Protocol of the Session on July 14, 2005

Herr Kaufmann, auch wenn es den nicht mehr gibt, werden Sie sich daran erinnern können, wofür ein Schlussverkauf da war: Der diente nämlich dem Handel dazu,

(Reinhard Kahl (SPD): Stauffenberg!)

sich von unverkäuflichen oder schlecht verkäuflichen Waren zu trennen.Was Sie machen, ist, dass Sie hessische Immobilien auf diese Art und Weise schlechtreden, und das ist unanständig.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD – Rein- hard Kahl (SPD): Stimmt, daran sind wir jetzt wieder schuld!)

Ziel der hessischen Politik müsste es sein – das gilt auch für Sie als Opposition –, dafür zu sorgen,

(Norbert Schmitt (SPD): Sollen wir von „Restekiste“ reden?)

dass wir die Vermögenswerte des Landes Hessen zu einem guten Preis verkaufen können,

(Jürgen Walter (SPD):Weg damit!)

und nicht, dass wir diese schlechtreden und sagen, es sei ein „Schlussverkauf“, als müsse man sich von schlechten Dingen trennen.

(Norbert Schmitt (SPD): Restekiste!)

Sie schaden damit den Interessen des Landes Hessen.

(Beifall bei der CDU)

Aber worum geht es? Die Vermarktung von Immobilien dient zwei Zielen. Das Erste ist, dass die Union und die Regierung erkannt haben, dass das Anbieten von Büroflächen eine wirtschaftliche Dienstleistung ist und dass wirtschaftliche Dienstleistungen Private besser erfüllen können. Übrigens steht die hessische Regierung damit nicht allein. Es gibt ja in Berlin immer noch einen Finanzminister,der aus Hessen kommt.Eichel heißt er.Wenn Sie auf die Internetseite des Bundesfinanzministeriums schauen, können Sie sehen, dass da steht: Die Bundesregierung hat sich für die Schaffung eines effizienten und bürgerfreundlichen Staates ausgesprochen. Leitbild ist der aktivierende Staat, der von Politik und Gesellschaft eine neue Abgrenzung zwischen öffentlicher Verwaltung, staatlichen und kommunalen Leistungen sowie öffentlichen und privaten Unternehmen fordert. Dazu gehört auch

(Norbert Schmitt (SPD): ÖPP!)

hören Sie doch einmal zu, was Herr Eichel hier auf seiner Internetseite schreibt,

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist doch gut! Das kennen wir doch!)

auch wenn ich weiß, dass weite Teile der SPD fernab von dem sind, was die Bundesregierung meint, diese Diskrepanz wird auch durch die Zwischenrufe wieder deutlich –, heißt es da weiter, dass sich die öffentliche Hand aus Beteiligungen zurückzieht, und zwar in den Bereichen, wo

private Initiativen diese Aufgaben zumindest ebenso gut erfüllen können. Die Privatisierungspolitik der Bundesregierung orientiert sich an diesem Grundsatz und ist damit Teil einer umfassenden Staatsmodernisierung.

In einem Aufsatz heißt es – auch im Internet veröffentlicht –: 1998 wurde das Leitbild des aktivierenden Staates geprägt.Privatisierungspolitik versteht sich seither als Teil umfassender Reformpolitik für eine moderne, effiziente Aufgabenverteilung in Staat,Verwaltung und Wirtschaft.

Es gibt aber neben dieser grundsätzlichen Überlegung auch finanzielle Ziele, und zwar, dass das Land Hessen Einnahmen benötigt, denn die Alternative wäre aufgrund der weggebrochenen Steuereinnahmen – was wir der verfehlten Bundespolitik zu verdanken haben –, dass wir auf Leistungen verzichten. Dann müssen Sie als Opposition schon sagen, wenn wir diese Verkaufserlöse nicht erzielen sollen, wo Sie das Geld hernehmen wollen. Wollen Sie mehr Schulden machen?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es werden doch Schulden gemacht! – Reinhard Kahl (SPD): Was machen Sie, wenn Sie alles verkauft haben?)

Wollen Sie, wie es früher einmal war, erheblich weniger Lehrer haben? Das sind die Fragen, die Sie beantworten müssen, und das tun Sie nicht.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Bevor Ihre Redezeit zu Ende ist, sollten Sie noch zum Rechnungshofsbericht kommen!)

Dann darf ich Ihnen auch noch sagen, was der Bund in dem Zusammenhang getan hat. Dazu heißt es, auch nachzulesen auf der Seite des Finanzministeriums: Um die vom Grundgesetz vorgegebene Grenze für die Neuverschuldung einzuhalten, haben wir für 2005 Privatisierungserlöse von rund 15 Milliarden c eingesetzt. – So der Bund.

(Reinhard Kahl (SPD): Aber das Finanzministerium des Bundes wird nicht verkauft!)

Jetzt hören Sie doch einmal zu, was Herr Eichel dazu meint.

Herr Kollege Caspar, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD)

Angesichts der immer noch fragilen wirtschaftlichen Lage gibt es hierzu keine Alternative, so Hans Eichel. Noch ein Hinweis: Der Bund hat 1999 für 842 Millionen c Immobilien vermarktet, 2000 für 841 Millionen c. So geht das weiter: im Jahr 2003 für 466 Millionen c.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Hessen: 800 Millionen c!)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Das Wort hat der Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Solide und transparent, wahr und klar, wie Haushaltswirtschaft zu sein hat, ist das nicht, sondern sprunghaft, windig, wirr, unüberlegt und nicht ganz seriös“. Meine Damen und Herren, dieses Zitat aus der Zeitung für kluge Köpfe kennen Sie schon.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es beschrieb und beschreibt immer wieder richtig die miserable Qualität der Finanzpolitik von Karlheinz Weimar.

(Minister Karlheinz Weimar: Der Standardsatz!)

Dieser Satz ist allerdings zwischenzeitlich, Herr Weimar, zu einer echten Schmeichelei für Sie geworden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die Transaktionen, die in Ihrer Verantwortung vorgenommen wurden und jetzt zukünftig beabsichtigt sind, können nicht mehr so nachsichtig beurteilt werden wie seinerzeit das Nachtragshaushaltschaos. Von daher stammt das Zitat.

Meine Damen und Herren, den WSV, Weimars Schlussverkauf,hat Herr Kollege Caspar in seiner eben durchweg enttäuschenden Rede – weil er seinem Namen jetzt überhaupt nicht entsprochen hat –

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hier schon angesprochen. Weimars Schlussverkauf war schon im vergangenen Jahr das von uns GRÜNEN gesetzte Label für die vorsätzliche, systematische Verringerung des Vermögens des Landes mit dem einzigen Ziel, die Haushaltslücke optisch etwas erträglicher zu gestalten. Mittlerweile ist der Begriff schon Allgemeingut geworden. Das könnte einen als Erfinder des Begriffs freuen, wenn die Folgen für das Land nicht so schädlich wären. Leider werden bei diesem WSV nicht wie in der Wirtschaft gute Geschäfte gemacht, sondern es wird hastig neues Geld beschafft,und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Kosten und Lasten in der Zukunft dadurch entstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Man kann mittlerweile nicht mehr bestreiten, dass die Transaktion, die getätigt wurde, für das Land eine zusätzliche Belastung bedeutet.Wir werden noch lange die Kredite für ein Objekt abbezahlen, das jetzt verkauft wurde, ohne dass der Verkaufserlös zur Tilgung verwendet wurde. Nein, er wurde im Haushalt verfrühstückt. Aber wir haben zusätzlich Mietkosten zu leisten, und das über 30 Jahre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Überlegen Sie sich einmal ganz kurz – hier spreche ich auch den Kollegen Caspar an –: Wenn man das in der Wirtschaft machen würde, wäre man dem betrügerischen Bankrott recht nahe; denn wenn man das Objekt verkauft, ohne die Kredite, die man dafür aufgenommen hat, zurückzuzahlen, dann hat man das Doppelte am Hals. Genau das macht diese Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Ministers Karlheinz Wei- mar)

Das ist bei der öffentlichen Hand leider rechtlich zulässig – das ist unbestritten, Herr Weimar –, weil die Kredite sich auf den ganzen Haushalt beziehen.Aber de facto wurden die einzelnen Objekte damit finanziert, die Sie jetzt verkaufen,um das Geld nicht etwa zur Tilgung zu verwenden, sondern im laufenden Haushalt zu verfrühstücken.

Der Verkauf des Behördenzentrums Gutleut war der erste Übungsfall. Wir haben uns vor kurzem mit der Bewertung befasst. Herr Kollege Schmitt ist auch schon auf das eingegangen, was der Rechnungshof niedergeschrieben hat und was in der Debatte im Haushaltsausschuss herauskam. Im Ergebnis kann man feststellen: Nur mit äußerster Anstrengung ist dies als ein rentierliches Geschäft darzustellen. Wenn man die Bewertung des Hessischen Rechnungshofs übernehmen wollte, müsste man in der Tat den Mittelwert einer Bandbreite ansetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Bandbreite der Einschätzung ist natürlich ein statistischer Wert. Deswegen ist die Mittelung richtig. Dann hätten wir – der Kollege Schmitt hat es schon erwähnt – Verluste von 8 Millionen c zu buchen und keinen rechnerischen Gerade-noch-Überschuss von 800.000 c, wie der Finanzminister vorrechnen will.

Ich kann den Satz noch einmal zitieren – meine Damen und Herren, denken Sie darüber nach, es kommen möglicherweise noch weitere Verkäufe –: