Protocol of the Session on November 24, 2005

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Damit bin ja einverstanden!)

Die vier Geschäftsführer haben mir jetzt bestätigt, es gibt keine zweite Runde. – Ich habe keine anderen Geschäftsführer als diese vier, und die sind mir sehr lieb.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Die haben das jetzt bestätigt. Damit ist dieser Punkt abgeschlossen.

(Zurufe)

Ja, es ist so viel schade.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 37 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend bundesweite Zuständigkeit der Kommunen für Hartz IV/SGB II – Drucks. 16/4647 –

Vielleicht gibt es jetzt einen FDP-Kollegen, der sprechen möchte – und auch darf.– Kollege Florian Rentsch hat das Wort. Die Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte schon überlegt, ob ich die Kollegin Wagner zu diesem Punkt sprechen lasse. Dann hätte sie das vortragen können, was ihr am Herzen liegt.

(Heiterkeit und Zurufe)

Gestatten Sie mir zu diesem Punkt zwei Vorbemerkungen.

(Unruhe)

Es ist momentan etwas unruhig, aber nichtsdestotrotz, Herr Ministerpräsident, muss man vielleicht ganz kurz zwei Vorbemerkungen machen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Herr Präsident! – Unruhe)

Ich will nicht stören. Ich habe ja 15 Minuten Zeit.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit. Beruhigen Sie sich. Machen Sie vielleicht einige Übungen mit Ihren Fingern, aber seien Sie bitte ruhig, damit der Redner hier zu Wort kommen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, trotz des Respekts vor Ihrer neuen Rolle – –

(Unruhe)

Herr Kollege, bitte einen Moment. – Darf ich bitten, dass die Kollegen, die zuhören wollen, sich setzen, und die Kollegen, die nicht zuhören wollen, Ihre Gespräche irgendwo anders führen und nicht den Redner hier stören? Seien Sie so lieb. – Das Wort hat der Kollege Rentsch.

Herr Ministerpräsident, trotz des Respekts vor Ihrer neuen Rolle in dieser großen Koalition ist es schon erstaunlich,dass Sie derjenige sind,der jetzt das Prinzip ausgibt, dieses Land durch Steuererhöhungen zu sanieren,

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

anstatt einmal über die Frage nachzudenken, was auf der Leistungsseite geschehen muss.

Ich muss ganz ehrlich sagen, das hat meine Achtung gerade vor Ihrer Politik nicht erhöht.

(Beifall bei der FDP)

Das Zweite ist: Am Anfang Ihrer Rede haben Sie gesagt, alle in diesem Haus müssen sich neu orientieren. – Ich kann Ihnen versichern, dass das Navigationssystem der FDP heute genauso in Ordnung ist wie vor der Bundestagswahl und dass wir auch noch wissen, was wir vor der Bundestagswahl gesagt haben.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema Hartz IV wurde vor der Bundestagswahl von einem Teil des Hauses so diskutiert und nach der Bundestagswahl etwas anders – jedenfalls hat man dieses Gefühl, wenn man den Koalitionsvertrag liest. Deshalb bin ich traurig darüber, dass Ministerin Lautenschläger heute Morgen nicht hier ist.Aber sie ist aus gutem Grund entschuldigt,weil sie in Berlin für Hessen für die Revisionsklausel kämpft. Dort ist sie heute Morgen sehr gut aufgehoben, keine Frage. Aber ihr Fehlen ist deshalb schade, weil Frau Ministerin Lautenschläger auch eine Kronzeugin bei dem Thema ist, wie man mit Hartz IV umgeht. Das Gute daran ist, dass wenigstens der Ministerpräsident hier ist, der zweite Kronzeuge in dieser Frage, wie wir bei Hartz IV weitermachen wollen. Wenigstens das ist heute Morgen eine positive Erscheinung.

Meine Damen und Herren, vor langer Zeit gab es in Deutschland einen Ministerpräsidenten, der den deutschen Arbeitsmarkt in Schwung bringen wollte. Auf seinen Reisen durch die Welt kam er irgendwann in ein Land in Amerika – Wisconsin –, und dort informierte er sich über die Systematik des Arbeitsmarktes, darüber, wie die Leute in Wisconsin den Arbeitsmarkt in den Griff bekommen haben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Wer nicht arbeitet, soll nicht essen!)

Man muss gar nicht so viel durch die Welt reisen. Die Bertelsmann-Stiftung hat einen wunderbaren Band herausgegeben, in dem sie aufführt, wie die verschiedenen Länder der Welt ihren Arbeitsmarkt in den Griff bekommen haben. Dort steht alles. Aber wenn man schon von Wisconsin redet, sollte man sich einmal die Grundidee von Wisconsin vergegenwärtigen. In Wisconsin gab es die Idee, Sozialhilfeprogramme zu ersetzen – nicht indem man Sozialhilfeempfängern keine Hilfe mehr zuteil werden lassen wollte, sondern man wollte, dass diese Menschen Arbeit oder Hilfe zur Arbeit bekommen. Das war das Stichwort und auch das Erfolgsrezept von Wisconsin.

Ein weiterer Erfolgsfaktor von Wisconsin war, dass die Menschen in den Modellen der Kommunen, in denen sie sich in Wisconsin befunden haben, in einer Art Wettbewerb gestanden haben. Die Gebietskörperschaften standen in der Arbeitsvermittlung in einem Wettbewerb. Dieser Wettbewerb hat dazu geführt, dass kreative und inno

vative Modelle erfunden worden sind, wie man Menschen in Arbeit bekommen kann. Das ist eines der Erfolgsrezepte von Wisconsin gewesen, und einen Teil dieses Erfolgsrezeptes haben wir auch für Deutschland übernommen.

Für die Öffnung für die Kommunen, die wir vor ungefähr einem Jahr – vor Weihnachten letzten Jahres – verhandelt haben, hat die FDP immer gestritten, seit Beginn der Debatte. Die Bundestagsfraktion hat deshalb auch dem Kompromiss auf Bundesebene nicht zugestimmt, in dem nur 69 Kommunen die Möglichkeit eingeräumt worden ist, die Vermittlung von Arbeit selber zu übernehmen.Wir haben das abgelehnt,weil wir von Anfang an der Meinung waren, dass es richtig gewesen wäre, allen Kommunen in Deutschland diese Aufgabe zu übertragen, weil es nicht nur die Erfahrung aus Wisconsin ist, die wir für Deutschland übernehmen können.Es ist auch die Erkenntnis aller anderen Länder,die einen erfolgreichen Arbeitsmarkt haben und eine erfolgreiche Reform durchgeführt haben.

Meine Damen und Herren, aber der Kompromiss hat auch etwas Gutes, denn er hat gezeigt, dass die 69 Kommunen, denen die Verantwortung übergeben worden ist, es besser, genauer und effizienter machen und dass die Menschen, die dort in der Arbeitsvermittlung sind, und dass die Menschen, die dort in der Qualifikation sind, davon profitieren.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, darum muss es uns gehen. Um die Menschen, die in Deutschland von einem der schwersten Probleme betroffen sind – von Arbeitslosigkeit –, muss es gehen. Die Menschen müssen von den Maßnahmen profitieren, nicht die Politik. Deshalb dieser Paradigmenwechsel, den wir durchgeführt haben. Es war ein Paradigmenwechsel. Er hat nicht von Anfang an überall fehlerfrei geklappt. Das ist absolut unbestritten. Wenn man einen Paradigmenwechsel im Arbeitsmarkt durchführt, muss man den Kommunen auch Zeit geben. Diese Zeit haben wir den Kommunen gegeben. Es zeigt sich jetzt, am Ende des Jahres 2005, dass es richtig war, weil wir endlich ein verkrustetes System aufgebrochen haben. Diese Erfolgsgeschichte muss und soll weitergehen.

Weiterhin sprechen auch die Zahlen,die wir in Hessen haben – beispielsweise vom Landkreistag – dafür, dass es richtig war, den Optionskommunen die Verantwortung zu übertragen. Im ersten Halbjahr – so die Zahlen des Hessischen Landkreistages – registrierten die Optionskommunen 4.419 Integrationen in den ersten Arbeitsmarkt. Allein im Verlauf des dritten Quartals gelangen dagegen schon fast 6.000 Integrationen. Das zeigt, dass die Idee immer besser angenommen wird und dass das immer erfolgreicher wird, was die Optionskommunen da machen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist nicht selbstverständlich, wenn man aus einem wirklich verkrusteten System – gesteuert durch die BA in Nürnberg – ausbricht, dass man auf einmal so einen Erfolg hat. Es ist auch völlig unbestritten, dass die linke Seite dieses Hauses den Optionskommunen lange Zeit diesen Erfolg wirklich nicht gegönnt hat, weil sie an ihrem verkrusteten System der BA festhalten wollte.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD – Petra Fuhrmann (SPD): Erzähle doch nicht so einen Blödsinn, Florian!)

Sie wollten daran festhalten. Wir werden wahrscheinlich gleich in Ihrem Redebeitrag sehen, Frau Kollegin Fuhrmann, dass Sie wieder versuchen, die gute Arbeit der Optionskommunen an dieser Stelle madig zu machen.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ein Blödsinn!)

Diese Idee hat nicht nur die FDP vorgeführt. Nicht nur wir haben dafür gekämpft, es war auch der Hessische Ministerpräsident, der große Kritik an den Arbeitsgemeinschaften und an der verkrusteten zentralen Politik aus Nürnberg geübt hat. Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich ein Zitat von Ministerpräsident Roland Koch bringen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Du brauchst das nicht!)

Die Optionskommunen haben sich mit ihren eigenen,auch ökonomischen Risiken auch ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt einer größeren Freiheit von zentralen Vorgaben beworben. Ihnen muss die Möglichkeit gelassen werden, in einer größeren Mobilisierung ihrer eigenen Kreativität und Möglichkeiten zu handeln. Sie dürfen vom Zentralisierungsglauben und der Zentralisierungstendenz der Bundesagentur nicht auch noch erfasst werden.

Frau Ministerin Lautenschläger hat ebenfalls immer dafür gekämpft, dass die Optionsidee nicht nur auf 13 Kommunen in Hessen beschränkt bleibt.Sie hat in einem – wie ich fand – viel beachteten Interview am 29. Oktober in der „Welt“ gesagt:

Es gilt der alte Satz Helmut Kohls:

da hat sie meine Unterstützung –

Entscheidend ist, was hinten herauskommt.Wichtig ist mir, dass wir am Schluss eine neue Optionsregelung bekommen,