Protocol of the Session on January 25, 2006

Acht Jahre Aufenthaltsbefugnis und Aufenthaltsgenehmigung – das heißt, wir reden nicht über die einreisenden Terroristen, die an der Grenze gefragt werden, sondern wir reden über Menschen, die im Regelfall mindestens acht Jahre mit einer Aufenthaltsgenehmigung in diesem Land leben.

Zweite Voraussetzung: Unterhaltsfähigkeit. Das bedeutet im Wesentlichen, keine Sozialhilfe, sondern das Leisten des eigenen Unterhalts durch eigene Arbeit.

Dritte Voraussetzung – das ist die, um die wir einmal sehr gestritten haben –: Verlust oder Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Das heißt, im Regelfall müssen diejenigen, die in Deutschland eingebürgert werden wollen, ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben oder zurückgeben.

Vierte Voraussetzung: Straffreiheit. Diejenigen, die in Deutschland eingebürgert werden wollen – ich erinnere an die acht Jahre gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Lande –, dürfen sich keiner relevanten Straftat schuldig gemacht haben. Nebenbei, die Straftat muss nicht in Deutschland begangen sein. Wir sind da relativ scharf. Deswegen bin ich erstaunt, dass die GRÜNEN bei allem mitgemacht haben, was wir bei den Einbürgerungsregeln haben. Es reicht auch, dass der Einbürgerungswillige eine Straftat in seinem Heimatland begangen hat, sofern diese Straftat auch in Deutschland unter Strafe gestellt wäre.

Fünfte Voraussetzung – ich komme zu § 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes – sind die deutschen Sprachkenntnisse.Nicht ausreichende deutsche Sprachkenntnisse werden als Ausschlussgrund in § 11 normiert: „Ein Anspruch auf Einbürgerung... besteht nicht,... wenn der Ausländer nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt“. – Herr Minister des Innern, jetzt komme ich zu dem, wie es in Hessen aussieht. Diese Sprachkenntnisse sind jenseits von diesem ganzen Gedöns, über das hier teilweise geredet wird, die eigentliche schwierige Schranke für die Einbürgerung.

Da ist das Land Hessen unter dem Innenminister Volker Bouffier erstaunlich liberal, denn in Hessen gibt es seit dem 25. Juni 2001 – wie in anderen Bundesländern auch – eine vom Hessischen Minister des Innern erlassene Verwaltungsvorschrift über das Verfahren bei Anspruchsund Ermessenseinbürgerungen. Nach dieser Verfahrensvorschrift sind Sprachkenntnisse schriftlich nicht zwangsläufig vorgesehen.

Herr Minister des Innern, der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat deshalb Ihre Vorschrift vom 25.Juni 2001 mit Urteil vom 19.August 2002 für rechtswidrig erklärt:

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Verwaltungsvorschriften eines Landes, die eine schriftliche Sprachprüfung bei Einbürgerungsbewerbern... nicht vorsehen, sind mit dem Bundesrecht nicht vereinbar.

Entgegen den in Hessen geltenden verwaltungsinternen Regelungen darf grundsätzlich weder für den Einbürgerungsanspruch noch für die Ermessenseinbürgerung... auf den Nachweis der Fähigkeit, Deutsch zu schreiben, verzichtet werden.

Meine Damen und Herren, diese Verwaltungsvorschrift des Hessischen Ministers des Innern, die von unserem höchsten Verwaltungsgericht für rechtswidrig bezeichnet wurde, existiert unverändert in diesem Bundesland Hessen.

(Zurufe von der SPD)

Deswegen, Herr Fraktionsvorsitzender Kollege Dr. Wagner, wenn Sie kritisieren, dass wir Probleme haben, dann kritisieren Sie einmal die harten Punkte. Ihr guter Herr Minister hat dieses Ding immer noch nicht geändert.

(Beifall bei der SPD)

Sechste Voraussetzung:keine verfassungsfeindlichen oder extremistischen Bestrebungen – ebenfalls § 11 Staatsan

gehörigkeitsgesetz. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden hier nicht über Verurteilungen wegen Straftaten. Es reichen bereits tatsächliche Anhaltspunkte für terroristische Bestrebungen bzw.für Kontakte mit entsprechenden Vereinigungen. Da die jeweilige Behörde dies nicht weiß, ist in § 37 Abs. 2 dieses Gesetzes normiert worden, die Regelanfrage bei dem Landeskriminalamt und bei den Verfassungsschutzämtern zu stellen.

In jedem Einzelfall gibt das Regierungspräsidium als zuständige Behörde die Akte des Einbürgerungswilligen an die Verfassungsschutzbehörden mit der so genannten Regelanfrage. In dieser Regelanfrage wird beispielsweise – das sind vor Gericht die strittigen Bereiche – die PKKMitgliedschaft zurückgemeldet.Allein die PKK-Mitgliedschaft führt zu großen Problemen, was die Einbürgerung angeht, aber natürlich auch Kontakte zu islamistischen Gruppen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Verurteilung ist Voraussetzung, sondern lediglich konkrete Anhaltspunkte für Kontakte. Wie gesagt, bin ich erstaunt, dass die GRÜNEN bei alldem mitgemacht haben. Das, worüber ich hier rede, ist nicht irgendein Brimborium, sondern in diesem Lande Rechtslage.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann kommen wir zu dem Punkt, um den es hier eigentlich geht, die erste Voraussetzung nach § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz,nämlich das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Herr Wagner, Sie tun gerade so, als wären Sie dafür und wir anderen dagegen. Natürlich sind auch wir der Auffassung, ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung muss bei den entsprechenden Personen erfolgen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht darum, wie ich möglicherweise denjenigen entlarven kann, der dieses Bekenntnis nicht ablegt. Jetzt einmal vergegenwärtigt, über welchen Personenkreis wir reden, der acht Jahre in Deutschland ist – glauben Sie wirklich, wenn Sie die Personen fragen, die in diesem Fragenkatalog der Baden-Württemberger stehen – – Darin sind ein paar ganz „gute“ Fragen, z. B. wurde die Homosexualität angesprochen. Der Papst, der deutschstämmig ist, würde nach dem Baden-Württemberger Fragebogen nicht eingebürgert, denn er müsste diese Fragen anders beantworten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die werden relativ schnell veröffentlicht. Diejenigen, die sich an der Stelle einschleichen wollen und meinen: „Wir wollen das alles mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht, wir haben acht Jahre rechtmäßig in diesem Land gelebt und gucken jetzt, wie wir hier hinein können“, würden Sie an dieser Stelle relativ wenig erwischen können. Die würden die Antworten vorbereiten, wie das bei anderen Tests genauso war.

Jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Punkt der Debatte. Was Sie hier tun, ist nicht nur ein Misstrauensbekenntnis gegen Ihren Innenminister. Ist irgendetwas in der Zwischenzeit passiert?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielmehr ist es doch so: In den Ämtern sitzen Beamte, die diese Gespräche führen. Sie zeichnen hier das Bild, dass das alles völlige Idioten seien, die überhaupt keine Ahnung davon hätten, ob

man da einmal nachfragen müsse. Die Praxis sieht aber so aus: Die Einbürgerungswilligen müssen mindestens zwei Gespräche führen.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Sie müssen mindestens zwei Gespräche führen. Bereits in dem ersten Gespräch wird auf die Bedeutung dieser Loyalitätserklärung eingegangen. Das muss so sein. Da wird zu den Fragen berichtet:Was bedeutet das, dass wir einen demokratischen Staat haben? Welche Bedeutung hat es, dieser Staatsform zuzustimmen? Welche Werte sind damit verbunden?

Ich glaube,dass jemand,der unsere Grundsätze nicht teilt, in einem Gespräch eher zu entlarven ist, als wenn er die Frage: „Lehnen Sie unsere Verfassung ab?“, mit Ja oder Nein beantwortet.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Praxis in diesem Land ist besser, als Sie sie darstellen. Das ist so, obwohl Sie die Regierung dieses Landes stellen.

Mit der von Ihnen begonnenen Debatte erschweren Sie die Arbeit. Sie schüren die Vorurteile. Herr Kollege Wagner,Ihnen geht es nicht um das,was Sie hier angesprochen haben. Vielmehr geht es Ihnen auf der Metaebene um Vorurteile gegen Ausländer, und zwar um Vorurteile gegen eine bestimmte Gruppe Ausländer.

Dieses Thema wird jetzt nicht zufällig diskutiert, sondern dass es jetzt diskutiert wird, hat sehr viel mit den Wahlen zu tun, die im März 2006 stattfinden werden. Ihre Freunde in Baden-Württemberg haben ähnliche Probleme. Dann sind sie auf dieses Thema gestoßen. Sie sind dankbar, dass man Ihnen eine Vorlage geliefert hat.

Ich sage Ihnen dazu: Mich erinnert das Ganze schon ein bisschen an andere Situationen. Die Situationen sind ein wenig vergleichbar. Sie haben in Hessen nämlich ein riesengroßes Problem: Sie haben in Hessen wenig Positives vorzuweisen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU)

In Hessen ist die Arbeitslosenquote höher als in Rheinland-Pfalz. Es tut Ihnen immer weh, wenn Ihnen das gesagt wird. Die Schulden steigen. Das wollte ich als Nächstes sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ihr Ministerpräsident hat seinen Zenit überschritten. Sie haben die Hypothek, dass es im letzten Jahr zu vielen schmerzhaften Niederlagen bei kommunalen Direktwahlen für Sie gekommen ist. Vor Ort ist Ihre Partei zerstritten. In diesem Zusammenhang möchte ich herzliche Grüße nach Bad Homburg und Kassel richten.

Sie haben Angst vor einer weiteren Wahlniederlage. Deshalb diskutieren Sie heute in dieser Form über dieses Thema. Das ist der einzige Grund. Das ist schäbig, auch gegenüber den Mitarbeitern, die in der Verwaltung unseres Bundeslandes Hessen tätig sind. – Ich danke Ihnen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Walter, vielen Dank. – Als Nächster erhält Herr Hahn für die FDP-Fraktion das Wort.

(Norbert Schmitt (SPD): Schließ dich einfach den Worten des Jürgen an!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion des Hessischen Landtags ist sehr dankbar, dass wir uns heute über die Themen Staatsangehörigkeit, Einbürgerungsverfahren, vielleicht auch über das Thema Patriotismus hinsichtlich der Verfassung und alles, was damit zusammenhängt, unterhalten.

Ich darf darauf hinweisen und daran erinnern, dass es zwei sehr kämpferische Liberale gewesen sind, die, beginnend in den Achtzigerjahren, als Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Deutschlands dafür geworben haben, dass man Deutschland als weltoffenes und tolerantes Land darstellt, dass man auf der anderen Seite aber nicht einer Multikulti-Kultur hinterherlaufen soll.Vielmehr gilt für alle, die deutsche Staatsbürger sind oder werden wollen, dass sie Patriotismus hinsichtlich ihrer Verfassung haben müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das waren die Ausländerbeauftragten Frau Liselotte Funcke und Frau Cornelia Schmalz-Jacobsen.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe das sehr bewusst gesagt, denn ich wollte in Erinnerung rufen, dass wir Liberale es sind – und zwar nur wir Liberale –, die in den letzten 20 Jahren eine konsequente Politik zu diesem Themenbereich vorweisen können.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Al-Wazir hat in beredter Art, aber in einem Punkt in parlamentarisch nicht akzeptierbarer Form hier etwas vorgetragen.