Zweiter Punkt. Herr Kollege Haselbach hat darauf hingewiesen: Die Haltung aller Länder ist von der Sache her mehr als begründet. Es kann nicht sein und es wird mit dieser Landesregierung auch nicht passieren, dass völlig unterschiedliche Betroffenheiten keinerlei Berücksichtigung finden.Wenn der Bund, der ganz wenig eigenes Personal hat, im Gesamthaushalt mit 9 bis maximal 10 % betroffen ist,
die Kommunen mit maximal 25 % und die Länder mit rund 50 %, dann liegt doch auf der Hand, wer ernsthaft darüber diskutiert, dass man nicht alle über einen Leisten schlagen kann. Das ist nicht böswillig, sondern das ist vernünftig. Deshalb haben wir jahrelang versucht, bei diesem völlig ungeeigneten Instrument Veränderungen herbeizuführen. Das ist nicht gelungen. Deshalb sind wir ausgetreten.Warum hat kein Land an dieser Tarifverhandlung teilgenommen, und zwar unabhängig von der Farbe, kein einziges Land? Weil wir es uns nicht bieten lassen können, dass ein Bundesinnenminister, egal, wie er heißt, Verhandlungsführer ist und Geschäfte zulasten Dritter macht.
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Warum verhandeln dann die anderen und Sie nicht?)
Übrigens, reden Sie einmal mit dem Kollegen Vesper. Der kann Ihnen ziemlich genau erklären, warum das so ist.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die verhandeln aber wenigstens! – Norbert Schmitt (SPD): Sie lenken von dem zentralen Vorwurf ab, dass Sie mit den Gewerkschaften nicht verhandeln!)
Ich komme schon noch auf den zentralen Punkt. Der zentrale Punkt ist, dass die Vereinbarung in vielen Punkten noch völlig offen ist, auch hinsichtlich der Kosten. Sie haben sich mit den Vereinbarungen großzügigerweise nicht beschäftigt, jedenfalls nicht hier im Vortrag. Hätten Sie das getan, dann wüssten Sie, dass bis September verhandelt wird, was die Eckpunkte im Einzelnen bedeuten. Dann werden wir feststellen, was das kosten soll.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben doch schon gesagt, dass es 60 Millionen c kostet! In der Pressemitteilung steht: 60 Millionen c!)
Es geht weit über diese jährlichen „20 Millionen c“ plus hinaus. Meine Damen und Herren, damit ich hier nicht missverstanden werde: Das Thema ist für uns von allergrößter Bedeutung. Deshalb nehme ich mir auch die Freiheit, hierzu ein paar Takte zu sagen, damit ich es nicht dreimal machen muss.Wir begrüßen ausdrücklich die Flexibilisierung des BAT. Wir waren immer dafür. Wir sind bereit, morgen hierzu in Gespräche einzutreten. Wir sind ausdrücklich für Leistungskomponenten. Ich bin nicht für eine Leistungskomponente, die das Unternehmen nur verteuert. Genau das ist bisher der Inhalt. Sie haben nämlich eine Besitzstandsklausel und eine ab 2007 auf 8 % in Summe aufsteigende Zusatzvergütung vereinbart. Es steht bedauerlicherweise nirgends, wie das bezahlt wird.
Wenn Sie 8 % auf die Summe der Vergütung der hessischen Angestellten draufrechnen, werden Sie sehen, dass die Rechnung auf jeden Fall noch nicht abgeschlossen ist.
Herr Schmitt,für Sie mag es kein Argument sein,zu prüfen, was das kostet, für mich ist es das aber schon.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es steht drin, wie das finanziert wird! Das müssen Sie der Ehrlichkeit halber sagen!)
Bei dem Kinderzuschlag habe ich persönlich allergrößte Probleme. Aber das kann ich nur für mich persönlich in Anspruch nehmen und nicht für die Regierung, weil das, wenn wir über Familienfreundlichkeit diskutieren, eine Frage ist, die ich näher behandeln will, ohne mich festzulegen. Ich werde auch hier vor dem Hause keine Einzelheiten von denkbaren Tarifgesprächen vortragen. Das werden Sie auch verstehen. Aber ich sage Ihnen ganz offen:An der Stelle habe ich ein Problem.
Wenn wir bei den Beamten die Sonderzahlung auf 60 % reduziert haben, kann mich doch keiner zum Jubeln veranlassen, wenn ich bei den Angestellten bei 90, 80 und irgendwann bei 70 % bin. Das ist nicht das Problem.
Ich füge hinzu: Hier fehlt eine Diskussion über eines der ganz großen, ganz schlimmen Finanzprobleme: Das ist nämlich die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Das hat hier überhaupt noch nie einer angesprochen. Die ist vor Jahren mit 15 Milliarden DM im Defizit gewesen. In einer großen Kraftanstrengung ist diese Defizitentwicklung angehalten worden. Sie ist im Zuwachs gebremst, und alle Insider wissen, das ist von der Dimension her viel, viel größer als vieles, was wir hier diskutieren. Darüber ist man in vier Verhandlungsrunden über fünf Jahre keinen wirklichen Meter weitergekommen. Auch das gehört dazu, weil es nämlich in Summe bezahlt werden muss.
Da komme ich zu dem Punkt, der nicht unerwähnt bleiben kann.Wenn Personalkosten der größte Block unserer Ausgaben sind – das bestreitet ja wohl niemand –, dann stellt sich die spannende Frage: Gibt es eine vernünftige Chance, diese zu reduzieren?
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Aber daran waren Sie aktiv beteiligt, an der Personalkostensteigerung!)
Herr Frömmrich, ich versuche jetzt wirklich, das in der Sache darzustellen. Übertreiben Sie es nicht. Ich habe vorhin beim Thema Personalkommission sehr genau zugehört.
Ich trage Ihnen jetzt sehr genau die einzelnen Punkte vor. Wenn Sie wissen, dass der Landeshaushalt mit einer Fülle von Dingen belastet ist,die Sie nicht kurzfristig verändern können, dann ist der größte Ausgabenblock einer, an den eine handelnde Regierung herangehen muss, und zwar ganz egal, wer sie stellt. Das ist mit der „Operation sichere Zukunft“ geschehen. Das können Sie für gut, das können Sie für schlecht halten. Das führt im Ergebnis dazu, dass wir der Auffassung sind, dass wir mit weniger Personal – und ich sage noch einmal, Herr Suchan hat 1998 von einem Abbau von 25.000 Stellen gesprochen – das gleiche Leistungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten wollen.Wir glauben, dass wir das auch durch den wesentlichen Schritt der Arbeitszeitverlängerung tun können. Das kann man alles bestreiten, aber das ist die Logik dahinter. Wer diese für falsch hält, der muss eine andere Planung vorlegen und sagen, wie er dazu kommt, diesen Kostenblock zu reduzieren. Ich habe bisher noch keine andere Planung gehört.
Deshalb haben wir uns auf diesen zugegebenermaßen nicht sehr erfreulichen Weg gemacht.Wenn Sie sich in der Bundesrepublik Deutschland umschauen:So oder ähnlich verfahren alle anderen Länder, wobei ich unter dem Stichwort „unzumutbar“ nachher noch einmal auf zwei Beispiele eingehen werde.
Deshalb ist das notwendig – und dies muss vollzogen werden –, und deshalb war das, was für die Beamten beschlossen wurde, notwendig. Es ist unser politisches Ziel, dies für die Angestellten nachzubilden. Deshalb haben wir – wie alle Länder – die Tarifverträge an dieser Stelle gekündigt. Die Reaktion von ver.di war: Weil ihr gekündigt habt, reden wir nicht mehr mit euch –. Herr Rudolph hat eben nur einen Teil des Briefes vorgelesen.
Ja, ist okay. Zumindest ist das eine intelligente Begründung –. Jetzt sage ich dem Haus einmal, was da noch drinsteht. Da steht nämlich: Ver.di fordert uns auf, wieder in die Tarifgemeinschaft zurückzukehren. Das ist der erste Teil des Briefes, den Sie aus Zeitgründen jetzt nicht vollständig vortragen konnten.
Das kann ja nun nicht ernst gemeint sein, nachdem wir Ihnen zehnmal erklärt haben, wie wir das sehen.Andererseits ist seit über einem Jahr schriftlich wie mündlich beiden Gewerkschaften vorgetragen worden: Wir sind verhandlungsbereit. – Das erkläre ich auch heute hier vor dem Haus:Wir sind verhandlungsbereit –.Nur,wenn einer die Verhandlungen davon abhängig macht, dass wir in eine Tarifgemeinschaft eintreten, ist das ungefähr genauso, als ob ich ver.di vorschreibe, mit wem die in einer Gemeinschaft sitzen. Das wird es nicht geben.
Meine Damen und Herren, uns wird aus vielen Gründen noch Folgendes sehr stark zu beschäftigen haben. Ich sage das so ruhig, wie ich das meine. Sie haben von den Tarifvereinbarungen von Potsdam gesprochen. Ich spreche von den Tarifvereinbarungen, die in Potsdam letztes Mal getroffen wurden. Ich habe in diesem Hause schon einmal vorgetragen: Ich halte es für unerträglich und im Grunde
Es ist unglaublich, dass auf Zuruf im Minutentakt am Schluss unter vier Augen etwas verkündet wird,nachts um 3 oder um 4 Uhr der Presse vermittelt wird. Das betrifft Herrn Schily, früher Herrn Seiters, Herrn Kanther, das ist mir jetzt völlig egal, wie immer die hießen. Ein sozialdemokratischer Bundeskanzler ist einmal mit zurückgetreten, weil ihn ein ÖTV-Chef niedergemacht hatte. Jetzt ist Herr Bsirske dabei. Die stellen sich nachts hin und rufen: Der Friede ist gesichert. – Was bedeutet das? Dieser Friede bedeutet für uns 224 Millionen c Mehrausgaben.
Frau Präsidentin, ich wollte das in keiner Weise unangemessen sagen, sondern ich wollte nur sagen, ich habe es gehört.
Herr Frömmrich, haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie wir diese 224 Millionen c Mehrbelastung für den hessischen Steuerzahler auffangen?