Protocol of the Session on April 9, 2008

Ziel ist es, die Unterrichtsinhalte stärker zu konzentrieren, zu vereinfachen, einzelne Inhalte des bisherigen Lehrplans aus der Verbindlichkeit herauszunehmen. Damit werden wir längerfristig durch kompetenzorientierte Standards und Kerncurricula,die entstehen werden,dafür sorgen, dass die eigenverantwortlichen Schulen eine größere Möglichkeit zur eigenen Gestaltung spätestens ab dem Schuljahr 2010/2011 haben werden.

Meine Damen und Herren, der zuständige Fachminister Jürgen Banzer ist außerdem dabei, eine neue Stundentafel auszuarbeiten, die ab August gültig sein soll. Damit werden wir den Wünschen vieler Eltern,Lehrer und Schüler nachkommen. Diese Stundentafel soll die Gesamtbelastung in der Sekundarstufe I reduzieren.

(Beifall bei der CDU)

Die Verwirklichung von Bildungsgerechtigkeit ist ein zentrales Anliegen unserer gesamten Bildungspolitik. Die Hessische Landesregierung wird deshalb für den schulischen Bereich in den kommenden Monaten einen Sozialindex erstellen, um pädagogische Anstrengungen und Ressourcen noch zielgerichteter einsetzen und an sozialen Brennpunkten besonders verstärken zu können.

Der Sozialindex berücksichtigt beispielsweise den Anteil der Arbeitslosen oder der Sozialhilfeempfänger in einem Stadtquartier, den Ausländeranteil und die Höhe des zu versteuernden Einkommens im Einzugsbereich einer Schule. Mit Hilfe dieser Daten wollen wir besondere Belastungen für einzelne Schulen sehr präzise ermitteln, was dann in der Konsequenz zu mehr Lehrern, Sozialpädagogen oder einer besseren finanziellen Ausstattung der betreffenden Schule führen kann. Darüber hinaus erhoffen wir uns bei den Versuchen, die man damit machen muss – denn so etwas kann man nicht am ersten Tag flächendeckend an jeder Stelle einführen –, dass dieser Sozialindex dazu beitragen kann, dass man Leistungen von Schulen fairer miteinander vergleichen kann. Dazu werden wir in zwei oder drei Schulamtsbezirken sehr schnell die entsprechenden Modellversuche einleiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,bei der inneren Sicherheit werden wir unsere Arbeit weiterentwickeln. Wir wollen den Personalausbau der hessischen Polizei so, wie das im Haushaltsplan bereits beschlossen ist, konsequent fortsetzen. Wir werden die Präsenz der hessischen Polizei im öffentlichen Raum weiter verstärken und damit auch zu einer effektiven Vorbeugung von Straftaten und zu einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger beitragen.Wir werden dabei das Konzept, vermehrt Fußstreifen zu entsenden, und den Einsatz von Polizeivollzugsbeamten als „Schutzmann vor Ort“ nach den bisher gemachten Versuchen flächendeckend ausweiten. Ich will auch Folgendes hinzufügen:Weil Internetkriminalität ebenso eine zunehmende reale Bedrohung darstellt wie die Bedrohung auf der Straße in traditioneller Weise, wird die hessische Polizei in Zukunft auch verstärkt in der virtuellen Welt „auf Streife“ gehen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Zu einer bürgernahen Polizei gehört, dass sie von allen Bevölkerungsteilen wahrgenommen und als Ansprechpartner akzeptiert wird. Das gilt auch und insbesondere für unsere ausländischen Mitbürger. Wir werden deshalb verstärkt Migrantinnen und Migranten für den Polizeidienst werben, um die interkulturelle Kompetenz der hessischen Polizei weiter zu erhöhen,die derzeit zu einem bestimmten Teil, etwa in Großstädten wie Frankfurt, mithilfe des freiwilligen Polizeidienstes und anderer Kräfte

ergänzt wird, die aber auch im hauptberuflichen Bereich die Kompetenz erlangen muss, die wir brauchen, um unsere Aufgaben zu lösen.

Unsere konkreten Vorhaben zur Senkung der Jugendkriminalität werden entschlossen umgesetzt. Dabei sehen wir bei der Kriminalitätsbekämpfung die Prävention neben den fortzuentwickelnden Instrumenten des Strafrechts als gleichberechtigt an. Mit Wirkung vom 1. April haben wir die Justizvollzugsanstalt in Friedberg in eine Jugendarrestanstalt umgewandelt und dadurch 60 neue Arrestplätze für jugendliche Straftäter geschaffen. Zu unseren weiteren Maßnahmen zählen der hessenweite Ausbau des für den Bereich der Prävention beispielhaften und sehr anerkannten „Netzwerks gegen Gewalt“ und der Aufbau von regionalen Geschäftsstellen. Wie Herr Kollege Banzer bereits dargestellt hat, gehört dazu die Zusammenführung von Staatsanwaltschaft, Polizei, Jugendgerichtshilfe und Jugendämtern in einem Haus des Jugendrechts, was wir modellhaft jetzt sehr schnell in Frankfurt mit dem klaren Ziel einführen werden, auch die Verfahrensdauer zu verkürzen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das ist Ihnen sehr früh eingefallen!)

Sicherheit – auch das will ich in meiner Regierungserklärung hinzufügen – ist aber nicht nur Schutz vor Kriminalität, sondern auch Schutz und qualifizierte Hilfe bei Gefahren und Not. Deshalb werden wir – auch auf der Basis der entsprechenden Schutzgesetzgebung – weiterhin gemeinsam mit den Feuerwehren sowie den Hilfs- und Rettungsorganisationen sprechen. Sie leisten unverzichtbare Beiträge. Sie verdienen deshalb nicht nur unseren Dank, sondern wir werden – etwa bei der Gesetzgebung des Katastrophenschutzrechts, die wieder ansteht und auf die ich noch zu sprechen kommen werde – dafür sorgen, dass diese Organisationen auch in Zukunft zu den tragenden Säulen unseres Sicherheitskonzepts für die Bürgerinnen und Bürger im Land Hessen gehören.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen alleine an der Aufzählung dessen, was im Rahmen der Kabinettsverantwortung die Landesregierung in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden wird, dass es eine Menge zu tun gibt, dass aber auch eine Menge getan wird.

Die zweite Gestaltungsebene neben diesem Regierungshandeln bezieht sich auf die Gesetzgebung, dabei insbesondere auf den Bereich der routinemäßig anfallenden Gesetzgebung. Denn gemäß den Befugnissen der hessischen Landesverfassung sind wir gehalten – und werden es natürlich tun –, für all diese Bereiche Gesetzesvorschläge auszuarbeiten und in den Landtag einzubringen sowie in den Ausschüssen zu den Gesetzen Stellung zu nehmen.

Jetzt sind wir in einer Phase, und das sehen wir heute Mittag, in der einige – ich sage das in Anführungszeichen – wahlkampfnahe Gesetzesvorhaben sofort den Hessischen Landtag beschäftigen und auch sofort eine öffentliche Auseinandersetzung und Reaktion hervorrufen. Ich glaube aber, es gehört zur Fairness der gemeinsamen Arbeitsgrundlage, zu sagen, dass wir aus den langjährigen Erfahrungen miteinander wissen, dass die überwiegende parlamentarische Arbeit mit den Ausschusssitzungen und den zweiten und dritten Lesungen und auch den Themen, die dahinter stehen,nicht immer ganz so spektakulär dreispaltig über die Zeitungsseiten kommt, sondern sehr viel in der Tiefe dieses Raums und der Ebene der politischen

Arbeit zu beraten sein wird.

Meine Damen und Herren, ich will Sie deshalb darauf hinweisen, dass allein bis zum Ende des Jahres 2009 mehr als 50 Landesgesetze anstehen, über deren Verlängerung wir in diesem Haus beraten müssen. Es handelt sich dabei keinesfalls um geringfügige Gesetzesvorhaben, sondern die Frage, ob der Hessische Landtag darüber entscheidet oder nicht, führt zu der Frage, ob sie nach dem 1. Januar des Jahres 2010 fortgelten oder nicht. Es handelt sich z. B. um das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr, das Hessische Ausführungsgesetz zum SGB XII, also die Ausgestaltung der Sozialhilfe für die nicht erwerbsfähigen und die erwerbsgeminderten Personen, oder das Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz, das ich schon erwähnt habe, oder das Hessische Hochschulgesetz mit allen Elementen der Autonomie, die wir darin geschaffen haben – um nur ein paar Beispiele zu nennen, die zu den 50 Gesetzen gehören, die hier angesprochen sind.

Ich glaube, es besteht eine gemeinsame Verantwortung – das jedenfalls ist das Bestreben der Landesregierung –, nicht im letzten Halbjahr des Jahres 2009 den Hessischen Landtag in Rund-um-die-Uhr-Sitzungen und Sonderplenen mit der schnellen Abhandlung von 50 Gesetzen zu befassen. Vielmehr wird die Landesregierung in Kenntnis der Tatsache, dass zum 31.12.2008 nur wenige, zum 31.12.2009 aber sehr viele Gesetze auslaufen, dafür sorgen, dass wir dies in einen gemeinsam zu besprechenden Arbeitsplan bringen, wie der Hessische Landtag dieser Verantwortung gerecht wird.

Machen wir uns keine Illusionen: Darüber hinaus leben wir längst nicht mehr alleine auf dieser Welt. Eine ganze Reihe von landespolitischen Gesetzgebungsvorhaben wird bestimmt von Vorgaben des Bundes- und Europarechts. Ich denke etwa daran, dass viele abstrakt über die EU-Bilanzierungsrichtlinie sprechen und der festen Überzeugung sind, dass das mit uns eigentlich nichts zu tun hat.Aber wir werden das Hessische Sparkassengesetz auf der Basis dieses Bilanzierungsrechts in Kürze ändern müssen.

Das heißt, zu der Veränderung von Gesetzen aufgrund des Zeitablaufs kommt zum Zweiten bei dem, was ich – ich glaube,Sie verstehen inzwischen,warum ich das gesagt habe – Routinegesetzgebung nenne, eine Menge Gesetzgebungsarbeit, die sich aus den Umständen auf anderen Ebenen und Handlungszwängen, die von anderen Ebenen geschaffen worden sind, ergibt.

Meine Damen und Herren, die Projekte, die sich in dieser Fragestellung finden, werden uns beschäftigen. Es ist aber nicht nur die zweite Ebene, die den Landtag und die Regierung dabei zusammenführt. Jenseits dieser konkreten Gesetzesvorhaben werden wir als Landesregierung dem Landtag des Weiteren Projekte vorlegen,die nach unserer Auffassung besonders bedeutsam für das Land sind und sich in einem frühen oder möglicherweise bereits fortgeschrittenen Planungsstadium befinden.Der Landtag muss mit uns gemeinsam darüber beraten und am Ende entscheiden, ob wir diese Projekte durchführen sollen, planen sollen oder ob es dafür keine Mehrheit im Hessischen Landtag gibt. Diese Fragestellung sehe ich als die dritte Gestaltungsebene an.

Ich will es an drei Beispielen deutlich machen,die ein bisschen mit dem Paragrafen der Geschäftsordnung zusammenkommen, den wir in den letzten 20 Jahren außerhalb des Haushaltsausschusses eher weniger benutzt ha

ben. In § 33 der Geschäftsordnung ist geregelt, dass die Landesregierung solche Projekte dem Landtag als Fragestellung vorlegen kann und vorlegen sollte.

Wir werden z. B. dem Landtag in den kommenden Wochen einen Masterplan zur Entwicklung und baulichen Neuordnung des Universitätsklinikums Frankfurt vorlegen.Wir wollen damit das Uniklinikum deutlich modernisieren und es mit besten Rahmenbedingungen ausstatten, damit es langfristig wettbewerbs- und zukunftsfähig bleibt. Die Finanzierung dieses Projekts ist Bestandteil der mittelfristigen Finanzpläne bis zu den Jahren 2011 und 2012 und wird sich wahrscheinlich auch in die Jahre 2013 und 2014 weiterentwickeln.Aber die Frage, ob wir in den nächsten Monaten einige bis zu Dutzenden von Millionen Euro ausgeben, um die Planungsmöglichkeiten zu schaffen, damit dieses Projekt verwirklicht wird, macht intellektuell und finanzpolitisch verantwortlich nur Sinn,wenn das Parlament im Prinzip den vorgelegten Masterplan für richtig und weiterverfolgbar hält.

Das Parlament könnte der Meinung sein, dass dieses Projekt so nicht weiterentwickelt werden soll. Wir haben gerade bei den Universitätskliniken ein gutes Bespiel. Wir haben in der letzten Legislaturperiode auf Vorschlag der Landesregierung entschieden, dass wir die Finanzmittel für kurzfristige Investitionen in Gießen und Marburg nicht selbst haben.Unter anderem deshalb haben wir eine Privatisierung vorgenommen und gleichzeitig entschieden, dass wir die Verantwortung staatlicherseits für das Universitätsklinikum Frankfurt weiter selbst tragen.

Jetzt werden wir in der Frage stehen, ob wir die Wettbewerbsfähigkeit im Gestalten dieser beiden Zentren dadurch aufrechterhalten, dass wir in Frankfurt unseren Teil der Verpflichtung, der mit den notwendigen Investitionen verbunden ist, wahrzunehmen bereit sind. Dies ist eine Entscheidung, die keine Regierung, allzumal keine geschäftsführende Regierung, alleine treffen kann. Es ist aber eine Entscheidung, die getroffen werden muss, weil sie sonst zu Veränderungen von Strukturen zulasten der Universitätsklinik in Frankfurt führen würde. Also werden wir damit in den Landtag gehen und brauchen dafür zunächst eine konzeptionelle Antwort, die uns sicherlich in ihren Konsequenzen viele Jahre beschäftigen wird.

Meine Damen und Herren, ich will zum Zweiten nennen: Wir werden dem Landtag ein „House of Logistics and Mobility“ vorschlagen. Wir müssen darüber diskutieren, ob wir das irgendwann einmal auf Deutsch benennen können, aber das würde mich jetzt beim Manuskript in Schwierigkeiten bringen, weil ich Ihnen sage, dass das Projekt ähnlich dem „House of Finance“ gestaltet werden soll. Das bedeutet natürlich, dass unabhängig davon, wie wir es in der Landtagsdrucksache nennen werden, in Zukunft erreicht werden soll, dass ebenso wie die Finanzfrage die Logistikfrage, die für uns in Hessen so große Bedeutung hat, mit Wirtschaft und Wissenschaft zusammen in einen internationalen Kontext gestellt wird, in dem mehrere Universitäten, große Wirtschaftsunternehmen und Wirtschaftsverbände und Forschungseinrichtungen gemeinsam einen Schwerpunkt entwickeln.

Das ist ein Projekt für viele Jahre. Das kann man anfangen. Man muss mit privaten Partnern sprechen, um die Voraussetzungen für ein solches Konzept überhaupt zu schaffen.Aber wenn es im Landtag keine Mehrheit gäbe, es prinzipiell anzustreben,wird die Landesregierung nicht mit privaten Partnern über den Beginn solcher Kontakte sprechen können. Also muss die Grundsatzentscheidung

für ein Projekt gemeinsam in den Gremien des Hessischen Landtags gefunden werden.

Meine Damen und Herren, wir werden dem Landtag darüber hinaus nach vieler Arbeit und mancher Diskussion auch in den Parlamentsgremien der letzten Jahre ein Konzept für ein Haus der Geschichte Hessens vorschlagen, welches ähnlich dem Haus der deutschen Geschichte in Bonn die Entwicklung unseres Landes seit der Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg mit sehr eindrucksvollen Exponaten und Dokumenten erlebbar machen könnte. Der Ausgangspunkt dieser Diskussion ist durchaus die 60Jahr-Feier und die 60-Jahr-Ausstellung, die wir gehabt haben.

Ob Hessen ein solches Haus der Geschichte in absehbarer Zeit erhalten soll oder nicht, ist eine politische Entscheidung, die im Grundsatz getroffen werden muss. Wir werden dem Hessischen Landtag dafür eine Vorlage unterbreiten, die ihm die Alternative aufzeigt: zum einen die Gründung eines klassischen Museums mit hohen Einmalkosten am Beginn und dauernden Verwaltungskosten, zum anderen erstmalig ein Landesmuseum auf virtueller Basis mit einem Konzept, das kontinuierlich über sehr viele Jahre Geld kostet, aber weniger Geld am Anfang. Es muss entschieden werden, ob wir das überhaupt wollen; denn wenn wir es in absehbarer Zeit nicht machen, werden die Exponate und vieles andere nicht mehr gesichert werden können. Wollen wir es real in Wiesbaden oder an einem anderen Ort, oder wollen wir es virtuell in einer modernen Zukunft?

Das ist eine Frage, die wir auch angesichts der Tatsache, dass Haushaltsberatungen noch eine lange Zeit vor uns liegen und wir konzeptionelle Grundentscheidungen treffen müssen,gemeinsam mit dem Landtag erörtern und für die wir eine Grundlagenentscheidung einer Landtagsmehrheit in den zuständigen Fachausschüssen erlangen müssen.

Ich belasse es bei diesen drei Beispielen, aber ich glaube, auch an dieser Stelle erkennen Sie: Wir müssen auf einer neuen Perspektive der Zusammenarbeit mit einer höheren Verantwortung des Landtags, wie wir es am Samstag alles besprochen haben, dafür sorgen, dass wir dennoch Entscheidungen treffen. Ob diese Entscheidungen in die eine oder andere Richtung gehen, wer wem folgt, wird auch daran liegen, wie gut wir in der Lage sind,Alternativen zu präsentieren und darüber zu diskutieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den kommenden Monaten wird es allerdings eine ganz Reihe von Themen und Gesetzesinitiativen geben, bei denen wir es auf den ersten Blick schwer haben werden,Mehrheiten zu finden und gemeinsame Positionen zu formulieren. Das liegt zum einen an den möglicherweise unterschiedlichen Auffassungen der Fraktionen, es liegt aber auch daran, dass wir Themen vor uns haben,die auch in den jeweiligen politischen Gruppen zwischen den Vertretern unterschiedlicher Interessen, die dort repräsentiert sind, zu erheblichen Diskussionen führen und es deshalb außerordentlich schwer machen, zu einem Konsens zu kommen.

Die Behandlung dieser Fragen, auf die ich gleich zu sprechen komme, auf lange Zeit zurückzustellen, nur weil die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie schnell mit Antworten versehen können, nicht sehr hoch ist, wäre nach der Überzeugung der Landesregierung ein unverantwortlicher Umgang mit diesen Themen. Deshalb müssen wir prüfen, ob wir in der Lage sind, Diskussionsprozesse in Gang zu setzen und Wege zu finden, die die Voraussetzungen dafür

schaffen, in absehbarer Zeit Entscheidungen zu treffen. Der Zeithorizont ist bei vielen dieser Aufgaben aus meiner Sicht mit mindestens zwölf Monaten zu beschreiben – eine Zeitspanne, in der jeder, egal in welcher politischen Konstellation stehend, einen Konsens mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu bilden versuchen muss. Wir müssen diese Zeit nicht verlieren, selbst wenn wir heute nicht sicher sind, mit welchem politischen Ergebnis in den einzelnen Fragen zu rechnen ist. Vielleicht spricht manches dafür, dass man an einigen Stellen zu Ergebnissen kommt, von denen man, wenn man nicht in diesen Prozess gegangen wäre, nie erwartet hätte, sie überhaupt erreichen zu können.

Wir wollen auf diesem Weg zu mehrheitsfähigen Konzepten kommen. Wir wollen dies mit Arbeitsgruppen und Facharbeitskreisen erreichen, an denen auch die Fraktionen beteiligt sind. Ich habe bereits am Samstag darauf hingewiesen, aus meiner Sicht ist es klug, über die parteilichen Grenzen hinweg für die Arbeit in den jeweiligen Fachgebieten ausgewiesene Experten und Fachleute, die uns aus der Vergangenheit vertraut sind, als Berater oder möglicherweise sogar als Moderatoren zu gewinnen.

Ich nenne jetzt insgesamt vier Aufgabenstellungen.In diesem Zusammenhang sehen wir als eine zentrale Aufgabe die Konzentration auf eine nachhaltige Entwicklung an. In erster Linie sprechen wir dabei über die Energiepolitik, einerseits also über den effizienten Umgang mit Energie und andererseits über eine nachhaltige Energiegewinnung.Als Industriestandort ist Hessen darauf angewiesen, jederzeit an jedem Ort mit einer ausreichenden Energiemenge versorgt zu werden. Und das alles muss für die Bürger bezahlbar sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich füge in Kenntnis und in der Präzision des ersten Satzes folgenden zweiten Satz an. Die Landesregierung will Hessen in einer gemeinsamen Anstrengung zu einem Musterland der regenerativen Energien machen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden Satz für Satz Spaß haben, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir brauchen dafür eine pragmatische Grundeinstellung und ein gemeinsames Verständnis dafür,was geht und was nicht geht. Das ist unter den Parlamentsfraktionen sehr unterschiedlich.Als ein Mittelgebirgsland im Herzen Europas weht uns weder eine ständige Meeresbrise um die Nase, noch scheint an 300 Tagen im Jahr die Sonne. Deshalb brauchen wir ein unter den Bedingungen Hessens umsetzbares Programm für erneuerbare Energien.

Wir haben uns bereits in der Vergangenheit dem Ziel verpflichtet, den Anteil erneuerbarer Energien an der Energieerzeugung bis zum Jahr 2015 auf 15 % zu erhöhen.Als waldreichstes Bundesland haben wir dabei insbesondere der Biomassenutzung eine wichtige Rolle zukommen lassen. Wir wollen jetzt gemeinsam den Versuch machen, eine zusätzliche Anstrengung zum Ausbau erneuerbarer Energien zu unternehmen, auch weitere Quellen hinzuzufügen, etwa das bisher in unserem Bundesland nicht ausreichend intensiv diskutierte Potenzial der Geothermienutzung genauso einzubeziehen wie andere Projekte und Entwicklungen, die wir uns dabei vorstellen können.

Um das zu organisieren, werden wir kurzfristig das schon seit längerer Zeit geplante Fachzentrum für Klimawandel einrichten, das die Klimafolgen für Hessen erforscht. Wir werden Anpassungsstrategien sowie innovative Projekte und Maßnahmen zur Verminderung von CO2 entwickeln. Das im letzten Jahr vorgestellte hessische Klimaschutzkonzept wird auf dieser Basis weiterentwickelt.

Ich will ein Beispiel anführen. Einer der konkreten Vorschläge für die Gestaltung der Vorbildrolle des Landes lautet, dass wir bei der Umsetzung unseres Hochschulinvestitionsprogramms HEUREKA bei allen zu modernisierenden Bauten – was faktisch den Neubau eines Großteils unserer Universitätsgebäude bedeutet – den Gesichtspunkt der Klimaeffizienz ganz präzise berücksichtigen werden.

Wir wollen über die Frage der Energiepolitik hinaus einen Schritt weitergehen. Ich schlage Ihnen namens der Landesregierung einen gemeinsamen Pakt für eine „Nachhaltigkeitsstrategie Hessen“ vor. Dabei geht es nicht einfach um Umweltthemen, sondern wir verstehen unter „Nachhaltigkeit“ eine Querschnittsaufgabe, die die bisherigen Aufgabenstellungen, z. B. im Rahmen der Umweltallianz und der Bioregionen, zusammenführt und darüber hinausgehende Fragen der Nachhaltigkeit im Bereich der Wirtschaft und soziale Aspekte einschließt.

Meine Damen und Herren, eine geschäftsführende Landesregierung ist nach meiner Ansicht gut beraten,nicht zu versuchen, in wenigen Wochen bei solchen Projekten das Rad neu zu erfinden. Deshalb beabsichtigen wir, das Projekt der baden-württembergischen Landesregierung betreffend nachhaltige Entwicklung, das vor einem Jahr ins Leben gerufen wurde, in Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Kräften auch hier in Hessen einzuführen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))