Protocol of the Session on November 24, 2005

Entscheidend ist, was hinten herauskommt.Wichtig ist mir, dass wir am Schluss eine neue Optionsregelung bekommen,

Achtung –

die es allen Kommunen erlaubt, auf freiwilliger Basis die Betreuung der Langzeitarbeitslosen in die eigenen Hände zu nehmen.

(Beifall bei der FDP)

In den Kommunen, die das jetzt schon tun,

dann kommt der Widerspruch in ihrer eigenen Aussage –

sind die Erfolge deutlich größer als dort, wo die BA oder die ARGEn tätig sind.

Meine Damen und Herren, vor der Bundestagswahl war es immer noch Glaube der Union, dass wir überall in Deutschland ein verpflichtendes Modell der Option bekommen, eine verpflichtende Zuständigkeit der Kommunen. In dem Interview rudert Frau Ministerin Lautenschläger schon ein Stück zurück. Sie sagt: Nur noch freiwillig – wer es freiwillig machen will, soll es tun. – Womit hat das zu tun? Möglicherweise hat es damit zu tun, dass die CDU einen Koalitionsvertrag unterschreiben musste, den sie eigentlich nicht unterschreiben wollte.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wir nehmen zur Kenntnis, dass die FDP den Zwang für ein Mittel der Politik hält!)

Der Koalitionsvertrag sieht vor, das ist wirklich der Skandal – – Frau Kollegin Fuhrmann, wenn Sie weiter Scherze machen, sollten Sie sich einmal mit den Leuten unterhalten, die von der BA betreut werden, und einmal fragen, wie die sich fühlen, weil sie nämlich genau merken, dass die Menschen, die in den Optionskommunen betreut wer

den, deutlich besser dran sind. Darüber kann man keine Scherze machen.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD) und Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Da kann man auch zu seiner alten Position stehen. Das ist doch völlig unbestritten. – Frau Kollegin Schulz-Asche, versuchen Sie doch einmal, nicht immer so zu schreien. Versuchen Sie doch einmal, wenn Sie nachher hier vorne reden, Argumente vorzutragen. Aber es ist nicht in Ordnung, immer nur quer durch den Raum zu schreien, zumal ich es hier vorne leider auch nicht verstehen kann.

Meine Damen und Herren, das Problem war, dass die Union einen Koalitionsvertrag unterschreiben musste.Ich muss ehrlich sagen: Das geht noch über das hinaus, was wir vorhin in der Debatte gehört haben. Das ist gar nicht mehr nachzuvollziehen. Die Union hat einen Koalitionsvertrag unterzeichnet, in dem sie über die bis jetzt festgelegte Experimentierphase bis 2010 weitere drei Jahre drauflegt. Ich will das einmal zitieren:

Nach dem Koalitionsvertrag soll die geltende Regelung für Kommunen, zu optieren, nach dem 31.12.2010 um weitere drei Jahre verlängert werden, wenn es bei der bis 2008 anstehenden Evaluation zu keiner gemeinsamen Schlussfolgerung kommt.

Meine Damen und Herren, wie diese Evaluation mit Beteiligung der SPD und der starken BA an der Seite der SPD aussieht, ist doch völlig klar. Die SPD wird natürlich sagen: Wir müssen mit den Arbeitsgemeinschaften, mit der Zentralisierungswut aus Nürnberg weitermachen. – Dann ist klar, dass wir bis 2013 zwei parallel bestehende Systeme nebeneinander herlaufen haben. Das ist wirklich noch ein Rückschritt gegenüber dem, was wir sonst von der Union bis jetzt erwarten konnten.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss sagen: Das verwirrt mich wirklich, weil sich der Ministerpräsident z. B. auf dem Kongress zum kommunalen Optionsmodell stark für die Idee des Optionsmodells ausgesprochen hat. Weitere Beispiele habe ich auf dem Platz liegen. Sie können endlos nachlesen, warum die Union immer für das Optionsmodell in Deutschland gekämpft hat, und zwar für eine flächendeckende Option, eine flächendeckende Verantwortung der Kommunen. Warum dann dieser Koalitionsvertrag, Herr Ministerpräsident?

(Petra Fuhrmann (SPD): Weil es halt ein Koalitionsvertrag ist, ganz einfach! Das ist kein CDUProgramm und kein SPD-Programm!)

Ist es richtig, dass die CDU ihre arbeitsmarktpolitische Kompetenz der SPD geopfert hat? Ist es richtig, dass die CDU ihre arbeitsmarktpolitischen Kämpfe der BA geopfert hat? Sind das die Ergebnisse aus dem Koalitionsvertrag? – Ich glaube, ja.

(Beifall bei der FDP)

Herr Ministerpräsident, es ist eine Aufgabe Ihrer eigenen Position. Es ist eine Aufgabe dessen, was Ihnen wirklich wichtig war. Meine Damen und Herren, ich habe für vieles Verständnis. Ich habe für Kompromisse Verständnis. Ich habe vor allem für Kompromisse in einer großen Koalition Verständnis.

(Michael Boddenberg (CDU): Das merkt man jetzt nicht!)

Herr Boddenberg, aber wenn man in dieser großen Koalition nicht mehr versteht, was Ihnen wirklich wichtig ist, dann brauche ich auch demnächst nicht mehr die CDU, wenn ich nicht mehr das bekomme, was ich vor der Wahl versprochen bekommen habe.

(Beifall bei der FDP)

Aber vielleicht war es auch die hessische CDU,die sich im Konzert der anderen Landesverbände nicht durchsetzen konnte. Das ist möglich. Das kann ich nicht beurteilen. Wenn das so gewesen sein sollte, dann helfen wir Ihnen mit unserem Antrag heute sehr gern, aus diesem Konzert auszubrechen.Wenn wir für Sie der Befreiungsschlag sein können, Herr Kollege Boddenberg,

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU)

dann nehmen Sie uns bitte als Befreiungsschlag. Nehmen Sie uns als Alibi – nicht nur, weil es das bessere Modell ist, sondern vor allen Dingen, weil es besser für die Menschen in unserem Lande ist. Wenn man ganz sachlich über die Situation redet und die beiden Systeme vergleicht, will ich nicht sagen, dass das, was in den Arbeitsgemeinschaften passiert ist, alles schlecht gewesen ist. Ich will das deswegen nicht sagen, weil die Arbeitsgemeinschaften ein großes Problem haben. Das merkt man, wenn man sich dort mit den Leuten unterhält. Aber die sagen das natürlich immer nur inoffiziell.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Feiglinge!)

Aber diese Gespräche habe ich geführt. Die BA und die Arbeitsgemeinschaften haben das Problem, dass sie immer noch unter dem Zentralisierungswahnsinn aus Nürnberg leiden. Herr Kollege Boddenberg, ich will einmal zitieren, was Sie selber gesagt haben. Wir haben in einem Interview mit der „FAZ“ gesagt:

Es wird notwendig, dass in Frankfurt endlich die Stadt die Führung des Jobcenters übernimmt.

Das haben Sie doch nicht deshalb gesagt, weil die Nürnberger so gut wissen, was für die Frankfurter notwendig ist, oder? Sie haben das doch deshalb gesagt, weil Sie der Meinung sind, dass Sie deutlich näher an den Problemen der Menschen sind.Wer diese Position hat, der kann konsequenterweise nur für die Option und für nichts anderes sein.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der ganzen Debatte stört mich, das ist eigentlich das Erstaunliche – Herr Kollege Boddenberg, ich will Sie noch einmal ansprechen, weil Sie sich gerade so engagiert auf Ihrem Platz bewegt haben –,

(Zurufe des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass es die linke Seite dieses Hauses geschafft hat – die GRÜNEN sind gar nicht mehr beteiligt, aber sie haben es anscheinend mit bewirkt –, dass der Schutzschild über die BA, den wir jahrelang hatten, noch größer geworden ist. Der Schutzschild ist mittlerweile so hoch, dass bei der BA gar nichts passiert. Die BA hat sich auf allen Gebieten durchgesetzt.Wir hatten uns als FDP und als CDU viel für diese Bundestagswahl vorgenommen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Aber ihr seid nicht gewählt worden, Florian, euer Modell ist nicht gewählt worden!)

Wir hatten uns gerade für die Arbeitsmarktpolitik viel vorgenommen. – Frau Kollegin Fuhrmann, Sie haben Recht, wir sind nicht dabei. Aber es muss doch trotzdem möglich sein, dass das, was die CDU vor der Wahl gesagt hat, auch noch nach der Wahl gilt. Was sollen die Menschen glauben, wenn die CDU vor der Wahl ein ganz anderes Programm vertritt als das, was sie jetzt im Bereich des Arbeitsmarktes durchgelassen hat?

(Petra Fuhrmann (SPD): Die CDU hat eine Koalitionsregierung – es ist doch abenteuerlich!)

Ich glaube, dass es richtig ist, dass die Menschen merken, dass die Politik die Aussagen, die sie vor der Wahl gemacht hat, auch nach der Wahl einhält. Herr Kollege Boddenberg, vielleicht können Sie dazu einmal Stellung nehmen, warum Ihnen das nicht gelungen ist.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, warum sollen wir eigentlich bis 2013 warten, bis wir eine richtige Arbeitsmarktreform durchführen? Warum sollten wir warten, bis in den Büchern steht,was wichtig ist,dass es bei den Kommunen die Möglichkeit gibt, die Arbeitsverwaltung selber zu übernehmen? Warum sollten wir bis 2013 warten, bis wir das endlich durchsetzen? Warum sollten wir bis 2013 warten, wenn wir sehen und hören – Herr Staatssekretär Krämer hat es z. B. im Sozialpolitischen Ausschuss gesagt –: „Die Optionsidee ist in Hessen erfolgreicher“? Warum sollten wir bis 2013 warten, bis wir allen Menschen in Deutschland die Möglichkeit geben, sich in einer Option in Arbeit vermitteln zu lassen?

(Beifall bei der FDP)

Warum sollten wir warten? Nur weil sich die SPD gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit durchgesetzt hat? – Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein. Es kann doch nicht sein, dass die Konsequenz aus dieser ganzen Debatte ist, dass wir bis 2013 warten und das Spiel der BA gemeinsam mit der SPD fortsetzen.

Lieber Kollege Rentsch, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Kompromisse sind häufig notwendig. Das ist uns klar. Aber sie sind gefährlich, Herr Kollege Boddenberg, wenn sie Rückschritt und Stillstand manifestieren. Stillstand wäre schon schön gewesen. Aber das ist wirklich ein Rückschritt.Wer bis 2013 etwas festschreibt, woran er selber nicht glaubt, der kann nicht erwarten, dass die Menschen an diese Politik glauben. Wir Liberale stehen zu dem, was wir vor der Bundestagswahl gesagt haben, auch nach der Bundestagswahl.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist in der Opposition auch einfacher!)

Das werden die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Bundestagswahl sicherlich in ihre Entscheidung mit einbeziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.