Protocol of the Session on March 17, 2005

Produzieren wir irgendetwas billiger? Haben wir neue Märkte?

(Zuruf von der CDU: Nein!)

Können wir irgendetwas anders machen? Wir können gar nichts machen, außer bald oben drauflegen. Das Einzige, was allen einfällt,ist,neue Stellen nicht wiederzubesetzen.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

So viele frei werdende Stellen gibt es aber gar nicht. Außerdem haben Sie ein Problem: Nehmen Sie Lehrer und Polizei, da ist es nicht sehr klug, dort gar keinen mehr einzustellen.Deshalb hat diese Landesregierung für beide Bereiche Einstellungskorridore vorgesehen.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Das Einzige, was ein solcher Tarifabschluss bewirkt, ist eine Mehrverschuldung. Wenn Sie dann durchs Land gehen und da und dort die Brocken zusammensuchen müssen,dann ist weder Herr Schily noch Herr Bsirske noch einer der anderen dabei, die das in der Nacht verkündet haben. Die stellen sich aber anschließend auch noch hin und

beweinen das Elend dessen,was sie vorher angerichtet haben. Das ist das Allergrößte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb darf es – und wird es jedenfalls mit mir – ein solches Verfahren nie mehr geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb hat der Kollege Hahn völlig Recht: Hessen ist tariffähig, und wir verhandeln auch. – Ich sage völlig entspannt, wenn ver.di nicht verhandeln will, ist es auch gut. Das ändert nichts. Dann werden wir Stück für Stück die neuen Verträge umstellen. Die, die neu eingestellt werden, werden zu neuen Konditionen eingestellt, und irgendwann ist das Problem gelöst. Dann kann mir ver.di mitteilen, sie fänden das gut oder schlecht, aber es hat keine allzu große Auswirkung mehr. Es sollte niemand glauben, dass die Landesregierung an dieser Ecke erpressbar ist. Das will ich sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mir macht das auch keinen Spaß. Aber wenn es nicht gelingt, aus diesen tradierten Verhaltensweisen der Verbände herauszukommen, dann werden die Bürgerinnen und Bürger den Schaden bezahlen,und alle die,die es vorher angerichtet haben, sind nachher nicht mehr da. Wir haben deshalb jeden Anlass, uns ganz intensiv um dieses Thema zu bemühen.

Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen, weil es auf die Mittagspause zugeht und ich die Kollegen nicht um die Mittagspause bringen will. Hier ist mehrfach gesagt worden, wir hätten von den Beschäftigten Unzumutbares verlangt. Ich halte ausdrücklich fest: Dem ist nicht so.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich bin ausdrücklich anderer Auffassung. Ich hätte auch nicht zugelassen, von jemandem etwas Unzumutbares zu verlangen.Wir haben Dinge verlangt, die nicht angenehm sind, zum Teil auch bedrückend, aber unzumutbar sind sie nicht.Was haben wir denn eigentlich gemacht? Wir haben das Weihnachtsgeld um knapp 30 % gesenkt.

Herr Minister, lassen Sie noch eine Frage zu?

Verzeihen Sie, Frau Präsidentin, ich würde jetzt gerne zu Ende kommen.

Wir haben das Weihnachtsgeld von den knapp 90 auf 60 % bei den Aktiven und bei den Pensionären auf 50 % gekürzt. Wir haben das Urlaubsgeld bis zur Besoldungsgruppe A 8 gelassen und danach in Wegfall kommen lassen. Ist das unzumutbar? Wir haben die Arbeitszeit, gestaffelt auf 40,41,42 Stunden,erhöht.Ist das unzumutbar? Meine Damen und Herren, glauben Sie im Ernst, dass 30 Minuten Arbeitszeitverlängerung, die jetzt in Potsdam vereinbart wurden,30 Minuten in der Woche Deutschland nach vorne bringen? Außerhalb derer, die da verhandelt haben,und außerhalb der engen Grenzen des öffentlichen Dienstes wird so etwas für einen Witz gehalten, wenn ich komme und sage, wir müssen in der Woche 30 Minuten länger arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Ich will zwei abschließende Bemerkungen machen. Kollege Williges hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir den Blick einmal außerhalb des öffentlichen Dienstes schweifen lassen sollten. Wenn Sie über das Weihnachtsgeld reden, wenn Sie über Kürzungen des Urlaubsgeldes reden, dann gibt es in diesem Lande sehr viele Arbeitnehmer, die beides schon lange nicht mehr haben. Worum geht es uns eigentlich? Wir haben 5,2 Millionen Arbeitslose, und ich sowie die ganze Landesregierung möchten dazu beitragen, dass wir endlich davon wegkommen, dass alles, was wir haben, ausschließlich für die eingesetzt wird, die im System schon drin sind, dass aber nichts mehr übrig bleibt für die, die draußen stehen oder die jung sind, die nach uns kommen. So kann das nicht laufen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Dann dürfen Sie aber nicht 10.000 Stellen abbauen! Das passt mit dieser Aussage nicht zusammen!)

Deshalb bedeutet moderne Tarifpolitik nicht nur den Beifall derjenigen, die schon trocken sitzen, sondern dass man auch noch etwas intelligent gestaltet für diejenigen, die uns fragen: Hattet ihr nicht den Mut, ein Stück zu verändern? Wart ihr zu feige, ein Stück zu verändern, damit für uns auch noch etwas bleibt? – Ich möchte jedenfalls diesen Vorwurf nicht tatenlos entgegennehmen. Deshalb wird diese Landesregierung immer gesprächsbereit sein. Wir sind offen, aber ich sage genauso deutlich: Was dort vereinbart wurde, und die Forderung „Tretet wieder ein“ kann keine Grundlage für erfolgreiche Gespräche sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat Frau Fuhrmann das Wort.

(Zurufe)

Ich freue mich, dass Sie sich so freuen, wenn ich mich melde,meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU.Sie hätten es abkürzen können, wenn Sie eine Zwischenfrage zugelassen hätten. Insofern muss ich die jetzt von hier aus stellen. Diese Möglichkeit haben wir Gott sei Dank.

Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, Sie hätten nichts Unzumutbares verlangt. Das kann man so oder so sehen. Man kann natürlich die freie Wirtschaft gegen den öffentlichen Dienst ausspielen. In der freien Wirtschaft haben wir inzwischen zum Teil Lohndumping und andere Zumutungen.

Ich möchte Sie zum Stichwort 42-Stunden-Woche nur eines fragen: Halten Sie es für eine besonders gute Maßnahme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn Sie – plus Fahrzeiten – jungen Müttern eine 42-Stunden-Woche statt einer 38,5-Stunden-Woche zumuten? Mich erreichen jedenfalls säckeweise Klagen über die 42-StundenWoche.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir haben keine Wortmeldungen mehr.

Bevor ich über den Antrag entscheiden lasse, möchte ich darauf hinweisen, dass der Abg. Hahn darauf aufmerksam macht – das will ich hier förmlich feststellen –, dass nach den Richtlinien für den Umgang mit Verschlusssachen im Bereich des Hessischen Landtags, Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Hessischen Landtags, in § 13 festhalten ist, dass der Schutz von persönlichen, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen es erfordert, dass Akten, sonstige Unterlagen und die Beratungen der Ausschüsse geheim zu halten sind. Ich bitte die Landtagsverwaltung, das Protokoll daraufhin zu überprüfen, ob vor dem Hintergrund dieser Bestimmung etwas zu tun ist.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend keine Blockade des Tarifverhandlungsergebnisses für Arbeiter und Angestellte durch die Landesregierung, Drucks. 16/3622, soll an den Innenausschuss überwiesen werden. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.

Meine Damen und Herren, es ist jetzt zwar 13 Uhr, aber angesichts unserer unendlich langen Tagesordnung möchte ich Sie fragen, ob wir die Beschlussempfehlungen ohne Aussprache aufrufen können.

(Zurufe: Nein!)

Das finde ich nicht in Ordnung,ich beuge mich aber.Die Sitzung wird um 14 Uhr wieder aufgenommen.

(Unterbrechung von 13.02 bis 14.01 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Plenarsitzung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 50 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend Scheinvaterschaften entschiedener bekämpfen – Drucks. 16/3757 –

Dazu wird Tagesordnungspunkt 83 aufgerufen:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Scheinvaterschaften wirksam bekämpfen – Drucks. 16/3790 –

Es sind zehn Minuten Redezeit pro Fraktion vereinbart worden. Als erster Redner hat der Abg. Wintermeyer für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass momentan das Haus ziemlich leer ist, insbesondere auf der Seite der SPD-Fraktion, ist angesichts der Informationen verständlich, die wir gerade aus Schleswig-Holstein erhalten haben. Bei uns sind die Reihen vielleicht auch deshalb leer, weil das Wetter so schön ist – nicht nur das politische Wetter, sondern auch das tatsächliche Wetter.

Ich will zum Thema kommen. Bundesweit häufen sich die Fälle von Vaterschaftsanerkennungen,mit denen lediglich ein Aufenthaltstitel und die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt werden sollen. Es werden soziale und finanzielle Notlagen ausgenutzt,um Aufenthaltsrechte und staatliche Leistungen in Deutschland zu erhalten. Die Entwicklung zeigt, dass ein Handeln des Bundesgesetzgebers dringend erforderlich und die Zeit zum Aussitzen vorbei ist.

Ähnlich wie bei dem Phänomen der so genannten Scheinehen, die auch nur zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltsrechts geschlossen werden, wird nun der gleiche Effekt mit der so genannten Scheinvaterschaft erzielt.Auf

die zunehmende Anzahl von Scheinehen hat der Gesetzgeber allerdings reagiert und entsprechende Regelungen in das Familienrecht aufgenommen. Überdies ist das Eingehen von Scheinehen sowie deren Vermittlung strafbar geworden.

Das Phänomen Scheinvaterschaft ist mindestens seit 2001 bekannt. Seitdem nimmt die Zahl der Missbrauchsfälle stetig zu.Das ist auch der rot-grünen Bundesregierung bekannt, aber sie handelt bisher nicht.

Die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag will mit dieser Initiative über unsere Landesregierung erreichen, dass Scheinvaterschaften unmöglich gemacht werden und die Gesetzeslücke, die sich aufgetan hat, geschlossen wird.

(Beifall bei der CDU)

Ungeachtet der Millionen Euro zu Unrecht gezahlter Sozialleistungen zulasten der Allgemeinheit sind insbesondere die Folgen für die betroffenen Kinder ein großes Problem.