Protocol of the Session on January 25, 2006

Herr Kollege Al-Wazir hat in beredter Art, aber in einem Punkt in parlamentarisch nicht akzeptierbarer Form hier etwas vorgetragen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was?)

Er hat in parlamentarisch nicht mehr akzeptierbarer Form hier etwas vorgetragen. Herr Präsident, ich bitte darum, dass wir Fraktionsvorsitzende mit dem Präsidenten ein Gespräch führen, damit wir wenigstens unter uns fünf klären, wie der Stil dieses Hauses aussehen soll.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir Liberale brauchen uns nicht so zu verdrehen, wie es die GRÜNEN tun, die noch vor zehn Jahren davon träumten, dass die Welt unabhängig davon, wie sie staatlich organisiert ist, mit einer multikulturellen Gesellschaft blühen würde. Jetzt hat Herr Al-Wazir immerhin auch gesagt, dass es ganz vernünftig sei, dass in § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz steht, dass sich derjenige, der deutscher Staatsbürger werden möchte, „zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ bekennen muss. Herr Kollege Al-Wazir, die Mitglieder Ihrer Partei haben da einen Fortschritt gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Aber Sie haben andere Wurzeln. Darauf wollte ich noch einmal ausdrücklich hinweisen.

Wir sind dankbar, dass diese Debatte geführt wird. Sie wurde am vergangenen Donnerstag im Deutschen Bundestag geführt. Ich kann eigentlich zu 100 % das wiederholen, was dort mein Kollege Hartfrid Wolff vorge

tragen hat. Er ist erst seit kurzem Mitglied des Deutschen Bundestags.

Lassen Sie es mich mit meinen Worten sagen: Der § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde schon mehrfach zitiert. Er geht davon aus, dass ein Bekenntnis abgegeben wird.

In der Sitzung des Innenausschusses in der vergangenen Woche habe ich ein Bild geprägt. Herr Kollege Al-Wazir hat mir dabei geholfen, es zu verfeinern.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten gerne den Führerschein erlangen. Dazu müssen Sie eine Prüfung ablegen. Da reicht es nicht aus, auf einem Papier vor einem Notar zu unterschreiben, dass man, erstens, die Regeln der Straßenverkehrsordnung kennt und sich, zweitens, daran hält.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) und Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Das ist aber das, was nach Meinung mancher offensichtlich für eine Einbürgerung ausreichen soll. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das ist aber zu wenig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Al-Wazir hat mir geholfen. Er hat nämlich darauf hingewiesen, dass es eine theoretische und eine praktische Fahrprüfung gibt und dass zwischen ihnen ein Unterschied besteht. Ich möchte bei diesem Bild bleiben.

Nicht nur wir Liberale im Hessischen Landtag, sondern wir Liberale weit darüber hinaus gehen davon aus, dass mit einer intensiven Beschäftigung mit den Menschen, die deutsche Staatsbürger werden wollen, nicht herausgefunden werden kann, ob es sich um Extremisten handelt.Wer das für möglich hält, ist töricht und dumm.

(Beifall bei der FDP)

Aber dadurch kann natürlich erreicht werden, dass ein größerer Zwang entsteht, sich mit den Werten unseres Grundgesetzes auseinander zu setzen.

(Beifall bei der FDP)

Es entsteht der Zwang, die Werte, die die Grundlage unserer Gesellschaft bilden, kennen zu lernen. Man muss über sie Bescheid wissen.

Es hilft mir da nicht weiter,zu fragen,ob man das auch mit den deutschen Menschen machen sollte, die jetzt gerade auf dem Marktplatz herumlaufen. Diese Frage wurde mir während der Sitzung des Innenausschusses gestellt. Ich unterstelle, dass diese deutschen Menschen das deutsche Schulsystem durchlaufen haben. Dann haben sie sich mit diesen Fragen auseinander gesetzt. Zu der Frage, ob das dann auch alles hängen geblieben ist, kann ich nur sagen: Viele Grüße, das verhält sich genauso wie bei der Fahrprüfung.

(Beifall bei der FDP)

Es ist notwendig, festzustellen, dass der Mensch, diese Person, die eingebürgert werden will, weiß, welches die Grundwerte unserer Verfassung sind. Das Selbstbestimmungsrecht ist eine der Grundlagen unseres Zusammenlebens. Die Gleichberechtigung ist eine der Grundlagen unseres Zusammenlebens. Das Diskriminierungsverbot ist eine der Grundlagen unseres Zusammenlebens. Die Trennung von Kirche und Staat ist bei uns eine der Grundlagen unseres Zusammenlebens. Die parlamentarische Demokratie ist ebenfalls eine solche Grundlage.

All das gibt es nicht überall auf dieser Welt. Deshalb unterstelle ich,dass das nicht überall auf der Welt bekannt ist. Ich bin aber der Meinung, dass jeder, der deutscher Staatsbürger werden möchte, um die Rechte und Pflichten wissen muss, die damit zusammenhängen. Er muss vor der Einbürgerung wissen, um was es überhaupt geht und was die Grundlage unseres Zusammenlebens ist.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Das kann man dann mit den Einbürgerungswilligen erörtern. Ich kann es auch etwas frech sagen: Man kann das auch abfragen. Dabei kann man zu dem Ergebnis kommen, dass es vernünftig ist, das nicht mit einem Fragebogen zu erörtern.Auf dieses Thema komme ich gleich noch einmal zurück.

Man kann aber sagen, dass es vernünftig wäre, den Standesbeamten, die sich mit diesem Thema zu beschäftigen haben, eine Handreichung zu geben, wie man damit umgehen kann.

Ich möchte jetzt wieder auf mein Beispiel mit der Fahrprüfung zurückkommen. Das bedeutet nämlich, dass der theoretische Teil vollkommen und ausnahmslos vergleichbar ist. Vielmehr geht es um den praktischen Teil. Herr Kollege Al-Wazir, da muss man aufpassen, dass man zwischen dem Thema: „Wie loyal verhalte ich mich zu diesen Werten?“, und der Gesinnung trennt. Die FDP ist mit diesem Thema – ich sage das jetzt ganz bewusst – gestraft.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

Denn bei solchen Diskussionen haben wir immer wieder die Verantwortung an uns gezogen. Vielleicht ist sie auch einfach auf uns übergegangen, weil wir uns nun einmal im Gegensatz zu den Mitgliedern der GRÜNEN seit vielen Jahren mit dem Thema Rechtsstaatlichkeit erfolgreich auseinander setzen. Wir setzen uns mit diesem Thema erfolgreich auseinander.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach, du ahnst es nicht!)

Die Diskussion in diesem Haus hat damals mein verehrter Vorvorvorgänger geführt, den wir ehren und der demnächst seinen 25. Todestag haben wird. Ich spreche von Heinz Herbert Karry.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): So ist es!)

Er hat das unter dem Thema „Berufsverbot“ diskutiert. Ich habe das jetzt einmal als eine Art Überschrift genommen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

Das ist ein schwieriges Thema. Es gibt die Einzelfallprüfung. Ich übernehme in diesem Zusammenhang einmal das in meinen Augen falsche Wort Gesinnung, das Herr Kollege Al-Wazir in die Diskussion eingeführt hat. Frau Künast hat das mit dem unsäglich dummen Satz getoppt, das sei Gesinnungsschnüffelei.

(Beifall des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Die Gesinnung kann man nicht abprüfen.Aber man kann sich anschauen, ob der Mensch bestimmte Werte verinnerlicht hat und bereit ist, zu diesen Werten zu stehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Bei der Prüfung muss man deshalb aufpassen, dass man beim praktischen Teil nicht überdreht.

Ich komme zu meiner vierten Bemerkung.Wenn das richtig ist, was wir Liberale sagen – wir meinen, die Werte des Grundgesetzes müssen von demjenigen, der deutscher Staatsbürger werden will, als Grundlage anerkannt werden –, dann muss das natürlich in ganz besonderer Weise für diejenigen gelten, die die Fragebögen entwerfen.

(Beifall bei der FDP)

Auch Sie müssen natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes, unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, stehen. Die Frage zum Thema Homosexualität widerspricht einem der Werte, die ich vorhin nannte.

(Beifall bei der FDP)

Das widerspricht der Gleichberechtigung bzw. dem Diskriminierungsverbot. Das ist immanenter Bestandteil unseres Grundgesetzes. Deshalb bin ich auch sehr dankbar – –

(Zuruf)

Ich habe von keinem dieses Hauses etwas in die Richtung gehört, dass er es anders sieht. Der Herr Innenminister hat in der Sitzung des Innenausschusses,die in der letzten Woche stattgefunden hat, ausdrücklich gesagt, dass diese Frage verfassungswidrig ist. Sie gehört da nicht hinein. Ich sage dazu: Sie diskreditiert ein wenig denjenigen, der diesen Fragebogen verfasst hat.

(Beifall bei der FDP)

Wenn ich diese Werte haben will – und ich als Liberaler will diese Werte haben –, dann muss ich mich auch selbst daran halten.

Ich komme zu meiner nächsten Bemerkung. Dabei geht es um die Frage, wie man damit praktisch umgeht. Sie wissen, dass wir Liberale in allen Bereichen immer wieder darauf drängen – das gilt natürlich auch bei der Innenpolitik –, dass man das mit so wenig staatlichem Einsatz und mit so wenig Bürokratie wie möglich bewältigt.