Frau Merkel hat eine solche Gemeinschaftsschule besucht. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie da zu wenig gelernt hat.
Selbstverständlich sind wir auch der Meinung, dass die Qualität des Unterrichts verbessert, berufliche Schulen ausgebaut und Weiterbildung gesetzlich gefördert werden müssen. Wir müssen aber selbstverständlich auch über Versäumnisse der letzten Zeit, der letzten Jahre reden. Für die Entwicklung der Frankfurter Stiftungsuniversität sind 47 Millionen c aus der Landeskasse möglich gewesen. Für eine Verbesserung der Schulen und die Schulsituation im ganzen Land fehlen sie.
Herr Koch, für die Eliteschule Schloss Hansenberg hatten Sie 15 Millionen c übrig. Für die Blindenschule in Marburg haben Sie die Landeszuschüsse gekürzt. So sah Ihre Bildungspolitik aus.
Wenn Sie ankündigen, dass Ihre Politik auch weiterhin eine Politik der Privatisierung in diesem Land sein wird, wenn Sie ankündigen, dass wir, um den Haushalt zu sanieren, weiterhin Eigentum des Landes als Portfolio veräußern müssen – wir alle wissen, Herr Al-Wazir hat gerade schon darauf hingewiesen, dass das vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt ist, zu verkaufen –,
muss ich Ihnen entgegenhalten: Die Veräußerung öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen ist genau das Gegenteil von nachhaltiger Politik.
(Beifall bei der LINKEN und des Abg.Turgut Yük- sel (SPD) – Hans-Jürgen Irmer (CDU): VEB – volkseigene Betriebe!)
Wir müssen in Hessen diese öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen insbesondere in der Energie- und Wasserversorgung, bei Wohnraum, Transport, Verkehr wie auch im Bildungs- und Gesundheitswesen sozial und ökonomisch sinnvoll weiterentwickeln. Dazu brauchen wir Kontrolle über diese Unternehmen.
Herr Kollege, vielleicht schauen Sie einmal in meine Vita und überlegen dann noch einmal, mit welchen Begriffen Sie mich hier traktieren.
Auch um bei Bedarf einen sozial gestaffelten Energiepreis einzubringen, damit Arme nicht auch noch in ihren Wohnungen frieren müssen, bedarf es eines politischen Zugriffs auf die Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Wir durften z. B. in den letzten Wochen in der Zeitung lesen, dass ein Privatknast nicht nur teurer als die in der öffentlichen Hand geführten ist, sondern – –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie doch einmal in Ihrer Marktlogik.Wenn ich ein privates Gefängnis habe, muss die Marktlogik doch sagen: Für dieses private Gefängnis muss ich Nachfrage schaffen. – Das ist eine Politik, die Sie machen wollen?
Wir möchten auch daran erinnern, dass jeder Euro für einen Gefängnisplatz zehnmal besser in der Prävention angelegt ist. Die Sozialinitiativen, die durch die Aktion „unsichere Zukunft“ in der vergangenen Legislaturperiode Geld gekürzt oder ganz gestrichen bekommen haben, müssen von uns wieder gefördert werden. Das sind Frauenhäuser, Erziehungsberatungsstellen, Drogen- und
Schuldnerberatungsstellen, Volkshochschulen und viele andere gemeinnützige Sozial- und Bildungseinrichtungen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Politik, die den Zusammenhalt fördert.Wir treten entschieden gegen eine Politik ein, in der die Unterschiede betont und Gemeinsamkeiten außer Acht gelassen werden. Wir müssen durchaus zur Kenntnis nehmen, dass wir hier seit Jahren friedlich zusammenleben.
Wer diese Tatsache nicht erkennt, sondern bestimmte Religionen oder Nationalitäten allgemein für gefährlich erklärt, diskriminiert oder ausgrenzt, stiftet Unfrieden.
Herr Koch, eine Entschuldigung für diese Entgleisungen in Ihrem Wahlkampf bei den Tausenden von Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur hier in Hessen steht immer noch aus.
Heute Morgen wurde schon viel über Sport geredet. Ich spare mir das. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen: Sport allein wird nicht ausreichen, um Migrationskindern wie Nichtmigrationskindern die erforderlichen Perspektiven in unserem Land zu geben. Da muss deutlich mehr passieren, um Jugendlichen wieder Perspektiven und Hoffnung zu geben. Auch dort hat die Operation „unsichere Zukunft“ der CDU vieles weggekürzt. Dies muss rückgängig gemacht werden.
Meine Damen und Herren, auch wir schließen uns vollkommen der Forderung nach einer Energiewende in diesem Land an. Damit rennen Sie bei uns offene Türen ein. Selbstverständlich treten wir dafür ein, dass zu dieser Energiewende ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, eine energietechnische Gebäudesanierung und ein deutlicher Ausbau der regenerativen Energien gehören.
Selbstverständlich muss Biblis A stillgelegt werden. Selbstverständlich muss das Kohlekraftwerk Staudinger verhindert werden.
Herr Koch, Sie schlagen eine Nachhaltigkeitsstrategie in Hessen vor. Selbstverständlich hört sich das auch für uns sehr gut an. Aber zu einer Strategie gehört es doch, die Ausgangslage zu kennen. Die aber kennen wir nicht. Die kennen auch Sie nicht.
Seit Jahren fordern wir eine Gesamtbelastungsstudie für das Rhein-Main-Gebiet. Bereits 1991 wurde eine solche im Koalitionsvertrag zwischen SPD und GRÜNEN vereinbart. Bis heute warten wir darauf.
In einer solchen Studie müssen wir endlich einmal die Infrastrukturprojekte in ihrer Gesamtbelastung beurteilen – also Schadstoffemissionen, Feinstäube, Lärm usw. Wir sind uns mit den Initiativen einig, die so lange ein Moratorium für Großprojekte fordern, bis endlich diese Gesamtbelastungsstudie vorliegt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und möchte wiederholen: Schlüssigkeit und Mut zu neuen Wegen reichen nicht aus, wenn die Richtung nicht stimmt. Wir brauchen in Hessen einen Politikwechsel, einen Poli
tikwechsel für ein anderes Hessen. Wir vertrauen darauf, in diesem Hause eine politische Mehrheit für diese Projekte zu haben, die in diese Richtung gehen. – Ich danke Ihnen.
Danke sehr, Herr Dr. Willken. Dies war Ihre erste Rede im Hessischen Landtag. Es ist guter Brauch, dass der amtierende Präsident oder die amtierende Präsidentin dazu gratuliert. Dem komme ich gerne nach: herzlichen Glückwunsch dazu.
Als nächster Redner hat sich für die CDU-Fraktion ihr Vorsitzender, Herr Dr. Wagner, gemeldet. Bitte, Herr Dr. Wagner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Erklärung des Ministerpräsidenten bekräftigt das Signal vom vergangenen Samstag. Hessen ist trotz eines schwierigen Wahlergebnisses nicht führungslos.
Wenn auch geschäftsführend, so ist doch eine verlässliche und handlungsfähige Regierung im Amt. Der Ministerpräsident – das haben wir heute Vormittag in seiner Erklärung gehört – wird seiner Pflicht und Verantwortung vor den Bürgern unseres Landes gerecht. Die Regierungserklärung beschreibt exakt die bevorstehenden Herausforderungen für unser Land.
Am vergangenen Samstag haben Vertreter der vier demokratischen Fraktionen deutlich gemacht, dass sie das Angebot der Regierung zur Zusammenarbeit annehmen wollen. Diese Ankündigung müssen wir jetzt mit Leben erfüllen.
Lassen Sie mich zusammenfassend und als Rückblick auf die vorangegangenen Beiträge das Folgende sagen:
Es ist richtig, wir müssen offen sein. Insofern beziehe ich mich auf ein Zitat aus dem Munde des Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN.Wir müssen wirkliche Offenheit in der Sache miteinander praktizieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber lassen Sie mich auch das klar und deutlich sagen: Im Ergebnis kann das natürlich nicht bedeuten, dass sich die eine Seite bewegt und die andere nicht.
Das kann nicht bedeuten, dass sich die CDU-Landtagsfraktion unter anderem im Zusammenhang mit ihrer Bad Wildunger Tagung und ihrem Bad Wildunger Papier korrigiert, während andere sagen: Wir legen einfach einmal unser Wahlprogramm hier zur Abstimmung vor.