Protocol of the Session on March 29, 2006

besetzen sind. Die Leute gehen aber nicht in solche Jobs, weil der Anreiz offensichtlich nicht groß genug ist.

Das zweite Problem, das wir haben, betrifft meines Erachtens die Niedriglohnjobs selbst. Wir haben es in Deutschland bisher nicht geschafft, einen adäquaten Niedriglohnsektor einzuführen – mit Tätigkeiten, die überall anfallen. Vor dem Beispiel, das der Hessische Ministerpräsident immer erwähnt, können Sie sich nicht verstecken, Frau Kollegin Fuhrmann. Es ist wirtschaftliche Realität, dass wir immer noch Krabben zum Pulen in andere Länder fliegen,weil das Pulen dort günstiger ist als in Deutschland.

(Petra Fuhrmann (SPD): Den Niedriglohnsektor muss man nicht einführen, der ist schon Realität! – Norbert Schmitt (SPD): Fangen Sie an mit dem Pulen!)

Das ist ein Beispiel aus der deutschen Realität. Daher wundert es mich, dass Sie diesen Bereich immer noch nicht anerkennen wollen.

Ich komme konkret auf Ihre Anträge zu sprechen. Der Kollege von der Fraktion der CDU hat gerade sehr klar gesagt, warum Ihre Anträge keinen Sinn machen. Sie haben nämlich Rechts- und Fachaufsicht verwechselt.Sie gehen mit dem erhobenen Zeigefinger in die Diskussion und sagen: Das Ministerium muss eingreifen, weil verschiedene Voraussetzungen nicht erfüllt sind. – Da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Bocklet. Es gibt verschiedene Beispiele, wo bestimmte Kommunen bisher nicht genug getan haben, obwohl man von ihnen mehr verlangen kann. Das betrifft die Frage der Betreuungsschlüssel, die Frage der Abrufung von Mitteln, die Frage, wie Kontakt zur Wirtschaft aufgebaut wird, wie man Leute in Arbeit bringen kann. Das ist keine Frage. Da gibt es Defizite. Das ist unbestritten. Darauf aber zu sagen, das Ministerium müsse mit erhobenem Zeigefinger durch Hessen laufen, das kann schon rechtlich nicht funktionieren.

(Petra Fuhrmann (SPD): Die Frau Ministerin macht doch eine Runde nach der anderen!)

Es gibt in Hessen eine gesunde Konkurrenz, einen Wettbewerb zwischen Optionskommunen und Arbeitsgemeinschaften. Das haben wir als FDP immer gewollt. Das wollte auch die Landesregierung. Wir hätten uns zwar auch ein bisschen mehr vorstellen können, aber diese Situation ist eben zurzeit gegeben.

Wir haben aber immer gesagt, wir sind der Meinung, dass die Optionsidee besser ist als die Idee der Arbeitsgemeinschaften. Das können Sie immer wieder nachprüfen. Wenn Sie sich nämlich mit den Arbeitsgemeinschaften unterhalten, dann wird Ihnen das Problem dargestellt, dass die Bundesagentur in keiner Weise flexibel ist. Das, was vor Ort passiert, wird von Nürnberg aus vorgegeben. Man ist also nicht in der Lage, flexibel auf die Situation vor Ort zu reagieren.Insofern ist die BA in der jetzigen Situation nicht der richtige Ansprechpartner für eine flexible Arbeitsmarktpolitik.

Insofern ist für uns klar: Die Optionsidee ist die bessere Idee, weil sie flexibel auf die Situation vor Ort eingehen kann. Die Optionsidee ist auch deshalb besser, weil es endlich einmal einen Kontakt zwischen den Jobcentern auf der einen Seite, also der öffentlichen Hand, und der Wirtschaft auf der anderen Seite gibt, was die Bundesagentur in all der Zeit nicht geschafft hat. Das muss man ganz klar feststellen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rentsch, Sie müssten zum Schluss kommen.

Ich bin sofort fertig, Herr Präsident, auch ohne die zwei Fuhrmann-Minuten.

Es waren keine zwei Minuten, um das festzuhalten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es waren drei Minuten!)

Herr Kollege Bocklet,Frau Kollegin Fuhrmann,den Tanz, den Sie hier aufführen, kann ich nicht verstehen. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind bis September letzten Jahres in der Bundespolitik verantwortlich gewesen. Es wäre schön gewesen, von Ihnen derart markige Sprüche von dieser Stelle aus zu hören, als Sie noch die Regierungsverantwortung in Berlin innehatten.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): So markig waren sie auch wieder nicht!)

Vielen Dank, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung ergreift Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dieses Thema durchaus schon öfter in diesem Hause diskutiert. Aus verschiedenen Beiträgen wurde deutlich: Inzwischen streiten wir nicht mehr um die Organisationsform. Sie wissen, welche Organisationsform wir immer für die richtige gehalten haben. Selbstverständlich ist es auch so, dass das Gesetz überall umzusetzen ist.

Meine Damen und Herren von der Opposition, vor allem von Rot und Grün, Sie müssen sich durchaus entscheiden, wie man es umsetzen kann. Frau Fuhrmann, Sie beschweren sich, ich würde zu viele Leute einladen. Herr Bocklet sagt, ich würde zu wenige einladen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich will sehr deutlich sagen: Wir arbeiten sowohl mit den optierenden Kommunen als auch mit den Arbeitsgemeinschaften sehr eng zusammen, auch mit der Regionaldirektion vor Ort, weil es uns natürlich darum geht, Transparenz herzustellen, weil es darum geht, das die für die Eingliederung vorhandenen Mittel auch abgerufen werden. Da lässt sich aber nichts daran deuteln, dass ein enormer Nachbesserungsbedarf bei diesem Gesetz nach wie vor vorhanden ist.

Wir haben schon im vergangenen Jahr als Hessische Landesregierung hierzu Vorschläge im Bundesrat unterbreitet. Dabei ging es nicht um die Frage, Herr Kollege Bocklet, ob wir fördern oder fordern, sondern beides gehört nach wie vor zusammen. Es muss nur so umgesetzt werden, dass es in den Arbeitsgemeinschaften und in den optierenden Kommunen tatsächlich handhabbar wird. Ich nenne beispielhaft den Datenabgleich, wo wir in Hessen als Erste einheitliche Standards mit der Bundesagentur

und den optierenden Kommunen vereinbart haben, sodass zum Schluss Transparenz und Vergleichbarkeit bei all den Problemen entstehen, die in der Datenweiterleitung nach wie vor vorhanden sind, weil die unterschiedliche Systeme nicht kompatibel sind und erst angeglichen werden müssen. Das ist der eine Teilbereich.

Fördern und Fordern gehören nach wie vor zusammen, aber wir haben einen Nachbesserungsbedarf bei diesem Gesetz. Ich glaube, der Kollege Schmitt von der SPDFraktion, der anwesend war, als der Kollege Müntefering in der Rhein-Neckar-Region zu diesem Thema gesprochen hat – –

(Zurufe)

Er war nicht da? Das ist schade. Ich habe gehofft, er hätte vom zuständigen Minister mit eigenen Ohren gehört, dass ein Optimierungsgesetz, wie wir es vereinbart haben, auf den Weg gebracht wird, das genau die Punkte, die wir bereits im vergangenen Jahr besprochen hatten, behandelt, um tatsächlich Vereinbarungen vor Ort zu erzielen.

Herr Kollege Bocklet, eines kann man so nicht stehen lassen, wenn Sie über Aufsichtsfunktionen sprechen. Man kann darüber diskutieren, welche Möglichkeiten man hat, öfter mit Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaften und der optierenden Kommunen zu sprechen und auf die Probleme hinzuweisen. Sie werden aber keine Landesregierung finden, die das in dem Umfang tut wie die Hessische Landesregierung. Die Landesregierung kann aber nicht in ihrer Funktion als Fachaufsichtsbehörde eingreifen.Das ist – an manchen Stellen muss ich durchaus sagen: leider – nicht der Fall. Wir können nicht alles anfordern, und es ist nach wie vor so – das haben Sie in den Bundesgesetzen so festgeschrieben –, dass wir dort an vielen Stellen keine Eingriffsmöglichkeiten haben, weder bei den Arbeitsgemeinschaften noch bei den optierenden Kommunen, sondern auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit angewiesen sind.

Die Rechtsaufsicht ist das eine. Im Rahmen der Rechtsaufsicht kann ich über die Organisationsform und vieles mehr sprechen, nicht aber über das eigentliche Tagesgeschäft. Deswegen vereinbaren wir dort für das eigentliche Tagesgeschäft in regelmäßigen Abständen Gespräche über die Umsetzung. Wir prüfen, wie das tatsächlich bei der Eingliederung gemacht wird, und wir legen sehr großen Wert darauf, dass tatsächlich gefördert und gefordert wird. Nach wie vor gehört beides ganz eng zusammen. Denn selbstverständlich muss auch das Fordern – das noch ins Bundesgesetz aufgenommen wird – an einigen Stellen noch verbessert werden.

Denn es kann nicht sein, dass bestimmte Datenabgleiche mit Rentenversicherungsträgern dort nicht stattfinden dürfen.Das ist genauso notwendig,um Missbrauch zu verhindern, wie es an anderen Stellen notwendig ist, dass jungen Menschen tatsächlich zeitnah ein Angebot gemacht wird.

Bei diesen Dingen ziehen wir hoffentlich gemeinsam an einem Strang, damit jetzt, nach einem Jahr, vor Ort tatsächlich die Eingliederungsleistungen so angeboten werden, dass die Mittel nicht wieder zurückgegeben werden müssen.

Aber ich will auch sehr deutlich machen – denn Frau Kollegin Fuhrmann hat das angesprochen –: Es geht auch darum, dass die Mittel vernünftig eingesetzt

(Petra Fuhrmann (SPD):Aber natürlich!)

und mit einer vernünftigen Eingliederungsvereinbarung untermauert werden, anstatt einfach abgerufen zu werden. Das ist nicht Sinn der Sache.

(Petra Fuhrmann (SPD):Aber das wird noch Jahre dauern!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Landesregierung unterstützen wir im Übrigen diesen Bereich noch weiter mit Programmen, z. B. für schwer vermittelbare junge Menschen in Ausbildung. Dafür haben wir den Kommunen Mittel zugewiesen, die sie selbst direkt für Eingliederungsmaßnahmen einsetzen können, damit sie dort Gestaltungsmöglichkeiten haben. Ich sehe, das ist kein einfacher Weg. Aber in Hessen sind wir mit den Kommunen durchaus auf einem guten Weg – was nicht heißt, dass in Zukunft nicht noch Nachbesserungen notwendig werden. Aber es wäre sinnvoll, wenn Sie dann auch bei der Bundesgesetzgebung so mitwirkten, damit das zum Schluss so administrierbar ist, dass es funktioniert.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann ist unsere Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 7 und 13 beendet.

Beide Anträge sollen dem Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch, dann ist das so entschieden.

Ich darf Sie in die Mittagspause entlassen.Wir treffen uns um 15 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 13.02 bis 15.02 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum zweiten Teil der heutigen Veranstaltung.Wir starten – –

(Reinhard Kahl (SPD): Etwas langsamer! Unser Fraktionsvorsitzender ist noch nicht da!)

Langsamer? – Ah ja, in Ordnung. Dann rufe ich den Punkt sehr langsam auf,Tagesordnungspunkt 11.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt aber noch neue Anträge, die wir zuerst aufrufen müssen!)

Wollen wir die zuerst aufrufen?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, denn einer von denen gehört noch zu diesem Tagesordnungspunkt!)

Bei mir liegt noch nichts auf dem Tisch. – Ah, mein Nachbar hat etwas.

Ich rufe zuerst Tagesordnungspunkt 11 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend keine Zerschlagung der Sparkassenlandschaft in Hessen – Drucks. 16/4870 –

Dazu Tagesordnungspunkt 79:

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend zurück zur Sachlichkeit bei der Zukunftssicherung der hes