Zweitens. Wir werden der Frage noch einmal nachgehen, was die Ergebnisse waren. Sie waren in der letzten Woche aus verständlichen Gründen noch nicht in der Lage, zu sagen, was passiert. Ich sage es einmal so: Ich bin mir ziemlich sicher, Sie können in jeder Tages- und jeder Nachtzeit jeden Ort im Frankfurter Bahnhofsviertel kontrollieren, und Sie werden immer jemanden finden, der keine Aufenthaltsgenehmigung hat. Ich sage nicht, dass das zu vernachlässigen ist.Aber man kann nicht sagen, dass das mit islamistischem Terrorismus eines weltweiten Netzwerks zu tun hat. Das ist genau die Frage.
Der eigentliche Punkt, der uns fürchterlich geärgert hat und der unseren Verdacht, dass es vor allem um Aktionismus und Ablenkung geht, bestärkt hat, ist die Tatsache, dass etliche Journalisten Stunden vorher informiert waren und mindestens eine halbe Stunde, bevor der erste Polizeiwagen eintraf, das Kamerateam des Hessischen Rundfunks schon in der Münchener Straße in Frankfurt stand.
Wer so etwas zu verantworten hat, der muss sich den Vorwurf des Aktionismus gefallen lassen, der muss sich gefallen lassen, dass wir davon ausgehen, dass Sie etwas genutzt haben, um zu zeigen, was Sie wieder alles drauf haben. Das spricht nicht gegen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, aber es spricht gegen diejenigen, die Verantwortung für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die politische Verantwortung für die Polizei in Hessen tragen.
Lieben Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Herr Innenminister, das war eben wirklich gut gemacht. Sie haben viele Themen angesprochen, sich vor die Polizei gestellt. Das war wirklich ordentlich in so einer Debatte.
Wissen Sie, wir haben schon etwas mitbekommen von den Themen,um die es wirklich geht.Ich habe den Bericht des Rechnungshofs durchgelesen.Ich glaube,dass das,was Sie
beschreiben, etwas ist, was Sie in der Oppositionsrolle in einer ganz anderen Art und Weise – vielleicht noch viel schärfer – machen würden angesichts dessen,was Sie über das Pferd gesagt haben.
Was war da los? Da gibt es einen Mitarbeiter, der die Kompetenz hat, sehr viel Geld auszugeben und Bestellungen im Telekommunikationsbereich vorzunehmen. Dieser Mitarbeiter wird vor einigen Jahren einer Straftat verdächtigt. Sie sagen im Ausschuss:Wir haben uns das angeguckt und wollten nicht, dass der in irgendeiner Art und Weise so weiter handeln kann. – Ich habe Sie damals angesprochen, dass er offensichtlich noch einmal für mehrere Hunderttausend Euro in diesem Bereich Aufträge erteilen dürfte. Daraufhin haben Sie geantwortet: Das überprüfen wir gerade.
Im Ergebnis hat der Rechnungshof Ihnen attestiert, dass in den Kellerräumlichkeiten des Präsidiums relativ viele Telefone herumliegen, dass sehr viele Verträge abgeschlossen worden sind, dass dort Korruption im Bereich von mehreren Hunderttausend Euro stattgefunden hat, und zwar in einem Präsidium, über das Sie unzweifelhaft die Kontrolle haben. Ich glaube, in Anbetracht dieses Falles – dass man wusste, dass ein Mitarbeiter relativ unschöne Sachen macht, dass man diesen Mitarbeiter nicht von der Stelle abzieht,
dass er weiterhin Aufträge erteilen kann, wohl ohne Kontrolle – müssen Sie sich den Vorwurf der organisierten Verantwortungslosigkeit in Ihrem Haus gefallen lassen.
Ein Innenminister sagt wohl immer bei jeder Kritik der Opposition: Sie greifen die gesamte Polizei an. – Herr Innenminister, das ist ganz grober Unfug. Nichts anderes fordert die Opposition in diesem Hause, als dass Sachverhalte aufgeklärt werden, bei denen dem Land unstreitig ein finanzieller Schaden entstanden ist
und mit dem die gesamte Polizei in der Tat ein Problem hat; denn es wird der Eindruck erweckt, dass die einen oder anderen schlimmen Finger, die bei einer Großorganisation unvermeidbar sind, weiter an ihren Stellen sitzen dürfen. Herr Innenminister, dadurch, dass Sie Ihre Verantwortung nicht wahrgenommen haben, fällt schlechtes Licht auf die Polizei.
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Mich ärgert – das sage ich ganz offen an die Adresse von RotGrün – die absolut verlogene Diskussion, die Sie hier führen,
wenn Sie der Landesregierung vorwerfen, diese Razzia hätte nur etwas mit Aktionismus zu tun. Ich will Ihnen eines sagen: Was würde denn in diesem Lande passieren, was der liebe Gott und von mir aus Allah verhüten möge, wenn es eines Tages in diesem Bundesland zu einem Anschlag kommt und vorher keinerlei Razzien gemacht worden wären, keine Prävention stattgefunden hätte? Sie wären doch die Ersten, die aufgestanden wären und gefragt hätten:Warum habt ihr nichts gemacht?
Das wäre Ihr Vorwurf gewesen. Heute machen wir genau das, was richtig ist, eine Razzia durchzuführen, was im Grunde genommen viel öfter getan werden müsste, was von der Manpower her aber natürlich nicht machbar ist.
Meine Damen und Herren, wenn Sie im Innenausschuss gut aufgepasst hätten, dann hätten Sie sehr wohl gehört, was der Landespolizeipräsident gesagt hat, was der Chef des LKA gesagt hat, dass es nämlich eine sehr erfolgreiche Aktion war, die sehr wohl Erkenntnisse gebracht hat. Wenn etwa 75 % derjenigen, die allein in Frankfurt überprüft worden sind, in irgendeiner Form bereits erkennungsdienstlich bekannt sind, dann wird spätestens hier deutlich, dass es einen sachlichen Hintergrund für diese Razzia gab.
Ein letzter Punkt dazu. Ich will die fünf Minuten gar nicht ausnutzen. Es ärgert mich, wenn Sie sich hier hinstellen, Herr Kollege Rudolph, und über die Ausstattung die Polizei, die Motivation der Polizei usw. herziehen. Das ist verlogen.
Ich kann mich sehr gut daran erinnern: Es war das Jahr 1996, als wir in Wetzlar, und nicht nur dort, eine Bürgerinitiative gegründet haben,
weil die Polizei personell und auch sächlich sehr schlecht ausgestattet war. Es war doch Ihr damaliger Innenminister Gerhard Bökel, der einen Erlass herausgegeben hat
Sie können noch so laut plärren, das ist mir völlig Wurscht –, mit dem er die Laufleistung der Autos der Polizei auf über 200.000 km verlängert hat. Das war dann die Notwendigkeit. Es gab keine Winterreifen. Es gab in der Polizeistation in Wetzlar einen einzigen, privaten Computer.
Das war das Ergebnis Ihrer Politik im Bereich der inneren Sicherheit. Zwischen damals und heute liegen Welten. Deshalb sage ich:Wir haben einen hervorragenden Innenminister, von dem die Polizei weiß, was sie an ihm hat.
Wenn Sie mit der Basis sprechen – ich mache das sehr häufig –, dann gibt es ein entsprechend großes Lob für diesen hessischen Innenminister.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn er schon verteidigt werden muss, dann ist es ernst! – Norbert Schmitt (SPD): Die Basis von den Burschenschaften, oder was?)
Jeder Polizeibeamte in Hessen weiß es: Dieser Minister steht hinter seiner Polizei, und das wird auch so bleiben. Es ist der beste Minister, den Hessen jemals für die Polizei hatte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß sehr wohl, dass wir in Zeitnot sind. Ich will deshalb nur zwei Sätze sagen.
Herr Kollege Walter, zum PTLV gibt es einen Untersuchungsausschuss. Das werden wir dort alles diskutieren.
Ganz besonders wichtig ist mir das, was Herr Al-Wazir gesagt hat, und ich denke, das interessiert alle und muss alle interessieren,nämlich die Fragen,zu der es nicht zuletzt in türkischsprachigen Zeitungen eine kritische Diskussion gegeben hat: Warum machen wir solche Razzien? Sind Verhaftungen z. B. wegen mangelndem Aufenthaltsrecht in irgendeiner Weise ein sinnvoller Beitrag? Sie haben sich sehr kritisch dazu geäußert und haben gesagt: „Das kann eigentlich nichts mit Terrorismusbekämpfung zu tun haben.“ Genau darum geht es mir. Ich habe mich gemeldet, weil es so wichtig ist. Quer über alle Reihen, über alle europäischen Regierungen gibt es ein gemeinsames Konzept. Bei diesem gemeinsamen Konzept ist die Frage fehlender Aufenthaltserlaubnis, illegalen Aufenthalts einer der Kernpunkte in der Aufklärung und im Kampf gegen den Terrorismus.
Dies ist noch einmal verschärft worden, nachdem wir die Erkenntnisse aus Madrid bekommen haben. Meine Damen und Herren, sämtliche Täter in Madrid hatten kein Aufenthaltsrecht. Sie haben sich alle illegal aufgehalten. Genau das ist der Grund, warum es für die Vorfeldarbeit, für die Früherkennung, für die Vermeidung von Gefahren notwendig ist, dass wir dies nicht einfach zur Seite schieben.