Herr Minister Rhiel sollte erklären, woher er das Geld für Schienen und Wasserwege nehmen möchte, ohne die Steuern und die Verschuldung anzuheben, wenn er seine Position bei der Maut beibehält.
Sie liegen falsch. Die Mauterhöhung ist mindestens in dem Maße, wie das die Bundesregierung vorgeschlagen hat, dringend notwendig.Wir sagen, etwas mehr wäre das richtige Ziel.
Vielen Dank Herr Kollege Kaufmann. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! DIE LINKE lehnt den Vorstoß von Verkehrsminister Rhiel ab.
Es ist ein völlig falsches Signal, sämtliche Einnahmen aus der Lkw-Maut für den Straßenverkehr zweckzubinden. Dieses Signal wird von Hessen nicht ausgehen. Die Einführung der Lkw-Maut war eines der positiven Ergebnisse der rot-grünen Regierungszeit im Bund – einmal abgesehen von den organisatorischen Pannen,die damit einhergingen.
Deutschland ist ein europäisches Transitland. Allein seit der Einführung der Maut hat der Güterverkehr auf der Straße um 30 % zugenommen; er liegt bereits heute auf dem Niveau, das für das Jahr 2015 vorhergesagt wurde.
Derzeit werden 70 % des Güterverkehrs per Lkw abgewickelt. Man muss es immer wieder betonen: Der Straßenverkehr ist für den größten Anteil der verkehrsbedingten Luftverschmutzung verantwortlich.
Die Landesregierung hat die Nachhaltigkeit zu einem ihrer zentralen Slogans erkoren. Dazu haben wir in der nächsten Woche eine dreitägige Veranstaltung. Minister Rhiel hat in der Begründung seiner Bundesratsinitiative sogar noch einmal auf deren Nachhaltigkeitsaspekt hingewiesen. Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit sehen aber anders aus, als dem Verkehrsinfarkt den Weg zu bahnen.
Bei ihrer Einführung wurde festgelegt, dass die dabei entstehenden Einnahmen zur Hälfte in den Straßenbau fließen sollen. Tatsächlich liegt der Anteil der abgerufenen Mittel bei rund 60 % der Einnahmen; lediglich 30 % dieses Volumens werden in den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzes investiert; der Anteil für die Wasserwege liegt abgeschlagen bei 10 %. Dabei ist der Gütertransport auf der Schiene der mit Abstand umweltverträglichste.
Deutschland hat eines der dichtesten und am besten ausgebauten Straßennetze in Europa und der Welt.Was aber derweil rostet und schrumpft, ist das Schienennetz. Daher kann es heute nicht darum gehen, Straße und Schiene in der Verkehrspolitik gleichberechtigt zu behandeln, sondern die Schiene muss im Zentrum stehen und flächendeckend so ausgebaut werden, dass sie attraktiver wird als der Transport auf der Straße.
Wenn wir dem Klimawandel und den erheblichen Folgekosten des Straßenverkehrs wirklich etwas entgegensetzen wollen, dann ist das ganz entscheidend. Daher ist die geplante Erhöhung der Mautgebühren ein Schritt in die richtige Richtung, denn es verteuert den Straßengüterverkehr.Wir haben eben reichlich etwas darüber gehört, welche Verluste seitens der Spediteure erwartet werden und dass die Maut als Bedrohung für die Arbeitsplätze des Speditionsgewerbes empfunden wird.
Ich betone aber, dass das Problem viel tiefer liegt. Das Problem besteht darin, dass sich das fossile Zeitalter seinem Ende nähert, nicht weil sich die LINKEN, die Sozialisten oder wer auch immer verschworen hätten, sondern weil sich die bisherige Energie- und Verkehrspolitik natürlichen Grenzen nähert. Daher ist es richtig und sinnvoll,nun in der Verkehrspolitik andere Wege zu gehen,um zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen,zu sichern sowie ein flächendeckendes und nachhaltiges Verkehrsnetz zu erhalten und auszubauen.
Am Lkw-Verkehr festzuhalten und diesen weiterhin zu fördern, verschiebt das Problem in die Zukunft, statt es zu lösen. Viele Akteure haben bereits erkannt, dass dies so ist. In der „Allianz pro Schiene“ sind neben Umweltschutzbünden auch Automobilklubs, Gewerkschaften sowie zahlreiche Bahnzulieferer organisiert. Sie haben sich alle in der Gewissheit organisiert,dass sich ein Ausbau des Schienenverkehrs positiv auf Umsätze und Arbeitsplätze auswirken würde. Angesichts der sich anbahnenden Klimakatastrophe müssen wir in der Verkehrspolitik andere Wege einschlagen. Jede ernst gemeinte Energiewende muss bei der Verkehrspolitik ansetzen.
Bundesverkehrsminister Tiefensee ist deshalb nur bedingt glaubwürdig, wenn er sich nun zum Verteidiger des Schienenverkehrs aufschwingt. Die Privatisierung der Bahn – ich kann es Ihnen nicht ersparen, wir müssen es auch in diesem Hause immer wieder sagen – sowie möglicherweise ihres Streckennetzes wird zum weiteren Bedeutungsverlust der Schiene führen.
Die Deutsche Bahn macht schon jetzt die Hälfte ihres Umsatzes auf der Straße bzw. mit Lkw. Es könnte eine vernünftige und zukunftsfähige Bundesratsinitiative sein, die Privatisierung der Deutschen Bahn zu verhindern.
DIE LINKE steht zur Erhöhung der Mautgebühren sowie für deren verstärkte Verwendung zum Erhalt und zum Ausbau des Schienennetzes. – Vielen Dank.
Frau Kollegin Wissler, vielen Dank. – Für die Landesregierung erhält Herr Verkehrsminister Dr. Rhiel das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Maut bzw. Mauterhöhung steht gleich
wohl für den gesamten Themenkomplex der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Ich stelle zu Beginn – auch aufgrund der Debattenbeiträge – als allgemeingültige Erkenntnis fest, dass die Mittel, die für die Finanzierung der Infrastruktur jährlich zur Verfügung stehen, zu gering sind, um die Anforderungen zu erfüllen.
Herr Kaufmann, Sie haben darauf hingewiesen, dass der Erhalt Priorität haben muss. Genau das entspricht auch meiner Initiative, nämlich deutlich zu machen, dass vor allem der Erhalt gesichert werden muss, da dies in der Tat ein Aspekt nachhaltigen Handelns ist.Wenn es ein wichtiges und richtiges Ziel ist, der künftigen Generation keine Schulden hinterlassen zu wollen, dann ist es genauso richtig, ihnen keine maroden Verkehrsinfrastrukturen zu hinterlassen. Das verhält sich wie bei einem Vater, der selbst ein bewohnbares Haus erbt, es seinen Kindern aber als unbewohnbar weitergibt. Damit hinterlässt er ihnen im Sinne der Nachhaltigkeit statt eines Wertes eine Last.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daher ist all das, was wir in Bezug auf die Schieneninfrastruktur, die Wasserstraßen sowie die Straßeninfrastruktur unterlassen, gleichwohl ein Versagen unserer Generation gegenüber der künftigen, da wir diese Dinge nicht in einen qualitativ guten Status bringen, sie nicht funktionsfähig machen und es zulassen, dass Straßen gesperrt und Brücken nicht mehr benutzbar sind, wie das bei der Autobahn zwischen Mainz und Wiesbaden
Um was geht es aber wirklich? – Der Bund stellt nun schon seit Jahren zu wenige Mittel zur Verfügung. Das heißt, dass wir in Hessen an Ortsumfahrungen nicht einmal das bauen können, was wir bauen müssten; stattdessen warten wir auf Mittel in Höhe von 500 Millionen c, um Maßnahmen ergreifen zu können, die zwar zur Entlastung der Menschen an den Ortsdurchfahrten geplant und gebaut werden müssten, doch können wir dies nicht tun, weil die Mittel immer wieder reduziert werden.
Als mit Beginn des Jahres 2004 die Maut beschlossen wurde, hatten alle die Hoffnung, dass es mithilfe der Mauteinnahmen gelingen könnte, einen deutlichen Schritt nach vorne zu machen. Damals haben die Länder verhandelt – ich war damals als noch jung im Amt unmittelbar dabei –, und wir haben insgesamt eine Zusage erhalten. Frau Pfaff, das galt auch für die SPD-regierten Länder, welchen Sie im Übrigen mit Ihrer Rede keinen Gefallen getan haben.Aber wahrscheinlich haben Sie sich auch innerhalb der SPD-regierten Länder isoliert, da Sie genau das vertreten, was auch die Hessische Landesregierung vertritt, dass wir nämlich eine bessere Ausstattung brauchen.
Das haben uns damals sowohl die Bundesregierung als auch die Bundestagsabgeordneten zugesagt, und so wurde es auch in den § 11 des Mautgesetzes aufgenommen. Sie können gern nachlesen, dass die Einnahmen aus der Maut zusätzlich der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zugewiesen werden sollen.
Herr Kaufmann, nun nenne ich Ihnen zwei Zahlen, und zwar nicht nur die Straßen, sondern die gesamte Ver
kehrsinfrastruktur, also den gesamten Verkehrshaushalt, betreffend: Im Jahre 2003, also vor der Einführung der Maut, lag der Ansatz bei 9,7 Milliarden c. In diesem Jahr liegt der Ansatz bei 9,5 Milliarden c. Das macht deutlich, dass wir in diesem Jahr keine Erhöhung haben, sondern sogar eine leichte Reduzierung, über diese möchte ich aber gar nicht reden. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir inzwischen nach dem Abzug der überhöhten Betreiberkosten Nettomauteinnahmen in Höhe von 3 Milliarden c pro Jahr haben.
Frau Pfaff, nach Abzug der Harmonisierungsmittel haben wir Nettomauteinnahmen von mindestens 2,5 Milliarden c. Der entscheidende Punkt ist aber – Herr Dr. Lübcke hat bereits darauf hingewiesen –,dass diese Gelder im allgemeinen Bundeshaushalt versickern und nicht, wie es eigentlich im Gesetz steht,zusätzlich der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zugewiesen werden.
Das ist der eigentliche Kritikpunkt. Ich und im Übrigen auch die Vertreter aller anderen Länder haben in der letzten Woche während der Beratung mit dem Bundesverkehrsminister darauf hingewiesen, dass der Bund bei diesem Vorgehen gestoppt werden muss; da sind wir uns offenbar alle einig. Der Bund muss dabei gestoppt werden, dass in dem Maße, wie die Mauteinnahmen durch die Abgaben des Speditionsgewerbes wachsen, der steuerfinanzierte Teil gesenkt wird. Das ist das einmütige Ziel der Länder. Wir haben, um dieses Ziel zu erreichen, eine Arbeitsgruppe gebildet. Wir verhandeln, damit endlich das geschieht, was in dem Antrag der Hessischen Landesregierung steht.