Protocol of the Session on March 30, 2006

Es ist sehr bezeichnend, dass das, was Sie vor drei Jahren als Ziel ausgegeben haben, kein einziges Mal in Ihrer Rede gefallen ist.Sie selbst reden nicht mehr von der Hessenpartei, und zwar aus gutem Grund.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Das steht in jeder Überschrift!)

Sie haben die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Gutes Zwischenzeugnis für die Landesregierung“ beantragt. Legen wir einmal die Prozentpunkte, die bei der Kommunalwahl hessenweit erreicht worden sind, neben das Ergebnis der Landtagswahl: CDU – Kommunalwahl im Vergleich zur Landtagswahl – minus 10,3, SPD plus 5,6, GRÜNE minus 0,9, FDP minus 2,1.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es! – Zurufe von der CDU)

Ich verstehe nicht, wie man sich hier hinstellen und sagen kann,das sei ein „gutes Zeugnis“ für die Landesregierung.

(Michael Boddenberg (CDU): Wir freuen uns darüber!)

Wenn Sie schon in Lagern denken und die rechte und linke Seite dieses Hauses nehmen, ist festzustellen: CDU und FDP haben zusammen 44,3 % und SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 43,9 %.

„Stärkste Kraft“ und ein „gutes Zwischenzeugnis“ sehen für eine Partei, die hier immer noch mit einer absoluten Mehrheit sitzt, doch ein wenig anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir sind froh darüber,dass wir deutlich drittstärkste Kraft in diesem Land sind.Wir sind nicht froh darüber, dass wir uns im Vergleich zur letzten Kommunalwahl nur um 0,1 % verbessert haben. Natürlich hätten wir gern die Zweistelligkeit erreicht. Deswegen ist dieses – –

Sie wollten „10 plus“ erreichen! – Das habe ich doch gerade gesagt, Herr Wagner. Herr Wagner, wenn Sie „10 plus x“ dazwischenrufen, obwohl ich gesagt habe, dass wir gerne mehr erreicht hätten, übersetzte ich Ihnen das für den Fall, dass Sie es nicht verstanden haben. Ich habe gesagt, wir hätten gern die Zweistelligkeit erreicht. Das bedeutet, wir hätten gern „10 plus x“ gehabt. Aus unserer Sicht ist es ein Ergebnis mit Licht und Schatten. Aus Sicht der SPD ist es im Vergleich zur Landtagswahl besser, im Vergleich zur Kommunalwahl sehr viel schlechter. Daran muss noch gearbeitet werden.Aus Sicht der FDP ist es wohl ebenso durchwachsen, wenn Sie das Ergebnis mit der Landtagswahl vergleichen. Deshalb sage ich: Es wäre uns besser angestanden, wenn wir uns mehr mit der Frage auseinander gesetzt hätten, warum wir ein solches Ergebnis bei der Wahlbeteiligung haben. Wenn man die 38,5 %, die die CDU erreicht hat, mit Blick auf die Wahlbeteiligung betrachtet, ist festzustellen, dass es in diesem Land eigentlich überhaupt keine stärkste Kraft mehr gibt. Deswegen sollten wir uns alle Gedanken darüber machen, was der Grund für die schlechte Wahlbeteiligung ist und wie wir alle eine bessere Politik machen können. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Al-Wazir, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wir sollten nicht versuchen, den Wahlkampf künstlich zu verlängern, wie Sie es getan haben, Herr Boddenberg. Die Kommunalwahl war am letzten Sonntag. Nach menschlichem Ermessen wird die nächste Landtagswahl in zwei Jahren stattfinden.Was dann herauskommt, das haben Sie selber zutreffend gesagt, werden wir an diesem Tag sehen. Mehrheitsverhältnisse müssen nämlich immer wieder neu erstritten werden. Das gilt insbesondere für diejenigen, die bei der Landtagswahl eine absolute Mehrheit erzielt haben, diese jedoch bei keiner Wahl danach je wieder abgebildet bekommen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Hahn,Vorsitzender der FDPFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Zuge der Ernennung des neuen Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten,Volker Hoff, am Dienstag eine Debatte ähnlichen Stils geführt, sodass ich in einem Punkt Tarek Al-Wazir Recht gebe:Es hätte nicht sein müssen, dass wir das heute Morgen noch einmal tun. Wir können es aber gerne noch einmal tun,wenn es gewünscht ist.

Herr Al-Wazir, an einem anderen Punkt bin ich nicht Ihrer Meinung. Für die FDP ist dieses Kommunalwahlergebnis ein gutes Ergebnis.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben uns gesteigert. Wir machen nämlich nicht den Fehler, den andere machen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wir vergleichen auch keine Meinungsumfragen mit Wahlergebnissen, wie es der Generalsekretär der sozialdemokratischen Partei getan hat. Wir vergleichen die Ergebnisse der Kommunalwahl auch nicht mit denen der Landtagswahl. Wir vergleichen die Ergebnisse der Kommunalwahl nicht einmal mit denen der Europawahl, obwohl wir das als FDP noch am ehesten tun könnten, sondern wir vergleichen Kommunalwahlen mit Kommunalwahlen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin froh darüber, dass die Wahlergebnisse der FDP in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Ich gebe zu, wir waren zu Beginn der Neunzigerjahre auf kommunalpolitischer Ebene ein bisschen dünn vertreten. Ich habe das sehr diplomatisch ausgedrückt.

(Heiterkeit)

Wir waren in den Kommunalparlamenten zu diesem Zeitpunkt schlecht vertreten. Das hat sich durch die letzte Kommunalwahl – unter der Leitung von Ruth Wagner als Landesvorsitzender – und durch die jetzige Kommunalwahl gravierend geändert.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind jetzt in allen Kreistagen und in den Parlamenten aller kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte vertreten. Wir haben im Land Hessen einen Abdeckungsgrad von ungefähr 80 % erreicht.Wir haben das Wahlziel herausgegeben, dass die Zahl der Mandatsträger um 20 bis 25 % erhöht wird.Wir haben die Zahl der Mandatsträger durch das Votum der Wählerinnen und Wähler – vielen Dank an die Wählerinnen und Wähler – am Sonntag um ca. 15 % erhöhen können.

(Beifall bei der FDP)

Das ist ein Erfolg. Den lasse ich mir nicht klein reden, Herr Al-Wazir. Sie wissen genau, darüber können wir uns gerne unterhalten, dass die Listen des Statistischen Landesamts so nicht richtig sind. Sie sind deshalb nicht richtig – das trifft die GRÜNEN genauso wie die FDP –, weil die Stimmen für eine Vielzahl von Listen, die wir gemeinsam mit freien, unabhängigen Bürgervereinigungen vor Ort aufstellen, nicht bei unseren Parteien gebucht werden,nicht bei der Liste 3,den GRÜNEN,und nicht bei der Liste 4, der FDP. Das gibt es bei euch von der CDU nicht, lieber Gottfried Milde. Das ist der Unterschied.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In dem Kreisverband, aus dem ich komme, der Wetterau, gibt es in zwei nicht unbedeutenden Städten Listenverbindungen der FDP mit den Freien Wählergemeinschaften. Eine Listenverbindung in Büdingen – das wird der Kollege Becker sehr ungern hören – hat 30,3 % der Stimmen erreicht. 15 % davon sind also für die FDP zu buchen.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich haben wir dort auch Abgeordnetenmandate bekommen, Herr Kollege Al-Wazir, und deshalb stimmt die Rechnung in der Form, wie ich es eben dargestellt habe.

(Norbert Schmitt (SPD): Das war eine Milchmädchenrechnung!)

Lassen Sie mich deshalb für die Liberalen sagen:Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Wir sind auch deshalb

mit dem Ergebnis sehr zufrieden, weil wir sehen, dass wir in Hessen in Kontinuität wachsen.Wir haben nicht nur bei der Landtagswahl erfolgreich zugelegt – von 5,1 auf 7,9 %. Wir haben danach bei der Europawahl erheblich zugelegt,und wir haben bei der Bundestagswahl erheblich zugelegt. Das macht mich doch ein bisschen mutiger, zu sagen: Ich stimme Norbert Schmitt zu, dass es im Jahre 2008 eine neue Regierung in Hessen geben wird,und zwar eine Regierung unter Beteiligung der FDP.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Wolff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hubertus Heil, der Generalsekretär der SPD, hat kurz vor der Wahl gesagt: „Wir wollen beweisen, dass die Serie verlorener Landtagswahlen für die SPD vorbei ist und wir wieder Land gewinnen.“ Meine Damen und Herren, der in dieser Aussage formulierte Wunsch ist nicht vollständig eingetreten. Es stellt sich die Frage, wer diese Wahl zu einem landespolitisch relevanten Datum gemacht hat und wer sie zum Zeichen für das Vorhandensein einer Wechselstimmung mit Blick auf die Landtagswahl machen wollte.

Die Wahrheit ist doch, dass Sie bei den Vergleichen zwischen den Ergebnissen von Landtagswahlen, Kommunalwahlen und Umfragen,die Sie immer gerne zitieren,übersehen, dass die CDU dasselbe Ergebnis wie bei den Umfragen vor der Kommunalwahl erzielt hat, während die SPD gegenüber den Umfrageergebnissen 4 Prozentpunkte verloren hat. Auch das ist keine schlechte Ausgangsbasis für unsere Politik.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesvorsitzende der SPD, Frau Ypsilanti, hat gesagt: „Wir wollen mit unseren Inhalten – Familie, Bildung und Soziales – unsere Stellung ausbauen.“ Meine Damen und Herren, von einem „Ausbau“ kann keine Rede sein. Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande haben in diesen Feldern der sozialdemokratischen Partei keine Kompetenz zugewiesen. Dieses wird sich auch so fortsetzen.

Nach der Wahl hat Frau Ypsilanti gesagt: „Uns haben die Mobilisierungsthemen gefehlt.“ Meine Damen und Herren, diese Themen werden Ihnen auch weiterhin fehlen. Man hat es doch mit ganz vielen landespolitischen Fragestellungen versucht. Man hat es mit dem Thema Flughafenausbau versucht. Man hat es mit dem Thema Flughafen Kassel-Calden versucht. Man hat es mit dem Thema Privatisierung des Klinikums Gießen/Marburg versucht. Man hat es mit Schulfragen versucht. Man hat es mit der Frage der Laufzeit des Kernkraftwerks in Biblis versucht. Man hat es mit dem Thema Kellereineubau im Rheingau versucht.Man hat es mit dem Thema Sparkassen versucht. Man hat also mit vielen landespolitischen Themen versucht, die Menschen zu mobilisieren. Man hat kampagnenartig gehandelt. Man hat Plakate gedruckt, die mit „Hände weg von...“ überschrieben waren. Man hat versucht, auf diese Weise die Menschen landespolitisch zu mobilisieren, die eigenen kommunalpolitischen Defizite

zu überkleistern und die Menschen gegen diese Landesregierung in Stellung zu bringen. Meine Damen und Herren, das ist schief gelaufen. Das ist an keiner Stelle gelungen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Was das Thema Kernkraftwerke angeht, hat der Herr Ministerpräsident am Dienstag die Zahlen schon genannt. Herr Boddenberg hat das Wahlergebnis in Biblis nochmals zitiert.

(Norbert Schmitt (SPD): In der Nachbargemeinde gab es eine absolute Mehrheit für die SPD! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das Gleiche gilt für das Interview mit dem Kollegen Walter, der auf die Kernkraft hingewiesen hat und die Ergebnisse aus Biblis zur Kenntnis nehmen musste.Das Gleiche gilt für den Flughafen. Nehmen wir doch die Wahlergebnisse der GRÜNEN in den Gemeinden rund um den Flughafen ein bisschen in den Blick.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ex-Kreisvorsitzende, warum hat die Darmstädter CDU über 4 % verloren?)

Ich bin gerade beim Thema Flughafen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Staatsministerin Wolff. Ich bitte Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit. Wenn jemand eine Zwischenfrage hat, dann soll er sich melden. Dann werden wir entscheiden, ob er sie stellen kann.

Die Fragestellung ist, Herr Kollege Al-Wazir: Warum haben die GRÜNEN in Bischofsheim, in Büttelborn, in Darmstadt, in Dietzenbach, in Flörsheim, in GinsheimGustavsburg, in Groß-Gerau, in Heusenstamm, in Offenbach und in vielen anderen Gemeinden Stimmen verloren? In all diesen Kommunen haben die GRÜNEN mit ihren Themen die Wählerinnen und Wähler nicht mobilisieren können.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben in Darmstadt weniger Stimmen verloren als Sie! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)