Protocol of the Session on March 30, 2006

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass niemand gezwungen ist, zu panaschieren und zu kumulieren. Jeder kann sich nach wie vor damit begnügen, ein einziges Kreuz pro Liste zu machen. Die Bürger können also, wie bisher, ganz normal wählen.Vielleicht sind die Wahlzettel etwas größer, und vielleicht haben wir es versäumt, im Vorfeld etwas mehr darauf hinzuweisen. Über diesen Punkt können wir gern diskutieren. Dagegen spricht aber, dass immerhin über 50 % der Wählerinnen und Wähler vom Kumulieren und Panaschieren Gebrauch gemacht haben.

(Beifall bei der CDU)

Ganz besonders überrascht hat mich, in der Presse lesen zu dürfen, dass auch die GRÜNEN, die sonst eigentlich immer basisdemokratisch daherkommen, ein Problem mit diesem demokratischen Wahlsystem haben.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist schon lange her! Das ist verjährt! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht! Wie kommen Sie darauf?)

Herr Kollege Hahn, wahrscheinlich sind auch die GRÜNEN schon längst zurückgerudert. Ich habe es nur noch nicht mitbekommen.

Vor wenigen Tagen durften wir zu unserem Erstaunen lesen, dass es diese Schwierigkeiten eher in größeren Städten und in Landkreisen gibt. Dann ist der Vorschlag gemacht worden, dass man das Kumulieren und Panaschieren künftig nur noch in kleineren Gemeinden durchführt, nicht aber in größeren Städten und in Landkreisen.

Herr Walter,eines muss man Ihnen lassen:Das ist wirklich neu. Ich glaube, es gibt keinen Präzedenzfall dafür, dass man im Jahr 2011 z. B. den Poppenhausenern erlauben will, zu kumulieren und zu panaschieren, während die Frankfurter das nicht dürfen. Abgesehen davon, dass ich das für rechtlich problematisch halte, suggeriert dieser Vorschlag, dass die Frankfurter etwas weniger intelligent seien als beispielsweise die Poppenhausener.Das muss ich natürlich empört zurückweisen. Immerhin haben am vergangenen Sonntag von den Frankfurtern, die zur Wahl gegangen sind,fast 40 % vom Kumulieren und Panaschieren Gebrauch gemacht.

Herr Kollege Walter, Sie haben vorhin das schöne Beispiel von der älteren Dame gebracht, die im Wahllokal ganz erschreckt vor einem großen Wahlzettel steht. Wir alle haben wenige Wochen vor der Wahl einen Musterstimmzettel bekommen. Ich gehe davon aus, dass auch die

älteren Damen einen Musterstimmzettel bekommen haben und sich so an die Größe des Wahlzettels gewöhnen konnten, den man ihnen im Wahllokal aushändigen würde.

Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich bin am Ende meines Beitrags angekommen. – Mir scheint es so zu sein – das ist heute mehr als deutlich geworden –, dass sich die Genossen wieder einmal schön vergaloppiert haben. Abschließend bleibt mir nur übrig, festzustellen, dass Sie ganz schön schlechte Verlierer sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jeder sollte erst einmal sagen, ob er hochkumuliert!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hahn, das sage ich Ihnen gern. Die Zahl der Stimmen, die in meiner Gemeinde für mich abgegeben wurden, ist um 2,8 % gestiegen. Das ist auch ein persönliches Ergebnis. Das können Sie an den Einzelstimmen abzählen. Insofern bin ich sehr zufrieden damit.

Als ich gelesen habe, dass wir eine Aktuelle Stunde zu dem Thema Kumulieren und Panaschieren abhalten,habe ich mich gefragt, ob es klug ist, das zu machen,

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Ich auch!)

und ob das Mittel Aktuelle Stunde wirklich dazu geeignet ist, auf eine nachdenkliche Weise darüber zu diskutieren, wie sich das Wahlsystem bewährt hat, welche Möglichkeiten die Bürgerinnen und Bürger angenommen haben und ob eventuell auch welche mit dem Wahlsystem nicht klargekommen sind.Aber,Herr Kollege Schmitt,ich hätte mir gewünscht, dass man sich, wenn man schon darüber diskutiert, ein wenig Zeit lässt und erst einmal die Wahlen auswertet, um zu schauen, was dort wirklich passiert ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, dass sich das System bewährt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU)

Wir GRÜNEN haben das System immer unterstützt. Ich glaube, dass wir im Prinzip ein Mehr an Demokratie und ein Mehr an Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger geschaffen haben. Wir sollten darüber nicht aus der Sicht derer diskutieren, die nicht zur Wahl gegangen sind, sondern wir sollten aus der Sicht derer darüber diskutieren, die ihre Wahlentscheidung getroffen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube wirklich, es bringt uns nicht weiter, wenn wir voreilige Schlüsse ziehen und sagen: Da die Ergebnisse so sind und wir vielleicht auch einen bestimmten Prozentsatz an ungültigen Stimmen haben, müssen wir über das Wahlsystem nachdenken. – Andere diskutieren darüber schon am Abend des Wahltags, bevor das Ergebnis überhaupt bekannt ist. Oder es wird darüber diskutiert, aus welchen Gründen die Wahlbeteiligung so stark zurückgegangen ist. Ich glaube, es gilt wirklich der alte Spruch, der hier immer die Runde macht: Vertiefte Sachkenntnis verhindert die muntere Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU)

Ich wünsche mir wirklich, dass wir uns ab und an zurücknehmen und über das, was da passiert ist, nachdenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher muss ich sagen, dass es mich gewundert hat, als ich in den „dpa“-Meldungen gewisse Zitate gelesen habe. Es ist wirklich ganz erstaunlich, was von der FDP, sozusagen dem selbst ernannten Hort der Liberalität in diesem Hause, zu hören ist.An erster Stelle kommt Herr Kollege Rentsch.

Zuerst hat er uns am Wahlabend erklärt, dass ein Rückgang von 12 auf 9 % ein gutes Ergebnis sei. Dann hat er Folgendes gesagt – diese Meldung zitiere ich Ihnen jetzt – :Der FDP-Abgeordnete Florian Rentsch sprach sich noch in der Wahlnacht für die Wahlpflicht aus. – Diese Auffassung vertritt ein Liberaler in diesem Haus. Herr Rentsch, Sie sollten sich ein bisschen zurücknehmen und sich überlegen, ob Sie wirklich ein Liberaler sind, wenn Sie solche Forderungen stellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Er ist keiner! – Dr.Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Ein Zwangs-Liberaler!)

Ich finde die Debatte wirklich spannend, auch im Hinblick darauf, für wie dumm man die Hessinnen und Hessen hält. Dieses Wahlsystem existiert in Bayern und Baden-Württemberg nämlich schon seit Jahrzehnten.

Herr Kollege Frömmrich, Herr Kollege Rentsch möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Das ist zwar etwas ungewöhnlich in einer Aktuellen Stunde, Sie haben ihn aber direkt angesprochen.

Nein, das machen wir nachher. Ich glaube, das geht in einer Aktuellen Stunde nicht.

Dann kann ich es nicht ändern.

Das zeigt, für wie dumm die Hessinnen und Hessen auch von einigen Mitgliedern dieses Hauses gehalten werden. In Bayern und Baden-Württemberg wird dieses Wahlsystem schon seit Jahrzehnten genutzt.Ich verstehe nicht,wie man sagen kann,dass die Bürgerinnen und Bürger in Hes

sen dieses Wahlsystem nicht verstanden haben. Der gemeine Hesse ist nicht dümmer als der Baden-Württemberger oder der Bayer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Es gibt Beiträge, da bin ich versucht, darüber nachzudenken, ob das wirklich so ist!)

Wir haben ein ordentliches System geschaffen. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen die Angebote der Parteien nicht anzunehmen,sondern sie können anhand dieser Listen auswählen. Das ist ein Mehr an Demokratie. Man braucht nicht das zu nehmen, was einem die Partei vorsetzt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sehr gut!)

Es werden nicht sozusagen in Hinterzimmern irgendwelche Listen aufgestellt.Wie wir gesehen haben, bringen die Bürgerinnen und Bürger diese Listen ganz munter durcheinander, und ich finde, das ist auch gut so. Jeder kann ablesen, welchen Stellenwert er in seiner Kommune hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bürgerinnen und Bürger haben von diesem Wahlsystem Gebrauch gemacht.

(Norbert Schmitt (SPD): Was ist mit den 5 % ungültigen Stimmen?)

Wir sollten nicht anfangen, das Wahlsystem infrage zu stellen.Als Mitglieder der Parteien sollten wir uns fragen, ob wir genügend unternommen haben, um den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, wie das funktioniert. Das müssen wir uns auf die eigenen Fahnen schreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir vor fünf Jahren übrigens gemacht. Damals sind wir herumgefahren und haben den Menschen erklärt, was Kumulieren und Panaschieren bedeutet. Herr Kaufmann hat in der Fraktionssitzung ein nettes Beispiel gebracht,das ich hier zum Besten geben will:Wenn Sie Ihren Videorekorder nur alle fünf Jahre programmieren, haben Sie nach fünf Jahren wieder vergessen, wie er programmiert werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wir sollten in einer ruhigeren Minute all das auswerten, was die Wahlen gebracht haben.Wir sollten keine Schnellschüsse machen, was das Wahlrecht und die Wahlbeteiligung angeht. Wir sollten auch im Innenausschuss einmal in aller Ruhe darüber diskutieren. Aber ich habe das Gefühl, dass hier wirklich nach dem Motto verfahren werden sollte: Die vertiefte Sachkenntnis verhindert die muntere Debatte. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Herr Innenminister, Herr Staatsminister Bouffier.