Protocol of the Session on April 9, 2008

Das kann nicht bedeuten, dass sich die CDU-Landtagsfraktion unter anderem im Zusammenhang mit ihrer Bad Wildunger Tagung und ihrem Bad Wildunger Papier korrigiert, während andere sagen: Wir legen einfach einmal unser Wahlprogramm hier zur Abstimmung vor.

Meine Damen und Herren, außerdem will ich hinzufügen – weil Frau Ypsilanti etwas spöttisch über die Angebote unseres Ministerpräsidenten gesprochen hat –: Das ist doch jetzt die Situation, miteinander Kompromisse einzugehen und vorher den schwierigen Weg zu begehen, Kompromisse zu finden.

Deshalb ist es doch ganz klar, dass der Ministerpräsident Ihnen nicht 1 : 1 das CDU-Wahlprogramm vorgelegt hat,

sondern dass er in Ausübung seiner Verantwortung vor dem Landtag und vor der Bevölkerung Hessens nach Wegen sucht, um mit diesem Hause vernünftige Kompromisse zu finden und zum Schluss auch mit diesem Hause gemeinsam zu gestalten. Das ist doch das Gebot der Stunde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe es bereits am Samstag gesagt und will das lobend wiederholen: Ich finde, in Sachen Schulpolitik zeichnet sich ein ähnlicher Prozess, wie ich ihn eben beschrieben habe, ab: Da gibt es eine ganze Reihe von Angeboten aus den einzelnen Fraktionen, und ich halte es für notwendig und richtig, dass wir uns in dieser Situation darum bemühen, einen gemeinsamen Weg zu finden.

Das wird dann wahrscheinlich nicht – wie in früheren Koalitionen – in Koalitionsverhandlungen erfolgen, sondern zunächst einmal in Fachausschüssen. Da werden die Fachausschüsse sicherlich aufgewertet werden. Das ist ein Weg, den wir miteinander begehen müssen.

Herr Kollege Al-Wazir, deshalb finde ich es auch völlig richtig, dass wir miteinander über Leo III sprechen müssen. Und spätestens nach der Sommerpause müssen wir uns miteinander darüber unterhalten, wie die Eckpunkte eines Haushaltsplans 2009 aussehen können.

Meine Damen und Herren, deshalb passt es nicht in diese Selbstansprüche hinein, wenn die Vorsitzende der SPDLandtagsfraktion,Frau Ypsilanti,immer wieder sagt:„Wir werden...“ Auf einen korrigierenden Zwischenruf hin hat sie ein- oder zweimal gesagt: „Wir wollen uns bemühen, eine Mehrheit zu finden.“

Nein, meine Damen und Herren, ich glaube, hier ist es angezeigt,festzustellen,dass nicht nur eine Fraktion aus dem alten Landtag korrigierend, selbstkritisch, kompromisssuchend auftritt, sondern dies betrifft alle Fraktionen. Dann werden wir sicherlich zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Meine Damen und Herren, ich brauche das, was zur Schulpolitik bereits vorgetragen worden ist, deshalb auch in diesem Kontext nicht zu wiederholen.

Das Wahlergebnis – darin sind wir uns alle einig – ist schwierig. Keine der angestrebten Koalitionen hat eine Mehrheit erhalten. CDU und FDP – das war die Lieblingsvorstellung dieser beiden Parteien – haben 53 Mandate erhalten. SPD und GRÜNE – das war die Lieblingsvorstellung dieser beiden Parteien – haben 51 Mandate erhalten. Deshalb ist es notwendig, dass keiner von dem anderen fordern darf, er müsse sich um 180º drehen. Die Fähigkeit zum Kompromiss bedeutet gerade nicht, seine eigenen Vorstellungen vollständig aufzugeben und dafür die entgegengesetzten vollständig zu übernehmen.

Meine Damen und Herren, für uns gilt der biblische Grundsatz:„Prüfet alles,und das Gute behaltet.“ Wir werden also alles daransetzen, das Gute zu behalten, Erfolge zu sichern und weiterzuentwickeln: in der inneren Sicherheit die gute Ausstattung der Polizei und die Rekordaufklärungsquote, im Bereich der Hochschulen die Stärkung der Autonomie, Planungssicherheit und erhebliche Investitionen bei HEUREKA, im Bereich der Schulen Verlässlichkeit, Qualitätssicherung, begabungsgerechtes Fördern und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit hessischer Schulabgänger,in der Familienpolitik Ausbau der Kinder

betreuung, in der Integrationspolitik die signifikante Verbesserung der Deutschkenntnisse von Migranten von Kindesbeinen an, und in der Energiepolitik – es ist bereits mehrfach erörtert worden – der Ausbau erneuerbarer Energien mit Augenmaß.

Das ist unser zusätzlicher Akzent. Wir haben uns immer zu der Notwendigkeit des Ausbaus von erneuerbaren Energien bekannt,

(Norbert Schmitt (SPD): Und das Gegenteil gemacht!)

aber wir haben immer gesagt: mit Augenmaß. Das unterscheidet uns tatsächlich – Herr Schmitt, weil Sie gerade dazwischenrufen – ziemlich stark. Denn ich glaube, dass Sie im Gegensatz zu den GRÜNEN Ihr Augenmaß bei der Implementierung von erneuerbarer Energie verloren haben.

Meine Damen und Herren, wir alle werden – das sagte ich bereits am Samstag – unsere Wahlprogramme nicht 1 : 1 umsetzen können. Wir werden als CDU aber bei jedem Kompromiss natürlich auch die Frage stellen: Können wir das mit unseren Grundsätzen vereinbaren? Diese Frage wird jede Fraktion stellen. Deshalb wird sicherlich in diesem und jenem Themenbereich eine Kompromissfindung nicht immer ganz leicht sein.

Die Grundsätze der Union lassen sich auf den Nenner bringen: Freiheit und Sicherheit in Verantwortung. Wir haben beispielsweise bei Vorschlägen in der Schulpolitik zu prüfen: Stärken wir die Freiheit von Schülern und Eltern? Tragen wir dazu bei, dass Kinder sich zu verantwortungsvollen Persönlichkeiten entwickeln? Sorgen wir für eine nachhaltige Bildung? Stärken wir die Schüler für den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, gerade auch im Hinblick auf die Globalisierung?

Meine Damen und Herren, auch in der Finanzpolitik werden wir fragen, ob das, was wir tun, unserer Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen gerecht wird. Der Begriff Nachhaltigkeit ist bereits gefallen, und er hat auch im Hinblick auf Haushalts- und Finanzpolitik eine besondere Bedeutung. Wie schaffen wir es, die Neuverschuldung unseres Landes bis hin zu einem ausgeglichenen Haushalt weiter abzusenken? Wie kann es uns gelingen, unsere Staatsbediensteten angemessen zu entlohnen und die nötigen Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu tätigen, ohne dabei in die Verschuldungsfalle zu tappen? Darüber müssen wir miteinander sprechen.

Ein weiteres Beispiel ist die Energiepolitik. Gerade hier muss sich der Anspruch bewähren, in Verantwortung für nachkommende Generationen und auch – das sagen wir christlichen Demokraten – in Verantwortung für die Schöpfung eine nachhaltige Politik zu betreiben.Wir müssen hier neue Wege finden, um durch technische Innovationen den CO2-Ausstoß weiter drastisch zu reduzieren. Deshalb ist es sicherlich ein weiterer Gedanke, der der gesamten Diskussion hinzugefügt werden kann:Wir müssen auch einmal über das Potenzial der Geothermie, natürlich auch der Biomasse und der Kraft-Wärme-Kopplung nachdenken und es in die Tat umsetzen.

Meine Damen und Herren,Freiheit und Sicherheit in Verantwortung – das ist für uns der Grund, auf dem wir stehen.Von dieser Basis aus sind wir bereit und willens – und haben es auch bereits in den vergangenen Wochen demonstriert –,mit anderen zusammen Wege zur Gestaltung der Zukunft unseres Landes zu finden.

Am letzten Samstag und in den Tagen danach wurde die Ankündigung des Ministerpräsidenten kritisiert, bei Fragen inhaltlicher Politik in unserem Land das Gespräch nur mit den vier demokratischen Parteien zu suchen. Ich will Ihnen sagen, warum die CDU-Fraktion diese Haltung nachdrücklich unterstützt und warum sie nur unter den vier demokratischen Parteien um Konsens wirbt. Der Grund ist einzig und allein, dass nach unserer Auffassung die Partei DIE LINKE nicht zum Spektrum der Parteien gehört,die sich unzweifelhaft auf dem Boden unserer Verfassung befinden.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Florian Rentsch und Dorothea Henzler (FDP) – Zuruf des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, das lassen Sie mich bitte auch begründen. Die Partei DIE LINKE ist die heutige Nachfolgeorganisation der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, die für 40 Jahre Diktatur in der DDR die Verantwortung trägt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Wie war das mit den Blockflöten in der CDU?)

Es besteht in personeller wie in organisatorischer Hinsicht weitgehend Kontinuität von der SED über die PDS zu der Partei DIE LINKE. Durch die Fusion mit der WASG hat diese Partei unter anderem ehemalige Mitglieder der verfassungsfeindlichen DKP und anderer linksextremistischer Splittergruppen aufgenommen. Man muss immer wieder daran erinnern, weil es zu schnell in Vergessenheit gerät, dass der heutige Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag,Gregor Gysi,der letzte Vorsitzende der SED war.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Weil ihre Führung die alte SED nahtlos fortsetzte und eine Auflösung verhinderte – es wäre auch einmal eine Überlegung gewesen, einen Strich zu ziehen, eine Zäsur zu machen, die Partei SED mit ihrer Vergangenheit zu beenden –, aber weil ihre Führung die alte SED nahtlos fortsetzte und eine Auflösung verhinderte, fehlt bis heute ein klarer Trennungsstrich zum Unrecht der sozialistischen Diktatur.

(Beifall bei der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wir sollten einmal über die Blockflöten bei Ihnen reden!)

Führende Vertreter der LINKEN rechtfertigen heute noch die Mauer, verharmlosen den Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze und verhöhnen damit die Opfer der SED-Diktatur.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Blockflöten!)

Ich zitiere Lothar Bisky.Er sagte wörtlich vor einigen Monaten: „Für mich ist nicht belegt, dass es einen generellen Schießbefehl gab.“ Ich will hier noch einmal die Verharmlosung des DDR-Schießbefehls durch den ursprünglichen Spitzenkandidaten der LINKEN in Hessen, Pit Metz, in Erinnerung rufen. Er hatte Parallelen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan gezogen.

(Michael Boddenberg (CDU): Unglaublich!)

In das gleiche Horn stieß der jetzige Fraktionsvorsitzende van Ooyen bei einem Empfang in Marburg zu Beginn des Jahres, als er den Ministerpräsidenten Roland Koch als „schießwütigen Gewalttäter“ bezeichnete und ihm vorwarf, „mit seinem Kriegsminister Jung zentral mitverantwortlich für den Krieg in Afghanistan“ zu sein.

(Zurufe von der CDU: Unglaublich! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wäre eine Entschuldigung wert!)

Oder nehmen wir die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Janine Wissler, die die vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte marxistische Organisation Marx 21 unterstützt. In der Gründungserklärung von Marx 21 heißt es:

DIE LINKE kann das Kapital schlagen, wenn Massenbewegungen bereit und in der Lage sind, die herrschende Klasse zu enteignen und den bestehenden undemokratischen Staatsapparat durch Organe der direkten Demokratie zu ersetzen.

Solche Aussagen sind schlichtweg verfassungsfeindlich.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Schreiben Sie doch einmal selbst eine Rede und lassen sie nicht vom Verfassungsschutz schreiben!)

Meine Damen und Herren, ich sage es ganz persönlich: Ich finde es schwer erträglich, dass sich eine Landtagsabgeordnete zu diesen Zielen offen bekennt.

Lassen Sie mich ein weiteres Wort zu dem Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, van Ooyen, sagen, der sich selbst als Marxisten bezeichnet. Er tritt im Habitus des gemütlichen Kleinbürgers als der nette Onkel von nebenan auf.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Tatsächlich war er – das wissen die meisten, aber vielleicht noch nicht alle – Landesgeschäftsführer und später sogar Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensunion.

Die Deutsche Friedensunion war keine Ansammlung von friedensbewegten Menschen,die sich um das Gute auf Erden bemüht haben. Die DFU wurde 1960 als Nachfolgeorganisation der KPD gegründet, um die sozialistischen und kommunistischen Kräfte zu vereinen. Sie kandidierte vielfach und jeweils erfolglos bei Bundestags- und Landtagswahlen, übrigens auch bei uns in Hessen. Die SED nannte die DFU die einzige demokratische Partei Westdeutschlands. Bis zum Untergang der DDR 1989, als van Ooyen Bundesgeschäftsführer der DFU war, wurde die DFU mit vielen Millionen Deutsche Mark von der SED finanziert.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Laut Abschlussbericht eines Bundestagsuntersuchungsausschusses hat die Abteilung Verkehr des Zentralkomitees der SED noch im Jahr 1989 3,1 Millionen Deutsche Mark explizit für 31 Mitarbeiter der DFU gezahlt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dies geschah aus Anlass eines entsprechenden Briefs des westdeutschen DKP-Vorsitzenden mit der Kostenaufstellung für das Jahr 1989 an das ZK der SED – er ist übrigens von Herrn Honecker persönlich abgezeichnet worden; wenn Sie es sehen möchten, kann ich es Ihnen in Kopie geben.

Auch in der politischen Grundausrichtung hat die Partei DIE LINKE ihre Gegnerschaft zum westlichen Wertesystem von Freiheit und Demokratie bewahrt – leider. Die Partei verfolgt unverändert das Ziel, wie sie selbst sagt, eines Systemwechsels. Zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik insgesamt hat die Linkspartei bis heute kein positives Verhältnis entwickelt.