Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hessische Innenminister Volker Bouffier plant, mit dem angesprochenen Leitfaden, der Handreichung, oder wie auch immer, eine größere Gewissheit darüber herzustellen, dass Ausländer, die Deutsche werden wollen, genügend über Geschichte und Kultur unseres Landes wissen und sich eindeutig zu unserer Werteordnung bekennen. Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt dieses Vorhaben ausdrücklich und unterstützt den Innenminister darin.
Meine Damen und Herren, wir waren sehr erfreut, dass die GRÜNEN dieses Thema, das bundesweit diskutiert wird, zum Setzpunkt gemacht haben. Herr Kollege AlWazir, auf diese Art und Weise konnten wir einen weiteren Setzpunkt anmelden. Denn es war auch unser Anliegen, dieses Thema hier zum Setzpunkt zu machen. Ausdrücklichen Dank dafür.
Herr Kollege Al-Wazir, allerdings habe ich weniger Verständnis dafür, dass Sie mindestens die Hälfte Ihrer Ausführungen mit baden-württembergischen Argumenten und Sachverhalten ausgefüllt haben.Wir sind hier im Hessischen Landtag.Wir haben eine klare Äußerung der Hessischen Landesregierung. Wir wollen zu diesem Thema unseren eigenen Weg gehen, wobei wir im Grundsatz sa
Wir sind z. B. der Auffassung, dass alle einbürgerungswilligen Ausländer im Hinblick auf ihre Haltung zu unserer Verfassung, zu unseren Werten, die uns zusammenhalten, geprüft werden müssen. Da stimmen wir übrigens mit Ihnen überein und nicht mit demjenigen,was gegenwärtig in Baden-Württemberg praktiziert wird.
Das hat der Innenminister immer gesagt, das haben wir im Innenausschuss gesagt, das ist überhaupt nichts Sensationelles.
Meine Damen und Herren, um es gleich vorweg zu sagen: Uns reicht im Gegensatz zu den GRÜNEN eine bloße Unterschrift unter ein Formular nicht.
Uns reicht im Gegensatz zu dem, was Herr Al-Wazir eben vorgetragen hat, nicht eine Regelüberprüfung des Verfassungsschutzes, sozusagen ein Negativattest. Wir wollen positiv wissen, dass Bürger, die das deutsche Staatsbürgerrecht erhalten, mit ihrer inneren Überzeugung voll und ganz zu unserem Land und seinen Werten stehen.
Es geht um die Frage:Wie können wir mit größtmöglicher Sicherheit gewährleisten, dass sich derjenige, der deutscher Staatsbürger werden möchte, auch tatsächlich mit unserer Werteordnung identifiziert und damit in unsere Gemeinschaft integriert? Lassen Sie mich am Rande sagen, weil das auch immer wieder vorgetragen wird: Dass wir durch einen Leitfaden niemals zu dieser uns bewegenden Frage absolute Sicherheit erlangen können, ist fast banal. Ebenso klar ist, dass jeder Leitfaden oder jeder Fragebogen nicht vor Missbrauch im Einzelfall schützt. Auch das sollten wir zunächst einmal als Konsens feststellen. Wer sich aber aus diesem Grund dagegen ausspricht, bei dem Einbürgerungsvorgang genauer hinzusehen, kann mit dieser Argumentation, die ich eben dargestellt habe, gleichzeitig auch die Polizei abschaffen, weil sie nicht jede Straftat verhindern und jeden Straftäter fangen kann.
Meine Damen und Herren, zur Rechtslage. Nach dem gegenwärtigen Recht wird eine Loyalitätserklärung des Einbürgerungswilligen verlangt. Die Kontrolle, ob sich der Einbürgerungswillige an die demokratischen Rechte und Werte unseres Landes gebunden fühlt, erschöpft sich, wie ich bereits sagte, in einer bloßen Unterschriftsleistung. Das ist uns zu wenig; das will ich noch einmal klar und deutlich hier festhalten. Damit wir wissen, was er unterschreibt: Er unterschreibt, dass er dazu stehen müsse, dass die Staatsgewalt in Deutschland vom Volk ausgehe, dass sie durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt werde, dass Rechtsprechung unabhängig zu geschehen habe, sich an Recht und Gesetz zu orientieren habe, und vieles andere mehr, im Übrigen auch, wie Herr Kollege Al-Wazir immer wiederholt – –
Sie haben keine Genehmigung für Filmaufnahmen hier im Hause. Deswegen darf ich Sie bitten, diese Filmaufnahmen wieder zu löschen und sich mit der Verwaltung in Verbindung zu setzen. Danke schön.
Sie legen Wert darauf – da sind wir uns völlig einig, Herr Al-Wazir –, dass sich ein Einbürgerungswilliger auch ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass in einer Demokratie Regierungen abgelöst werden können. Das ist völlig richtig. Warum Sie allerdings dieses Beispiel angesichts der noch gar nicht so lange hinter uns liegenden Bundestagswahl, bei der wir zum Besten unseres Landes die alte Regierung abgelöst haben, immer wieder betonen, das verstehe ich unter psychologischen Gesichtspunkten nicht ganz.Aber das sage ich auch nur am Rande.
Meine Damen und Herren, wenn jemand das, was wir eben hier angesprochen haben, mit seiner Unterschrift beglaubigen soll, ist es dann nicht legitim oder gar zwingend, dass man ihn auch fragen darf, was denn unter dem zu verstehen ist, was er unterschrieben hat? Warum soll man den Einbürgerungswilligen, der erklärt, dass er sich zum demokratischen Staatssystem bekennt, nicht auch fragen dürfen, wie Wahlen in Deutschland ablaufen? Warum soll man den Einbürgerungswilligen, der erklärt, dass er sich zu den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten bekennt, nicht fragen dürfen, wie er sich zu der Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau stellt oder was er von der allgemeinen Schulpflicht für Jungen und Mädchen hält? Das ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit, über die wir hier bedauerlicherweise kontrovers diskutieren.
Meine Damen und Herren, damit das hier klar und deutlich wird: Es geht uns, im Unterschied zu den GRÜNEN darum, zu verhindern, dass der Einbürgerungswillige sozusagen ein bloßes Lippenbekenntnis ablegt. Er soll zu unserer Überzeugung, zu diesem Staat mit seinen Werten, mit seiner Kultur, mit seiner Geschichte, mit seiner Verfassung stehen.
Meine Damen und Herren, deshalb ist es schon richtig, was in der Gesetzesbegründung des damaligen Gesetzentwurfs der rot-grünen Bundesregierung gestanden hat: Es muss die innere Hinwendung des Einbürgerungsbewerbers zur Bundesrepublik Deutschland deutlich werden. Eine solche innere Hinwendung setzt zwei Dinge voraus: das Grundlagenwissen über Geschichte, Kultur und dergleichen mehr, was ich gerade vorgetragen habe,
Da sind wir bereits bei der nächsten Vokabel, die uns klar und deutlich von den GRÜNEN unterscheidet. Meine Damen und Herren, die Haltung zu Grundwerten und Grundrechten ist Ausdruck von Gesinnung. Herr Al-Wazir, genau diese Gesinnung wollen wir überprüfen. Eine demokratische Gesinnung wollen wir überprüfen, eine rechtsstaatliche Gesinnung wollen wir überprüfen,
und wir wollen jemanden, der nicht rechtsstaatlich, nicht demokratisch gesonnen ist, nicht zum Staatsbürger in Deutschland machen.
Das ist genau der Unterschied zwischen Ihrer Sprachregelung und unserer. Ich finde es schon sehr bedauerlich, dass dann aus dem Munde von GRÜNEN in diesem Zusammenhang abwertend von Gesinnungsschnüffelei die Rede ist,
wie z. B. Frau Künast vor ein paar Tagen gesagt hat. Herr Al-Wazir hat es ein bisschen höflicher gesagt. Er sprach von Gesinnungsprüfung, aber eben auch im diffamierenden Sinne. Nein, wir wollen eine Überprüfung der Gesinnung derjenigen, die dauerhaft bei uns leben wollen.
Meine Damen und Herren,dann will ich auch noch darauf hinweisen, dass sich natürlich der Einbürgerungswillige in hohem Maß mit unserem Staat identifizieren muss. Wir wollen vorher wissen, ob er das tut, denn er erlangt auch riesige Rechte.Ich erinnere nur an die spektakulären Entführungsfälle der letzten Wochen und Tage, wo ein deutscher Staatsbürger umfassenden weltweiten Schutz seitens des deutschen Staates einfordern kann und auch genießt. Oder ich denke im Zusammenhang mit den Sozialrechten daran, dass der deutsche Staat gegenüber seinen Bürgern auch verpflichtet ist, für ein soziales Existenzminimum zu sorgen, und ihnen dieses qua Gesetz gewährt. Oder ich denke an eine sehr weit reichende Pflicht eines Staatsbürgers, was die Identifikation angeht. Er muss im Notfall mit der Waffe in der Hand unser Land verteidigen. Das macht deutlich, wie weit wir von einem einbürgerungswilligen Ausländer erwarten müssen,dass er mit diesem Staat voll und ganz konform geht.
Meine Damen und Herren, ich frage nun:Was will eigentlich zu diesem Thema die SPD? Das werden wir wahrscheinlich gleich noch hören.
Will sie das bisherige Verfahren fortsetzen? Ist sie an der Thematik uninteressiert? Welche Vorschläge hat sie? Da lobe ich mir zumindest die Klarheit der Meinung der GRÜNEN, auch wenn ich sie voll und ganz ablehne; aber die GRÜNEN sagen deutlich:Wir lehnen die Vorschläge, die Innenminister Volker Bouffier hier entwickelt – –
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Stimmt doch gar nicht! Die kennen wir doch gar nicht!)
Meine Damen und Herren, er hat bereits klar und deutlich gesagt – das wird er nachher noch in Person sagen können –, in welchem Rahmen er diese Vorschläge auch schriftlich fixieren wird. Was er will, hat er klar und deutlich bereits in den letzten Wochen gesagt.
Aber ich bin gerade bei den GRÜNEN. Meine Damen und Herren, wenn ich Ihre Haltung zu dieser Thematik sehe, fällt mir zum wiederholten Mal das eigentümliche Staatsverständnis der GRÜNEN auf. Ich will es vorsichtig formulieren.
Ich beginne mit einem spektakulären Beispiel, das noch gar nicht so alt ist. Dass Sie jetzt brüllen und schreien, weil es Ihnen nicht gefällt, ist doch völlig klar. Ich denke an die Visa-Affäre des früheren Außenministers Fischer. Meine Damen und Herren, Herr Fischer hat selbst mit seinem Ministerium dafür Sorge getragen, dass unter anderem aus der Ukraine unter erheblich erleichterten Voraussetzungen Ausländer bei uns einreisen konnten.