturmediation hervorgebracht hat.

Wir müssen jetzt nicht ad hoc einen Geschäftsführer für den Kulturfonds bestellen, sondern können durchaus noch einmal eine Runde drehen, uns zusammensetzen und uns überlegen, ob wir nicht einen großen Wurf hinbekommen, anstatt diese Lösung der Kulturmediation umzusetzen, die gar nicht alle Probleme berücksichtigt, über die wir von Anfang an diskutiert haben.

Ich glaube, dass die regionale Debatte, zu der die Kulturdebatte auch gehört, eine der wichtigen Zukunftsaufgaben unseres Landes ist. Über die Regionaldebatte werden wir entscheiden, inwieweit wir in Zukunft mit anderen Regionen Europas und auch weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Deswegen bitte ich um ein bisschen mehr Beratungszeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Der Antrag der SPD-Fraktion betreffend Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main weiterentwickeln soll gemeinsam mit dem Dringlichen Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kulturregion Frankfurt-Rhein-Main weiterentwickeln dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst überwiesen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so festgestellt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Härtefallkommission nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes – Drucks. 17/57 –

mit Tagesordnungspunkt 35:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Änderung der Verordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission – Drucks. 17/79 –

Die Redezeit ist vereinbart mit fünf Minuten. Für die Antragsteller, die Fraktion der CDU, erhält der Kollege Bellino das Wort.

Herr amtierender Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 2005 hat der Hessische Landtag in und mit der Härtefallkommission Erfahrungen sammeln können. Ich darf vorwegnehmen, dass diese nicht nur meines Erachtens gute Erfahrungen waren, die wir haben sammeln können.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Eine anfängliche Skepsis in den verschiedensten Fraktionen aus verschiedenen Gründen wich zunehmend einer professionellen, stets an humanitären Gesichtspunkten orientierten und dann auch sachlichen und immer mehr kollegialen Zusammenarbeit. Ich glaube, für alle feststellen zu können, dass man sich – auch wenn unterschiedliche Auffassungen bestanden – auf das Wort, das man sich vorher gegeben hat, verlassen konnte und vor allen Dingen dass, wie ich sagte, immer der humanitäre Aspekt an allererster Stelle stand.

Deswegen bin ich sicher, dass die Härtefallkommission ein gutes Bild abgegeben hat und – was noch wichtiger ist – im Außenverhältnis spürbar häufig und immer häufiger einvernehmliche Entscheidungen im Sinne der Petenten hat treffen können.Auch aufgrund dessen halten wir eine Änderung der Besetzungsregelung der Härtefallkommission für überprüfenswert und bitten, wie das im Antrag formuliert ist, die Landesregierung, entsprechend tätig zu werden bzw. eine ergebnisoffene Prüfung durchzuführen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dies macht Sinn zu Beginn einer Legislaturperiode. Dies macht Sinn, da wir Erfahrungen haben sammeln können. Es ist – wie ich bereits darstellte – auch inhaltlich angemessen. Ich gehe davon aus, dass wir uns hierüber im Innenausschuss noch detailliert verständigen werden, wobei wir auf eine ausgewogene Zusammensetzung dieser Härtefallkommission Wert legen; denn eine ausgewogene Zusammensetzung sorgt nicht nur für einen entsprechenden Stil und Qualität der Entscheidungen, sondern auch für Akzeptanz nicht nur im Hessischen Landtag und in den Ministerien, vielmehr auch und vor allen Dingen in der Öffentlichkeit bei denen, die mit Kosten belastet werden.

Deswegen sind wir der festen Überzeugung, und das werden wir im Ausschuss auch deutlich machen, dass neben der Landespolitik – d. h. Landesregierung und Landtag – die humanitären Einrichtungen, die Kirchen, die NGOs, die Liga, um nur einige zu nennen, vertreten sein müssen, aber auch und mit entsprechender Gewichtung die kommunale Ebene. Hierüber werden wir im Innenausschuss sprechen. Ich erinnere jetzt schon daran, dass die Kommunalen Spitzenverbände, als wir damals über die Härtefallkommission und die Änderung des § 23a Aufenthaltsgesetz sprachen, Bedenken – wie wir meinen: berechtigte Bedenken – anmeldeten.

Wir werden mit Sicherheit auch kritisch hinterfragen, wie wir es mit dem Wegfall der Einkommenssicherungsregel, wie es die SPD vorschlägt, halten. Darüber wird man sich nicht nur unterhalten, sondern auch konkret darüber sprechen, wie entsprechende Modelle ausgestaltet werden sollen. Unabhängig davon sind wir – das zeigt auch der Antrag, den wir gemeinsam mit der FDP eingebracht haben – daran interessiert, dass die gute Zusammenarbeit der Härtefallkommission vernünftig fortgesetzt werden kann. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Waschke für die Fraktion der SPD.