Protocol of the Session on October 13, 2005

Dieses Ritual nehme ich nicht an. Dieses Ritual hat auch früher Volker Bouffier nicht angenommen.Das Ritual hat auch Christean Wagner früher nicht angenommen. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, dieses Ritual immer wieder durchzuführen. Denn das hat alles eine Vorgeschichte.

Die Vorgeschichte von Volker Bouffier und Jörg-Uwe Hahn ist bei der hessischen Polizei nun wirklich sehr bekannt.Wir haben während der Zeit, in der wir gemeinsam in der Opposition waren, Dinge angeprangert, die auch anzuprangern waren. Vielleicht haben wir ein Pferd ein bisschen zu lange geritten. Darüber haben wir schon häufiger das eine oder andere Mal gesprochen.

(Beifall bei der FDP – Beifall und Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das Argument: „Hören Sie auf, Sie dürfen darüber nicht reden, denn damit schaden Sie der Polizei.“ ist sozusagen der Versuch, die Opposition mundtot zu machen.

(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

So etwas haben sich die Mitglieder der Union früher auch nie vorhalten lassen. Nehmen Sie das also bitte zurück.

Was ist denn wirklich passiert?

(Minister Volker Bouffier: Ja!)

Herr Kollege bzw. Herr Minister – in diesen beiden Rollen sitzen Sie ja hier –, Folgendes ist wirklich geschehen: Bei dem Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung stimmt einiges nicht. – Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, es ist doch nicht so, dass es dabei nur um eine Person geht. Das ist die Spitze des Eisbergs. Dem Bericht unseres Landesrechnungshofs konnten wir doch entnehmen, dass es eine Reihe von Missständen gegeben hat. Es hat Fehler in der Organisation gegeben. Also, tun Sie bitte nicht so, als ob das ein einzelner Mann, ein schwarzes Schaf gewesen sei, und ansonsten sei beim Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung alles in Ordnung gewesen. Das war es nicht.

Da gibt es noch das Thema mit den Knöllchen. Darüber will ich mich jetzt nicht auslassen. Denn darüber werden letztendlich die Staatsanwaltschaft und die Gerichte entscheiden. Aber das ist nun einmal geschehen. Einer Veröffentlichung der Staatsanwaltschaft kann ich entnehmen, dass nun einmal ein Schaden von etwa 600.000 c entstanden ist.

Es gibt nun einmal Abrechnungsprobleme – das habe ich jetzt sehr diplomatisch ausgedrückt – bei den Personenschützern des Polizeipräsidiums Frankfurt.Die gibt es nun halt einmal. Wenn es nur ganz wenige sein sollten, dann wäre das schon gut.Aber es gibt solche Probleme.

Folgendes hat uns Liberale besonders geärgert. Da fand eine eigentlich sehr notwendige Razzia statt. Ich habe das jetzt sehr bewusst von dieser Stelle aus so gesagt, denn da unterscheiden wir Liberalen uns von den Roten und den GRÜNEN,

(Zuruf von der SPD:Was?)

die erklärt haben, es habe sich dabei nur um eine Schauveranstaltung gehandelt. Nein, es ist doch so: Derartige Razzien müssen in Hessen stattfinden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Uns ärgert dabei, dass sie zumindest in manchen Punkten nicht ordentlich durchgeführt wurde.

(Beifall bei der FDP)

Wie konnte es geschehen, dass ein Mitarbeiter, ein Angestellter des Polizeipräsidiums, diese Razzia verpfeift, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen er es getan hat? Das geht nicht. Das kann nicht sein.

Darüber hinaus darf auch Folgendes eigentlich nicht sein. Nicht nur er hat die Razzia verpfiffen. Offensichtlich haben auch noch andere es der Presse gesagt.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben in der Sitzung des Innenausschusses erfahren, dass die Journalisten bereits eineinhalb bis zwei Stunden vor der Razzia am Ort des Geschehens waren. Wir mussten das aber gar nicht mehr in dieser Sitzung erfahren, weil die Journalisten das schon vorher gesagt hatten.Aber nicht nur das: Polizeipräsident Dr.Thiel musste in der Sit

zung des Innenausschusses auch bekannt geben, dass Journalisten ab 11 Uhr im Polizeipräsidium angerufen hatten. Es muss also eine Stelle gegeben haben, die die Journalisten darüber informiert hat, dass irgendetwas Großes im Bahnhofsviertel stattfinden wird. Das kann nicht sein.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Drittens.Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass bei der Vorbereitung offensichtlich etwas geschehen ist, worüber wir einmal in sehr kleinem Kreise sprechen müssen. Ich bin Volker Bouffier dankbar dafür, dass er dies tun will.

Was meine ich damit? Eine Razzia kann man nur erfolgreich durchführen, wenn zuvor observiert wurde. Eine Observierung darf aber nicht so offensichtlich sein, dass sie bemerkt wird. Sie muss verdeckt stattfinden. Ich will noch nicht einmal sagen, dass Folgendes stimmt: Hier wurde behauptet, dass die Observation vor der Razzia nicht völlig verdeckt durchgeführt wurde, dass der eine oder andere das also bemerken konnte.

Nun könnte man sagen, dass die Razzia doch die und die Ergebnisse erbracht hat und dass die und die Personen verhaftet wurden. Diese Ergebnisse finde ich gut. Aber man kann doch auch vermuten: Hätte es diese Löcher nicht gegeben, hätten möglicherweise noch mehr und wichtigere Personen verhaftet werden können.

Deshalb habe ich folgende Äußerung gemacht: Ich bin jetzt 18 Jahre in diesem Parlament und darüber ein bisschen ergraut. Das ist aber bei Volker Bouffier und mir während dieser Zeit gemeinsam so geschehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das macht aber doch deutlich: Da ist etwas, geht deshalb mit diesem Thema offensiv um.

Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch auf etwas eingehen, was Volker Bouffier gleich sagen wird. Er wird eine Geschichte über eine Friseurin erzählen und sagen, daran könne man erkennen, wie bekloppt die Öffentlichkeit reagiere.

Herr Kollege Hahn, sagen Sie es aber bitte schnell.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und FDP)

Er soll diese Geschichte ruhig erzählen. Er soll dabei aber nicht vergessen, dass es bei der hessischen Polizei tatsächlich Probleme gibt, die gelöst werden müssen. Die könnte man gemeinsam still lösen.Aber der Minister tut nicht so, als ob er sie lösen möchte. Deshalb mussten wir diese Diskussion heute hier führen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD))

Ich bedanke mich. – Das Wort hat Herr Kollege Rudolph für die SPD-Fraktion.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Herr Rudolph, ganz ruhig!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es läuft in der Tat nicht gut für Hessens Innenminister Bouffier. Nachher werden wir noch über einen Erlass diskutieren, den kein Mensch versteht und den er fünfmal korrigieren musste.

Herr Minister, weiterhin müssen wir feststellen, dass Sie das völlig verhunzte Ballungsraumgesetz zu verantworten haben.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!)

Es ist auch wahr, dass es Skandale bei der hessischen Polizei gibt. Das reicht vom Vorwurf der Korruption bis hin zum Verrat einer Razzia gegen Islamisten.

Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, das alles ist nicht nur ärgerlich.Vielmehr geht es dabei auch um die Frage der politischen Verantwortung. Die trägt dieser Innenminister und sonst keiner hier in diesem Haus oder in diesem Land.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben sich hierhin gestellt und gesagt, das sei ein ärgerlicher Vorfall, aber es handele sich um die Machenschaften einer einzelnen Person, die im Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung gearbeitet habe. Es geht um einen Korruptionsfall zulasten des Landes Hessen. Es geht da um eine Schadenssumme von mehreren Hunderttausend Euro.Über Jahre hinweg haben die Kontrollmechanismen völlig versagt. Es erhebt sich die Frage, ob es so etwas wie Dienst- und Fachaufsicht überhaupt gab.

Da haben Sie sich hierhin gestellt, larmoyant geredet, mehrere Tempotaschentücher verbraucht und gesagt, das sei ein Einzelfall, das sei alles nicht so schlimm.

Der Bericht des Rechnungshofs ist eine schallende Ohrfeige. Herr Innenminister Bouffier, ziehen Sie sich diesen Schuh ordentlich an. Sagen Sie: Ja, ich stehe zu meiner Verantwortung. – Es handelt sich da nicht um einen Einzelfall.Offensichtlich stimmen die Strukturen in dem Amt nicht, um das es geht. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Hätten Sie konsequent durchgegriffen, wäre dieser Schaden gar nicht entstanden. Wir werden Ihnen im Untersuchungsausschuss nachweisen,dass es schon vor vielen Jahren ernst zu nehmende Hinweise gab, die Sie schlicht und ergreifend ignoriert haben.

(Clemens Reif (CDU):Wir zittern schon!)

Herr Reif, Sie sollten sich erst einmal sachkundig machen, bevor Sie so unqualifiziert dazwischenrufen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das, was die Herrn Kollegen Frömmrich und Hahn angesprochen haben, sind doch keine Dinge, die die böse Opposition erfunden hat.Vielmehr ist das jetzt Teil staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Teilweise liegen dazu auch schon rechtskräftige Urteile vor.