Man überlegt, dass man einen bestimmten Betrag erwirtschaften muss, und fragt sich: Wie geht das, und zwar sozialverträglich? Sie setzen auf Befehl und Gehorsam. Das ist der zentrale Unterschied. Das ist ein falscher Ansatz in Ihrer Personalpolitik.
Natürlich haben auch die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst Angst und Sorge um ihre Arbeitsplätze. Das ist doch verständlich und legitim. Nicht jeder ist Ministerialrat oder -dirigent im Ministerium oder im engeren Umfeld eines Ministers, sondern es gibt auch viele Beschäftigte, die BAT VIb oder VII bekommen. Da ist das Gehalt natürlich deutlich geringer. Deswegen war und bleibt es falsch, Herr Innenminister, dass Hessen aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ausgestiegen ist. Es ist weiterhin falsch, wenn die Landesregierung meint, ihre Blockadehaltung aufrechterhalten zu müssen. Die abgeschlossene Tarifvereinbarung – das war eben eine Haarspalterei des Kollegen Haselbach – hat zur Folge, dass jetzt konkrete Ergebnisse vorliegen. Es ist egal, wie man das Ding nennt. Über die Ergebnisse kann man reden.
Hessen ist im Konzert der Bundesländer isoliert. Außer Berlin sind alle anderen 14 Bundesländer weiterhin in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.
Ja, außer Berlin. Herr Boddenberg, Sie müssen zuhören und sollten nicht nur arrogant irgendetwas dazwischenrufen.
Herr Hahn, an einer Stelle haben Sie Recht: Man muss nicht 1 :1 das übernehmen,was da verhandelt wird.Sie haben völlig Recht. Der Druck bei den Ländern ist, was die Personalkosten angeht, am größten. Das hängt mit der Struktur zusammen.Warum nimmt aber die Landesregierung Gesprächsangebote der Gewerkschaft ver.di nicht ernst? Mit der Genehmigung der Kolleginnen und Kollegen von ver.di darf ich einmal einen Brief anführen – –
Ver.di schreibt am 14. Februar an Herrn Ministerpräsident Koch, dass man jetzt zu Gesprächen bereit ist. Man weist auf die abgeschlossenen Vereinbarungen hin. Und dann steht da noch:
In diesem Zusammenhang bieten wir an, gemeinsam mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder für den Hochschul- und Forschungsbereich wissenschaftsspezifische Regelungen zusätzlich zu verhandeln.
Das ist ein ernsthaftes Angebot. Bis heute gab es noch keine Antwort an ver.di. So gehen Sie mit ver.di um.
Ja, Herr Minister, ich habe heute Morgen mit einem Kollegen von ver.di gesprochen. Es liegt keine Antwort vor. Da wird also Politik nach Gutsherrenart gemacht: Wir verordnen, und ihr habt das umzusetzen. – So geht das nicht.Als Unverschämtheit ist dieses Verhalten – –
Jetzt schweigen Sie erst einmal. Die Regierungsbank kann sich nachher äußern. Herr Minister, ich muss Ihnen zuhören. Das müssen Sie jetzt an dieser Stelle auch ertragen.
Ihr Verhalten ist ein erneuter Beleg für die Arroganz dieser Landesregierung und dafür, wie sie mit dem Personal und den Vertretungskörperschaften umgeht. Da passt auch in das Bild, wenn Sie Mitbestimmungsrechte abbauen, weil man angebliche Reformprozesse am besten ohne die Mitarbeiter durchführt.Dann kommen schlechte Ergebnisse dabei heraus, und man wundert sich, dass das in Hessen alles nicht mehr funktioniert.
Die abgeschlossenen Tarifvereinbarungen sind ein Weg in die richtige Richtung. Das ist ein Paradigmenwechsel. Schauen Sie sich das einmal an. Es ist ein Weg hin zu flexibleren Arbeitszeiten. Die bisherige Trennung von Arbeitern und Angestellten wird aufgehoben. Auch die alte Eingruppierung,die sich nur am Lebensalter orientiert,ist so nicht mehr vorhanden. Das sind Schritte hin zu einem modernen Dienstrecht. Das brauchen wir gemeinsam. Das eröffnet auch Möglichkeiten für die Länder. Deswegen ist Ihre Verweigerungshaltung an dieser Stelle völlig falsch. Nein, das ist ein modernes Instrument der Personalpolitik und der Personalwirtschaft.
Damit erreichen Sie auch mehr Einspareffekte als mit Ihrer Politik von Gehorsam. Wenn Sie die Mitarbeiter mit auf den Weg nehmen,dann ist das der richtige Ansatz.Gut motivierte Mitarbeiter sind bessere Mitarbeiter als solche, die völlig frustriert und durch Ihre Politik verunsichert sind.
Noch etwas zu Ihrer Mär. Herr Innenminister, Sie reden von einer Erhöhung der Arbeitszeit auf 42 Stunden auch für die Angestellten. Wenn man das einmal 1 : 1 umrechnet, sind möglicherweise weitere 5.000 Arbeitsplätze in der Landesverwaltung bedroht. Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen.Wir schaffen keine Einstellungskorridore mehr. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zur Vergreisung der Verwaltung. Offensichtlich haben Sie nach wie vor das Ziel, möglichst viel outzusourcen und zu privatisieren – nach dem Motto: Die machen alles besser. – Nein, wir müssen schon im Rahmen der Aufgabenkritik festlegen, welche Aufgaben der Staat wahrnehmen will. Dann haben wir auch gemeinsam die Verpflichtung, hierfür entsprechend gut qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen. Auch das ist die Aufgabe eines vernünftigen Arbeitgebers.
Der Sonderweg, den Sie gehen und den insbesondere auch der Ministerpräsident gehen will, ist lediglich der Versuch politischer Rechthaberei des Herrn Koch und
der politischen Profilierung auf Kosten der Beschäftigten. Dieser Weg ist falsch. So werden die Probleme der Reduzierung und Begrenzung der Personalkosten nicht gelöst. Hessen muss in einem ersten Schritt seine Obstruktionsund Konfrontationspolitik ablösen.
Deswegen ist es auch richtig und konsequent, wenn Hessen seine Verweigerungshaltung aufgibt. Deswegen ist es auch richtig und wichtig, dass der abgeschlossene Tarifvertrag eine gute Grundlage für vernünftige Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften bietet. Ein entsprechendes Angebot liegt vor.
Es liegt an Ihnen, Herr Bouffier, dieses Angebot anzunehmen und dann zu schauen, was dabei herauskommt. Das wäre für die Erhaltung des Friedens im öffentlichen Dienst im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und aller Menschen wichtig. Es ist nicht so, dass die Mitarbeiter nicht bereit wären, Einbußen hinzunehmen. Sie haben ihnen einiges zugemutet. Das findet auf anderen Ebenen im öffentlichen Dienst statt. Das zu negieren und zu sagen,das sei alles nichts,zu sagen:„wir reden nicht mit euch,sondern wir legen das über Gesetze fest“,ist der völlig falsche Ansatz. So hat man Personalpolitik und Bewirtschaftung vielleicht im ausgehenden 20. Jahrhundert gemacht, aber nicht mehr im Jahre 2005.
Lernen Sie endlich umzukehren. Herr Boddenberg, wenn Sie das Wort „Gewerkschaft“ hören, kommt bei Ihnen ein pawlowscher Reflex hoch.
Ich bin froh, dass es Gewerkschaften gibt, die seit 60 Jahren mit zum sozialen Frieden in diesem Land beitragen. Darauf können wir gemeinsam stolz sein.
Deswegen können Sie sich Ihre Sprüche sparen. Diese Sprüche können Sie auf Ihren Kreisparteitagen der CDU machen.Hier geht es um 150.000 Menschen in Hessen,die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Sie haben ein Recht darauf, dass sie anständig und fair behandelt werden. Deswegen ist der Antrag der Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN der richtige Ansatz: miteinander reden,miteinander ringen und die Frage beantworten,wie man im öffentlichen Dienst die Personalkostensteigerung begrenzen kann, um gemeinsam zukunftsfähiger Arbeitsplätze zu erhalten. Das ist vernünftig und richtig. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph,zunächst muss ich einmal aufs Schärfste zurückweisen, dass Sie behaupten, die CDU würde das Land Hessen als ihr Eigentum betrachten.
Wir tragen Verantwortung für dieses Land. Das ist ein qualitativer Unterschied. Dass Sie in der Vergangenheit das Land und, wie man heute sieht, den LWV als Ihr Eigentum betrachtet haben, ist Ihr Problem. Dass Sie jeden politischen Machtwechsel nicht als einen demokratischen Vorgang, sondern als einen Diebstahl betrachten, haben wir in der Debatte heute Vormittag erlebt.
Herr Rudolph, Ihr ganz persönliches Problem ist, dass Sie nur Amtsstuben besuchen und ansonsten mit Scheuklappen durch dieses Land gehen.
Die Lebenswirklichkeit des Mittelstandes und der vielen 100.000 Menschen, die in diesem Land durch ihr Arbeitseinkommen und die daraus resultierenden Steuern unter anderem auch Gehälter und Löhne im öffentlichen Dienst zahlen, nehmen Sie schon lange nicht mehr wahr. Die Menschen, die dort um ihren Arbeitsplatz fürchten, sind selbstverständlich bereit, Einschränkungen in dieser Krise in Kauf zu nehmen, ebenso wie Mehrarbeit, die weit über das hinausgeht,was uns Entwürfe von Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst vorschlagen.
Wenn Sie in Haushaltsberatungen noch ernst genommen werden wollen, müssen Sie sich als Sozialdemokrat in diesem Landtag auch ein Stück weit in der Rolle des Arbeitgebers und dürfen sich nicht nur in der Rolle des Lobbyisten des öffentlichen Dienstes gerieren. Im Übrigen tun mir diejenigen Leid, die lediglich Lobbyisten wie Sie haben, Herr Rudolph, denn die sind eher als Opfer zu betrachten.