Protocol of the Session on November 24, 2005

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Calden boomt bislang!)

Es ist völlig klar: Je weniger Flughäfen die ständig wachsenden Passagierzahlen auffangen, desto wirtschaftlicher können die anderen arbeiten.Diese Einsicht steht aber im Gegensatz zu der Erfahrung, dass Wirtschaftsstandorte ohne zeitgerechte Verkehrsanbindung im europäischen Konzept keine Rolle spielen werden.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist doch Unsinn! Es gibt doch Anbindungen!)

Wir haben als verantwortungsvolle Politiker diesen Konflikt zu lösen. Wir, die CDU-Fraktion, stehen dafür, dass Nordhessen eine Zukunft hat und dass Nordhessen zeitgerecht wettbewerbsfähige Verkehrsbedingungen bekommt, Herr Jürgens.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wann endlich haben Sie vor, Nordhessen ans Meer anzubinden?)

Ich sage, dass wir im Konzert der europäischen Regionen hiermit eine Chance eröffnet bekommen. Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, sind gegen den Bau der Startbahn in Frankfurt, ohne die dieser Flughafen nicht die Jobmaschine wäre, die er im Rhein-Main-Gebiet ist. Herr Jürgens, Sie waren übrigens ganz persönlich, wahrscheinlich mit Ihren grünen Freunden, gegen die ICE-Neubaustrecke Hannover – Würzburg mit dem Halt in Kassel.Ihr Umweltminister Fischer hat damals dagegen geklagt.Herr Jürgens,Sie nutzen diesen Bahnhof genauso wie ich. Schauen Sie sich an, was sich in den vergangenen 20 Jahren rund um den Bahnhofsneubau Wilhelmshöhe entwickelt hat und wie die gute Verkehrsinfrastruktur gerade durch den ICE-Halt in Kassel die wirtschaftliche Entwicklung positiv beeinflusst hat.

Sie sind gegen den Neubau der A 44 und der A 49. Schauen Sie sich an, wie bestehende Standorte, die an entsprechende Infrastruktur angebunden sind, sich entwickeln. Herr Jürgens, Sie können jetzt die alten Salzstraßen nennen, die Kreuzpunkte waren, an denen sich große Städte gebildet haben. Wir haben heute nur die Chance, dass wir Nordhessen im Logistikbereich ausbauen.

(Zuruf des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich danke der Regierung Koch im Namen der CDU-Fraktion ausdrücklich dafür, dass sie hier den Schwerpunkt setzt. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass es mit Karlheinz Weimar einen Finanzminister mit besonderen Aktivitäten gibt. Wir freuen uns, dass es hier vorangeht. Herr Posch hat früher auch schon entsprechende Schwerpunkte gesetzt. Herr Jürgens, Sie – die GRÜNEN – haben dagegen bewiesen, dass es Ihnen, nicht um die Menschen in Nordhessen und nicht um die Zukunft der Menschen geht.

Die Tatsache, dass Sie als Quellen Wirtschaftsunternehmen heranziehen, die kein deutliches Interesse an zusätzlichen Wettbewerbern und Konkurrenz haben, disqualifiziert Sie in diesem Raum. Darüber hinaus zeigt die Geschichte der Verkehrsanbindungen in Europa, dass Ihre Behauptung, der Neubau würde keinen Beitrag zur Entwicklung der Region leisten, schlicht unwahr ist.

Meine Damen und Herren, wir sind in Nordhessen der Hoffnung, dass dieses Projekt möglichst rasch umgesetzt wird, dass wir unsere Chancen nutzen und nicht durch eine Verhinderungstaktik der GRÜNEN nach hinten gestellt werden.Wir warten darauf.Schauen Sie sich die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Arbeitsamtsbezirk Kassel zu den umliegenden Regionen an. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich in Nordhessen schon anders als in den umliegenden Regionen. Wir werden dort dank des Schwerpunktes Logistik ein weiteres Anwachsen an Arbeitsplätzen finden.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dazu brauchen wir Kassel-Calden nicht!)

Der Flughafen Kassel-Calden gehört zum Konzert. Herr Jürgens, ich freue mich auf Ihren ersten Abflug in irgendwelche Urlaubsgebiete. Ich hoffe, dass Sie dann den Wert des Flughafens persönlich zu schätzen wissen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden den Antrag der GRÜNEN ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Herr Frankenberger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wagner, wenn die Einwände, die Sie eben vorgetragen haben, wirklich neue Argumente wären, dann könnten wir über eine Anhörung reden. Aber das ist doch alles Altbekanntes, was Sie hier zitiert haben. Das ist doch nichts Neues. Damit befassen wir uns schon seit sechs Jahren, seitdem bekannt ist, dass die Region einen Ausbau dieses Flughafens in ihrer großen Mehrheit will.

Meine Damen und Herren, was wir derzeit bei der Diskussion um den Ausbau des Flughafens Kassel-Calden erleben, ist leider typisch für die Art und Weise, wie mit derartigen Infrastrukturprojekten umgegangen wird.Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, dass wir bei der Diskussion um den Flughafenausbau zuerst den Fokus auf die Chancen richten sollten, die dieses Projekt für die Region bietet. So sind wir auch in der Region an dieses Projekt herangegangen. Dann gilt es, Chancen und Risiken, die es bei solchen Großprojekten – wir wollen das gar nicht bestreiten – immer gibt, sorgfältig miteinander abwägen. Wir sind nach sorgfältiger Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass die Risiken vertretbar und die Chancen, die der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden der Region bietet, ungleich größer sind und dass wir sie auch nutzen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Auseinandersetzung um Kassel-Calden erinnert mich an die Diskussion über die zwei größten Infrastrukturprojekte der letzten 40 Jahre in

der Region Nordhessen. Als sich die damalige Landesregierung unter dem Ministerpräsidenten Georg-August Zinn

(Günter Rudolph (SPD): Guter Mann!)

für die Gründung einer Hochschule in Kassel einsetzte, gab es damals schon die Bedenkenträger, die wir alle heute so gut kennen.

(Jürgen Walter (SPD): Aber nicht von den GRÜNEN! – Minister Karlheinz Weimar: Die gab es noch nicht!)

Die GRÜNEN gab es damals noch nicht. Das gestehe ich Ihnen zu, Herr Walter.

Ein ganz anderes Argument, was damals immer vorgetragen wurde,war:Es gibt doch in Marburg und in Göttingen zwei renommierte Universitäten;wozu brauchen wir dann in Kassel noch eine Hochschule? – Die Uni Kassel hat heute einen festen Platz in der Region, und niemand wird ernsthaft bestreiten,dass sich gerade diese Universität um die Entwicklung der Region große Verdienste erworben hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein weiteres Beispiel nennen. Auch bei der Diskussion um den Neubau der ICE-Strecke Würzburg – Fulda und der Anbindung an Kassel gab es – meine Damen und Herren von den GRÜNEN, unter Ihrer starken Beteiligung – Gruppen, die die Meinung vertreten haben, eine Anbindung an das ICE-Netz sei nicht nötig, denn mit Göttingen gebe es einen in erreichbarer Nähe liegenden ICE-Bahnhof. Irgendwie kommen einem die Argumente doch bekannt vor.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Niemand, auch die GRÜNEN nicht, möchten heute den ICE-Anschluss missen, weil wir alle wissen, dass er große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung von Kassel und der Region hat. Übrigens, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, habe ich Sie noch nie nach der Wirtschaftlichkeit des ICE-Bahnhofes Kassel fragen hören. Es wäre interessant, einmal zu schauen, ob die eigenen Projekte, die Sie so vehement vertreten, auch den von Ihnen gesetzten Maßstäben einer Wirtschaftlichkeitsberechnung standhalten würden.

(Minister Karlheinz Weimar: Er verdient sein Geld in Fernverkehrsprojekten!)

Ähnliches gilt auch für die Kurhessen-Bahn – ein weiteres wichtiges Infrastrukturprojekt, das übrigens wesentlich teurer als die geplante Maßnahme in Kassel-Calden war.

(Minister Karlheinz Weimar: So ist das!)

Meine Damen und Herren, wie ist denn die Ausgangslage, damit der heute stattfindende Geschäftsreiseverkehr durchgeführt werden kann? Zum Erhalt des Status quo sind Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen beim Flughafen Kassel-Calden von 25,5 Millionen c notwendig. Dann ist aber noch keine einzige Verbesserung erreicht worden, und wir wissen, dass der Flughafen immer defizitär arbeiten würde.

Das bedeutet, meine Damen und Herren von den GRÜNEN – das war Ihr Vorschlag –, Sie wollen 25,5 Millionen c für einen Flughafen ausgeben, von dem wir wissen, dass er auf keinen Fall schwarze Zahlen schreiben wird.

Was das mit seriöser Wirtschaftlichkeit zu tun hat, bleibt jedenfalls mir verschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Ich weise darauf hin, dass dann noch kein einziger neuer Arbeitsplatz am Flughafen Kassel entstanden ist. Wir haben dann zwar 25,5 Millionen c ausgegeben, aber noch kein einziger neuer Arbeitsplatz ist entstanden, und die Zukunft der über 600 Arbeitsplätze bei den am Flughafen angesiedelten Unternehmen ist ungewiss.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, hören Sie jetzt bitte genau zu. Der Ausbau von Kassel-Calden wurde von der Bundesregierung, und damit meine ich die ehemalige Bundesregierung – der Tagesordnungspunkt ist schon etwas älter –, also von der rot-grünen Bundesregierung als vordringlich eingestuft.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Quatsch! Vom roten Verkehrsministerium, aber nicht von der ganzen Bundesregierung!)

Die Begründung ist: Regionalflughäfen gehören zur Verkehrsinfrastruktur wie Schiene, Straße und Wasser.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

(Zuruf von der SPD:Obwohl es gut ist,was er sagt!)

Gerade im Logistikbereich hat Nordhessen ein Potenzial von 33.000 Arbeitsplätzen. Hier gilt es, die Chancen, die der Ausbau von Kassel-Calden gerade in diesem Bereich bieten kann, zu nutzen, weil wir hier Arbeitsplätze generieren können, die diese Region dringend braucht. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Posch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über das Thema Kassel-Calden haben wir uns in diesem Landtag schon häufig unterhalten. Ich möchte das Für und Wider jetzt gar nicht weiter darstellen. Ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass es den GRÜNEN offenbar gerade recht ist, jedes Argument aufzugreifen, um das, was sie an jeder Stelle sagen, hier noch einmal wiederholen zu dürfen. Das ist in der Tat nicht der adäquate Platz, das hier im Hessischen Landtag wiederholt zu tun.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das möchte ich an Ihre Adresse einmal sagen. Deswegen nur so viel zu den Argumenten: Herr Wagner, wenn Sie darauf hinweisen, dass man das aus Paderborner Sicht, aus Hannoveraner Sicht und aus Erfurter Sicht kritisch sieht, dann ist das doch völlig selbstverständlich, weil wir

da natürlich Flughäfen haben, die sich einem neuen Wettbewerb ausgesetzt sehen.

Aber jetzt will ich auf Ihr eigentliches Petitum zurückkommen. Sie sagen jetzt auf einmal, der Landtag beauftragt den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, sich in einer Anhörung mit den Einwänden der Wirtschaft zu beschäftigen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt läuft ein Planfeststellungsverfahren, in dem genau alle diese Aspekte geprüft werden. Es ist nicht die Aufgabe des Hessischen Landtags,anstelle eines Planfeststellungsverfahrens – dies ist ein Verwaltungsverfahren – parallel eine Anhörung durchzuführen.