Janine Wissler
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! An uns wird die Abwahl Kochs nicht scheitern, das hatten wir als LINKE versprochen. Das wollten wir am 4. November 2008 auch in die Tat umsetzen.
Die Ereignisse der letzten Wochen haben gezeigt, dass die Rechte in der SPD lieber ihre eigene Partei gegen die Wand fahren lässt, als auch nur einen Meter nach links zu rücken.Vier Abgeordnete der SPD waren nicht bereit,das umzusetzen, was ihre Wähler wollen,
und ihre eigene Genossin, also nicht jemanden der LINKEN, zur Ministerpräsidentin zu wählen. Deshalb hat sich DIE LINKE für Neuwahlen ausgesprochen.
In den letzten Jahren gab es nur zwei Wahlen, die die SPD gewonnen hat. Die eine war in Rheinland-Pfalz mit Kurt Beck als Spitzenkandidat. Die andere war die in Hessen mit Andrea Ypsilanti als Spitzenkandidatin. Beide waren erfolgreich, weil sie bei vielen Menschen für eine andere SPD standen. Sie standen für eine andere SPD als die der Agenda 2010 des Herrn Schröder und des Herrn Müntefering.
Frau Ypsilanti und Herr Beck, beide wurden von den Rechten in der SPD gestürzt. Mit Herrn Steinmeier und Herrn Müntefering sind die Schröderianer zurück an die Spitze im Bund gelangt. Damit ist klar: Die SPD steht fest auf dem Boden der Agenda 2010. Sie steht für die HartzGesetze, die Rente mit 67 und die Kriegseinsätze der Bundeswehr.
Ich halte es nicht für zielführend, darüber zu spekulieren, ob die vier Abweichler von irgendjemandem angestiftet oder gar bezahlt wurden.
Ich habe gerade eben gesagt, dass ich das nicht für sinnvoll halte.
Das wurde in der Öffentlichkeit so diskutiert. Ich halte das nicht für zielführend.
Viel entscheidender ist doch, wessen Interessen sie mit ihrem Handeln bedienen. Das sind eben nicht die Interessen der Menschen,die sie gewählt haben und die auf einen Politikwechsel gehofft haben. Denn deswegen hatten sie SPD gewählt. Mit ihrem Handeln betreiben sie das Geschäft der politischen Rechten und der Konzerne, allen voran der Fraport und der Energiekonzerne.
Hessen hat gezeigt: Jeder Versuch, die SPD nach links zu ziehen, scheitert. Deshalb ist DIE LINKE als Alternative links von der SPD so dringend nötig.
Die Neuwahl zum Hessischen Landtag findet inmitten einer tiefen Krise des weltweiten Kapitalismus statt. Mit dieser Krise bricht das Lügengerüst des Neoliberalismus, das in den letzten Jahren aufgebaut wurde, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Vordenker, die an den freien Markt glauben und jahrelang die Privatisierung der Absicherung aller Lebensrisiken beschworen haben, rufen jetzt, nachdem bei ihnen aufgrund des Risikos das Schicksal zugeschlagen hat, nach Steuergeldern, damit die Verluste der Banken und der Konzerne auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.
Diejenigen, die die Deutschen noch vor wenigen Jahren für ihre mangelnde Risikobereitschaft gescholten haben, fordern nun staatliche Hilfen für die Banken,die das Geld ihrer Anleger verpulvert haben. Unter den Opfern befinden sich viele kleine Anleger, die durch die Aushöhlung der gesetzlichen Altersversorgung praktisch gezwungen wurden,ihr Geld an den Finanzmärkten anzulegen,um im Alter würdig leben zu können. Deren Geld ist futsch. Die rettet niemand.
Die Krise, die wir derzeit erleben, ist nicht dem Versagen einzelner Manager geschuldet. Es handelt sich um das Versagen des kapitalistischen Systems. Denn das führt immer wieder zu Spekulation und Überproduktion. Deshalb läuft das immer wieder aus dem Ruder.
An der Krise der Automobilindustrie lässt sich dieser Irrsinn verdeutlichen. Die Konzerne verweigern jede Lohnerhöhung und wollen gleichzeitig mehr Autos verkaufen. Aber Autos kaufen keine Autos. Jeder weitere Lohnverzicht wird die Krise nur verschärfen, anstatt eine Lösung herbeizuführen. Die große Masse der Bevölkerung hat am Aufschwung der vergangenen Jahre ebenso wenig wie an der Explosion der Aktienkurse teilgehabt.
Die Menschen, die mit ihrer täglichen Arbeit für den Wohlstand in der Gesellschaft sorgen,müssen auch in dessen Genuss kommen. Deshalb brauchen wir endlich wieder Lohnerhöhungen. Außerdem brauchen wir den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,71 c, wie es ihn in Frankreich gibt.
Wir brauchen einen Schirm zum Schutz der Arbeitnehmer. Allen voran brauchen wir diesen für die Leiharbeiter, die zu Tausenden aus den Betrieben abgezogen werden. Wir brauchen aber keinen Schirm zum Schutz der Aktionäre.
Folgende Frage muss beantwortet werden: Wer zahlt für die Verluste, die sich aus dieser Krise ergeben? – Wir denken, diejenigen, die in den letzten Jahren profitiert haben, müssen zahlen.Deshalb fordert DIE LINKE eine Abgabe für Millionäre zur Finanzierung der staatlichen Rettungspakete.
Angesichts der Opel-Krise stellt sich Ministerpräsident Koch als Retter der Arbeitsplätze dar. In Wahrheit hat er aber durch seine Politik Arbeitsplätze vernichtet. Allein 10.000 Stellen sind im Land Hessen entfallen, seitdem er Hessen regiert. Gerade Herr Koch ist in den letzten Jahren als Prediger des freien Marktes aufgetreten und hat in Hessen privatisiert, was privatisiert werden konnte. Das reicht vom Universitätsklinikum bis hin zu einem Gefängnis. Welche Auswirkungen das auf die Arbeitsplätze hatte, können wir gerade feststellen.
Diese Regierung ist ein Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie jetzt Kreide gefuttert haben, ist Ihr Name untrennbar mit ausländerfeindlichen Wahlkämpfen, mit dem Sozialkahlschlag der „Operation düstere Zukunft“ und mit schwarzen Kassen verbunden. Ich weiß, das wollen Sie nicht hören. Aber man kann nicht immer laut „Law and Order“ schreien und dann selber Rechtsbruch begehen, meine Damen und Herren.
Ihr Verhalten im ersten halben Jahr spricht Bände.Sie waren kein Partner des Parlaments. Ihre Regierung hat sich geweigert, Beschlüsse des Landtags umzusetzen – beim Wiedereintritt in die Tarifgemeinschaft der Länder, beim Schulbesuch für Kinder ohne Aufenthaltsrecht oder beim Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge.
Jetzt erklären Sie, Studiengebühren seien für Sie kein Thema mehr.
Liebe Studierende,liebe Schüler,liebe Eltern,glauben Sie Roland Koch kein Wort.
Seine Regierung hat alles versucht, um die Abschaffung der Studiengebühren zu verhindern. Die CDU-Fraktion hätte der Abschaffung der Studiengebühren zustimmen können, hätte sie ein Einsehen gehabt. Das hat sie aber nicht getan.
Aber, Herr Kollege, das war gar nicht unser Antrag. – Die FDP ist ehrlicher im Vorfeld der Wahlen.
Sie sagt ehrlich, dass sie die Studiengebühren wieder auf die Tagesordnung setzen wird. Ich denke, die Abschaffung der Studiengebühren ist außerhalb dieses Parlaments erkämpft worden. Ich bin sicher, alle heutigen und auch die künftigen Studierenden werden diese Abschaffung auch verteidigen.
Die Bildungspolitik der Landesregierung ist gescheitert. Die aktuelle PISA-Studie hat das erneut belegt. Statt Bildungsland Nummer eins ist Hessen schlechtes Mittelmaß. Letzte Woche haben Tausende Schüler gegen Ihre Bildungspolitik gestreikt. Die Schüler haben mit ihrer Forderung nach Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und der Abschaffung von G 8 recht.
An die SPD. Ich habe gelesen, die SPD geht mit dem Slogan „Krise braucht Gerechtigkeit“ in den Wahlkampf. Wenn man sich die SPD-Politik der letzten Jahre betrachtet, stellt sich die Frage:Was genau heißt denn Gerechtigkeit?
Meint das Mindestlohn? Meint das soziale Sicherung? Steuergerechtigkeit? Oder meint es Hartz IV, 1-c-Jobs, Mehrwertsteuererhöhung, Steuerentlastung für die Reichen, Eintritt zahlen beim Arzt, Rentenkürzung? Es ist doch gerade die Politik der rot-grünen Bundesregierung gewesen, die zu einer weiteren Verarmung und Verschärfung sozialer Gegensätze geführt hat.
Die Hartz-Gesetze haben die Kampfkraft der Gewerkschaften geschwächt und die Rutschbahn der Löhne beschleunigt. Die Angriffe vonseiten der Arbeitgeber auf die Tarifverträge und Arbeitnehmerrechte wurden flankiert mit der Ausweitung der Leiharbeit und des Niedriglohnsektors. Deshalb bleibt die LINKE dabei: Hartz IV muss weg.
Es gehört zur Bilanz der rot-grünen Bundesregierung, dass in einer der stärksten Volkswirtschaften jedes siebte Kind in Armut lebt. Es ist ein Skandal, wenn sich in der wirtschaftsstarken Rhein-Main-Region Frankfurter Kinder im Schatten der Frankfurter Bankentürme kein Schulessen leisten können. Geld ist in diesem Land genug da. Es ist zutiefst ungleich verteilt.
Die öffentlichen Kassen sind durch eine Steuerpolitik für die Reichen und die Konzerne ausgeblutet worden. Dem hessischen Landeshaushalt sind so 1,5 Milliarden c entzogen worden. SPD und GRÜNE waren es auch, die durch eine immer weitere Liberalisierung und Förderung der Finanzmärkte die Zocker eingeladen haben.
In Hessen bestand – auch mit Andrea Ypsilanti – für die SPD die Chance, sich von der Agenda-2010-Politik abzusetzen und einen Politikwechsel einzuleiten. Diese Chance wurde vertan. Sozialdemokratische Politik ist in der SPD nicht mehr durchsetzbar.
Die LINKE kämpft für mehr soziale Gerechtigkeit, bessere Bildungschancen und ökologische Nachhaltigkeit. Wir haben im Landtag den gesetzlichen Mindestlohn thematisiert, nachdem die SPD im Wahlkampf zwar eifrig Unterschriften gesammelt hat, aber nach der Wahl keinen Finger dafür rührte.
Unser Antrag auf einen Schulmittelfonds für Kinder aus Hartz-IV-Familien wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Wir sind die einzige Fraktion, die konsequent gegen Privatisierung gekämpft hat und die für die öffentliche Kontrolle der Schlüsselindustrien eintritt, wie es die Hessische Verfassung vorsieht.
Unabhängig davon, wer Hessen in Zukunft regiert, wird außerparlamentarischer Druck nötig sein, um Verbesserungen durchzusetzen. Es war in den letzten Wochen und Monaten viel von Verlässlichkeit die Rede. Die LINKE hat gezeigt, dass sie gegenüber den Wählern verlässlich ist. Das werden wir auch im neuen Landtag sein.
Koch hat die Wahl noch lange nicht gewonnen, auch wenn sich manche CDUler schon wieder wie beim letzten Mal sicher zu sein scheinen.
Anders als SPD und GRÜNE gibt die LINKE die Garantie und das Versprechen: Eine Stimme für die LINKE ist eine Stimme gegen Roland Koch. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bemerkenswert an dieser Aktuellen Stunde ist zweierlei, erstens dass die CDU Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg durch eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag würdigt.
Zweitens bekommt die Aktuelle Stunde eine ganz neue Bedeutung. Das Ereignis, über das wir hier reden, liegt immerhin 90 Jahre zurück.
Vielleicht erleben wir auf Antrag der CDU-Fraktion in Zukunft im Rahmen der Aktuellen Stunden spannende Debatten wie: „Prager Fenstersturz verurteilen“, „Europäische Stabilität sichern“ oder „Mord an Julius Cäsar aufklären“, „Recht und Ordnung des Römischen Reiches bewahren“.
Jetzt zur Sache. Die CDU bezieht sich auf eine Äußerung von mir, in der ich die historische Verantwortung der SPD für die Ermordung der beiden Sozialisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erwähnt habe. Ich frage: Interessiert Sie das wirklich, oder wollen Sie von meiner Fraktion ein Bekenntnis zu Luxemburg und Liebknecht haben? – Das können Sie gerne haben. Karl Liebknecht hat als einziger Reichstagsabgeordneter 1914 gegen die Kriegskredite gestimmt. Für den Ausruf „Nieder mit dem Krieg“ am 1.Mai 1916 musste Karl Liebknecht bis Kriegsende ins Zuchthaus.
So auch Rosa Luxemburg.Auf einer Massenveranstaltung in Frankfurt im September 1913 rief sie – ich zitiere –:
Wenn uns zugemutet wird, die Mordwaffen gegen unsere französischen oder andere Brüder zu erheben, dann rufen wir: Das tun wir nicht.
Das kostete sie ein Jahr Gefängnis.
Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg konnten den Krieg nicht verhindern. Aber sie haben entscheidenden Anteil daran gehabt, dass die Soldaten und Arbeiter 1918 in ganz Deutschland mit einer revolutionären Erhebung den Massenmorden ein Ende bereiteten. Beide haben sich für eine demokratische sozialistische Gesellschaft ohne wirtschaftliche Ausbeutung und ohne politische Unterdrückung eingesetzt.
Ihnen geht es aber um etwas anderes. Sie wollen die Abwahl dieser Regierung verhindern. Das wird Ihnen nicht gelingen.Wohlmöglich hoffen Sie, dass ich am Ende Frau Ypsilanti die Schuld an der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht geben werde. Das werde ich nicht tun.Ich habe im Übrigen auch nie von Schuld und,Herr Al-Wazir, auch nie von direkter Täterschaft gesprochen.
Ich habe von Verantwortung gesprochen. Das ist ein großer Unterschied.Alles, was ich sage, ist Folgendes: Die geschichtlichen Fakten können Sie nicht ändern.
Die Geschichte von 1919 zeigt auf dramatische Weise, was passiert ist, als die SPD damals mit den Rechten zusammengearbeitet hat. Zu der Zeit gab es in Deutschland eine SPD-geführte Regierung. Es hatten sich Arbeiterund Soldatenräte gebildet. Es gab revolutionäre Aufstände in ganz Deutschland. Der SPD-Reichswehrminister Gustav Noske war für die blutige Niederschlagung des Spartakusaufstandes 1919 verantwortlich. Im Zusammenhang mit diesen Gräueltaten wurden auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet. Generalstabsoffizier
Waldemar Pabst gab damals den Befehl zu den Morden. Er gab später zu Protokoll, dass er vor den Morden mit Noske telefoniert habe und Ebert dabei anwesend gewesen sei. Die wirklichen Auftraggeber aber waren andere.
Pabst wurde vom Leiter der antibolschewistischen Liga – der Leiter hieß Stadtler – zu den Morden an Liebknecht und Luxemburg aufgefordert. Alle Beteiligten sollen dafür aus dem Antibolschewisten-Fonds Geld für ihre Tat erhalten haben. Dieser Spendentopf von Großindustriellen war eingerichtet worden, um Gruppen zu fördern, die gegen die revolutionären Sozialisten vorgingen.
Die Aussage von Waldemar Pabst kann man sicher bezweifeln. Tatsache ist, dass Waldemar Pabst für seine Tat nie angeklagt wurde. Er starb 1970 als reicher Mann. Zuletzt war er Mitglied in der NPD. In seinem Nachlass fand sich ein von ihm verfasstes Schriftstück, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Zitat:
Dass ich die Aktion ohne Noskes Zustimmung nicht durchführen konnte – mit Ebert im Hintergrund – und auch meine Offiziere schützen musste, ist klar.
Aber nur ganz wenige Menschen haben begriffen, warum ich nie vernommen oder unter Anklage gestellt worden bin.
Ich habe als Kavalier das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert,dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit.
Nun war die SPD-Regierung um Ebert und Noske nicht die SPD. Das ist vollkommen richtig. Das wollte ich so nicht verstanden wissen. An der Basis war die Stimmung eine andere. Es gab damals infolge seiner Rolle bei der Niederschlagung der Aufstände Anträge gegen Noske,um zu verhindern, dass er wieder als Reichstagsabgeordneter aufgestellt wird. Nach 1945 sorgte unter anderem Kurt Schumacher dafür, dass Noske in der Partei keine Rolle mehr spielte.
Ich bin nicht der Meinung – das habe ich mit dem Interview zum Ausdruck bringen wollen –, dass wir wechselseitig eine Aufarbeitung vermeintlicher oder tatsächlicher historischer Fehler fordern sollten. Wir sollten Roland Koch lieber gleich abwählen.
Ich will mit einem Zitat von Rosa Luxemburg schließen, das wir uns immer vor Augen halten sollten, liebe Kolleginnen und Kollegen: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Zu sagen, was ist, bleibt die revolutionärste Tat.“ – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle, die mit der Bahn unterwegs sind, wissen, dass es immer wichtiger wird, auf die Bahnsteigansagen zu achten. Denn immer häufiger verspäten sich die Züge oder fallen ganz aus. Die Züge werden voller, die Tickets teurer und die Warteschlangen an den Schaltern länger.
Jüngst gab es eine Debatte um den sogenannten Bedienaufschlag. Der wurde vom Bahnvorstand wieder zurückgenommen. Außerdem soll es automatische Anzeigetafeln statt Durchsagen geben. Das alles ist nur die Spitze des Eisbergs.
Gerade ältere, aber auch viele andere Menschen sind darauf angewiesen, dass es an den Schaltern eine gute Beratung gibt. Die Bahnhöfe müssen übersichtlich gestaltet sein.Außerdem brauchen wir die Durchsagen.
Das Ergebnis der Bahnreform aus dem Jahre 1994 ist eindeutig. Die damals geweckten Hoffnungen wurden nicht erfüllt, die damals gemachten Versprechungen haben sich nicht erfüllt. Das Bahnfahren, also der Personenverkehr, aber auch der Güterverkehr sind nicht populärer geworden. Strecken wurden stillgelegt. 1.000 Bahnhöfe und 10.000 km Strecke wurden stillgelegt. Das ist immerhin ein Viertel des Netzes. Die Stilllegungen haben insbesondere strukturschwache Regionen zu spüren bekommen.
Der Redner der FDP hat mir das schon vorweggenommen. Da bin ich mit Ihnen völlig einer Meinung: Die Preise fürs Bahnfahren sind weit über dem Durchschnitt der Inflation gestiegen. Vom Jahr 2004 bis zum Jahr 2008 stiegen die Preise um 25 %. Rechnet man weitere Gebühren mit ein, kommt man sogar auf eine Preissteigerung von 30 % im Personenverkehr. Das ist nicht hinnehmbar.
Die Arbeitsbedingungen der bei der Bahn Beschäftigten wurden systematisch verschlechtert. Arbeitsplätze wurden massiv abgebaut. Die Arbeitsdichte hat sich auf diese Weise drastisch erhöht. Bei der Bahn arbeiten heute nur noch 180.000 Menschen. Anfang der Neunzigerjahre waren es noch 380.000 Menschen.
Das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und damit die Blechlawine auf den deutschen Straßen zu reduzieren, wurde in den vergangenen 15 Jahren kläglich verfehlt.
Herr Lübcke hat vorhin davon gesprochen, es handele sich um ein Thema, bei dem Konsens herrsche. Das gilt vielleicht hinsichtlich der Einschätzung der Probleme. Ja, da herrscht Konsens.
Hinsichtlich der Lösung der Probleme muss ich aber störend wirken. Da gibt es keinen Konsens. Denn wir, die Mitglieder der LINKEN, lehnen den Börsengang der Deutschen Bahn ab.
Wir lehnen ihn ab, weil damit der Kurs hin zur Gewinnmaximierung noch verschärft wird. Ein Anzeichen dafür ist die nächste, schon angekündigte Preiserhöhung um 4 % zu Anfang kommenden Jahres. Bis zum Jahr 2011 will Herr Mehdorn den Gewinn des Unternehmens mehr als vervierfachen.
Ich frage Sie:Wie soll das gehen, wenn nicht die Fahrgäste und die Belegschaft geschröpft werden sollen? Denn der Vorstand setzt offensichtlich nicht auf eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens bei der Bahn.
Die Bahn soll der gesamten Gesellschaft Mobilität flächendeckend und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stellen.Diese gesamtgesellschaftliche und volkswirtschaftlich relevante Aufgabe gerät immer weiter aus dem Blickfeld der Entscheidungsträger hinsichtlich der Angelegenheiten der Bahn. Mittlerweile erzielt die Deutsche Bahn 50 % ihres Umsatzes mit Transporten durch Lastkraftwagen. Das ist nicht die Aufgabe der Deutschen Bahn.
Bis auf die LINKE favorisieren alle Parteien den Börsengang der Bahn. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die einen für eine Teilprivatisierung eintreten,bei der das Netz in direkter Verantwortung des Bundes verbliebe.
Dieses Modell hat die jetzt ins Straucheln geratende Investmentbank Morgan Stanley vorgestellt. Das verleiht dem Modell „besondere Verlässlichkeit“.
Die Erfahrung mit derartigen Zergliederungen der Bahn in anderen Ländern, wie etwa in Großbritannien oder Schweden, zeigen, dass in der Folge die Ausgaben der öffentlichen Hand für den Erhalt der Netze drastisch steigen. In England sind die Kosten um das Dreifache gestiegen, in Schweden auf das Doppelte. Nach diesem Modell würde die Öffentlichkeit den Rahmen zur Verfügung stellen. Sie würde ihn mit Steuergeldern aufrechterhalten. Private könnten dann auf dieser Grundlage ihre Investitionen vermehren.
Der Berliner Finanzsenator Sarrazin hat im Übrigen ausgerechnet, dass die Privatisierung der Bahn voraussichtlich weitere 50.000 bis 80.000 Arbeitsplätze kosten wird. Die Erfahrungen aus anderen Ländern warnen vor den gesellschaftlichen Kosten und Konsequenzen der Privatisierung. Neuseeland hat beispielsweise kürzlich sein Schienennetz wieder in die öffentliche Hand überführt. In Großbritannien wird dieser Schritt nach den katastropha
len Folgen der Bahnprivatisierung ernsthaft diskutiert. Wir sollten den Fehler erst gar nicht machen.
70 % der Bevölkerung, aus deren Steuergeldern die Bahn aufgebaut wurde,lehnen die Privatisierung des Unternehmens ab. 80 % sehen die ständigen Preissteigerungen in Verbindung mit dem anvisierten Börsengang. Eine kundenfreundliche Bahn als Personen- und Güterverkehrsmittel muss anders aussehen. Eine Nachhaltigkeitsstrategie, die im Verkehrsbereich die Schiene vernachlässigt, verdient diesen Namen nicht.
Deshalb finde ich es inkonsequent, auf der einen Seite eine kundenfreundliche Bahn zu fordern, aber die Entscheidung über den Kurs in die Hände der Kapitalanleger zu übergeben. Wir lehnen deshalb die Privatisierung der Bahn ab. Sie gehört in öffentliche Hände. Das wäre eine Durchsage, die auf dem Bahnhof gut ankäme.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich höre, hier wird Georg Büchner zitiert.
Ich möchte nicht mehr unsere gesamte Kritik darstellen, das habe ich bereits am Dienstag getan. Ich finde es auch gut, dass am Dienstag der offene Brief von ver.di Gegenstand dieser Debatte gewesen ist, in dem viele Argumente aufgezählt sind. Unsere Kritik ist, dass die Bedenken – –
Sie hätten heute Mittag, als die ver.di-Kollegen vor dem Landtag demonstriert haben, herauskommen und erklären können, dass sie das alles falsch verstanden haben. Dann hätten Sie auch erklären können, wie das alles richtig ist. Das haben Sie leider nicht getan.
Die Bedenken aus der Anhörung sind nicht aufgenommen worden. Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, die Kommunalen Spitzenverbände, Gewerkschaften, Personalräte, sie alle wollen dieses Stiftungsmodell nicht. Sie führen es trotzdem ein. Die einzige Stellungnahme, die ich in dem ganzen Block gefunden habe, die sich eindeutig für das Stiftungsmodell ausspricht, ist die Stellungnahme des Bundesverbands Deutscher Stiftungen.
Jetzt kann man natürlich sagen: „Das haben sie alles nicht verstanden.“ Ich will nur darauf hinweisen, dass die Problematik keine neue ist. Es ist schon seit Jahren ein Thema. Die Gewerkschaft ver.di hat mithilfe der Kommunalen Spitzenverbände über 70.000 Unterschriften ge
gen das Gesetz der Koch-Regierung zur Veränderung des Sparkassengesetzes gesammelt.
Den Leuten zu unterstellen, sie hätten keine Ahnung, oder sie hätten sich nicht damit beschäftigt,entbehrt jeder Grundlage. Der SPD-Antrag, der vorgestern noch eingebracht wurde, beinhaltet aus unserer Sicht einige Verbesserungen.Deswegen würden wir gern einigen Punkten zustimmen, insbesondere der Evaluierung. Dafür hat sich Frau Hölldobler-Heumüller gerade ausgesprochen, leider hat sie im Ausschuss dagegen gestimmt.
Heute haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkassen vor dem Landtag ihren Protest zum Ausdruck gebracht. Sie waren auch völlig überrascht über die Kurzfristigkeit, mit der das Ganze vonstatten ging. Sie haben symbolisch einen Kranz für die Sparkassen niedergelegt.
Es ist wichtig, dass die Sparkassen nicht zum Spielball der politischen Parteien werden. Dazu sind die Sparkassen und der öffentlich-rechtliche Bankensektor, gerade im Hinblick auf die weltweiten Krisen auf den Finanzmärkten, zu wichtig.
Der Gesetzentwurf lässt Fragen offen, beispielsweise, ob er europafest ist.
Es besteht auch die Gefahr, dass die Sparkassen vom Regionalitätsprinzip wegkommen. Darin sehen wir eine Gefahr.Wir wollen starke Sparkassen, die regional verankert und dem Gemeinwohl verpflichtet sind.
Ich hoffe, dass wir bald wieder zu Veränderungen dieses Sparkassengesetzes kommen. Die vielen offenen Fragen, die jetzt noch enthalten sind, müssen geklärt werden.Wir brauchen eine Definition des Begriffs der Trägeranteile. Das wird zu definieren sein. Ich hoffe – auch im Interesse aller Beschäftigten bei den Sparkassen –, dass wir möglichst schnell dazu kommen, die Mitbestimmungslücken, die in Ihrem Gesetzentwurf vorkommen, zu schließen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass das nicht das letzte Wort über die hessischen Sparkassen ist. Ich hoffe, damit werden jetzt keine Fehler gemacht, die irreparabel sind. Wir müssen gemeinsam mit den Betroffenen, mit den Kommunen, mit den Beschäftigten weiter nach Wegen suchen, wie wir den öffentlich-rechtlichen Bankensektor erhalten und stärken können. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Reif, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch heute Morgen ist der Flughafenausbau wieder Thema im Hessischen Landtag.Da scheint es bei der CDU noch einiges an Diskussionsbedarf zu geben. Dafür, dass der Landtag oder die Politik zum Flughafenausbau eigentlich gar nichts mehr zu sagen hätte, wie es immer heißt, sagen Sie doch relativ viel dazu.Das bestätigt mich in der Annahme, dass Herr Minister Rhiel im Unrecht ist,was die Frage des Nichtkönnens angeht, was den Planfeststellungsbeschluss angeht, sondern es geht vielmehr um das Nichtwollen. Das letzte Wort liegt bei der Politik. Deswegen ist es gut, dass wir heute wieder darüber reden und dass wir die wichtigen Argumente der Ausbaugegner vortragen und unsere Position darstellen können.
Ich möchte zu verschiedenen Punkten Ihres Antrages etwas sagen. Ich fange oben an. Zum Regionalen Dialogforum möchte ich bemerken, dass ich denke, dass man mit überschwänglichen Entschließungsanträgen zum Erfolg des Regionalen Dialogforums angesichts der Kritik,die es daran von allen Seiten gibt, doch zumindest sehr vorsichtig sein sollte. Verschiedene Beteiligte haben festgestellt, dass hier kein Dialog auf Augenhöhe stattgefunden hat. Bei den abschließenden Veranstaltungen des RDF waren Verärgerung und Wut aufseiten der Vertreter der Kommunen groß. Das haben Sie alle mitbekommen. Wichtige Dialogpartner, wie das Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau, aber auch die Umweltverbände, wurden mit inakzeptablen Festlegungen oder durch Tatsachen schaffendes Handeln der Landesregierung aus dem Dialog herausgedrängt. Der Dialog hatte einzig und allein die Funktion, einem erklärten und vorab festgelegten Ziel, nämlich dem weiteren Ausbau des Rhein-Main-Flughafens, zumindest ein wenig Akzeptanz in der Bevölkerung zu verschaffen. Es besteht auch kein Anlass, zu hoffen, dass das neu geschaffene Forum Flughafen und Region, weiter unter der Führung von JohannDietrich Wörner, der bereits das Dialogforum zum Misserfolg geführt hat, einen wesentlich anderen Charakter haben wird.
Oder, um es mit den Worten des Offenbacher Stadtrates Paul-Gerhard Weiß, der der FDP angehört, zu sagen, der es auf den Punkt gebracht hat:
„Ein neues Gremium, das die Region nur chloroformiert, brauchen wir nicht.“
Die Mediation war misslungen. Wesentliche gesellschaftliche Gruppen und große Teile der Bevölkerung fühlen sich nicht gehört.Aber selbst die dürftigen Ergebnisse der Mediation wurden von der Landesregierung eben nicht im Planfeststellungsbeschluss umgesetzt. Dieser wurde viel zu hastig und ohne ausreichende Prüfung erlassen. Damit wurden Tatsachen geschaffen.
Nach der Vielzahl gebrochener Versprechen der verschiedenen Landesregierungen zum Thema Flughafenausbau – beispielsweise, für den Flughafen werde kein Baum mehr fallen – hat nun der geschäftsführende Ministerpräsident
hier ist er – noch eins draufgesetzt: von dem nicht verhandelbaren Nachtflugverbot ohne Interpretationsspielräume zu regelmäßigen Nachtflügen im 20-Minuten-Abstand. Sie stehen nicht zu Ihren eigenen Zusagen. Das war ein klares Versprechen an die Menschen in der Region. Das haben Sie gebrochen.
Der Antilärmpakt, der in Ihrem Antrag auch angesprochen ist, enthält nichts Substanzielles für die Städte und Gemeinden im Großraum Rhein-Main. Er enthält keine belastbaren und konkreten Verbesserungen für die Menschen,die vom Fluglärm geplagt sind.Er enthält nicht einmal ein Nachtflugverbot in der sogenannten Mediationsnacht – ein aberwitziger Begriff –, also in der reduzierten Nacht zwischen 23 und 5 Uhr. Stattdessen ist er eine Sammlung von vagen Versprechungen und Absichtserklärungen der Beteiligten, die keinerlei verbindliche und nachprüfbare Vereinbarungen enthält.
Dies ist ein Antilärmpakt im Interesse der Luftverkehrsunternehmen, der weit hinter dem heute technisch und wirtschaftlich Möglichen und gesundheitlich wie ökologisch Notwendigen zurückbleibt. Auch hier wird das Versagen des Dialogforums sichtbar.War in der Dokumentation zum Mediationsverfahren von 2000 noch die Rede davon, dass „die Kenntnis über die Auswirkungen von Lärm auf besonders empfindliche oder schutzwürdige Gruppen, wie etwa Alte, Kranke und Kinder,“ besonders lückenhaft sei, hat das RDF keine ernst zu nehmenden Anstrengungen unternommen, eben dies zu ändern.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Wissler, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Boddenberg?
Herr Boddenberg möge zuhören. Er kann anschließend eine Kurzintervention machen, dann entscheide ich, ob ich darauf eingehe.
Der Frankfurter Mediziner Prof. Scheuermann
jetzt kenne ich auch Ihre Zwischenfrage, vielen Dank – stellt im Rahmen einer umfassenden Literaturrecherche zum Thema „Neue Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Risiken des Ausbaus des Flughafens Rhein-Main“ fest – –
Herr Kollege, ich rede zu Ihrem Antrag.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Meine Damen und Herren, Herr Boddenberg, bitte dämpfen Sie die Stimme ein bisschen, damit man die Rednerin hören kann.
Ich will nur feststellen, dass ich zu Ihrem Antrag spreche. Ihr Antrag besteht größtenteils aus Beispielen aus dem Regionalen Dialogforum und dem Antilärmpakt. Herr Boddenberg, dazu spreche ich gerade.
Zum letzten Punkt werde ich auch noch kommen, wenn ich es noch schaffe.
Ich zitiere:
Das Dialogforum hat sich nicht um die Klärung der im Mediationsbericht gestellten Fragen gekümmert, die für die betroffene Bevölkerung von existenzieller Bedeutung sind.
Seit Februar dieses Jahres liegt zudem eine internationale Studie im Auftrag der EU-Kommission vor – der trauen Sie ja sonst in anderen Fragen so.Diese Studie belegt,dass selbst eine geringe Veränderung im nächtlichen Fluglärm im leisen Schallpegelbereich von 30 bis 60 dB bereits zu einem 14-prozentigen Risiko für Bluthochdruck führt.
Lärm macht krank. Wir bleiben dabei, wir wollen einen echten Lärmschutz. Wir wollen ein Nachtflugverbot, das den Namen verdient, nämlich für die gesamte Nacht und ohne Ausnahmegenehmigung. Weltweit gilt als Nacht die Zeit von 22 bis 6 Uhr. Im Rhein-Main-Gebiet soll sie verkürzt werden. Das ist nicht hinnehmbar.
Deswegen müssen wir an den Planfeststellungsbeschluss heran. Das Nachtflugverbot war auch ein Wahlversprechen der SPD, und daran sollte man sich halten.
DIE LINKE lehnt jeden weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens ab.
Naturzerstörungen, Landschaftsverbrauch, Zunahme von Lärm,Abgasen und Gesundheitsgefahren und ein erhöhtes Risiko von Abstürzen und Unfällen, all das sind Argumente gegen den erneuten Ausbau.
Rhein-Main ist Ausdruck einer verfehlten Politik, einer allein an den Interessen der internationalen Konzerne ausgerichteten Internationalisierung von Produktionsund Handelsströmen, und ein Symbol für das Versagen der Bundesrepublik beim Klimaschutz.
Deshalb müssen wir an den Planfeststellungsbeschluss heran. Zu den vom Flugverkehr verursachten Gesundheitsschäden liegen neue Erkenntnisse vor.
Fachleute können nicht nachvollziehen, wie die Fraport im Antrag trotz annähernder Verdoppelung der Flugbewegungen dennoch eine niedrigere Schadstoffbelastung errechnen kann. Solche technologischen Quantensprünge sind in der Zukunft nicht zu erwarten.
Das immer wieder vorgebrachte Arbeitsplatzargument dient ausschließlich der Rechtfertigung des Ausbaus und den betriebswirtschaftlichen Zielen zweier Großunternehmen, nämlich der Fraport und der Lufthansa. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich die von Fraport propagierte Jobmaschine als Luftnummer. Das Gutachten basiert auf falschen Grundlagen. Es wurde eine Korrelation zwischen Beschäftigung und Passagierzahlen unterstellt. Diese Korrelation existiert nicht,das ist durch die Realität der letzten Jahre widerlegt.
Das Versprechen,es würden durch den Ausbau 40.000 Arbeitsplätze geschaffen – es waren auch schon einmal mehr:40.000,60.000,100.000 –,ist fernab der Realität.Das ist reiner Populismus,um die Menschen in der Region einzukaufen.
Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist auch unnötig. Die Mehrzahl aller Flüge sind Umsteigeflüge, Nahverbindungen und Frachttransporte. Für die Fluggäste in der Region muss der Flughafen nicht ausgebaut werden. Wir müssen die Nahverbindungen auf die Schiene legen. Das ist unsere politische Forderung.Wir sollten die Schiene als Beitrag zum Klimaschutz fördern.
Der Hessische Landtag hat bereits beschlossen, dass wir eine Gesamtbelastungsstudie für die Umweltbelastungen im Großraum Rhein-Main brauchen. Das brauchen wir für alle Neu- und Ausbauvorhaben in der Region. Das finde ich auch entscheidend. Bevor wir überhaupt über neue Großprojekte reden, muss diese Studie vorliegen. Sie muss auch über einen gewissen Zeitraum erstellt werden.
Jetzt möchte ich etwas zum Widerstand gegen den Ausbau des Rhein-Main-Flughafens sagen. Dieser Widerstand geht seit vielen Jahren quer durch alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen.
Er wird getragen von einer großen Zahl örtlicher Bürgerinitiativen, die sich in einem Bündnis zusammengeschlossen haben. Mitglieder der LINKEN sind in diesen Bürgerinitiativen aktiv und tragen ihren Teil zur Mobilisierung bei. DIE LINKE steht solidarisch an der Seite der Bürgerinitiativen und unterstützt deren Protest.
Dazu gehört auch das friedliche Protestdorf im Kelsterbacher Wald. Als sichtbaren Ausdruck dieser Unterstützung wird die Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag am kommenden Sonntag ein Fraktionsbüro im Hüttendorf eröffnen.
Dieser Widerstand ist mitnichten gewalttätig. Er ist ein Ausdruck der massenhaften Ablehnung des Flughafenausbaus durch die Menschen in der Region.
Mit unserem neuen Fraktionsbüro wollen wir einen Beitrag zu einer gewaltfreien und engagierten Protestkultur leisten.
Sie wollen eine neue Landebahn in Zement gießen, wir stellen eine Holzhütte auf.
Wir werden nicht einmal das Fundament in Beton gießen.
Herr Boddenberg, das möchte ich ganz klar sagen: Wenn Sie meine Fraktion oder mich als Person beschuldigen, zu Gewalt aufzurufen, dann ist das eine ungeheuerliche Unterstellung. Die haben Sie entweder zu belegen, oder Sie haben sich dafür zu entschuldigen.
Herr Boddenberg, weisen Sie mir nach, wo ich zu Gewalt aufgerufen habe.
Ich werde im Stenografischen Bericht genau nachlesen, was Sie gesagt haben.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Meine Damen und Herren, ein bisschen ruhiger, ein bisschen Entspannung, dann kann Frau Wissler zum Schluss ihrer Rede kommen.
Ein Plakat des Jugendverbandes, auf dem steht: „Kapitalismus kaputt machen“, als Aufruf zur Gewalt zu sehen,
das ist nun wirklich sehr abenteuerlich.
Was nun meine Person damit zu tun haben soll, weiß ich auch nicht. Ich frage mich, ob Sie nichts Besseres zu tun haben, als diese Art der Showanträge zu stellen. Herr Boddenberg, ich frage mich, mit was sich Ihre Fraktion eigentlich beschäftigt hat, als DIE LINKE noch nicht Mitglied im Hessischen Landtag war.
Wir wollen durch diese Hütte unsere Solidarität mit den Aktivisten zeigen.Wir wollen klarstellen, dass die Region den Menschen und nicht der Fraport und der Lufthansa gehört.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Rechtsstaat gehört auch das Recht auf Widerstand.
Das Recht nehmen wir uns, das verteidigen wir. Wir fordern Sie auf, das ebenfalls zu tun. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke, Frau Wissler. – Zu einer Kurzintervention, Herr Wintermeyer.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich kurz etwas zu Punkt 4 im Antrag der GRÜNEN sagen.
Am 13. September sind erneut über 5.000 Menschen gegen die Erweiterung des Kraftwerks Staudinger auf die Straße gegangen. Das finde ich sehr gut und sehr erfreulich. Diese Demonstration war ein Erfolg.
Bereits am 5. Juni hat sich der Landtag eindeutig gegen den Bau von Block 6 ausgesprochen. Jetzt muss man an die Erklärung des Vorstandsvorsitzenden Bernotat erinnern, es werde keinen Ausbau des Kraftwerks Staudinger gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger und gegen den Willen der hessischen Politik geben.
Jetzt haben zum zweiten Mal Tausende Menschen demonstriert. Ich fand es ein ganz wichtiges Zeichen, dass alle drei Parteien, die im Hessischen Landtag vertreten sind und den Ausbau des Kohlekraftwerks ablehnen, auf dieser Demonstration zahlreich vertreten waren. Ich fand das ein wichtiges Zeichen an die Bürgerinitiative und auch an die Anwohner.
Ich denke, wir müssen fordern, dass Bernotat seinen Worten jetzt Taten folgen lässt und den Ausbau endlich ad acta legt.
Beim Bau von Block 6 würde sich der CO2-Ausstoß fast verdreifachen. Jetzt wurde eine neue Belastungsstudie von E.ON vorgestellt. Aus der ergibt sich, dass eigentlich alles gar nicht so schlimm ist.
Die Bürgerinitiative „Stoppt Staudinger“ kritisiert zu Recht, dass der Aussagewert dieser Messungen gegen Null tendiert, weil die Geräte zur Messung der Luftbelastung so weit abgelegen platziert waren, dass sie die Abgase des Kohlekraftwerks gar nicht mehr in der Form erfassen konnten, wie das nötig gewesen wäre, um wirklich relevante Daten zu erhalten. Deshalb unterstützen wir auch die Forderung der Bürgerinitiative, dass diese Messstellen neu platziert und dass die Messungen wiederholt werden müssen, um an relevante Daten zu gelangen.
Die Grenze der Belastbarkeit ist im Rhein-Main-Gebiet erreicht. Wir haben heute Morgen bereits über die Notwendigkeit einer Gesamtbelastungsstudie für das RheinMain-Gebiet gesprochen, und zwar für alle Projekte, die den CO2-Ausstoß erhöhen. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist der Bau weiterer CO2-Schleudern nicht zu verantworten. Ich denke, dadurch wird eine völlig veraltete Technologie zementiert. Dieses Geld wäre anderswo besser investiert.
Die Zukunft liegt bei Energieeinsparung, Energieeffizienz sowie beim Ausbau erneuerbarer Energien. Wenn ich in den Antrag der CDU und der FDP schaue, in welchem vor dem „Wildwuchs zur Errichtung von Windkraftanlagen“ sowie vor der sogenannten Solarsatzung gewarnt wird, dann erwidere ich: Wir müssen verdeutlichen, dass die Energiewende möglich ist. Sie muss aber politisch gewollt sein. Dafür bedarf es politischer Mehrheiten, doch lese ich aus Ihrem Antrag heraus, dass Sie es nicht wollen.
DIE LINKE hält die Entmachtung der großen Energiekonzerne für nötig, weil die Energiekonzerne die Energiewende blockieren, und zwar aus Angst um ihre Profite. Die Liberalisierung des Energiemarkts hat zu immer weiteren Preissteigerungen geführt. Die Energiepreise sind für die Verbraucher mittlerweile zur zweiten Miete geworden. Daher fordern wir für die Verbraucherinnen und Verbraucher Sozialtarife.
Angesichts der Rekordgewinne der Energiekonzerne ist es, so denke ich, das Mindeste, was man in diesem Zusammenhang fordern kann.
Herr Kollege, ich bin ein wenig knapp in der Zeit und möchte meine Ausführungen gern zu Ende bringen. –
DIE LINKE will, dass die Energieversorgung in die öffentliche Hand überführt wird, weil wir der Meinung sind, dass die Energieversorgung unter demokratische Kontrolle gestellt werden muss.
Frau Präsidentin,ich möchte gern meine Ausführungen zu Ende bringen. Ich möchte auch anmerken, dass es sehr störend ist, wenn von der Regierungsbank bzw. von den Herren Ministern Zurufe gemacht werden. – Ich wiederhole meinen Satz. Wir, DIE LINKE, fordern, dass die Energieversorgung in die öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle gestellt wird.
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Wir sind auch der Meinung, dass eine Verstaatlichung in diesem Zusammenhang nicht ausreicht. Wir wissen, dass Vattenfall zwar ein Staatskonzern ist, doch ebenfalls nach den Kriterien der Profitmaximierung funktioniert. Wir sind daher der Meinung, dass die Rückführung der Energieversorgung in das öffentliche Eigentum ein erster Schritt sein muss.Darüber hinaus müssen wir schauen, wie wir diese Unternehmen demokratisch kontrollieren können, sodass die Energieversorgung eben nicht die Profitmaximierung zum Ziel hat, sondern gemäß den Bedürfnissen der Menschen funktioniert.
Nur so können wir auch wirklich zu einer Energiewende kommen, weil dies gerade aufgrund der Profitinteressen der großen Energiekonzerne verhindert wird. Die Energieversorgung ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, so wie auch die Gesundheitsvorsorge oder der öffentliche Personennahverkehr. Daher gehört die Energieversorgung in die öffentliche Hand.
Auch in der Bundesrepublik Deutschland waren diese Bereiche lange in öffentlicher Hand. Auch wenn Sie vielleicht anführen, dass dies keine Gültigkeit habe, entgegne ich Ihnen, dass dies in Art. 41 der Hessischen Verfassung derart beschrieben ist.
Nun kann man sagen, dass dies nicht gültig sei, doch kann man wohl auch nicht anführen, dass dies die Verfassung der DDR sei. Das ist nun wirklich nicht der Fall. Wir fordern das, weil wir nur so garantieren können, dass es eine sichere Energieversorgung gibt, dass der CO2-Ausstoß vermindert wird und dass wir dem Klimawandel vorbeugen können.
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Ich komme zum Schluss. Ich denke, dass wir dafür kämpfen müssen, dass Staat und Demokratie wieder mehr Einflussbereiche bekommen und dass die öffentliche Daseinsvorsorge gemäß den Bedürfnissen der Menschen funktioniert. Daher brauchen wir eine demokratische Kontrolle.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die aktuelle Bankenkrise zeigt deutlich, wie wichtig ein starker und stabiler öffentlich-rechtlicher Bankensektor ist.
Wir brauchen daher keine weitere Liberalisierung der Finanzmärkte, sondern mehr Regulierung und eine Stärkung der öffentlich-rechtlichen Banken, die der Gemeinwohlorientierung verpflichtet sind und eben nicht der Profitmaximierung.
Ich freue mich, dass dies auf eine breite Zustimmung stößt, denn mittlerweile merke ich, dass selbst die FDPFraktion – damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet – und einige Politiker aus den Reihen der CDU nicht mehr so ganz auf die Selbstheilungskräfte des Marktes vertrauen. Wenn man sich hierzu einen Vormittag lang die Berichte von „n-tv“ ansieht und im Anschluss in sich geht, dann ist es wirklich schwierig, noch den Selbstheilungskräften des Marktes zu vertrauen.
Die Sparkassen haben in der Vergangenheit immer gezeigt, dass sie während Finanzkrisen ein stabilisierender Faktor sein können. Deshalb geht der Gesetzentwurf, der heute vorliegt, in eine ganz falsche Richtung. DGB und ver.di bezeichnen ihn zu Recht als die Vorstufe zur Zerstörung der Sparkassenstrukturen.
Ich möchte gern noch etwas zu dem sagen,was Herr Posch gesagt hat, da ich ihm genau zugehört habe. An einer Stelle habe ich aufgehorcht, und ich hätte mir gewünscht, dass dies die GRÜNEN auch getan hätten, als er nämlich auf Italien hingewiesen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dieser Hinweis hat Sie entlarvt.Wenn Sie auf Italien anspielen, dann wird deutlich, wohin Sie wirklich wollen.Was ist in Italien passiert? – In Italien sind Sparkassen in Aktiengesellschaften überführt worden, die sich in dem Besitz von Stiftungen befanden. Die große Mailänder Sparkasse befand sich nach kurzer Zeit unter dem Dach der französischen Crédit Agricole. Es gibt in Italien also keinen Sparkassensektor mehr, der einen öffentlichen Auftrag erfüllt. Die Leistungen der Banken sind heute in Deutschland um einiges besser und preiswerter, als dies in Italien der Fall ist – gerade weil wir einen starken öffentlich-rechtlichen Bankensektor haben.
Das sollte die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN misstrauisch machen. Sie sollten sich fragen, ob sie die gleichen Ziele wie die FDP verfolgen wollen, da Herr Posch derart eindeutig auf Italien verwiesen hat. Da können Sie sich noch einmal abstimmen, aber das machen Sie gerade.
Die öffentliche Anhörung der vergangenen Woche hat ganz klar ergeben,dass das Stiftungsmodell auf breite Ablehnung stößt.Der Sparkassen- und Giroverband HessenThüringen, der Hessische Städtetag, der Hessische Landkreistag, die Gewerkschaft ver.di sowie die Personal- und Betriebsräte der Sparkassen in Hessen lehnen diese Option ab. Ich kritisiere daher, dass dies nicht ernst genommen wird. Es werden gegen die breite Mehrheit der Expertinnen und Experten sowie gegen den Willen der unmittelbar Betroffenen Fakten geschaffen.
Im Schnellverfahren wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, der zur Entmachtung der Kommunen führt, der viele Fragen offen lässt und der auch von den direkt Betroffenen nicht gewollt ist.
Herr Präsident, vielen Dank. – DIE LINKE teilt die Bedenken der Betroffenen. Das Stiftungsmodell führt zu einem Einflussverlust der Kommunen. Es gefährdet den Regionalbezug der Sparkassen.Auch der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen – vielleicht ist es Ihnen nun möglich, zuzuhören – kommt zu der Einschätzung, dass das Stiftungsmodell „kein Schutz vor, sondern ein Schritt hin zur Privatisierung der Sparkassen“ sei. Beim Sparkassen- und Giroverband heißt es weiter: „Die Verfolgung des öffentlichen Auftrags und die Bedienung der Interessen von Investoren sind und bleiben unvereinbare Gegensätze.“
Herr Kollege Boddenberg, „das sind alles kommunistische Verbände“. Auf diesem Standpunkt kann man stehen,auf diesem stehe ich nicht.– Der Gesamtvorstand der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat sich bereits im Juni des Jahres 2005 sehr eindeutig zum Stiftungsmodell positioniert. Es ist die Befürchtung geäußert worden,das Stiftungsmodell beeinträchtige erheblich die Einflussmöglichkeiten der kommunalen Träger. Auch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts sei das Stiftungsmodell abzulehnen.
Wir sehen in Bezug auf das Stiftungsmodell weitere Punkte sehr kritisch. Das Hessische Stiftungsgesetz – das wissen Sie – läuft am 31.12.2012 aus. Längerfristige Auswirkungen sind also gar nicht einschätzbar. Das Stiftungsmodell, insbesondere in der Variante der stillen Beteiligung, führt zu einer Entfernung von den Trägern, also von den Kommunen. Das gefährdet den Regionalbezug.
Wir kritisieren, dass als stille Beteiligung übertragene Sparkassen zu Renditeobjekten werden. Das lehnen wir ab. Es besteht zudem die Gefahr, dass es zu einem Konzentrationsprozess kommt, bis hin zu einer Landessparkasse. Das hätte verheerende Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und auf das Filialnetz.
Das Ansinnen, die Sparkassen zukunftssicher zu machen, den öffentlichen Auftrag zu festigen und das Regionalprinzip zu erhalten, wird durch die Schaffung einer Stiftung nicht erreicht. DIE LINKE tritt dafür ein, dass die Trägerschaft für die Sparkassen bei den Kommunen bleibt und damit der Kontrolle der kommunalen Parlamente unterliegt. Die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts und die kommunale Trägerschaft bieten die beste Gewähr für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags.
Wir wissen, dass die öffentliche Trägerschaft kein Garant für eine gemeinwohlorientierte Geschäftspolitik ist; aber sie ist notwendige Voraussetzung dafür. Nur mit dieser
Rechts- und Eigentumsform kann ein effizientes, gemeinwohlorientiertes Geschäftsmodell sichergestellt werden. Denn nur bei öffentlichen Banken kann das Spar- und Kreditgeschäft zumindest in einem gewissen Ausmaß von den Renditeerwartungen der Finanzmärkte abgekoppelt werden.
Zudem – auch das ist schon angesprochen worden – haben auch wir Zweifel, ob der Gesetzentwurf europafest ist. Wir wollen verhindern, dass private Investoren vor dem Europäischen Gerichtshof auf den Erwerb von Anteilen an hessischen Sparkassen klagen können. Die GRÜNEN haben sich in ihrem eigenen Änderungsantrag auch gegen die Stammkapitaloptionen ausgesprochen. Im Gesetzentwurf ist nun anstelle von Stammkapital von Trägeranteilen die Rede.Auf dem Weg zwischen Stammkapital und Trägeranteilen lag noch das Trägerkapital. In der Tat war auch mein Eindruck, dass es verschiedene Positionen gibt, was denn nun darunter zu verstehen ist.
Ob nun aber von Stammkapital, von Trägerkapital oder von Trägeranteilen die Rede ist – die Gefahren, die aus einer Übertragung von Sparkassenanteilen resultieren, bestehen fort. Wenn der erste private Investor vor dem EuGH geklagt hat und Recht bekommen hat, ist es zu spät.
Dann steht die Tür zur Privatisierung der Sparkassen weit offen.Wir wollen es eben nicht darauf ankommen lassen, ob die vorgeschlagene Regelung europafest ist. Die Aussagen der EU-Kommission in diesem Zusammenhang sind wertlos – das möchte ich auch einmal sagen –, da die Kommission gar nicht befugt ist, das Gemeinschaftsrecht in irgendeiner Art und Weise verbindlich auszulegen. Das kann nur der Europäische Gerichtshof, aber das wissen Sie sicher.
Erst nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt es Rechtssicherheit. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zeigen eine Tradition, den Interessen und Freiheiten der Unternehmer konsequent Vorrang vor allen anderen Belangen einzuräumen. Dass es Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof geben wird, ist sicher. Der öffentlich-rechtliche Bankensektor stellt ein Hindernis für alle diejenigen dar, die einen noch ungezügelteren Kapitalismus und noch weniger regulierte Finanzmärkte wollen. Die privaten Großbanken haben natürlich ein handfestes ökonomisches Interesse an der Abschaffung und der Übernahme ihres Hauptkonkurrenten, nämlich der Sparkassen und der öffentlich-rechtlichen Banken. Die privaten Großbanken kommen derzeit in Deutschland nur auf einen Marktanteil von rund einem Viertel der bundesdeutschen Spar- und Kreditgeschäfte. Daher stellen öffentliche und genossenschaftliche Banken natürlich eine Gewinnbremse für den privaten Bankensektor dar.
Schützenhilfe kam schon in der Vergangenheit von der Europäischen Union, die den öffentlichen Bankensektor schwächen will. Wir haben den Streit um die Sparkassenbezeichnung erlebt. Wir haben die Drohung mit einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen die Sparkassen erlebt. Mit diesem Gesetz wird der EU-Kommission die Vorlage geliefert, die sie für weitere Eingriffe in den öffentlich-rechtlichen Bankensektor braucht.
Deshalb lehnt DIE LINKE die Übertragung von Sparkassenanteilen, in welcher Form auch immer, ab.Wir wol
len nicht, dass sich die Ausrichtung des Trägers weg vom öffentlichen Auftrag hin zum Renditedenken entwickelt.
Die Folgen wären absehbar, nämlich ein Verlust der Gemeinwohlorientierung und des Regionalitätsprinzips.
Ich will kurz sagen: In dem Gesetzentwurf ist ein Girokonto für alle vorgesehen. Das ist ein Anliegen, das wir teilen, das geht in eine richtige Richtung. Deswegen werden wir diesen Punkt mittragen, wobei es auch bisher schon eine freiwillige Selbstverpflichtung der Sparkassen gibt.
Ich komme zum Schluss. – Wir sehen keinen Anlass, in einem Eilverfahren eine Neustrukturierung der hessischen Sparkassen zu beschließen, auch nicht im Rhein-MainGebiet. Keine der hessischen Sparkassen steht vor akuten Problemen, keine muss dringend übernommen, fusioniert oder umstrukturiert werden.
Da sind wir uns einig, Herr Boddenberg, wie schön.
Das hat auch die überwiegende Mehrheit der Anzuhörenden bestätigt. Deshalb wollen wir, dass die Belange der Kundinnen und Kunden, der Mitarbeiter sowie der Kommunalen Spitzenverbände berücksichtigt werden,dass die Bedenken gehört werden.
Deshalb möchten auch wir eine dritte Lesung, damit die antragstellenden Fraktionen noch zwei Tage Zeit haben, darüber nachzudenken, was sie mit dem Gesetzentwurf anrichten können. – Vielen Dank.
Ich finde es schon beeindruckend, mit welcher Arroganz hier gesagt wird,
dass Menschen, die Ihren Gesetzentwurf ablehnen, ihn nicht gelesen oder nicht verstanden hätten.
Ich möchte nur einmal darauf hinweisen – und da mögen Sie mir widersprechen, wenn ich falsch liege –: Es gibt mit Sicherheit 400 Seiten Unterlagen im Rahmen der Anhörung. Ich habe sie alle gelesen.
Ich habe eine Stellungnahme gefunden, die sich eindeutig und klar für Ihr Modell positioniert. Wer ist das? Der
Bundesverband Deutscher Stiftungen. Das ist die einzige Stellungnahme in dem ganzen 400-seitigen Block gewesen, die klipp und klar gesagt hat, das ist ein gutes Modell.
Sie können hier behaupten, die Kommunalen Spitzenverbände, der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, die Gewerkschaften und die Personalräte haben das alles nicht gelesen und nicht verstanden.
Das finde ich aber einen sehr zweifelhaften Umgang mit Menschen, die man zu einer Anhörung einlädt und um Stellungnahmen bittet.
Ich habe mich in meinem Beitrag unter anderem auf die Stellungnahmen gestützt, die zur Anhörung vorlagen.