Ulrich Wilken

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir gleich den Landtag auflösen,
haben wir unseren Job nicht erledigt. Es wäre noch viel zu tun. Dass wir das jetzt nicht tun, ruft viel Unmut, ruft viel Wut im Land hervor. Die Menschen erwarten von uns, dass wir als ihre Vertreter hier alles dafür tun, dass ihr Leben im Land besser wird. Das war wegen Entscheidungen in anderen Fraktionen – nicht in meiner Fraktion – nicht möglich.
Ich will kurz sagen, was es ist, was die Menschen von uns erwarten. Es gibt Armut in diesem Land, es gibt Kinderarmut. Deswegen brauchen wir Maßnahmen zur Armutsbekämpfung. Dafür setzen wir uns ein.
Wir brauchen Arbeitsplätze in unserem Land, von denen Menschen auch leben können, und zwar von einem Job, und nicht dazu drei brauchen. Wir brauchen eine Gemeinschaftsschule in unserem Land,in der die von Geburt an bestehenden Chancenungleichheiten aktiv ausgeglichen werden können.
Meine Damen und Herren, es gibt zahlreiche ungelöste Probleme in unserem Land, die wir angehen müssen: Hessisches Personalvertretungsgesetz, Mindestlohn, Gleichstellung anerkannter Lebenspartnerschaften,
aber auch die Auseinandersetzungen in der Region Rhein-Main um den Flughafenausbau. Herr Al-Wazir, wenn Sie jetzt zugegeben haben, dass Sie das in den Koalitionsvertrag hineinformuliert haben, was Herr Koch jahrelang versprochen hat, dann sage ich Ihnen: Das reicht den Menschen in der Region selbstverständlich nicht. Da müssen wir in dieser Region mehr machen.
All dies und noch viel mehr wäre in diesem Hause in dieser Legislaturperiode möglich gewesen auf einen guten Weg zu bringen. Und Sie vier haben sich dagegen entschieden.
Ich bin nicht traurig, dass ich hoffentlich davon ausgehen kann, dass Sie dies alles in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr werden blockieren können.
Auch die geschäftsführende Landesregierung – allen voran Herr Koch – hat alles darangesetzt, Beschlüsse dieses Parlaments zu blockieren, zu ignorieren usw. Dabei haben Sie doch so vollmundig die Partnerschaft zu diesem Parlament versprochen.
Herr Koch, wir alle haben gelernt, was diese Ihre Partnerschaft wert gewesen ist und wert ist.Deswegen möchte ich mit einer Warnung an die Kollegen von Opel schließen: Liebe Opelaner, passt auf, wenn Koch jetzt euer Partner wird. Haltet eure Portemonnaies fest, und klammert euch ans Hemd, damit es nicht das letzte ist. – Ich danke euch.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht hier doch nicht um einen Einzelfall. Und es geht schon gar nicht um eine politische Instrumentalisierung. Heute sind nach Agenturmeldungen ca. 60.000 Menschen in Berlin, um auf die Missstände in unseren Krankenhäusern hinzuweisen. Aus Hessen sind in den frühen Morgenstunden 7.000 Kolleginnen und Kollegen aufgebrochen. Herr Bar
telt, wenn Sie dahinter anonyme Strippenzieher mit dem Namen Lafontaine verbinden,
dann weiß ich nicht, ob ich mich darüber freuen soll oder Sie nicht doch hoffnungslos überschätzen, welchen Einfluss wir in der Gewerkschaftsbewegung haben.
Meine Damen und Herren, die Finanzierungslücke auch in den hessischen Krankenhäusern hat für Patientinnen und Patienten sowie Personal gleichermaßen bedrohliche Ausmaße angenommen. Das gilt für alle Krankenhäuser. Das hat nichts mehr mit privatisierten Krankenhäusern zu tun. Patientinnen und Patienten beklagen in allen Krankenhäusern fehlende pflegerische und ärztliche Betreuung. Die Arbeitsverdichtung durch Stellenabbau, Gehaltsabsenkungen, Notlagentarifverträge, Befristung von Arbeitsverhältnissen und Beschäftigung von Leiharbeitskräften sind Massenphänomene in den Krankenhäusern geworden. Es geht hier nicht um einen Einzelfall.
Wer die Kliniken so kaputtspart, nimmt den Niedergang der stationären Versorgung in Kauf. Wenn das Ausbluten unserer Kliniken noch gestoppt werden soll, müssen wir auch hier im Land die Krankenhausfinanzierung schnellstens umsteuern. Ich glaube, darum geht es auch der SPD in ihrem Antrag.
Wir müssen feststellen – ich glaube, auch von Ihnen war der eine oder andere in den letzten Wochen in Kliniken und hat sich die Situation sehr genau angesehen –, dass der Druck, der auf die Beschäftigten ausgeübt wird, zunehmend auch bei den Patienten ankommt. Der Pflegerat – eine nicht gerade als linksradikal verschriene Organisation – und andere, die sich mit der Patientensicherheit beschäftigen, stellen fest, dass dieser Druck mehr und mehr in eine rationalisierte Versorgung, quasi in eine Fließbandversorgung in Krankenhausfabriken mündet. Diese Art der Versorgung wird selbstverständlich von den Pflegekräften nicht gewollt. Aber sie müssen die schnellstmögliche Versorgung der Patienten gewährleisten – ungeachtet der massiven Pflegeprobleme,die damit verbunden sind.
Patienten schildern dies als riesiges Problem. Sie fühlen sich selbstverständlich außerordentlich unwohl. Der Druck, der in den Kliniken auch aufgrund neuer Finanzierungsgrundsätze herrscht, führt am Ende dazu, dass sich die Krankenhäuser gegenseitig noch massiven Konkurrenzdruck schaffen, der in der letzten Konsequenz dann wiederum die Beschäftigten trifft. Deswegen sagen wir zusammen mit ver.di: Der Deckel muss weg.
Der Abbau von Pflegekräften und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den letzten zehn Jahren hat zu einer unerträglichen Arbeitsverdichtung geführt. Das Personal kommt aufgrund der durch das Fallpauschalengesetz erzwungenen Konzentration der Leistungen an seine psychischen und physischen Belastungsgrenzen. Wenn weitere Mittel- und Personalkürzungen wie z. B. in
den privatisierten Kliniken passieren, dann werden diese Prozesse noch weiter verschärft.
Die Auswirkungen dieser dramatischen Sparpolitik – das sage ich noch einmal – sind aber in fast allen Krankenhäusern zu spüren. Patientinnen und Patienten klagen über längere Wartezeiten, weniger Zuwendung und belastetes Personal. Patientinnen und Patienten werden schnellstmöglich aus den Krankenhäusern entlassen, ohne dass eine gute nachstationäre Versorgung gewährleistet wäre. Und – das geht vor allen Dingen uns hier im Land an – der bauliche Zustand vieler Kliniken ist besorgniserregend. Wegen mangelhafter hygienischer Bedingungen kommt es dann zu einer Zunahme von Infektionen.
Auch für die Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern gilt: Unbegrenzte Leistungen zu begrenzten Kosten sind nicht möglich. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis auf ein paar flapsige Bemerkungen schließe ich mich meinem Vorredner vollinhaltlich an.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kollegen der CDU. Denn Sie geben mir Gelegenheit, hier noch einmal deutlich zu machen, was eigentlich Stein des Anstoßes war. Dabei geht es um die Frage, warum wir eine solche Anhörung überhaupt gebraucht haben.
Herr Wagner, Sie haben eben wieder gefragt:Wer sind eigentlich die Feinde der Verfassung? – Ich habe diese Frage von dieser Stelle aus auch schon mehrfach gestellt. Ich möchte daran erinnern, dass diese Anhörung notwendig wurde, weil Ihre Partei die Möglichkeit der automatischen Erfassung der Kfz-Kennzeichen im Gesetz verankert hat und weil das entsprechende Gesetz vom Bundesverfassungsgericht am 11. März 2008 kassiert wurde.
Deswegen haben wir diese Anhörung gebraucht.
Ich werde auch noch etwas zur Roten Hilfe sagen.Aber auch der Vertreter Ihrer Partei hat sich die Freiheit genommen, zu allem Möglichen etwas zu sagen.
Zweitens. Sie haben gesagt, es sei untauglich, die Rote Hilfe an einer solchen Anhörung zu beteiligen.
Darüber können wir uns gerne streiten.Ich könnte mit Ihnen aber auch darüber streiten, ob die eine oder andere Benennung nicht auch untauglich war.
Es ist absolut in Ordnung, sich kundig zu machen. Im Nachhinein stellt man dann vielleicht fest, dass der eine oder andere Beitrag einem nicht wirklich weitergeholfen hat. Das ist aber alles andere als extremistisch und alles andere als verfassungsfeindlich.
Ich möchte kurz auf den Dringlichen Entschließungsantrag eingehen, den die SPD-Fraktion heute Morgen eingebracht hat. Hier will ich noch einmal etwas klarstellen, etwas deutlich machen: Niemand von uns hat jemals Vertreter der Roten Hilfe eingeladen, in diesen Landtag zu kommen und zu reden.
Ja, das ist ein Unterschied. – Wir haben eine schriftliche Stellungnahme erbeten.Von daher war das Schreiben des Herrn Innenministers vollkommen überflüssig. Denn das andere stand überhaupt nicht zur Debatte.
Ich frage Sie: Wenn unsere Kollegin aus dem Bundestag, Katja Kipping, demnächst in den Landtag kommen möchte, werden Sie sie dann ausladen, weil sie Mitglied der Roten Hilfe ist? Ich frage Sie das.
Ich möchte noch einmal deutlich machen, warum für uns auch die Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe so extrem wichtig ist.
Als wir gegen den G-8-Gipfel demonstriert haben,
wurde der gerechtfertigte Protest verfassungswidrig und rechtswidrig mit Personal und Flugzeugen des Militärs beobachtet. Das ist nur ein Beispiel. Ich könnte das auch an anderen Beispielen zeigen. Die Rote Hilfe hilft uns seit Jahren und Jahrzehnten, unser Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wahrzunehmen. Darum geht es im Kern.
Herr Wagner, in den letzten Tagen wurden folgende Worte von Ihnen wiedergegeben:Wenn das so weitergeht, dann sollten demnächst auch Strafgefangene gehört werden, wenn es um den Strafvollzug und seine Bedingungen geht.
Ich sage hier ganz eindeutig: Ja, selbstverständlich sollen die Betroffenen gehört werden, wenn es um die Bedingungen des Strafvollzugs geht.
Es geht nicht darum, wie Sie es heute Morgen gesagt haben, dass Kriminelle gehört werden sollen, wenn es um das Erlassen von Strafgesetzen geht.Wenn es aber um die Bedingungen des Lebens in diesem Land geht – auch, wenn es um die Bedingungen im Strafvollzug geht –, dann treten wir dafür ein, dass die Betroffenen gehört werden.
Ich möchte eine letzte Bemerkung machen.
Nein, da geht es nicht um den Dringlichen Antrag.Vielmehr stelle ich eine Position dar.
Meine Damen und Herren, wir alle haben doch verstanden, was Sie hier machen wollen.
Ich sage Ihnen: Der Spaltkeil wird nicht wirken. – Danke sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es besteht in diesem Haus überhaupt kein Zweifel daran, dass die Parteien keinen Einfluss auf den Rundfunk nehmen dürfen. Ich habe auch von Herrn Siebel nichts in dieser Richtung gehört.
Herr Weinmeister,Sie haben das Problem ganz anders beschrieben. Sie haben wörtlich gesagt: „Wir haben das so in das Gesetz geschrieben, weil es unser Wille war.“ Diesen Willen hat das Bundesverfassungsgericht wieder einmal kassieren müssen. Ich frage hier nochmals, wo der Wille der CDU und der CDU-geführten Landesregierung in der Vergangenheit eigentlich seine Grenzen hatte.
Herr Hahn, wenn Sie sich hierhin stellen und die Korrektur einer vom Verfassungsgericht als nicht korrekt bewerteten Passage als „Peanuts“ bezeichnen, möchte auch ich Sie fragen, wo eigentlich das Verständnis von Rechtmäßigkeit innerhalb der FDP-Fraktion in diesem Hause ist.
Uns geht es ganz sicherlich darum, Transparenz auch in Bezug auf die Mittel und das Eigentum der Parteien herzustellen. Aber, sehr verehrter Herr Kollege, mit Ihrer Aufzählung haben Sie niemandem in diesem Hause – zumindest niemandem in meiner Fraktion – etwas Neues gesagt. – Danke sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat mich darauf aufmerksam gemacht,dass wir als Fraktion noch etwas über drei Minuten haben. Da mein Vorredner gerade nicht zum Thema geredet hat, sondern offensichtlich zu der wahren Intention dieses hier eingebrachten Antrags,
möchte ich zumindest als ehemaliger und vielleicht auch zukünftiger Funktionär unserer Partei hierzu zwei Sachen sagen.
Herr Hahn, morgen werden wir über eine Funktionsverwirrung, die bei Ihnen über einen Abgeordneten dieses Hauses herrscht, reden – heute nicht.
Meine Damen und Herren, das, was DIE LINKE in ihrem Gründungskonsens geschrieben haben, ist in dem Gründungskonsens einer ihrer Vorgängerparteien schon festgelegt worden. Es ist eine deutliche Abkehr von allen stalinistischen Verbrechen und Tendenzen, die die Vorgängerorganisation gehabt hat. Dazu können Sie mich jederzeit zitieren. Ich habe mich an diesem Platz zu manchem historischen Ereignis in den wenigen Monaten, die ich Mitglied dieses Hauses bin, bereits ähnlich geäußert.
Zweitens. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Wahrheit über die DDR auch in unserem Schulunterricht und in unseren Schulbüchern gesagt wird, weil dann nicht mehr solche Dinge gesagt werden können wie eben, dass eine Dose Ananas bei irgendeinem Bonzen in der DDR Saus und Braus bedeuten würde.Wenn das in den Leitfaden hineingeschrieben wird, dann machen wir uns wirklich nur lächerlich.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns, wenn hier ein Antrag vorliegt, wirklich das abarbeiten, was in dem Antrag steht. In dem Antrag steht: Die Landesregierung ist ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden, für ordentlichen Unterricht und ordentliche Unterrichtsinhalte an hessischen Schulen zu sorgen.– Das ist der Inhalt des Antrages. Alles andere sind Nebelkerzen und Nebelscheinwerfer, mit denen Sie hier stochern. – Danke sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, was die Intention Ihres Vorstoßes anbelangt, sind wir durchaus einer Meinung – obgleich Herr Kollege Blum gestern die Zielverfolgung der Steuergerechtigkeit als Ausbau des Überwachungsstaats missverstanden hat. Es ist unser erklärtes Ziel, die aktuellen Überwachungsgesetze zu stoppen. Das heißt nicht nur, auf die Vorratsdatenspeicherung zu verzichten, sondern auch das neue Bundeskriminalamtsgesetz – das soeben angesprochen worden ist – mit seinen Möglichkeiten der Onlinedurchsuchung von Computern sowie der Videoüberwachung von Privatwohnungen nicht zu befürworten.
Das Kabinett hat dieses BKA-Gesetz gestern verabschiedet. Nach der Vorratsdatenspeicherung stellt das BKAGesetz einen weiteren Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der deutschen Sicherheitsbehörden dar. Diese Gesetze – auch die Vorratsdatenspeicherung – stellen das Grundgesetz schlichtweg auf den Kopf. Unsere Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat. Sie stellen ein institutionalisiertes Misstrauen gegen einen unvernünftigen Staat dar. Mit der Vorratsdatenspeicherung hingegen
wird ein prinzipielles Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern institutionalisiert, da alle Bürger unter Generalverdacht gestellt werden.
Herr Kollege, entschuldigen Sie, wenn Sie in der Bundesrepublik Deutschland unter Beweis stellen wollen, dass die Stasi noch zu toppen sei, dann ist das mit uns nicht machbar.
Mit dem neuen BKA-Gesetz wird in Deutschland erstmals auf deutschem Boden eine Sicherheitsbehörde in die Lage versetzt, über sämtliche Befugnisse sowohl eines Geheimdienstes als auch der Polizei zu verfügen. Damit wird eine zentrale Lehre aus der Nazizeit über Bord geworfen.
Mit dem sogenannten Polizeibrief haben die alliierten Militärgouverneure damals aus gutem Recht ein Trennungsgebot festgelegt. Der Bundesrepublik wurde der Aufbau von Geheimdiensten nur unter der Bedingung erlaubt, dass diese keine Polizeibefugnisse haben dürfen. Wieso sollte dies auf einmal nicht mehr gelten? Die nunmehr geplanten umfassenden Kompetenzen des Bundeskriminalamts verletzten dieses Gebot in eklatanter Weise.
Herr Kollege Wagner, es stellt sich wieder einmal die Frage, wo eigentlich die Verfassungsfeinde sitzen und wen der Verfassungsschutz eigentlich beobachten müsste.
Meine Damen und Herren, wir haben noch nie an einem Gesetz mitgewirkt,das später vom Verfassungsschutz kassiert wurde. Wir verteidigen die Verfassung und das Grundgesetz gegen diese Angriffe.
Das vom Verfassungsgericht kassiert wurde. Herr Kollege Hahn, danke für die Korrektur, denn was richtig ist, soll auch richtig bleiben. Ich entschuldige mich für diesen Versprecher.
Meine Damen und Herren, was die Republik für ihre Verteidigung braucht, sind nicht Behörden mit einem allumfassenden Überwachungsanspruch, sondern die Gewissheit, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Grundrechte – ohne Angst vor unberechtigten Mitschnitten – in Anspruch nehmen können. Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag hat – Herr Kollege von der FDP,das haben Sie bereits angesprochen – die Tatsache geleistet,dass in der Privatwirtschaft immer noch große Regelungslücken im Bereich des Datenschutzes klaffen. Diese müssen schnellstmöglich geschlossen werden. Rechtlich verstärkt werden muss vor allem die Unabhängigkeit der betrieblichen Datenschutzbeauftragten.
Der Telekom-Skandal zeigt deutlich, dass die Selbstverpflichtungen der Privatwirtschaft nicht ausreichen, um Mitarbeiter und Kunden vor dem Missbrauch ihrer Daten zu schützen. Der Staat muss sicherstellen, dass die Daten seiner Bürger ebenso vor Missbrauch durch staatliche Behörden wie auch durch Unternehmen der Privatwirtschaft geschützt werden. Unserer Ansicht nach sind die bestehenden Möglichkeiten völlig unzureichend, den Datenschutz missachtende Firmen zu Verhaltensänderungen zu zwingen, etwa durch die Verhängung von minimalen Bußgeldern.
Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, gegenüber dieser Aufgabe, die ich skizziert habe, ist die Schaffung eines hessischen Kompetenzzentrums beim Datenschutzbeauftragten bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein, der das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger erhöhen sollte, dass sie vor Datenmissbrauch und Überwachung nur äußerst ungenügend geschützt sind. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident,meine Damen und Herren! Als Neuling in diesem Hause lerne ich täglich dazu – heute besonders viel.
Aber ich will noch einmal in Erinnerung rufen, was wir meines Wissens bei dem Verfahren bezüglich dieses Änderungsantrags gemacht haben und warum ich meine, dass das ein vollkommen demokratisches Vorgehen gewesen ist.
Der Zeitdruck, unter dem wir mit der Verabschiedung des Änderungsvertrags stehen, ist nicht von diesem Haus vorgegeben, wie wir alle wissen. Ich habe das bisher als ein vollkommen demokratisches Vorgehen empfunden. Der Änderungsvertrag wird eingebracht, es gibt die Übereinkunft im Ausschuss, eine begrenzte schriftliche Anhörung zu machen, und dann wird im Ausschuss darüber debattiert.Daraus ergeben sich ein Änderungsantrag,der ebenfalls diskutiert wird, und eine Beschlussempfehlung, die dann zur zweiten Lesung gegeben wird.
Das ist für mich ein ganz normaler Vorgang.Alles andere würde ich mit dem Begriff „verschleppen“ bezeichnen.
Zweitens. Zum Inhaltlichen. Ich habe bereits in der ersten Lesung des Vertrags gesagt, dass es uns darum geht, eine Stärkung regionaler, lokaler, auch privater, offener Ausbildungskanäle und Campuskanäle zu erreichen. Ich sehe diesen Änderungsantrag, so, wie wir ihn im Ausschuss beschlossen haben, durchaus als eine Stärkung dieses Anliegens an. Herr Kollege Weinmeister, mit der Äußerung „schofeliges Vorgehen“ wäre ich heute als CDU-Mitglied etwas vorsichtig.
Ich wäre auch sehr vorsichtig mit dem Generalvorwurf, den Sie den Privatrundfunkanstalten damit unterstellen, sie könnten nicht verantwortungsvoll mit ihrem Etat umgehen.
Ich bin der Meinung, dass ein solcher Vorwurf haltlos ist. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eben kam es mir so vor, als ob Vertreter dieses Hauses, insbesondere von den Liberalen, den Eindruck erwecken wollten, hier würden nur noch Nachhutgefechte ausgetragen.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass der weitere Flughafenausbau nicht nur in diesem Haus heftig umstritten ist. Meine Damen und Herren von den Liberalen, auch im Arbeitgeberlager des Rhein-Main-Gebiets ist sie heftig umstritten.
Sie können sich nicht auf einmal hierhin stellen und behaupten, Sie hätten das Arbeitgeberlager in dieser Frage eindeutig hinter sich stehen. Auch wir LINKEN machen es uns selbstverständlich alles andere als leicht, wenn es um die Arbeitsplätze am Flughafen geht.
Ich verbitte mir, dass Sie uns in dieser Frage mit billigen Polemiken Asozialität unterstellen.
Wir wollen selbstverständlich nicht, dass, wie beim letzten Flughafenausbau, neue Arbeitsplätze entstehen, die bereits in zehn Jahren wieder verschwunden sind, oder dass neue Arbeitsplätze entstehen, von denen letztendlich niemand mehr leben kann. Deshalb müssen wir, wenn wir über Arbeitsplätze am Flughafen reden und dafür kämpfen, auch deren Qualität mit in den Blick nehmen.
Der Widerstand im Rhein-Main-Gebiet gegen den Ausbau des Flughafens findet nicht nur im Bannwald statt. Er wird nicht nur von den Hausbesitzern im Rhein-Main-Gebiet ausgeübt, deren Häuser in den Einflugschneisen stehen. Nein, er findet ausdrücklich auch auf der Arbeitgeberseite statt.Was den Wettbewerb um die besten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft, die wir im Rhein-Main-Gebiet anwerben wollen, so sehen mittlerweile auch die Unternehmer, dass die Arbeitnehmer auf die Lebensqualität in einer Region schauen.
Darum streiten wir in dieser Frage nach wie vor.Wir streiten dafür, dass wir endlich eine Gesamtbelastungsstudie bekommen. Wir streiten dafür, dass wir endlich eine Studie zum Ausbau des europäischen Verkehrssystems bekommen.
In diesen Studien muss zur Kenntnis genommen werden, dass sich bei steigenden Öl- und Kerosinpreisen auch der Luftverkehr verändern wird. Es muss zur Kenntnis genommen werden, dass wir auf dem globalisierten Markt veränderte Konsumgewohnheiten haben. Es muss zur Kenntnis genommen werden, dass wir regionale Wirtschaftskreisläufe brauchen.
All dies ist in die Berechnungen der Fraport nicht eingeflossen. Deswegen werden wir weiter widerständig dafür kämpfen, dass auch über den rechtmäßig zustande gekommenen Planfeststellungsbeschluss politisch weiter diskutiert wird und dass der Flughafenausbau immer wie
der auf der Tagesordnung steht, nicht nur in diesem Haus, sondern sogar in der ganzen Region. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir von der LINKEN schließen uns eindeutig der Forderung an, die rechtzeitige Vorlage des Haushaltsplanentwurfs – sprich: im September – in diesem Parlament sicherzustellen. Ich glaube, ich muss jetzt nicht noch einmal aus dem Haushaltsaufstellungserlass zitieren. Das haben meine Vorredner bereits zur Genüge getan.
Aber, Herr Koch, die Begründung dafür, nämlich dass man den Haushaltsplanentwurf nicht rechtzeitig habe erarbeiten können, weil in Hessen unklare Verhältnisse geherrscht hätten,ist nun wirklich lächerlich.Wir hoffen nur, dass Sie sich, wenn Sie nicht vernünftig arbeiten konnten, in diesem Zeitraum auch keine Besoldung und keine Bezüge ausgezahlt haben.
Stattdessen strafen Sie mit Ihrem Vorgehen Ihr eigenes Versprechen Lügen, als geschäftsführende Regierung Partner des Parlaments zu sein.
Herr Kollege Milde, Sie haben sich hier vor wenigen Minuten darauf gefreut, endlich einen Sommerwahlkampf führen zu dürfen. Dazu sage ich eindeutig: Es kann nicht die Aufgabe der Mitglieder des Parlaments sein, sich darauf zu freuen, eventuell Neuwahlen organisieren zu müssen. Wir sind von den hessischen Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden,und es ist unsere Aufgabe,in diesem Parlament Politik zu machen. Es ist nicht unsere Aufgabe – auch nicht, weil jetzt Sommermonate folgen –, nach Neuwahlen zu schreien. Das geht nicht.
Herr Kollege Milde, Sie haben weiterhin gesagt, dass wir, die Mitglieder des Parlaments, doch festlegen sollten, wie viel wir ausgeben wollen. Dem komme ich gern nach; denn noch wichtiger als die rechtzeitige Vorlage eines Haushaltsplanentwurfs ist uns, dass ein Entwurf vorgelegt wird, der in die richtige Richtung geht. Dann können wir, wie mein Vorredner ausgeführt hat, auch darüber debattieren, welche politischen Ansätze im Haushaltsplan enthalten sein müssen.
Wir dürfen selbstverständlich nicht nur über die Ausgabenseite reden, sondern wir müssen uns vor allen Dingen auch mit der Einnahmenseite unseres Haushalts beschäftigen. Dabei dürfen wir uns nicht nur auf die Steuerschätzungen beziehen, die natürlich enorm wichtig sind, wenn es darum geht, festzustellen, wie viel Geld wir haben.Wir werden aber auch wieder politisch gefordert sein, uns zu überlegen, wie wir zu einer anderen Einnahmensituation in den öffentlichen Haushalten – auch im hessischen Landeshaushalt – kommen können.
Wir werden nicht müde, zu sagen, dass neben der konjunkturellen Schwäche der letzten Jahre, die natürlich ebenfalls zur Schwächung der öffentlichen Haushalte geführt hat, ein wesentlicher Effekt die verfehlte Steuerpolitik – auch der damaligen rot-grünen Bundesregierung – seit dem Jahr 2000 war.
Das Ergebnis ist, dass insbesondere reiche Haushalte von den Steuersenkungen profitiert haben. Durch die Reform der Körperschaftsteuer gilt das auch für den Unternehmenssektor. Dadurch gehen nach Angaben des Finanzministeriums des Bundes in Deutschland insgesamt – damit letztendlich auch dem hessischen Landeshaushalt – jährlich 11 Milliarden c verloren.
Es gibt keinen Zwang, Steuersätze für reiche Haushalte oder für Unternehmen zu senken. Auch für uns Hessen lohnt es sich immer noch, nach Skandinavien zu blicken. Dort haben wir nach wie vor gut ausgebaute Wohlfahrtsstaaten, die insbesondere durch hohe Spitzensteuern finanziert werden. Die Konsequenz ist dann eben auch, dass die öffentliche Hand in Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark ein quantitativ und qualitativ viel bedeutenderer Arbeitgeber ist als in Deutschland und damit natürlich auch in Hessen.
Wenn wir über Einnahmen reden – gestern haben wir über die Erbschaftsteuer diskutiert –, ist nach unserer Ansicht vor allem auch die Vermögensteuer in den Blick zu nehmen; denn das Aufkommen aus dieser Steuer fließt zu 100 % den Bundesländern zu.
Jetzt kommen wir zum hessischen Haushalt. Für uns Hessen würde ein Wiedererheben der Vermögensteuer auf einem Niveau, das dem unserer Nachbarländer entspricht, Folgendes bedeuten.
Es gibt einen Freibetrag von 500.000 c. Um das nicht nur in Euro, sondern auch in DM auszudrücken, sage ich: Nur die Millionäre sollen die Vermögensteuer zahlen. Bei einer 1-prozentigen Besteuerung würden nach Länderfinanzausgleich jährlich 1,2 Milliarden c mehr in den hessischen Landeshaushalt fließen.
Herr Kollege Milde,auch mir ist bekannt,dass wir das hier nicht beschließen. Aber wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass wieder eine Vermögensteuer erhoben wird, damit die Einnahmenseite im hessischen Haushalt verbessert wird. Das ist unser Anliegen. Dabei hoffe ich auch auf die Stimmen der FDP.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass in einem gerechteren Steuersystem die Steuern wirklich abgeführt und nicht sozusagen nach Liechtenstein ausgeführt werden.Das heißt, wir brauchen auch in Hessen mehr Betriebsprüfer und Steuerfahnder. Die Fraktion DIE LINKE hat einen entsprechenden Antrag eingebracht.
Es hat sich doch in jüngster Zeit immer wieder gezeigt, dass die Vermögenden nicht nur über Privilegien in Form von extrem hohen Gehältern, Sonderzahlungen und Abfindungen verfügen, sondern dass das auch noch durch niedrige Steuern, Steuerbefreiungen und zahlreiche Steuergestaltungsmöglichkeiten ergänzt wird.
Das reicht ihnen noch nicht.Viele Vermögende haben zur weiteren Bereicherung offensichtlich auch zu kriminellen Methoden gegriffen. Dem müssen wir, auch in Hessen, einen Riegel vorschieben. Dazu brauchen wir mehr Steuerfahnder und mehr Betriebsprüfer. Auch das müssen wir im hessischen Haushalt berücksichtigen.
Wir sind in Deutschland – auch in Hessen – an einem Punkt angekommen, an dem wir etwas anderes brauchen, als uns kaputtzusparen.Wir brauchen eine vorrangig soziale Politik zugunsten von Bildung und Arbeit und eine ökologische Industriepolitik. Wir hoffen, dass wir im hessischen Haushalt auch dahin gehend Zeichen setzen können, dass die Umverteilung von unten nach oben endlich umgekehrt wird.
Das ist die feste Überzeugung der LINKEN: Eine Steigerung, nicht eine Absenkung der Staatsquote ist geboten. Wir brauchen Investitionsprogramme, um das gesamtwirtschaftliche Wachstum auf ein höheres Niveau zu heben sowie seine Struktur und seine Qualität zu verbessern.
Wir brauchen einen Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung in längerfristigen Beschäftigungsverhältnissen. Auch dazu müssen wir in diesem Hause beitragen. Und wir bleiben dabei: Für diesen Teil können nach unserer Auffassung Staatsaufgaben zeitlich begrenzt auch durch die Übernahme öffentlicher Schulden vorfinanziert werden, was später durch höhere Steuereinnahmen zurückgezahlt werden kann.
Meine Damen und Herren, um all das en détail zu diskutieren, brauchen wir die Haushaltsvorlage im September. Wir schließen uns der Forderung an, dass Sie
das zeitgerecht vorlegen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die Fraktion DIE LINKE geht in der Sache selbstverständlich voll und ganz in diesen Anträgen mit. Ich hoffe wirklich, dass es nur eine Begriffsverwirrung ist, die zu unter
schiedlichen Namen der Konzepte geführt hat. Das werden wir sicherlich im Ausschuss noch einmal genauer diskutieren müssen – nicht nur die Frage, wie Einbezug von Jugendhilfe, Einbezug von Staatsanwaltschaft, die Sicherstellung von Datenschutz, und, und, und... in den jeweiligen Konzepten gegeben ist. Das werden Sie uns im Ausschuss noch einmal näher erläutern.
Vor allen Dingen wichtig ist die Frage: Geht es um Prävention, geht es um Erziehung und erst in letzter Instanz um Repression? Oder wie ist die Reihenfolge, wie ist die Prioritätensetzung? Selbstverständlich ist immer wieder die Frage, daran ist es letztes Mal gescheitert: Wie ist die finanzielle Schwerpunktsetzung dann für die einzelnen Modellprojekte, und wie kommen wir mit ihnen in die Fläche? – Das werden Fragen sein, die wir im Ausschuss und in der Anhörung sehr detailliert werden beraten müssen.
Eine letzte Bemerkung an dieser Stelle hierzu. Herr Blum, ich habe mich gerade sehr gefreut, dass Sie mit uns einig gehen, dass es selbstverständlich die beste Prävention auch in der Jugendkriminalität ist, Perspektiven zu bieten. Und dazu ist selbstverständlich – ich glaube, da sind wir uns auch einig – noch viel mehr notwendig als einzelne Modellprojekte. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Verfassungsgericht hat in dem bereits zitierten Urteil die Unverletzlichkeit unserer Computer sogar noch höher gesetzt als die Privatheit unserer Wohnungen. Wir fragen uns natürlich, für wen eigentlich solche Verfassungsgerichtsurteile Geltung haben. Denn Wochen später kam es zu dem hessischen Sonderweg. Daher müssen wir uns fragen, ob dies auch für eine geschäftsführende Landesregierung gilt.
Herr Bouffier, wer respektiert in diesem Falle eigentlich Recht und Gesetz und steht auf dem Boden unserer Verfassung, und wer bedroht sie?
Was gerade noch verfassungsrechtlich vertretbar ist, kann doch nicht der Maßstab sein. Wir müssen uns stattdessen dafür einsetzen, dass die Bürger- und Freiheitsrechte ausgebaut werden. Hierbei beziehe ich mich ausdrücklich ebenfalls auf das Zeugnisverweigerungsrecht, das bereits angesprochen worden ist. Der Ausbau von Bürger- und Freiheitsrechten ist der Königsweg zur Bekämpfung von Extremismus und Politikmüdigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns mit der FDP-Fraktion in einem Punkt einhundertprozentig einig: In einem Überwachungsstaat verlieren wir beides – Sicherheit und Freiheit.
Liebe Kollegen von der CDU, es geht auch nicht, dass wir Freiheits- und Bürgerrechte nur mal scheibchenweise abbauen, also nur in ganz wenigen Fällen. Freiheitsrechte sind auch nicht scheibchenweise abbaubar. Sie gelten immer und unverrückbar.
Meine Damen und Herren, wenn uns der Staat mit Argusaugen überwachen will,dann schauen wir einmal in die griechische Mythologie und erinnern uns daran, dass Argus aufgrund des Auftrags von Zeus durch den Götterboten Hermes eingeschläfert sowie vom Felsen gestürzt wurde. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war schon schwer, mitzubekommen, über welche Anträge wir hier eigentlich diskutieren. Aber ich will jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Für uns als Fraktion DIE LINKE ist es vollkommen selbstverständlich, dass wir dem Brauch dieses Parlaments und des Vorgängerparlaments folgen und uns dieser Überprüfung unterziehen – selbstverständlich – und das Ergebnis auch offenlegen werden, was meiner Erinnerung nach in der letzten Legislaturperiode nicht alle Mitglieder dieses Hauses gemacht haben.
Es geht uns auch nicht darum, in irgendeiner Art und Weise Stasitätigkeiten zu verharmlosen oder schönzureden oder – auch das hat Willi van Ooyen nach meinem Zuhören nicht getan – sie eventuell mit dem Verfassungsschutz gleichzusetzen.
Nein, darum geht es uns nicht. Es geht uns darum – das ist eine politische Haltung –,dass wir uns gegen Bespitzelung und Überwachung politisch wehren, auch in der aktuellen Politik. Das dürfen wir hoffentlich, auch wenn wir sagen, dass wir die Stasi nicht gut gefunden haben oder wenn wir Unrecht,das im Namen der DDR,in Namen der Stasi,der Mauer usw. begangen wurde, als Unrecht bezeichnen
und wir es in unserer Partei sehr wohl aufgearbeitet haben.
Ich distanziere mich von der SED.
Wir haben uns als Partei von der SED distanziert. Zu unserem Gründungskonsens der LINKEN gehört der Antistalinismus. Das ist für uns als Partei unverbrüchlich.
Dazu gehört eine Distanzierung vom Unrecht, das im Namen auch der sozialistischen Bewegung, im Namen der DDR, im Namen der SED passiert ist. Das kann ich ganz klar sagen: Das gehört zu unserem Gründungskonsens – der Antistalinismus.
Ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Sie wissen, unsere Parlamentsfraktion besteht ausschließlich aus Parlamentsneulingen. Ich möchte auch, dass Sie wissen, dass dem einen oder anderen Parlamentsneuling die Angriffe unter der Gürtellinie, die ich in der letzten halben Stunde hier gehört habe, es nicht mehr ermöglicht haben, hier zu reden; stattdessen bin ich eingesprungen. Ich finde, auch das gehört eigentlich nicht in den Stil dieses Hauses.
Ich zitiere jetzt noch einmal mit einer Floskel den Kollegen Willi van Ooyen, denn auch ich komme aus einer Gegend, in der selbst die Kartoffeln katholisch waren. Dort haben wir gelernt,dass die CDUler feine Leute sind.Auch ich lerne dazu. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke, Herr Dr. Wilken. – Herr Dr. Wagner, Sie haben sich für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um es gleich vorneweg zu sagen:Wir folgen dem vorliegenden Gesetzentwurf, weil er ganz klar das Ziel verfolgt, die nach wie vor bestehende Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft aufzuheben. Mit der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft auf Bundesebene ist eben keine vollständige Gleichstellung gegenüber der Ehe erfolgt.
Wir wissen beispielsweise, dass es nach wie vor unterschiedliche Regelungen in Bezug auf das Adoptionsrecht, die Hinterbliebenenversorgung usw. gibt. Herr Dr. Jürgens hat zu vielem bereits etwas gesagt. Aber wenn es schon ein solches Rechtsinstitut gibt, ist die völlige Gleichstellung mit den Rechten und Pflichten aus der Ehe das oberste Gebot, und dem müssen wir nachkommen.
Es handelt sich aus unserer Sicht hierbei auch nicht um ein großzügiges Entgegenkommen, sondern schlicht und ergreifend um die Beendigung einer Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung, zu der die Bundesrepublik Deutschland schon seit dem Ende der Umsetzungsfrist zur Richtlinie 2000/78 EG aus dem November 2000 verpflichtet ist.
Wie Menschen leben, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen und wen sie lieben, ist – um es mit Theodor Fontane und Günter Grass zu sagen – ein weites Feld,dem wir aber auch in diesem Hause nicht nur durch gesellschaftliche Normen, sondern sicherlich auch durch eine Regelung verpflichtet sind.
Nach Ansicht unserer Fraktion muss es unsere Aufgabe in der politischen Einflussnahme sein, alle Menschen, auch die, die anders als die gesellschaftlich gesetzten Normen aussehen, leben oder lieben, vor Diskriminierung zu schützen und ihnen ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen.
Lesben, Schwule und andere Minderheiten werden nach wie vor im Alltag immer wieder massiv benachteiligt. Da wir die Institution der eingetragenen Lebenspartnerschaften geschaffen haben, müssen wir sicherstellen, dass damit nicht nur die gleichen Pflichten, sondern auch die gleichen Rechte wie mit der Ehe verbunden sind.
Wir LINKE stellen uns eindeutig gegen Diskriminierung aufgrund von Identität, sexueller Orientierung oder Lebensweise.Dazu gehören unserer Einschätzung nach über den vorliegenden Gesetzentwurf hinaus die Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen, ein Verbandsklagerecht, eine Beweislastumkehr usw.
Wir wollen die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz der Vielfalt von Lebensweisen. Im Mittelpunkt müssen die Anerkennung der Identität und die Gewährleistung der Entfaltungsmöglichkeit jeder und jedes Einzelnen stehen.
Kurz zurück zur Anerkennung eingetragener Lebenspartnerschaften. Ich sagte schon, dass wir diesem Gesetzentwurf vollinhaltlich folgen werden. Aber wir müssen an dieser Problematik der Nichtdiskriminierung von Lebensweisen durchaus weiter dranbleiben, weil die gesellschaftliche Veränderung doch schon wieder viel weiter ist. Wir müssen in den Blick nehmen, dass wir mit der Gleichstellung von Ehen und eingetragenen Partnerschaften als Institutionen einen Schritt gemacht haben, der aber z. B. noch nicht ausreicht, um die Phänomene und Probleme in Patchworkfamilien ausreichend zu lösen. Wir müssen dahin kommen, in der Richtung zu diskutieren: Familie ist, wo Kinder sind. – Aber das sind Zukunftsaufgaben, auf die wir sicherlich zu gegebener Zeit zurückkommen werden.
Tja, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, auf dieses Testverfahren haben schon die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP hingewiesen. Auch für uns LINKE ist es durchaus befremdend, dass ausgerechnet die Lebenspartnerschaften der Prüfstein für eine eventuelle weitere Zusammenarbeit sein sollen. Uns fallen durchaus noch andere Themen ein. Wir fragen, ob da die Hemmschwelle nicht doch ein wenig niedrig gelegt ist. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will der Versuchung widerstehen, jetzt auch über den Elften und Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu reden, auch wenn das sicherlich viel spannender ist, insbesondere der Zwölfte, als der vorliegende Zehnte. Ich möchte Ihnen aber mitteilen, von welchen Prämissen und Grundsätzen unsere Fraktion der LINKEN sich in der Bewertung dieses Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags hat leiten lassen, weil sich daraus sicherlich auch Anforderungen und Aufforderungen an den Elften und insbesondere an den Zwölften Staatsvertrag ableiten lassen.
Erstens. Wir benötigen sicherlich qualitativ neue und effektivere Regulierungsmechanismen und Regulierungsinstrumente für die Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ist angesichts fortschreitender Digitalisierung und auch der Konvergenz der Medien sowie – das beobachten wir sehr genau – sich verschärfender Konzentrationstrends am Medienmarkt und selbstverständlich der Globalisierung durch internationale Investoren unabdingbar.
Zweitens. Wir wünschen, dass diese neuen Regulierungsmechanismen mit einer Demokratisierung einhergehen. Wir wollen weg von der bisher allein auf die Ministerpräsidenten bzw. Direktoren der Landesmedienanstalten fokussierten Regulierungsbefugnis. Selbstverständlich muss auch dabei in Zukunft jederzeit Staats- und Politikferne gewährleistet werden.
Drittens. Wir sind auch der Auffassung, dass Regulierungskompetenzen und Regulierungsentscheidungen dabei gebündelt werden müssen, selbstverständlich bei Beibehaltung des Subsidiaritätsprinzips.
Viertens. Dabei muss das Angebot regionaler und lokaler Sender bzw. lokaler Programmveranstalter nicht nur beibehalten, sondern aus unserer Sicht deutlich weiter ausgebaut werden. Wir wollen konzernunabhängige Produzenten stärken sowie insbesondere alle Formen von Bürgermedien, seien es offene oder Ausbildungskanäle, Campusprogramme, nicht kommerzieller Rundfunk usw. Wir müssen diese in ihrem Fortbestand schützen und ihnen vor allem eine Entwicklungsgarantie zugestehen.
All das schon im Vorgriff darauf, womit wir uns beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatvertrag sicherlich beschäftigen müssen. Der Kollege Siebel und alle anderen Vorredner haben darauf hingewiesen.
Wir sehen aber durchaus auch bei dem vorgelegten Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag einige kritische Punkte, die aus unserer Sicht weit über das rein Technische hinausgehen.
Schwerpunkt unserer Kritik ist die Neuorganisation der Medienaufsicht. Ich habe mich gerade gefreut, dass nicht nur wir das alles mit KEK und ZAK noch nicht so verstanden haben, sondern dass auch meine beiden Kollegen Vorredner an der Stelle sagen: Ob das jetzt alles so das Richtige ist, ist noch die Frage. – Da wird zusätzlich zur Kommission zur Ermittlung der Konzentration eine Kommission für Zulassung und Aufsicht geschaffen.Wir fragen durchaus: Ist das jetzt Bürokratieabbau oder Verwaltungsaufbau? So ganz schlüssig sind wir uns da nicht.
Weitere Fragen,die dringend geklärt werden müssen,sind z. B. die Frage, von wem sich Rundfunkanstalten und die GEZ Daten der Rundfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer besorgen dürfen oder können,oder die Frage – ich erwähnte das schon –, wie wir unabhängige Produzenten im Medienmarkt fördern wollen.
Zum Schluss will ich durchaus sagen, dass wir nicht nur Fragen haben, sondern selbstverständlich ausdrücklich die Verbesserung des Jugendschutzes begrüßen. Wir finden es erfreulich, dass jetzt genaue Vorschriften über Gewinnspiele erlassen werden und dass der Jugendschutz einen besonderen Stellenwert erhält. Wir begrüßen auch, dass die Pflichten der sogenannten Plattformanbieter geregelt werden, weil nach unserer Einschätzung diese Plattformen mit ihren Angeboten des mobilen Fernsehens oder auch der Kabelnetze und Satelliten eine Schlüsselstellung einnehmen.
Auch in dem Sinne werden wir heftig mitdiskutieren und freuen uns auf die Beratung im Ausschuss. – Danke.
Herr Präsident,meine Damen und Herren! Ihnen allen ist bekannt, dass das meine erste Rede vor diesem Haus ist. Daher kann ich Ihnen schon jetzt mitteilen, sie wird nicht so staatsmännisch ausfallen wie die meines Vorredners. Ich bedanke mich aber für die vielen Hinweise. Ob ich dem Rat folge, deutlich kürzer zu reden als meine Vorredner, wird sich noch zeigen.
Meine Damen und Herren, ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, dass wir Volksvertreter sind, muss aber lernen, dass manche meinen, wir seien Landeshaushaltsvertreter. Ich schließe mich dem so nicht an, sondern will mich grundsätzlich mit der Regierungserklärung von heute Morgen auseinandersetzen.
Herr Koch, Ihr Regierungsprogramm trifft die Bedürfnisse der Mehrzahl der hessischen Bürgerinnen und Bürger nicht, nein, viel schlimmer, es läuft ihren Bedürfnissen zuwider, es gefährdet sie sogar. Konsistenz und Schlüssigkeit – beides haben Sie angemahnt – reichen nicht aus, wenn es in die falsche Richtung geht, auch wenn es mit etwas moderateren Tönen geschieht, als wir von Ihnen gewohnt sind, hier im Hause und überall im Lande.
Sie haben betont, dass wir eine Rekordbeschäftigung in Hessen haben, dass die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, und das ist gut so.Was sind das aber für Arbeitsplätze? In Hessen waren im Jahr 2007 weit über eine halbe Million Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt. Das ist über ein Viertel der gut 2,1 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Lande. Es reicht nicht aus,dass diese Menschen Arbeit haben.Es ist zynisch,dies als eine Auswirkung der Globalisierung zu beschreiben, wenn die einen zu Löhnen wie in China bezahlt werden, während sich ihre Vorgesetzten in den Chefetagen an Managergehältern in den USA orientieren.
Wir treten dafür ein – und wir haben dafür eine Mehrheit –, einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,44 c in Hessen im Vergabegesetz zu verankern.
Diese Forderung ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der letzten Woche noch wichtiger geworden. Der Handlungsbedarf hat sich erhöht, weil ortsübliche Tariflöhne nicht mehr gezahlt werden sollen.
Wir treten selbstverständlich auch dafür ein, dass wir von Hessen aus eine Bundesratsinitiative zu diesem Thema starten, um einen gesetzlichen Mindestlohn in dieser Höhe bundesweit gesetzlich zu verankern.
Ein gesetzlicher Mindestlohn ist für uns zentraler Bestandteil unseres Gesamtkonzepts, um die Armut in diesem Land, auch hier in Hessen, zu bekämpfen. Selbstverständlich muss das mit Investitionsprogrammen gekoppelt werden,mit einer offensiven Wirtschafts- und Finanzpolitik, um die Arbeitslosigkeit weiter zu senken.
Ein Mindestlohn bringt außerdem mehr Geld in Umlauf, auch hier in Hessen, und stärkt damit die kränkelnde
Binnennachfrage und damit vor allem die mittelständische Wirtschaft.
Herr Koch, Sie haben in einem sehr allgemeinen Begriff von Angst besprochen, dass einige Mandatsträger in diesem Hause die Sorge von hessischen Bürgerinnen und Bürgern ausnutzten. Das ist eine sehr merkwürdige Sichtweise. Ich stimme Ihnen noch zu, dass es richtig ist, dass wir die Industriegesellschaft des 20. Jahrhundert sicher nicht wiederbekommen werden.Aber das erübrigt für uns doch nicht, nach Perspektiven und Möglichkeiten zu suchen, wie wir Arbeit und Leben im 21. Jahrhundert gestalten wollen.
Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass wir in Hessen mehr als 600.000 Menschen haben, die arm sind. Das sind über 130.000 ALG-II-Bezieher. Das sind über 300.000 Sozialgeldbezieher. Das sind 50.000, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, und, und, und. Um diese Situation endlich einmal ordentlich erfassen zu können, stimmen wir auch zu, dass wir dringend einen Armuts- und Reichtumsbericht für Hessen brauchen, damit wir die entsprechenden Maßnahmen ergreifen können.
Eine wichtige Maßnahme – das ist unsere feste Überzeugung – ist selbstverständlich, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, aber Arbeits- und Ausbildungsplätze, von denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann auch leben können. Diejenigen, die von ihrer Arbeit oder von ihrer Arbeitslosigkeit nicht leben können, müssen schnelle und direkte Hilfe bekommen. Wir treten dafür ein, dass wir für diese Gruppen eine Hessencard einrichten, mit der öffentliche Verkehrsangebote, Kultureinrichtungen, Kitas, Schulspeisung, Lernmittel usw. kostenlos nutzbar sind.Wir wissen selbstverständlich,dass das alles Geld kostet. Wir haben auch rechnen gelernt, selbst wenn wir angeblich nicht so den hohen Bildungsgrad wie GRÜNE oder grüne Wähler haben.
Wir wissen aber auch, dass die öffentlichen Kassen gezielt geleert worden sind. Sehr geehrter Herr Hahn, wenn Sie jetzt im Raum wären, würde ich Ihnen das direkt sagen.
Wenn Sie einer Senkung der Gewerbesteuer das Wort reden, dann führt das zu einem weiteren Ausbluten der öffentlichen Kassen. Frankfurt am Main hat eine Gewerbesteuereinnahme durch den Wegzug der Börse verloren. In Eschborn zahlt sie deutlich weniger Gewerbesteuer.
Das ist ein unmittelbarer Gewinn, den in Höhe von 47 Millionen c die Aktionäre der Deutschen Börse einheimsen, und die sind dem öffentlichen Haushalt verloren gegangen. So können wir keine Steuerpolitik machen.
Meine Damen und Herren, wir haben ein Gutachten vorliegen, das wir Ihnen gern zur Verfügung stellen, des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung – IMK –, das immerhin auch die offiziellen Wirtschaftsgutachten in Deutschland mit erstellt. Hiernach liegt das
mögliche Aufkommen einer bundesweit wieder zu erhebenden Vermögensteuer allein für Hessen nach Länderfinanzausgleich bei 1,6 Milliarden c jährlich.
Das sind ca.10 % des hessischen Steueraufkommens – bei einer Bedingung, wenn wir, wie bei unseren westlichen Nachbarn üblich, von einem Freibetrag von einer halben Million Euro ausgehen und alle Beträge darüber mit 1 % besteuern.Wir müssen,um mit der öffentlichen Hand wieder gerechte Politik machen zu können, zu einem gerechten Steuersystem in Deutschland zurückkehren.
Ich sage es ganz deutlich:Wir als LINKE schrecken nicht davor zurück, zumindest befristet und kurzfristig, so lange, bis wir wieder ein gerechtes Steuersystem haben, auch die Verschuldung zu erhöhen,damit wir gerechte Politik machen können.
Damit sind die notwendigen Programme zu finanzieren. So kostet z. B. die Umwandlung aller 1-c-Jobs – das sind nach Angaben der Bundesagentur in Hessen ca. 10.000 – in öffentlich geförderte sozialversicherungspflichtige tariflich entlohnte Stellen 35 Millionen c jährlich.Wenn wir bedenken, dass dann weitere Bedürftigkeitsleistungen in den Haushalten entfallen würden, berechnen wir deutlich weniger, eher in Richtung 20 Millionen c. Das sind Rechenbeispiele, die wir gerne mit Ihnen diskutieren wollen. Deswegen sind wir als Fraktion mit Ihnen in diesem Hause.
Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zur Bildungspolitik machen. Wir werden nachher ausführlich über Bildung und Studiengebühren diskutieren. Herr Koch, Sie haben heute Morgen gesagt, dass Sie bei G 8 nachbessern wollen – hat lange gedauert –, dass Sie es parallel zu G 9 entwickeln und zulassen wollen. Wir sagen ganz klar: Wenn wir auf der einen Seite G-9-Schulen und auf der anderen Seite G-8-Schulen haben, dann ist das ein weiterer Schritt zur Elitebildung in dem hessischen Schulsystem, und das geht nicht.
G 8 ist gescheitert und muss sofort und komplett zurückgenommen werden.
Sie kennen unsere Programme sehr gut. Wir treten für eine Gemeinschaftsschule ein, in der alle Kinder bis zur 10. Klasse gemeinsam lernen.
Frau Merkel hat eine solche Gemeinschaftsschule besucht. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie da zu wenig gelernt hat.
Selbstverständlich sind wir auch der Meinung, dass die Qualität des Unterrichts verbessert, berufliche Schulen ausgebaut und Weiterbildung gesetzlich gefördert werden müssen. Wir müssen aber selbstverständlich auch über Versäumnisse der letzten Zeit, der letzten Jahre reden. Für die Entwicklung der Frankfurter Stiftungsuniversität sind 47 Millionen c aus der Landeskasse möglich gewesen. Für eine Verbesserung der Schulen und die Schulsituation im ganzen Land fehlen sie.
Herr Koch, für die Eliteschule Schloss Hansenberg hatten Sie 15 Millionen c übrig. Für die Blindenschule in Marburg haben Sie die Landeszuschüsse gekürzt. So sah Ihre Bildungspolitik aus.
Wenn Sie ankündigen, dass Ihre Politik auch weiterhin eine Politik der Privatisierung in diesem Land sein wird, wenn Sie ankündigen, dass wir, um den Haushalt zu sanieren, weiterhin Eigentum des Landes als Portfolio veräußern müssen – wir alle wissen, Herr Al-Wazir hat gerade schon darauf hingewiesen, dass das vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt ist, zu verkaufen –,
muss ich Ihnen entgegenhalten: Die Veräußerung öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen ist genau das Gegenteil von nachhaltiger Politik.
Wir müssen in Hessen diese öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen insbesondere in der Energie- und Wasserversorgung, bei Wohnraum, Transport, Verkehr wie auch im Bildungs- und Gesundheitswesen sozial und ökonomisch sinnvoll weiterentwickeln. Dazu brauchen wir Kontrolle über diese Unternehmen.
Herr Kollege, vielleicht schauen Sie einmal in meine Vita und überlegen dann noch einmal, mit welchen Begriffen Sie mich hier traktieren.
Auch um bei Bedarf einen sozial gestaffelten Energiepreis einzubringen, damit Arme nicht auch noch in ihren Wohnungen frieren müssen, bedarf es eines politischen Zugriffs auf die Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Öffentlich muss bleiben, was wichtig für alle ist.
Wir durften z. B. in den letzten Wochen in der Zeitung lesen, dass ein Privatknast nicht nur teurer als die in der öffentlichen Hand geführten ist, sondern – –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie doch einmal in Ihrer Marktlogik.Wenn ich ein privates Gefängnis habe, muss die Marktlogik doch sagen: Für dieses private Gefängnis muss ich Nachfrage schaffen. – Das ist eine Politik, die Sie machen wollen?
Wir möchten auch daran erinnern, dass jeder Euro für einen Gefängnisplatz zehnmal besser in der Prävention angelegt ist. Die Sozialinitiativen, die durch die Aktion „unsichere Zukunft“ in der vergangenen Legislaturperiode Geld gekürzt oder ganz gestrichen bekommen haben, müssen von uns wieder gefördert werden. Das sind Frauenhäuser, Erziehungsberatungsstellen, Drogen- und
Schuldnerberatungsstellen, Volkshochschulen und viele andere gemeinnützige Sozial- und Bildungseinrichtungen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Politik, die den Zusammenhalt fördert.Wir treten entschieden gegen eine Politik ein, in der die Unterschiede betont und Gemeinsamkeiten außer Acht gelassen werden. Wir müssen durchaus zur Kenntnis nehmen, dass wir hier seit Jahren friedlich zusammenleben.
Wer diese Tatsache nicht erkennt, sondern bestimmte Religionen oder Nationalitäten allgemein für gefährlich erklärt, diskriminiert oder ausgrenzt, stiftet Unfrieden.
Herr Koch, eine Entschuldigung für diese Entgleisungen in Ihrem Wahlkampf bei den Tausenden von Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur hier in Hessen steht immer noch aus.
Heute Morgen wurde schon viel über Sport geredet. Ich spare mir das. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen: Sport allein wird nicht ausreichen, um Migrationskindern wie Nichtmigrationskindern die erforderlichen Perspektiven in unserem Land zu geben. Da muss deutlich mehr passieren, um Jugendlichen wieder Perspektiven und Hoffnung zu geben. Auch dort hat die Operation „unsichere Zukunft“ der CDU vieles weggekürzt. Dies muss rückgängig gemacht werden.
Meine Damen und Herren, auch wir schließen uns vollkommen der Forderung nach einer Energiewende in diesem Land an. Damit rennen Sie bei uns offene Türen ein. Selbstverständlich treten wir dafür ein, dass zu dieser Energiewende ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, eine energietechnische Gebäudesanierung und ein deutlicher Ausbau der regenerativen Energien gehören.
Selbstverständlich muss Biblis A stillgelegt werden. Selbstverständlich muss das Kohlekraftwerk Staudinger verhindert werden.
Übrigens sind dies alles Punkte, an denen wir Ihre Glaubwürdigkeit, Herr Koch, überprüfen werden.
Herr Koch, Sie schlagen eine Nachhaltigkeitsstrategie in Hessen vor. Selbstverständlich hört sich das auch für uns sehr gut an. Aber zu einer Strategie gehört es doch, die Ausgangslage zu kennen. Die aber kennen wir nicht. Die kennen auch Sie nicht.
Seit Jahren fordern wir eine Gesamtbelastungsstudie für das Rhein-Main-Gebiet. Bereits 1991 wurde eine solche im Koalitionsvertrag zwischen SPD und GRÜNEN vereinbart. Bis heute warten wir darauf.
In einer solchen Studie müssen wir endlich einmal die Infrastrukturprojekte in ihrer Gesamtbelastung beurteilen – also Schadstoffemissionen, Feinstäube, Lärm usw. Wir sind uns mit den Initiativen einig, die so lange ein Moratorium für Großprojekte fordern, bis endlich diese Gesamtbelastungsstudie vorliegt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und möchte wiederholen: Schlüssigkeit und Mut zu neuen Wegen reichen nicht aus, wenn die Richtung nicht stimmt. Wir brauchen in Hessen einen Politikwechsel, einen Poli
tikwechsel für ein anderes Hessen. Wir vertrauen darauf, in diesem Hause eine politische Mehrheit für diese Projekte zu haben, die in diese Richtung gehen. – Ich danke Ihnen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke sehr, Herr Dr. Willken. Dies war Ihre erste Rede im Hessischen Landtag. Es ist guter Brauch, dass der amtierende Präsident oder die amtierende Präsidentin dazu gratuliert. Dem komme ich gerne nach: herzlichen Glückwunsch dazu.
Als nächster Redner hat sich für die CDU-Fraktion ihr Vorsitzender, Herr Dr. Wagner, gemeldet. Bitte, Herr Dr. Wagner, Sie haben das Wort.