tigen, dass sie mit der Kürzung der Mittel für Erziehungsberatungsstellen, mit der Streichung der Sozialarbeiterstellen an den Schulen, mit der Reduzierung der Gruppenarbeit in sozialen Brennpunkten auch ein Stück weit Abbau des Jugendschutzes gerade für diese Gruppe betrieben hat.
Abschließend möchte ich noch einmal Folgendes sagen. Ich übe keine Kritik an den Institutionen des Jugendschutzes in den Medien. Ich übe auch keine Kritik an dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag. Ich will auch keine Kritik an der auf fünf Jahre angelegten Evaluation üben.
Ich denke aber, einige Handlungsfelder sind jetzt, zwei Jahre nach In-Kraft-Treten des Staatsvertrags, glasklar erkennbar. Zum einen geht es da um ein noch stärkeres Engagement der Wirtschaft in der Selbstkontrolle und in der Prävention. Ich denke, die im Internet tätigen Gesellschaften investieren zu wenig in die Aufklärung und den aktiven Schutz der Nutzer. Häufig fehlen spezifische kostenfreie Seiten für Kinder und Jugendliche. Mehr Medienpädagogik in den Kindergärten und Schulen wäre wünschenswert.Außerdem müsste die Medienkompetenz auch in außerschulischen Bildungsangeboten gefördert werden.Vor allem müsste es ein vermehrtes und verstärktes Bemühen um die von mir genannte Risikogruppe geben. – Ich danke Ihnen.
Frau Eckhardt, vielen Dank. – Als Nächste hat sich Frau Hinz zu Wort gemeldet. Frau Hinz, bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in dieser Debatte zunächst einmal meinen Blick auf diejenigen richten, die vom Jugendmedienschutz besonders betroffen sind. Das sind die Kinder und die Jugendlichen. Dann stellt sich vor allen Dingen natürlich als Erstes die Frage: Wie rezipieren Kinder die Darstellungen in den Medien? – Diese Frage stellt sich sowohl für das Fernsehen wie auch für den Computer.Wie sind die Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung und die Verhaltensmuster?
Frau Eckhardt hat schon betont, dass es keinen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Gewaltdarstellungen und dem Verhalten einzelner Kinder und Jugendlicher gibt. Zumindest gibt es keine Studie, die einen monokausalen Zusammenhang belegt.
Allerdings scheint es so zu sein, dass es Kinder und Jugendliche gibt, für die hoher Medienkonsum und Konsum von Gewaltdarstellungen in den Medien sozusagen die i-Tüpfelchen sind, die gewalttätiges Verhalten auslösen. Das ist dann der Fall, wenn sie in einem sozial schwierigen Umfeld leben und nicht gelernt haben, andere Lösungsmuster zu finden, und in der Realität keine anderen Vorbilder haben als diejenigen, die man mit Gewalt ausleben kann.
Die Medien gehören bei uns heute zum Alltag. Das heißt, wir können und wollen sie nicht verbieten.Wir wollen sie auch nicht verdammen.
Wichtig ist aber, dass wir Kindern unterschiedliche Erfahrungsräume bieten. Je jünger sie sind, umso mehr Eigenaktivität brauchen Kinder, umso mehr Erfahrungsräume brauchen sie, um sich die Welt aktiv anzueignen und konstruktive Möglichkeiten zu finden, mit Problemen umzugehen und auch im sozialen Kontext mit anderen Menschen umzugehen.Dann ist es auch möglich,dass man den Umgang mit Medien als eine Ergänzung zur Kinderwelt hinzunimmt, damit die Kinder den ganz selbstverständlichen Umgang mit Medien lernen können.
Wenn man sich anschaut, wie das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen ist: Es ist erschreckend, wie viele Stunden schon kleine Kinder vor dem Fernsehapparat sitzen, teilweise stundenlang, jeden Tag, erst vor dem Fernseher, dann vor dem Computer und anschließend vor der Nintendo-Spielkonsole oder anderen Spielen. Das bedeutet nicht nur, dass sie zu wenig eigenaktiv sind, sondern auch, dass sie permanent Lösungen vorgelebt bekommen, ohne dass sie selbst eigene Problemlösungen einüben können oder ausprobieren können, wo Grenzen sind. Wenn man die Realität immer nur vorgespiegelt bekommt,aber die Realität selbst nicht erproben kann,dann kann man aus meiner Sicht nicht zu einem aktiven Erwachsenen werden, der mit dem Leben zurechtkommt.
Das heißt im Umkehrschluss: Wir brauchen für Kinder gute Freiflächen, in denen sie sich bewegen können. Wir brauchen für Kinder qualifizierte Angebote, die ihnen andere Erfahrungsräume bieten. Wir brauchen Anreize für Kinder, damit sie sehen, dass das reale Leben schöner ist, als stundenlang in die Glotze zu gucken oder stundenlang am Computer zu sitzen.
Ich weiß, dass es schwierig ist, aber ich glaube trotzdem, dass es notwendig ist, diese Forderung zu erheben, auch im Anschluss an die Debatte, die wir gestern zur Kinderbetreuung in Hessen hatten: Wir brauchen qualifizierte Angebote aller Art für Kinder, damit sie mehr Möglichkeiten haben und in ihren Möglichkeiten nicht auf Medien eingeschränkt werden.
Es sind natürlich im weitesten Sinne die Erzieher und Erzieherinnen gefragt. Da sind zuerst die Eltern zu nennen. Die haben die größte Verantwortung dafür, wie der Umgang mit Medien zu Hause stattfindet.
Wir müssen Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken, sodass Eltern für Kinder andere Angebote machen können und sie nicht einfach vor dem Fernseher abstellen, weil sie nicht wissen, was sie mit ihnen machen sollen. Wir brauchen Orientierungen für Eltern, aber auch Qualität bei den Fernseh- und Radioprogrammen. FLIMMO ist ein Beispiel, das ich immer gerne nenne.Wir brauchen aber auch so etwas wie Familienbildungsstätten, wo die Erziehungskompetenz von Eltern gestärkt wird, ihren Kindern mit einer entschiedenen Haltung gegenüberzutreten und sie durchzuhalten, wenn sie sagen: Nein, es reicht heute mit dem Medienkonsum.
Deswegen halte ich es für falsch, dass an den Familienbildungsstätten und an solchen Angeboten für Eltern seitens der Landesregierung gespart wird, statt sie auszubauen.
Kindergärten und Schulen haben die Aufgabe, soziale Kompetenz und auch Medienkompetenz zu vermitteln. Es gibt inzwischen sehr gute Bausteine, die von der LPR entwickelt worden sind.Die LPR ist zuständig für den Bereich Medienkompetenz. Es gibt gute Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher in diesem Bereich. Es gibt hervorragende Medienbausteine,um mit Kindern im Kindergarten die Medienkompetenz zu stärken, sie im Umgang mit Medien zu schulen, sie aber auch spielerisch zu lehren, wie sie z. B. beeinflussbar sind durch Werbung, aber auch, wie man mit Medien umgehen kann, nicht nur als Konsument, sondern als Akteur, indem man z. B. Radiosendungen macht, sodass Kinder hinter die Kulissen schauen können.
Das halte ich für eine Medienkompetenz, die dringend notwendig ist, weil ich glaube, dass ein Produzent von Medien einen anderen Blick auf Medien wirft, wenn er später als Konsument davorsitzt.
Unsere Forderung ist, dass im Bildungs- und Erziehungsplan, der hoffentlich irgendwann in diesem Jahrhundert vorgelegt wird,
auch die Medienkompetenz als wichtiger Baustein behandelt wird; denn sie gehört heutzutage zu einer umfassenden Persönlichkeitsentwicklung.
Auch in den Schulen sollte die Medienkompetenz groß geschrieben werden. Nach den Lehrplänen wird sie scheinbar groß geschrieben. Wir haben inzwischen auch einen Haufen Computer in den Schulen. Trotzdem bleibt zu sagen, dass viele Lehrerinnen und Lehrer immer noch nicht in der Lage sind, einfache PCs so im Unterricht einzusetzen,dass sie dort von den Schülerinnen und Schülern als selbstverständliches Werkzeug eingesetzt werden können. Da ist noch viel an Fort- und Ausbildung zu tun. Es reicht nicht aus, dass mit solchen neuen Medien gearbeitet wird,sondern mit den Schülerinnen und Schülern müssen Projekte gemacht werden – –
Habe ich zur Erheiterung beigetragen, Herr Klein? Dann wüsste ich gerne, warum. Dann kann ich mitlachen.
(Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Ich habe gesagt, dass die Lehrer nicht so dumm sind, wie Sie sie dargestellt haben!)
Das hat mit Dummheit gar nichts zu tun, sondern es hat damit zu tun, dass man in die Lage versetzt wird, nicht nur durch Hardware, sondern durch eine entsprechende Fortbildung Kenntnisse zu haben, um mit Schülern im Unterricht zu arbeiten. Das ist bei weitem nicht Alltag in den Schulen. Frau Ministerin, das müssten Sie zur Kenntnis nehmen.
und wie viele Lehrer zwar inzwischen einen Kurs gemacht haben und selbst am Computer arbeiten können,aber sich immer noch nicht in der Lage sehen, ihn tatsächlich im Unterricht einzusetzen.
Aber das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Eigentlich ist es auch in der Schule wichtig, den Computer nicht nur als Werkzeug einzusetzen, sondern auch dort den kritischen Umgang mit Medien, auch mit Fernsehen, auch mit Radio zu erlernen, z. B. auch den kritischen Umgang mit Internetseiten. Es muss gefragt werden, wer hier wen beeinflusst, wer was aus welchen Gründen ins Internet stellt und wie man das rezipiert.
Auch das ist wichtig als Unterrichtsinhalt, und ich denke, dass an den Schulen noch viel zu tun ist. Wir fordern die Landesregierung auf, hier durch weitere Fort- und Ausbildung entsprechend tätig zu werden.
Ich komme zum Schluss. – Mit einem letzten Satz nehme ich Bezug auf die gestrige Diskussion zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Den wichtigsten Part bei den Anbietern müssen wir noch einmal besprechen, auch in der Anhörung, die wir im Hauptausschuss vorhaben. Es geht um die Qualität im Angebot bei öffentlich-rechtlichen Sendern, vor allem aber auch bei privaten Sendern. Es gibt eine Grauzone bei Gewaltdarstellungen und pornographischen Darstellungen, die sich immer weiter nach unten verschiebt. Wir müssen sie aufhalten, wir müssen immer wieder Dämme einbauen; denn sonst funktioniert die Aufsicht nicht mehr. Wenn die Gesellschaft irgendwann sagt: „Es ist uns egal, was da gezeigt wird“, dann wird auch die Aufsicht nichts mehr machen können. Von daher ist es eine öffentliche, gesellschaftliche und politische Aufgabe,
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich mich recht herzlich für die Beantwortung der Großen Anfrage bedanken, auch wenn wir nicht Antragsteller waren. Erlauben Sie mir dann ein paar Bemerkungen. Das Thema Medienkompetenz, welche Auswirkungen Gewaltdarstellungen in den Medien haben, ist ein Thema, dessen wir uns seit Jahrzehnten annehmen, und zwar in vermehrtem Umfang, als das Rundfunksystem im Hinblick auf die Installierung privater Rundfunkanbieter verändert worden ist.
Die Antwort auf die Große Anfrage ist für mich nicht enttäuschend. Aber in einer Weise stimmt sie mich nachdenklich. Ich habe den Eindruck, wir stecken unglaublich viel Geld in die Medienwirkungsforschung. Es hat bisher
mehr als 5.000 Studien und Untersuchungen gegeben. Wenn ich es richtig zusammenfasse, kommt man immer wieder zu dem gleichen Ergebnis, dass es keine monokausalen Zusammenhänge gibt, dass aber irgendetwas doch schon daran ist, dass es doch Zusammenhänge gibt.
Deswegen frage ich prinzipiell: Brauchen wir immer wieder neue Untersuchungen? Wenn ja, dann muss man spezifisch nachdenken, in welchen Bereichen zusätzliche Untersuchungen notwendig sind. Ich glaube, dass das Material, das wir zur Wirkungsforschung haben, durchaus ausreichend ist, weil zumindest festgestellt werden kann, dass es einen kausalen Zusammenhang gibt. In welcher Weise dies der Fall ist,dass dies wiederum abhängig davon ist, um welche Kinder es sich handelt, aus welchem sozialen Milieu sie kommen und Ähnliches mehr, sind zusätzliche Aperçus, die dabei eine Rolle spielen.
Deswegen stellt sich für mich die Frage, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Frau Hinz, Sie haben etwas angesprochen. Die Zahlen selbst stimmen schon bedenklich. Sehen Sie sich einmal die Antwort auf Frage 4 an. Da heißt es:
In Bezug auf Hessen hat jugendschutz.net im Berichtszeitraum vom 1. November 2002 bis zum 31. Oktober 2003 112 Angebote erfasst; hiervon waren 67 Angebote (60 v. H.) unzulässig... Mit 60 v. H. lag Hessen damit im Bereich der durchschnittlichen Unzulässigkeitsquote aller erfassten Angebote in Höhe von 62 v. H. Ö
Ich kritisiere das gar nicht. Es ist jedoch keine Rechtfertigung. Man kann nicht sagen, dass das Problem gelöst ist, wenn sich Hessen im Bereich der durchschnittlichen Unzulässigkeitsquote aller erfassten Angebote befindet.
Die Frage ist, ob wir nicht festlegen müssen – Sie haben die LPR angesprochen –,wo darüber zu diskutieren ist.Es geht meines Erachtens auch darum, sicherzustellen, dass die erforderliche Programmbeobachtung tatsächlich stattfindet. Dabei müssen wir auch über Sanktionsmechanismen nachdenken, die die Anbieter selbst betreffen. Ich weiß, dass das immer seine sehr schwierige Frage ist, weil es letztlich darum geht,ob ein Programmanbieter vor dem Aus steht oder nicht.