Protocol of the Session on April 22, 2008

Laut Steinberg liegt dieses Vorgehen sogar im Interesse der Fachabiturienten. Ich zitiere noch einmal: „Durch die Neuregelung bliebe Studierenden, die aufgrund der Fachhochschulreife mit falschen Voraussetzungen an die Universität kämen, ein womöglich frustrierender Studienablauf erspart.“

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Früher haben Sie sozialistische Eliten gebildet!)

Bei den Worten „ein frustrierender Studienablauf“ stellt sich mir die Frage, was damit gemeint ist.Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man ganz sicher kein Fachabiturient sein muss, um einen frustrierenden Studienablauf an der Frankfurter Universität zu erleben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dafür sorgen überfüllte Seminare, die Wohnsituation und auch die Studiengebühren. Dadurch verbringen Studierende immer weniger Zeit an der Uni und müssen immer mehr arbeiten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Dummes Zeug!)

Diese Umstände sollte Präsident Steinberg anprangern, wenn er sich Sorgen um das Seelenleben seiner Studierenden macht, aber nicht damit anfangen, Fachabiturienten abzuweisen.

Derzeit haben etwa 7 % der Immatrikulierten die Fachhochschulreife. Es gibt keinerlei Beleg für eine geringere Leistungsfähigkeit der Fachabiturienten im Vergleich zu den Studierenden mit Vollabitur. Der Beschluss fußt also auf Annahmen, auf Mutmaßungen, die der Realität nicht standhalten, was im Übrigen auch kein besonders wissenschaftliches Vorgehen für das Gremium einer Universität ist.

Von falschen Voraussetzungen kann bei Fachabiturienten unserer Meinung nach keine Rede sein.Deshalb teilt DIE LINKE die Kritik der Frankfurter Studierendenvertretung an diesem Beschluss. Die AStA-Vorsitzende sprach in dem Zusammenhang von einer „unsozialen Bildungsselektion“. Dem können wir als LINKE nur zustimmen. Daher wollen wir § 100d Abs. 3 Nr. 5 Hessisches Hochschulgesetz streichen, um der Stiftungsuniversität Frankfurt die Möglichkeit zu nehmen, den Hochschulzugang abweichend von § 63 Hessisches Hochschulgesetz zu regeln und auf dieser Grundlage Fachabiturienten abzuweisen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Muss man künftig Mitglied der LINKEN sein, um studieren zu dürfen?)

Das kann nur eine kleine erste Änderung am Zehnten Abschnitt des Hessischen Hochschulgesetzes sein. Die LINKE lehnt die Umwandlung der Frankfurter Universität zur Stiftungsuniversität grundsätzlich ab. Wir treten ein für freie Bildung, für freie Wissenschaft und für eine demokratische Hochschule.Die LINKE lehnt im Übrigen Privatisierung im Bildungsbereich konsequent ab.

Wir wollen die Stärkung des körperschaftlichen Charakters der Hochschulen und die Stärkung der akademischen Selbstverwaltung.Wir wollen keine Uni, die aufgebaut ist wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit einem Vorstand und einem Aufsichtsrat, wie de facto Präsidium und Hochschulrat miteinander zusammenarbeiten.

(Beifall bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Dann brauchen wir noch einen Politkommissar!)

Ich sprach von einer Demokratisierung,Herr Irmer,falls Sie das nicht gehört haben.

Der öffentliche Bildungsauftrag der Hochschulen widerspricht einem demokratisch nicht legitimierten Kontrollorgan,wie das der Hochschulrat ist.Daher kündige ich bereits jetzt an, dass unsere Fraktion noch viel mehr Änderungen zum Hessischen Hochschulgesetz einbringen wird. Wir werden das jetzt schon tun, also noch vor der Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes im nächsten Jahr.

Aber heute geht es zunächst einmal um die Fachabiturienten. Es geht darum, dass die Fachabiturienten auch zum kommenden Wintersemester einen Zugang zur Frankfurter Hochschule haben können, dort studieren können. Ich fordere Sie auf, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, damit auch Menschen mit Fachhochschulreife die gleichen Möglichkeiten haben, an der Frankfurter Universität zu studieren, wie das in den letzten Jahren möglich war, damit kein Exempel statuiert wird und die Universität ihren Hochschulzugang nicht anders regeln

kann, als die anderen Universitäten in Hessen das tun. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke schön, Frau Wissler. – Frau Sorge, ich darf Ihnen das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat der Stiftungsuni Frankfurt hat am 23. Januar 2008 beschlossen, dass § 63 Abs. 2 Nr. 3 HHG keine Anwendung mehr findet. Dies bedeutet, dass an der Stiftungsuni Frankfurt ab dem nächsten Semester die Fachhochschulreife nicht mehr als Hochschulzugangsberechtigung ausreicht.– Frau Kollegin, die Fachhochschulreife ist allerdings etwas anderes als das Fachabitur. Ich möchte Sie bitten, genauer nachzuschauen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Meine Damen und Herren, dies ist möglich, weil die Uni Frankfurt mit der Umwandlung in eine Stiftungsuniversität die Möglichkeit bekommen hat, in bestimmten Bereichen vom HHG abzuweichen. Allein die Stiftungsuniversität kann jungen Leuten mit Fachhochschulreife den Zugang verwehren. Die anderen Universitäten können das nicht, und so ist es auch richtig. Denn diese Regelung widerspricht allen Bemühungen, unsere Hochschulen für eine höhere Zahl von Studierenden zu öffnen. Statistisch gesehen gibt es auch gar keinen Zusammenhang zwischen dem Abitur bzw. dem Erfolg im Abitur und dem Studienerfolg.

Im Landtag waren wir uns in den letzten Jahren einig, wenn es um die Öffnung des Hochschulzugangs ging. Menschen mit Fachhochschulreife vom Hochschulzugang auszuschließen, Meisterinnen und Meister oder Menschen aufgrund ihrer Berufserfahrung aber zuzulassen, macht logisch, aber auch inhaltlich wirklich keinen Sinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Statt formale Zugangshürden zu errichten, sollte die Uni Frankfurt lieber die Möglichkeiten zur Selbstauswahl ihrer Studierenden intensiv nutzen. Denn die Art der Hochschulzugangsberechtigung wird umso unwichtiger, je gezielter die Hochschulen ihre Studierenden selbst auswählen können. Dass die Uni Frankfurt in Zukunft Menschen mit Fachhochschulreife nicht mehr aufnimmt, die Fachhochschulen und die anderen Unis dies aber tun, macht wissenschaftspolitisch keinen Sinn. Das widerspricht auch dem Geist von Bologna, nach dem die Hochschulsysteme untereinander durchlässiger werden sollen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Studierende, und wir brauchen auch mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem. Wir GRÜNEN hatten große Bedenken bei der Umwandlung der Uni Frankfurt in eine Stiftungsuniversität. Unter anderem hatten wir auf Regelungsbedarf beim Hochschulzugang immer wieder hingewiesen. 23 Tage nach der Umwandlung in eine Stiftungsuni wurden wir in unseren Befürchtungen nun bestätigt.

Frau Kollegin Wissler,ob es aber sinnvoll ist, jede kleinere Regelung im HHG einzeln zu ändern, das wage ich stark zu bezweifeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, dass wir eine generelle HHG-Novelle brauchen, und nur weil die Geltung des Gesetzes 2009 abläuft, besteht kein Grund,dass wir bis dahin warten müssen.Wir können uns gerne vorher schon über das verständigen, was wir in einem neuen HHG als sinnvoll erachten.

Da Sie hier die Stiftungsuni aber nur kritisiert haben, möchte ich darauf hinweisen, dass diese vor Kurzem eine Grundordnung beschlossen hat, in der sie beispielsweise von den Regelungen abgewichen ist,die uns,aber auch Ihnen im HHG nicht passen, beispielsweise der 25-%Hürde bei den ASten. Hier sehe ich durchaus positive Entwicklungen bei der Stiftungsuni Frankfurt. Auch das sollten wir in unsere Beratungen über eine HHG-Novelle einbeziehen. Daher, meine Damen und Herren, hier nur so weit: Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke sehr, Frau Sorge. – Frau Beer, Sie hatten sich zu Wort gemeldet. Jetzt haben Sie Gelegenheit dazu.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP wird den Gesetzentwurf der LINKEN ablehnen. Wir sind dagegen, der Universität Frankfurt zu verbieten, das ihr eingeräumte Recht zur Studierendenauswahl zu nutzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Studierendenauswahl ist einer der Qualitätsfaktoren für Hochschulen, so wie das die Auswahl von Professoren und Mitarbeitern ist,wie das die Akquise von Drittmitteln oder auch die Betreuungsrelation zwischen Professoren und Studierenden ist.

Die FDP will, dass diese Qualitätsfaktoren an unseren hessischen Hochschulen zukünftig eine viel stärkere Rolle spielen. Ich glaube, das sind wir gerade auch unseren Studierenden schuldig. Die FDP will, dass wir in Hessen an unseren Hochschulen die besten Köpfe versammeln. Das heißt, wir wollen viel mehr auf das eigene Auswahlrecht an unseren Hochschulen setzen, und zwar auf ein volles gegenseitiges Auswahlrecht sowohl der Studierenden im Hinblick auf die Hochschule, an der sie studieren wollen, als auch der Hochschulen im Hinblick auf die Studierenden, die zu ihrem Profil, zu ihren speziellen Studiengängen am besten passen und dazu die notwendigen Qualifikationen mitbringen.

(Beifall bei der FDP)

Damit verbinden möchten wir unsere Forderung nach einem eigenen hessischen Kapazitätsrecht, damit es uns in Hessen zukünftig möglich sein wird, auch mit Landesmitteln über die Verbesserung der Betreuungsrelation eine Qualitätsoffensive an unseren Hochschulen voranzubringen.

(Beifall bei der FDP und des Abg.Dr.Thomas Spies (SPD))

Wenn die Stiftungsuniversität Frankfurt nunmehr die ihr eingeräumte Kompetenz zur Studierendenauswahl nutzt, so ist das in unseren Augen legitim. Sehr geehrte Kollegin Wissler, man kann nicht auf der einen Seite Ja zur Autonomie sagen und dann beim allerersten Anwendungsfall wie hier bei der Stiftungsuniversität dies gleich wieder durch Gesetzesänderung verhindern wollen. Dann muss man klipp und klar sagen, dass man eine staatsgesteuerte Hochschullandschaft will. Das hat nichts mit Wettbewerb und Profilbildung zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Kollegin Sorge hat schon darauf hingewiesen, dass es überhaupt nicht darum geht, Leute mit Fachabitur nicht mehr im Bachelorstudiengang an der Universität Frankfurt studieren zu lassen.Das wäre § 63 Abs.2 Nr.2,und davon kann die Uni Frankfurt gar nicht abweichen. Vielmehr geht es darum, dass Leute, die ein Qualifikationsniveau unterhalb unseres Abiturs haben, nach der Erfahrung der Universität Frankfurt nicht die notwendige Qualifikation für ein erfolgreiches und auch zügiges Studieren an ihrer Hochschule mitbringen.

Frau Kollegin Wissler, allein die Tatsache, dass der Senat mit 13 : 2 Stimmen, also auch mit einem Teil der Studierendenstimmen, entschieden hat, eine solche Satzungsregelung vorzunehmen, zeigt, dass selbst die Studierendenvertreter aus ihren Erfahrungen an der Hochschule die Einsicht haben, dass man das Abitur als Eingangsqualifikation für dieses Universitätsstudium braucht. Es ist letztendlich auch niemandem der Weg verstellt, zu einem späteren Zeitpunkt die Universität Frankfurt aufzusuchen. Die Kollegin Sorge hat schon darauf hingewiesen: Personen mit Fachhochschulreife können alle anderen Hochschulen aufsuchen. Das heißt, sie können sowohl an den anderen Universitäten als auch an den Fachhochschulen einen entsprechenden Studiengang absolvieren und sich dann mit dieser zusätzlichen Qualifikation an der Universität Frankfurt für einen Masterstudiengang bewerben.

Daher geht es hier nicht um eine soziale Selektion, sondern darum, dass die Universität Frankfurt ganz klar sagt, sie setzt auf eine Auswahl nach der Qualität des Schulabschlusses, nicht nach der sozialen Herkunft.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Da die Qualität des Schulabschlusses ein ganz klares Indiz für ein erfolgreiches Absolvieren des Studiums an unseren Hochschulen ist, setzen wir auf mehr Auswahlrechte beider Seiten, sowohl der Studierenden als auch der Hochschulen. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Erster Vizepräsident Lothar Quanz:

Danke, Frau Beer. – Herr Dr. Spies, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.