Er hat gesagt: „In dubio pro libertate.“ Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal vorstellen. Er hat gesagt: Im Zweifel für die Freiheit. – Wessen Freiheit? Im Zweifel für die Freiheit von möglicherweise kriminellen Ausländern zulasten unseres Staates in Deutschland. Das war Ihre Interessen- und Güterabwägung.
Meine Damen und Herren, beim heutigen Thema liegt dasselbe Staatsverständnis der GRÜNEN zugrunde. Sie wollen mehr das Interesse der einbürgerungswilligen Ausländer zur Geltung bringen als das Gesamtinteresse unseres deutschen Staates.
Das unterscheidet uns im Grundansatz, im Fundament von Ihnen schon seit Jahren und heute bei diesem Thema ebenfalls.
Da will ich Sie einmal etwas fragen, Herr Al-Wazir. Sie brachten es, glaube ich, schon im Innenausschuss, aber Sie haben es heute wieder vorgetragen. Sie haben gesagt, die Vergewaltigung in der Ehe sei in Deutschland auch erst seit einigen wenigen Jahren strafbar. Was wollten Sie eigentlich intellektuell damit sagen? Wollten Sie sozusagen um Verständnis für die Bürger solcher Staaten werben, bei denen dies noch nicht strafbar ist?
Ich entgegne Ihnen:Wir verlangen von einbürgerungswilligen Ausländern, dass sie alle deutschen Gesetze, die alten und die neuen, beachten
und wir hier nicht sozusagen eine zeitliche Relativierung der Gültigkeit von Gesetzen einführen, um auf diese Art und Weise einbürgerungswillige Ausländer noch zu entlasten. Das ist genau die falsche Denke, die ich den GRÜNEN seit Jahr und Tag bei solchen Themen, wenn es um das Interesse unseres Staates geht, vorhalte.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen einzigen Gedanken kurz äußern.Meine Damen und Herren,was wir nicht akzeptieren dürfen – ich höre in dieser Diskussion zuweilen entsprechende Töne –, ist, dass die Einbürgerung sozusagen ein Instrument der Integration sei. Dies halte ich im Grundsatz für völlig falsch.
Meine Auffassung und die Auffassung der CDU-Fraktion ist, dass wir als Deutsche unseren Beitrag zur Integration leisten müssen. Meine Auffassung ist aber auch, dass Integration keine Einbahnstraße ist, sondern dass Integration auch von denjenigen, die dauerhaft hier leben wollen, betrieben werden muss. Erst am Ende dieses Integrationsprozesses kann und darf die Einbürgerung stehen und nicht etwa am Anfang.
Da gibt es im Übrigen auch ein ziemlich aktuelles Beispiel. Ein nicht geringer Teil der gewalttätigen jugendlichen Franzosen sind längst französische Staatsbürger. Diese Jugendlichen sind aber nie richtig integriert worden.Also auch damit wird bereits belegt, dass das, was ich hier vorgetragen habe, richtig ist.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist zum Schluss meine Vorstellung, was die Integration angeht, folgende: Der Türke mit deutschem Pass muss Vergangenheit sein. Zukünftig muss es der Deutsche türkischer Abstammung sein, der bei uns lebt. Das ist die Sprachregelung, auf die wir Wert legen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wagner, jeder, der nicht böswillig war, hat verstanden, was ich mit dem Beispiel in Bezug auf das, was ab 1. Juli 1997 in Deutschland Gesetz geworden ist, sagen
wollte. Jeder, der mich kennt, und jeder, der die GRÜNEN kennt, weiß, dass sie sagen:Wir sind konsequent für die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Aber wir weisen darauf hin, dass man, wenn man andere Leute kritisiert, auch immer darauf achten muss, wann eigentlich wir bestimmte Sachen erreicht haben. Deswegen sind wir gegen eine Überheblichkeit in manchen Fragen.
Ich sage Ihnen auch noch, Herr Kollege Wagner: Manche Menschen sollten über Gewalt in der Ehe besser schweigen.
(Zurufe von der CDU – Anhaltende Unruhe – Glo- ckenzeichen des Präsidenten – Norbert Schmitt (SPD): Er soll deswegen den Ältestenrat anrufen!)
in der genau die Frage stand, wer bereit ist, dieses Land mit der Waffe in der Hand – wie Sie es ausgedrückt haben – zu verteidigen. Auf die Frage: „Wären Sie bereit, dieses Land beim Angriff eines muslimischen Landes auf Deutschland zu verteidigen?“, kam heraus, dass 50 % der Türken in Deutschland gesagt haben: Ja. – Jetzt kann man sagen:Was, nur 50 %? – Dieselbe Studie hat gesagt: 42 % der Ostdeutschen haben diese Frage mit Ja beantwortet. – Ich sage Ihnen in diesem Punkt: Es ist besser, wenn man sich mit der Sache beschäftigt, anstatt den Stahlhelm aufzuziehen und Ideologie herunterzubeten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mir eine Eingangsbemerkung wirklich nicht verkneifen. Herr Kollege Wagner, nach dem, was Sie über das Rechtsstaatsverständnis der GRÜNEN gesagt haben, das Sie als zweifelhaft angesehen haben,insbesondere das Verhältnis zu unserem Staate, kann ich den Kollegen Al-Wazir für zwei Dinge nur beglückwünschen, zum einen dass er dann wohl über die Staatsangehörigkeit seiner Mutter automatisch eingebürgert worden ist, zum Zweiten dass Herren wie der Herr Wagner nicht darüber entscheiden, wer in diesem Lande eingebürgert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die GRÜNEN haben den Tagesordnungspunkt gesetzt.Herr Wagner hat gesagt: wenn nicht die GRÜNEN, dann wir. – Ich kann Ihnen sagen: Wir als SPD hätten das nicht als Setzpunkt gewählt, weil es sich tatsächlich um eine völlig banale Debatte handelt, die wir hier führen – außerhalb vielleicht der Metaebene, nämlich der Vorwürfe von mangelndem Rechtsstaatsverständnis und einer Debatte, die ein bisschen anklingen lässt: Jenseits von der eigentlichen rechtlichen Vorlage geht es uns um die Rettung des christlichen Abendlandes vor der Bedrohung durch islamistische Terroristen.
Zweite Vorbemerkung. Herr Kollege Wagner, mein Eindruck ist, Ihnen geht es nicht um die Rettung des christlichen Abendlandes. Ihnen geht es vielmehr um die Rettung der hessischen Christdemokratie vor einer Kommunalwahl, weil Sie in dieser Kommunalwahl ansonsten überhaupt keine Themen haben.
Lassen Sie mich begründen, warum ich dieses Thema für ein banales halte. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir streiten nicht um die Formulierung von Gesetzen, um die Auslegung von Gesetzen, sondern wir diskutieren über die Anwendung von Gesetzen. Wir diskutieren über die Anwendung von Paragraphen, die im Jahre 2000 verändert worden sind. Das sind namentlich die heutigen §§ 10 ff. Staatsangehörigkeitsgesetz, ehemals §§ 85 ff.Ausländergesetz, in der jetzigen Form des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004. Diese Paragraphen sollen nicht verändert werden. Bislang habe ich jedenfalls keine Stimme aus der Union gehört, die gesagt hat: Das verändern wir. – Wir reden also über die Gesetzesanwendung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich frage als Erstes den hessischen Innenminister: Was war die letzten sechs Jahre in Hessen los? Warum muss jetzt etwas verändert werden? Wo sind die Probleme? Herr Wagner, wo scheitert diese Landesregierung an der Durchsetzung dieser Gesetze?
Wenn man es auf den Kern der Debatte führt, wird die Banalität dieser Diskussion klar. Ich möchte deshalb relativ hart juristisch vortragen, worüber wir hier überhaupt reden. Es geht um den Ausgangspunkt § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz. Dieser Paragraph setzt für die Anspruchseinbürgerung – es gibt noch die Ermessenseinbürgerung; da sind die Folgen ungefähr ähnlich, aber da ist der Anspruch nicht vorhanden – zunächst acht Jahre gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland voraus. Die Duldung ist kein rechtmäßiger Aufenthalt; Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber spielen an dieser Stelle keine Rolle.
Acht Jahre Aufenthaltsbefugnis und Aufenthaltsgenehmigung – das heißt, wir reden nicht über die einreisenden Terroristen, die an der Grenze gefragt werden, sondern wir reden über Menschen, die im Regelfall mindestens acht Jahre mit einer Aufenthaltsgenehmigung in diesem Land leben.