Protocol of the Session on July 12, 2005

Meine Damen und Herren von der CDU, ich sage Ihnen relativ klar: Wir Sozialdemokraten glauben schon, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich mit ein wenig Mühe darum kümmern müssen, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen in der Lage sind, das zu tun. Der Begriff „Marktteilnehmer“ macht aus einem großen Menschen jedenfalls eine ganz kleine Schablone. Das ist nicht unsere Politik. Das werden Sie verantworten müssen. Ich glaube, an der Stelle haben wir eine bessere Idee vom Menschen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Vielen Dank, Kollege Grumbach. – Das Wort hat der Kollege Heinrich Heidel, FDP-Fraktion.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) – Jürgen Walter (SPD): Keine Vorschusslorbeeren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Den Antrag der GRÜNEN könnte man auch überschreiben mit:„Die grünen Verkaufsberater erklären dem Verbraucher die schöne neue Konsumwelt.“

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heinrich hat wieder nichts verstanden!)

Oder man könnte ihn überschreiben mit: „Der dumme Verbraucher muss vor dem kriminellen, konventionellen Landwirt geschützt werden.“ Das sind die Überschriften, die mir, Herr Kaufmann, bei Ihrem Antrag einfallen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kann nichts für Ihre Einfalt, Herr Kollege!)

Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Der Verbraucher konsumiert bewusst, auch ohne Ihre grüne Ideologie. Er kann sehr wohl entscheiden, was er kauft.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Im Gegensatz zu dem, was Sie uns hier suggerieren wollen, will er die Entscheidungsfreiheit auch haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Warum nehmen Sie ihm diese dann?)

Sie wollen uns nämlich suggerieren, Sie müssten alle Entscheidungen für den Verbraucher treffen.Ich werde Ihnen das an ein paar Punkten deutlich machen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unglaublich!)

Ich beginne mit Ausführungen zum Informationsfreiheitsgesetz. Das hat die FDP im Bundesrat mitgetragen. Sie hat auch maßgeblich dazu beigetragen, dass es bei den von CDU und FDP geführten Ländern durchgegangen ist. Was ermöglicht es dem Bundesbürger? Es ermöglicht ihm Akteneinsicht bei vielen Behörden. Dazu gibt es Ausnahmen. All das wissen wir. Das findet nicht statt, wo es um die äußere und innere Sicherheit und wo es um die fiskalischen Interessen des Bundes geht. Das halten wir für richtig. Wir haben in der Fraktion sehr intensiv darüber

diskutiert, ob wir ein hessisches Informationsfreiheitsgesetz brauchen. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass viele datenschutzrechtliche Gründe dagegen sprechen. Deswegen werden wir die Forderung der GRÜNEN, in Hessen ein solches Gesetz einzuführen, ablehnen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha! War wohl nichts mit der Bürgerrechtspartei!)

Zweiter Punkt: Lebensmittel- und Futtermittelrecht. In dem am 15. Juli im Vermittlungsausschuss behandelten Gesetzentwurf zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes verfolgt die Bundesregierung ein Überwachungsgesetz vom Acker bis auf den Teller, und zwar durch – das will ich ganz deutlich sagen – die Zusammenlegung und Vermischung von Lebensmittel- und Futtermittelrecht in einem Gesetz. Wenn man etwas vermischt, dann verursacht das allenfalls Rechtsunsicherheit. Das wird mit diesem Mammutgesetz,das von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, erzeugt.

(Zuruf der Abg. Christel Hoffmann (SPD))

Deshalb wird diese Zusammenfassung des Regelwerkes von der FDP abgelehnt.

(Beifall bei der FDP)

Ich werde Ihnen auch sagen, dass wir dem Ansatz „vom Acker bis auf den Teller“ vom Grundsatz her zustimmen.

(Zuruf der Abg. Christel Hoffmann (SPD))

Frau Kollegin Hoffmann, ich betone noch einmal ausdrücklich, dass, wenn man das Lebensmittelhygienegesetz, das Futtermittelgesetz, das Bedarfsgegenständegesetz, das Kosmetik- und Verbraucherinformationsgesetz miteinander vermischt und verquirlt, keiner mehr durchblickt. Das sorgt beim Verbraucher für Unsicherheit und nicht für Sicherheit und Klarheit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es wäre nach unserer Auffassung viel sinnvoller und zielführender gewesen, die bestehenden Einzelgesetze an das bestehende EU-Recht in beiderlei Richtung anzupassen. Diese Anpassung an das EU-Recht hat auch etwas mit Wettbewerb zu tun, Herr Kollege Grumbach. Deshalb meine ich,dass es wichtig ist,dass sie an das EU-Recht angepasst werden und keine Vermischung vieler Gesetze in einem großen Topf stattfindet.

Als der Gesetzentwurf zur Verbraucherinformation im Vermittlungsausschuss war, ist dieser Teil wieder herausgestrichen worden.Es ist wohl keinem gedient,wenn nach Auffassung der Wirtschaft Betriebsgeheimnisse gefährdet sind, wenn Produktinformationen gefährdet sind, wenn diese herausgetragen, der Konkurrenz zugänglich gemacht werden und auf den Markt dringen. Frau Kollegin, das wiederum ist ein Produkt der Verunsicherung, die Sie mit Ihrer Verbraucherpolitik in Berlin betreiben. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie den Verbraucher bewusst verunsichern wollen, um immer wieder das grüne Fähnchen der Hilfsbereitschaft und des Allheilmittels der grünen Botschaften voranstellen zu können.

Zum Thema Energiewirtschaftsgesetz will ich nur so viel sagen: Es ist schon abstrus, wenn Folgendes eingebracht wird: „die ausufernden Regelungen der Stromkennzeichnungspflicht“.Meine Damen und Herren,wovon träumen Sie denn nachts?

(Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das erzähle ich dir nicht!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich, was der Verbraucher wissen will. Der Verbraucher will wissen: Was kostet mich die Energie? Wie sicher ist die Energie? Wo kann ich sie in Zukunft beziehen? – Er will nicht anhand von Kennzeichnungspflicht und Bildern sehen, wo der Strom herkommt.

(Zuruf des Ministers Dr.Alois Rhiel)

Und die Windrichtung, Herr Minister. Sie haben Recht. Das wäre noch etwas, was man entgegnen könnte.

Was lernen wir daraus? Die Verbraucherschutzpolitik der GRÜNEN ist ein Paradebeispiel dafür,wie nach ideologischer Auffassung der GRÜNEN Deutschland beglückt werden muss. Man will den Bürgern jegliche Entscheidungsfreiheit nehmen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie wollen, dass die Wertmaßstäbe, die Sie selber haben, bei allen anderen angelegt werden. Das wird der Verbraucher nicht mitmachen. Der Verbraucher ist mündig und hat es nicht nötig, von Ihnen bevormundet zu werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Margaretha Hölldobler- Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will ein Beispiel dafür nennen.Dann können Sie gerne darauf antworten. Nach Ihrer Ideologie gibt es die dummen Verbraucher und die kriminelle Wirtschaft.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach Heinrich, was erzählst du denn da?)

Weil das so ist, gibt es auch die kriminellen Landwirte. Weil wir kriminelle Landwirte haben, Herr Kollege AlWazir, muss dann ein so genannter Feldbeobachter zum Einsatz kommen, der mit dem bekannten Stasi-Schlapphut den Einsatz des Pflanzenschutzes in der Landwirtschaft überwachen und kontrollieren soll. Das ist ein Auswuchs Ihrer Kontrollpolitik, Ihrer Überwachungspolitik, die Sie in diesem Staate betreiben wollen. Herr Kollege Al-Wazir, das macht die Bürgerrechtspartei FDP nicht mit.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bürgerrechtspartei!)

Bei dem Thema will ich an der Stelle auch sagen, dass wir beim Bankgeheimnis dafür Sorge tragen, dass das, was Sie abgeschafft haben, wieder eingeführt wird.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist das Einzige, wo ihr für Bürgerrechte seid: beim Bankgeheimnis! Das wird schon seine Gründe haben! – Lebhafter Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Denn es kann nicht angehen, dass Sie, Herr Kollege, weiterhin bespitzeln. In anderen Bereichen, wo man dem Verbraucher viel mehr Freiheit geben könnte, nämlich beim Thema Ladenschluss, beim Thema Gentechnik, höre ich überhaupt nichts von Ihnen. Da hat sich Deutschland aus dem Kreis der führenden Industrienationen abgemeldet. Herr Kollege Häusling, Deutschland hat sich abgemeldet. Die Folge davon können Sie am Arbeitsmarkt sehen. Sie können tagtäglich die Arbeitslosenzahlen sehen, weil sich Deutschland aus dem Kreis der Industrienationen abgemeldet hat.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Martin Häus- ling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Reinhard Kahl (SPD): Das ist wirklich schwer verdaulich!)

Dass in Hessen die Lebensmittelüberwachung,die Futtermittelkontrolle, der Verbraucherschutz und der Tierschutz in einem Ministerium zusammengeführt worden sind,war ein richtiger Schritt.Die Synergieeffekte können und müssen genützt werden.

(Zuruf der Abg.Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb, Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alfons Gerling (CDU): Bitte noch einmal!)

war es ein „wunderbarer“ Akt, wie Sie Verbraucherverunsicherung betrieben haben, als Sie im vergangenen Jahr den angeblich fehlenden Sprit durch die Begleitung eines Lebensmittelkontrolleurs und durch Ihren Einsatz als Chauffeur beheben wollten. Sie haben den Menschen an dieser Stelle wieder einmal Angst suggerieren wollen, eine Angst, dass keine Lebensmittelkontrolle stattfindet, weil das Auto nicht betankt sei.

Das ist Ihre Politik. Das macht eine Partei, die es zugelassen hat,dass die Zahl der Lebensmittelkontrolleure in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung unter 100 gesunken ist. Dieses Absinken unter 100 wurde von Ihnen damals klaglos hingenommen.

Ich habe von Ihnen auch kein Wort zum Thema Importe von Nahrungsmitteln in die Bundesrepublik Deutschland gehört.Auch dazu haben Sie kein Wort gesagt, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Das wird von Ihnen vernachlässigt. Frau Kollegin Apel hat schon darauf hingewiesen: Hier hat Frau Künast grenzenlos versagt. Sie überlässt das Risiko an der Stelle dem Verbraucher, ohne ihm die nötigen Informationen zu geben. Das ist die Politik von Rot-Grün in Berlin.