Protocol of the Session on December 15, 2004

Es wäre auch wichtig, eine differenzierte Diskussion zu führen, weil sehr schnell alles verwischt wird. Kollege Rhein, das haben Sie in Ihrer Rede getan. Es wird sehr schnell aggressives Verhalten und Kriminalität miteinan

der vermischt. Da gibt es sehr deutliche und sehr wichtige Grenzen.

(Zuruf des Abg. Boris Rhein (CDU))

Ich weigere mich, dass wir bei Kindern schon von kriminellem Verhalten sprechen.

(Boris Rhein (CDU):Es gibt klare juristische Grenzen!)

Wenn wir bei den Jugendlichen sind – die fangen mit 12, 13 Jahren an – und ich auf das Beispiel des Ministers mit den 13-Jährigen komme, dann frage ich Sie, Herr Minister:Was für eine Chance geben Sie diesem Kind, wenn Sie es wegsperren wollen? – Sie werden mir zustimmen, dass bei einem Kind, das mit 13 Jahren reihenweise straffällig geworden ist,alles schief gelaufen ist,was es in diesem Leben erlebt hat. Ich frage mich, warum wir uns als Gesellschaft nicht verpflichtet fühlen, das nachzuholen. Wenn wir sie 20 Jahre wegsperren, dann kommen sie mit 33 Jahren raus.Was ist dann? – Genau das ist die Frage:Was bieten wir an, um eine Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rentsch, Sie haben groß herausgestellt, die Kinder und Jugendlichen lernten im Elternhaus viele Dinge nicht mehr.Dann verstehe ich Sie einfach nicht,wenn Sie sagen: Aber mit 18 Jahren werden sie nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das geht nicht. Das passt nicht zusammen. – Herr Rhein, wenn Sie die Sprachkompetenz als kriminalitätsverhindernd beschwören, kann ich dazu nur sagen: armes Hessen. – Natürlich stehen wir hinter den Programmen zum Erlernen der deutschen Sprache.

(Boris Rhein (CDU):Wo waren Sie denn, als es um die Vorlaufkurse ging? – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, Boris!)

Doch.Aber wir glauben,dass nicht jedes Kind potenziell gefährdet ist, kriminell zu werden. Das kommt daher, dass die Sprachkurse keine Maßnahmen sind, um der Kriminalität vorzubeugen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Boris Rhein (CDU): Es ist wirklich unglaublich!)

Herr Bouffier, Sie haben die Vereine sehr gelobt. Darin kann ich Sie nur unterstützen. Die Vereine tun unendlich Wichtiges in diesem Lande.Aber ich habe es auch erlebt, wie schwierig es ist, Randgruppenjugendliche in Vereine zu integrieren. Sie kennen das Problem. So einfach ist das nicht. Die Jugendlichen, über die wir sprechen, die Probleme mit unserer Rechtsordnung haben, sind in diesen Vereinen meistens nicht zu finden. Da sind andere Projekte gefragt, und da haben Sie gekürzt.

Schauen Sie sich Ihr Regierungsprogramm zum Thema Jugend noch einmal genau an.Ich kann es nicht verstehen, wie Sie angesichts dieser Defizite,die Sie bei Jugendlichen beklagen, dort so wenig zu bieten haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zu der Großen Anfrage der Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Jugendgewalt und Jugendkriminalität.

Wir kommen vereinbarungsgemäß zum Tagesordnungspunkt 44:

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU betreffend Beteiligungen von politischen Parteien an Printmedien – Drucks. 16/2437 zu Drucks. 16/1894 –

und Tagesordnungspunkt 45:

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP betreffend Beteiligung von politischen Parteien an periodischen Druckwerken – Drucks. 16/2438 zu Drucks. 16/2082 –

Zuerst hat sich Frau Hinz zu Wort gemeldet. Bitte sehr – fünf Minuten Redezeit, Frau Hinz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute unter diesem Tagesordnungspunkt einen bemerkenswerten Sinneswandel der CDU zu diskutieren. Entgegen der Forderung der CDU nach klarer Kennzeichnungspflicht der Zeitungen, was die Frage der Beteiligungen angeht, die vor allem der Kollege Hoff immer erhebt – er ist immer für Transparenz, für Kennzeichnung und ist der Meinung, dass alle Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, was hinter einer Zeitung steckt –, wollen Sie auf einmal dafür sorgen, dass die Bevölkerung nur noch unzureichend davon informiert wird, wer eigentlich hinter den Beteiligungen steckt, d. h. wer die Zeitung finanziert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum geht es genau? – Es gab einen Antrag der CDU, dass eine wirtschaftliche Beteiligung von politischen Parteien an Printmedien offen gelegt werden soll, möglichst im Impressum. Wir GRÜNE waren der Meinung, dass es nicht weit genug geht; denn nicht nur politische Parteien und deren Holdings finanzieren Zeitungen, sind Eigentümer oder halten Beteiligungen, sondern alle Unternehmen,die in irgendeiner Form Beteiligungen halten,sollten im Impressum erscheinen, damit die Leserinnen und Leser wissen, wer dahinter steckt. Nicht nur politische Parteien könnten, wenn sie wollen, Einfluss nehmen, sondern jedes Unternehmen kann in seinem Sinn Einfluss nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Interessant war damals bei der Debatte, dass der Innenminister ausdrücklich zugestimmt und zu Beginn des Jahres gesagt hat, es gäbe dazu ein Regierungsprogramm. Darin stünde, man wolle das Pressegesetz ändern und eine Möglichkeit einführen, dass Beteiligungen an Printmedien offen gelegt werden. Am 5. Mai gab es im Innenausschuss einen einstimmigen Beschluss unter tätiger Mithilfe aller Fraktionen, auch – ich habe das noch einmal nachgelesen – unter tätiger Mithilfe der Staatssekretärin im Innenministerium: Alle Beteiligungen sollen für Leserinnen und Leser erkennbar sein – alle Beteiligungen.

Ein entsprechender Entwurf des Innenministeriums für eine Gesetzesänderung wurde schon einmal in die Beteiligung der Häuser gegeben und den Obleuten zugesandt. Im Übrigen wäre es auch dringend geboten, dass man die Beteiligungen offen legt, weil die Landesregierung auf eine Große Anfrage der SPD zur Lage der Zeitungen in

Hessen nicht in der Lage war, uns die Beteiligungen mitzuteilen, obwohl die in dem blauen Heft „Media“ immer veröffentlicht werden. Eigentlich haben Sie da noch eine Bringschuld. Auch von daher wäre es notwendig, Beteiligungen offen zu legen.

Es gab eine wundersame Wandlung bis zur Hauptausschusssitzung. Am 30. Juni wollte die CDU auf einmal nichts mehr von dem einstimmigen Beschluss wissen. Es hatte sich alles geändert.Auf einmal sollten Unternehmen nicht mehr auftauchen, keine Einzelpersonen, sondern nur noch politische Parteien, nach dem Motto: Die SPD hat die „Rundschau“ gekauft, und jetzt soll die „Rundschau“ doch einmal sagen und beweisen, dass sie nicht mehr unabhängig ist, und soll immer, möglichst unter dem grünen Balken erkennbar, das Logo der SPD tragen. – So stellt sich das anscheinend klein Hänschen von der CDU vor.

(Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD))

Es ist bedauerlich, dass Sie von dem einstimmig gefassten Beschluss Abstand nehmen. Da fragt man sich doch: Wer treibt Sie da eigentlich an? – Haben die hessischen Zeitungsverleger kein Interesse an Transparenz? Sind die Ihnen auf die Füße gestiegen? Waren es einzelne Unternehmer, die Ihnen auf die Füße stiegen?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer spendet eigentlich der CDU?)

Ich finde es höchst bemerkenswert und höchst bedauerlich,dass die viel beschworene Transparenz,die für die Leserinnen und Leser wirklich notwendig wäre, auf einmal nicht mehr zum Tragen kommen soll,weil die CDU die Interessen einer Lobby und die wirtschaftlichen Interessen auf jeden Fall vor die Interessen der Bevölkerung auf Information und umfassende Aufklärung stellt.

(Michael Siebel (SPD): Das ist ein Armutszeugnis für die CDU!)

Das ist ein Armutszeugnis für die CDU. Es ist vor allen Dingen auch deshalb ein Armutszeugnis, weil es dazu inzwischen eine Studie gibt. Herr Kollege Hoff, ich weiß nicht, ob Sie die schon gelesen haben. Das in Leipzig angesiedelte Institut für Praktische Journalismusforschung hat nämlich festgestellt, dass an dem Vorurteil nichts dran ist, dass die „Frankfurter Rundschau“ SPD-freundlicher berichten würde, nachdem sie von der dd_vg, also einer Gesellschaft, die der SPD gehört, übernommen wurde. Genauso ist das auch bei den anderen Zeitungen, an denen die dd_vg beteiligt ist.

Frau Hinz, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Das trifft auch für andere Zeitungen zu, an denen die Stiftung der FDP beteiligt ist. Das lässt sich also nicht belegen. Um die Interessen der Bevölkerung und der Leserschaft zu schützen und um deutlich zu machen, welche wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen es gibt, halten wir es trotzdem für sinnvoll und notwendig, dass künftig im Impressum der Zeitungen deutlich gemacht wird, wer dort Beteiligungen hält, wie immer das auch möglich sein wird. Ich finde es bedauerlich, dass sich das Innenministerium seit Juni 2004 nicht in der Lage sieht,ei

nen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Bei anderen Dingen sind Sie immer ganz schnell. Daran haben Sie auf einmal kein Interesse mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Hinz, vielen Dank. – Herr Siebel, ich darf Ihnen für die SPD-Fraktion das Wort erteilen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt spricht der Verleger Siebel!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist in der Tat verwunderlich. Im Februar dieses Jahres wurde der Antrag, Drucks. 16/1894, der für die Beratung im Plenum vorgesehen war, eingebracht. Er sah vor, dass die Landesregierung prüfen sollte,

welche Maßnahmen geeignet wären, um zu gewährleisten, dass künftig die unmittelbare oder mittelbare kapitalmäßige Beteiligung politischer Parteien an Printmedien für den Leser unmittelbar erkennbar ist.

Dazu gab es dann einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der im Innenausschuss in leicht geänderter Form eine Mehrheit gefunden hat. Es erhebt sich aber die Frage, wieso dieser Änderungsantrag dann später in einer Sitzung des Hauptausschusses von der CDU und Herrn Hoff wieder kassiert worden ist.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Volker,Volker!)

In der Tat liegt die Vermutung nahe,die Frau Hinz hier geäußert hat. Offensichtlich werden damit von der geneigten CDU Partikularinteressen vertreten. Denn was spräche dagegen, die Landesregierung prüfen zu lassen, welche Maßnahmen geeignet wären, für die Leserinnen und Leser alle Beteiligungen an Printmedien transparent zu machen? Natürlich sollte dies dann unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung politischer Parteien geschehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie hier sagen, welche Interessen Sie dabei vertreten und was Sie meinen damit verschleiern zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will mit aller Vorsicht mit dem umgehen, was im Hauptausschuss eine Rolle gespielt hat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Als Verleger sozusagen!)