Sie müssen doch merken, dass es Unzufriedenheit gibt. Das müssen Sie nicht erst seit Limburg merken, sondern Sie müssen das anhand der Briefe merken, die von Eltern kommen, von Elternbeiräten und auch anhand der besorgten Äußerungen von Schulleitern.Das sollte uns doch zu denken geben. Das müssen wir doch ernst nehmen.
Natürlich schlägt sich das nicht unbedingt im Wahlergebnis nieder. Aber das schlägt sich z. B. in der Wahlbeteiligung nieder. Auch das müssen wir ernst nehmen, da zeigt sich Politikverdrossenheit.
Die breite Kritik am Einsatz von BAT-Kräften für den Regelunterricht seit der „Operation sichere Zukunft“ führt zu Protesten an allen Ecken und Enden. Sie haben diese Briefe auch selbst bekommen – dass in einer Grundschulklasse der vierte Klassenlehrer oder die vierte Klassenlehrerin unterrichtet.
Dann gibt es die landesweite Diskussion um Schulschließungen. Natürlich hat die sich nicht im Wahlergebnis niedergeschlagen, aber sie schafft Unruhe und Unzufriedenheit.
Des Weiteren die versprochenen, aber nicht haltbaren Garantieerklärungen zum Unterrichtsausfall. Auch das lässt das Vertrauen schrumpfen und die Kritik wachsen. Ich denke, das muss man ernst nehmen. Man kann den Eltern nicht einfach eine falsche Wahrnehmung unterstellen. Das ist einfach schlechter Stil. Ich muss Kritik ernst nehmen können und kann nicht einfach sagen, die reden über irgendetwas, was nicht existiert.
Von Anfang an haben wir vor dem Begriff „Unterrichtsgarantie“ gewarnt. Unterrichtsgarantie bedeutet für Eltern, dass jede Unterrichtsstunde auch wirklich als Unterricht nach der Stundentafel gehalten wird. So wird ein Garantiebegriff verstanden, und so ist er ursprünglich auch gemeint.
Bei Mangelfächern geht das aber nicht. Auch bei Krankheiten wie Grippewellen geht das nicht.Das kann man gar nicht realisieren. Deshalb ist es eine falsche Vorspiegelung, wenn ich diesen Begriff immer weiter verwende.
Der war falsch, das haben wir immer gesagt. Wir setzen uns nachdrücklich für eine verlässliche Schulzeit ein.
Das heißt, im Falle der Krankheit eines Lehrers darf kein Kind nach Hause geschickt werden, sondern es muss eine Betreuung oder aber eine Vertretungsstunde garantiert werden.
Das Konzept der „Unterrichtsgarantie plus“ ist der völlig richtige Ansatz – aber das ist der völlig falsche Begriff dafür. Denn er gaukelt den Eltern wieder etwas vor, was nicht einzulösen ist.
Die Vorgabe,ab dem dritten Tag Fachunterricht zu halten, ist überzogen, und in Mangelfächern ist sie nicht realisierbar.Wenn man dann den Schulen eine Jahresstundentafel in Aussicht stellt, um zu sagen: „Na ja, wenn ihr nicht heute und nicht in den nächsten Wochen Mathematik gebt, dann gebt ihr es halt in einem halben Jahr“, dann ist das aber keine Fachvertretung ab dem dritten Tag.
Die Eltern verstehen unter dieser Garantie,dass die Fachvertretung auch wirklich am dritten Tag in dem Fach stattfindet und eben nicht erst ein halbes Jahr später.
Die Vertretung an den Schulen sollte flexibel von Schule zu Schule nach dem regionalen Umfeld organisiert werden, d. h. eine Betreuung durch Eltern oder außerschulische Kräfte sollte in jedem Fall gesichert sein. Wenn die Schule z. B. in der Nähe einer Universität liegt, dann ist es ein Glücksfall, wenn die Fachvertretung durch Studierende oder eben durch Pensionäre, Rentner oder durch Frauen in Erziehungsurlaub stattfindet.Aber wichtig ist in erster Linie,dass es eine verlässliche Schulzeit ist und dass die Eltern das Gefühl haben, Schule findet statt und die Kinder werden unterrichtet.
Dieser Unterricht – das sage ich ganz deutlich – sollte von den Kritikern nicht als pädagogisch niveaulos abgewertet werden, sondern dieser Unterricht kann durchaus eine Bereicherung für den Schulalltag sein. Rot-Grün und vor allen Dingen auch die GEW reden das Konzept wegen der Einsatzmöglichkeit von Hilfspersonal bereits im Vorfeld schlecht und bremsen damit die Schulen in der Motivation, solche selbstständigen Vertretungskräfte zu suchen. Den Ausspruch „Wir wollen nicht Kreti und Pleti in der Schule haben“ halte ich wirklich für eine Unverschämtheit.
Die Personalräte und auch die Elternbeiräte sollten sich nun nicht durch die GEW und Rot-Grün beeinflussen lassen, sondern sie sollten das als ein Stück Freiheit für die Schulen nehmen, und sie sollten auch sehen, dass das ein Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit der Schule ist,der ja von Rot-Grün auch immer sehr unterstützt wird. Das Einstellen von Aushilfskräften und die Organisation von Unterrichtsausfall ist ein Stück Freiheit für die Schulen.
Ganz kurz noch – ich höre schon das Piepsen –: Zu klären sind aber noch bestimmte Fragen. Diese müssen sehr schnell geklärt werden, und da mahnen wir wirklich Eile an. Wo sind die Musterverträge für die Schulen für „Unterrichtsgarantie plus“? Werden es BAT-Verträge sein, werden es Honorarverträge sein? Was wird gemacht? Frau Wolff, Sie sagen, das ist für Sie beantwortet. Dann sagen Sie es aber doch bitte auch einmal ganz laut hier. Werden die Vertretungsverträge für jede einzelne
Vertretungssituation neu geschlossen, oder kann man sie über einen längeren Zeitraum schließen? Das sind die Kernfragen, die wirklich beantwortet werden müssen. Wenn Sie sie heute hier offiziell beantworten, ist das sehr erfreulich. Dann herrscht endlich einmal Klarheit.
Wir werden die Schulpolitik der CDU genauso, wie das die Eltern tun, an der Unterrichtsgarantie messen, und dieses Maßband wird vor der nächsten Landtagswahl angelegt werden.Wir werden sehen, wie die Wahl dann ausgeht.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wagner, nicht nur die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, sondern auch die Erinnerung ist dem Menschen zumutbar.
Zur Erinnerung gehört, dass die sozialdemokratische und die grüne Partei gemeinsam – Sie haben darauf dezent für Ihre zweite Legislaturperiode hingewiesen, dasselbe gilt für Ihre erste übrigens auch –,
(Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht! – Frank-Pe- ter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da wurden mehr Lehrerstellen geschaffen!)
durch Unterrichtsausfall, durch Kürzungen, durch Qualitätsverschlechterungen mit dem Ergebnis, dass wir bei PISA zur Kenntnis nehmen mussten, dass wir nicht nur leistungsmäßig schwach waren, sondern dass die sozialen Diskrepanzen in Hessen am allergrößten waren, und das in einem Land, das für sich in Anspruch genommen hat, dass es Bildungsgerechtigkeit produziert. Es hat das Gegenteil durch die Systemdebatte produziert, die wir hier in Hessen immer wieder führen mussten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie haben in einem ersten Schritt 10 % des Unterrichts aus der Stundentafel gestrichen. Sie haben in einem zweiten Schritt weitere 10 % durch die Schulleiterinnen und Schulleiter streichen lassen,weil sie zu wenig Lehrerinnen und Lehrer bekommen haben,und es gab in einem dritten Schritt noch 7 % krankheitsbedingte Unterrichtsausfälle, die Sie in Ihrer Regierungszeit immer auf 4 % beziffert und damit kleingerechnet haben, meine Damen und Herren.
Wir haben diese Herausforderungen, die wir übernommen haben, auf die 7 % des krankheitsbedingten Unterrichtsausfalls geschrumpft und haben damit genau das gemacht, was wir mit dem Begriff Unterrichtsgarantie versprochen haben.
Es gibt keine Kürzung der Stundentafel; sie ist erweitert worden. In den Stundenplänen steht korrekt das, was drinstehen muss, und die Stellen und das Geld werden dafür zugewiesen. Dies bestreitet niemand im Land seriös.
(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Außer den Eltern und den Schülern, sonst niemand!)
Da muss man nun in der Tat klar sagen: In den Stundenplänen steht das Notwendige drin. Es hat bis jetzt noch kein Mittel irgendeiner Gruppierung dazu geführt, dass kein Mensch im Schulbereich im Gegensatz zu allen anderen Bereichen in der Gesellschaft mehr krank wird.
Bei dieser Herausforderung sind wir jetzt auf der soliden Basis dessen, was bereits geleistet worden ist und was bundesweit eine riesengroße Anerkennung erreicht. Daran arbeiten wir zusätzlich mit dem jetzt beginnenden Projekt „Unterrichtsgarantie plus – für eine verlässliche Schule“. Meine Damen und Herren, dies erfordert erneut nach den 3.500 zusätzlichen Lehrerstellen und nach mittlerweile zusätzlichen 2.100 Referendarstellen einen Einsatz von insgesamt 30 Millionen c, die wir den Schulen zur Verfügung stellen, damit sie verlässliche Zeiten schaffen können, damit sie am Anfang Betreuung dort leisten können, wo man nicht von vornherein verlangen kann, dass es funktioniert, damit sie aber auch tatsächlich Unterricht in dem entsprechenden Fach oder in anderen Fächern durch Lehrkräfte anbieten können. In allen Schulen bis zur Klasse 10 wird dies so sein und ist von mir von vornherein so vertreten worden – mit klaren rechtlichen Rahmenbedingungen, die zum Teil auf dem Tisch liegen und konsequent den Schulen zur Verfügung gestellt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da aber kommen wir an eine entscheidende Frage in diesem Hause. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, wie konsequent, wie glaubwürdig wollen Sie eigentlich das, was wir vor zwei Monaten hier diskutiert haben, die Fragestellung eigenverantwortlicher Schule, tatsächlich diskutieren? Wie glaubwürdig soll die Eigenverantwortung und die Selbstständigkeit von Schule denn tatsächlich sein, wenn Sie beim ersten Testfall der Freiheit von Schule sofort sagen: „Nein, dieses Teufelswerk darf nicht sein; es wird Verantwortung verschoben, es wird Verantwortung verlagert“?