Meine Damen und Herren, um eines gleich vorweg zu sagen:An allen drei hessischen Universitätsklinika wird exzellente Krankenversorgung betrieben. Es wird exzellente Wissenschaft betrieben. Und es wird eine exzellente Lehre und Forschung betrieben.Dies soll auch in Zukunft so sein. Das sollte unser aller, unser gemeinsamer Wille sein. – Da ist Ihr Antrag von der SPD, über den wir uns heute noch unterhalten werden, genauso wenig hilfreich wie der Antrag vom August dieses Jahres.
Eines will ich Ihnen auch gleich sagen: Meine Damen und Herren von der SPD, für die Unsicherheiten und die Ängste, die bei den Beschäftigten in den Klinika entstanden sind, sind Sie und insbesondere die Herren SchäferGümbel und Spies in hohem Maße mitverantwortlich.
Die Aufsichtsräte der Universitätsklinika Gießen und Marburg haben auf ihrer Sitzung im Mai dieses Jahres die Zusammenarbeit beider Einrichtungen mit dem Ziel der Bildung einer wirtschaftlichen Einheit beschlossen, um in Anbetracht der immer schwieriger werdenden finanziellen Rahmenbedingungen die Existenz der medizinischen Standorte Gießen und Marburg zu sichern. Wir wissen, dass durch die Gesundheitsreform des Bundes und insbesondere durch die Einführung des DRG-Systems, also durch die Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen – darauf wurde schon hingewiesen –, den Universitätsklinika bundesweit Einbußen bei den Erlösen von zumindest 25 % oder sogar noch mehr drohen, weswegen die Schließung von ca. einem Drittel der Universitätsklinika zu erwarten ist. Eine wesentliche Schwäche des DRG-Systems ist der Wettbewerbsnachteil, der sich für die Universitätsklinika als Krankenhäuser der Maximalversorgung ergibt.
Um die Versorgung der Kranken in den hessischen Universitätskliniken weiterhin sicherstellen zu können und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Klinika in Forschung und Lehre zu erhalten und zu fördern, ist eine strukturelle Weiterentwicklung der hessischen Hochschulmedizin unausweichlich. Wir haben an allen drei Standorten eine hohe Leistungsfähigkeit hinsichtlich Forschung und Lehre. Die Einwerbung von Drittmitteln lag beispielsweise im Jahr 2002 für das Klinikum in Frankfurt bei 27,1 Millionen c, für das Klinikum in Marburg bei 20,5 Millionen c und für das Klinikum in Gießen bei 21,2 Millionen c.
Eines möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Lehre und Forschung in unverändertem Umfang bestehen bleibt und bestehen bleiben muss.
In den letzten Tagen und Wochen wurde in den Medien vielfältig über die Klinika in Gießen und Marburg berichtet. – Herr Kollege Spies, wo sind Sie im Augenblick? Sind Sie nicht da? – Doch, Sie sind da. Ich bitte um Entschuldigung.
Danke schön. – Herr Spies, wenn Sie im „Gießener Anzeiger“ vom 11. September 2004 richtig zitiert wurden, haben Sie gesagt – ich darf das zitieren –:
Das Verramschen von Universitätskliniken ist angesichts der besonderen Aufgaben in Forschung und Lehre schlicht unverantwortlich.
Meine Damen und Herren, das, was Sie machen, ist unverantwortlich. Kein Mensch will hier irgendetwas verramschen. Herr Kollege Kaufmann, das Gegenteil ist sogar der Fall. Wir wollen, dass es weiterhin eine optimale Betreuung der Patienten gibt. Wir wollen, dass es weiterhin eine optimale Lehre und Forschung gibt. Wir müssen angesichts des Damoklesschwerts DRG unsere Universitätsklinika optimal aufstellen, damit sie im Wettbewerb bestehen bleiben.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. Meine Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN, Sie sollten einmal in den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2005 schauen.
Sie würden dann sehen, dass für das Universitätsklinikum in Gießen Mittel für die Sanierung des Operationsbereichs in der Chirurgie und für die Sanierung der Kinderklinik vorgesehen sind. Ebenso sind Mittel für die Sanierung der medizinischen Klinik vorgesehen.
Ich will zum Schluss meiner Rede hier keine unnötige Schärfe in die Debatte hineinbringen. Der Herr Ministerpräsident hat vorhin schon darauf hingewiesen. Es war doch die von Ihnen geführte Landesregierung, die 1998 der Universität Gießen den Geldhahn zugedreht hat. Diese Landesregierung arbeitet Stück für Stück all die Versäumnisse auf, die sich in den über 40 Jahren Ihrer Regierungszeit angehäuft haben.
Um im Wettbewerb bestehen zu können,brauchen wir ein medizinisches Zentrum in Mittelhessen, das an beiden Standorten angesiedelt ist, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und einheitliche Strukturen aufweist. Dies hat der Herr Ministerpräsident vorhin bereits dargelegt. Ich bin mir sicher:Wir werden in Mittelhessen ein zukunftsfähiges medizinisches Zentrum erhalten. – Ich danke Ihnen.
Frau Oppermann, danke. – Als Nächster hat sich Herr Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Schäfer-Gümbel, Ihnen stehen viereinhalb Minuten Redezeit zur Verfügung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Koch, wir sind uns in mehreren Punkten sogar einig. Zum einen betrifft dies die Aufgabenbeschreibung bzw. das Problem als solches. Zweitens betrifft dies die Auffassung, dass eine Notwendigkeit der Kooperation in Mittelhessen und der gesamten Region besteht. Aber an einer anderen Stelle zeigt sich schon der erste Dissens. Im Gegensatz zu Ihnen gehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit den eigenen Defiziten aufrichtig um. Deswegen haben wir in der Region immer gesagt, dass die Frage, wie man in der Region die Verteilung vornimmt, kein Problem ist, das man allein auf diese Landesregierung abschieben kann. Vielmehr handelt es sich erstens um eines,das man auch mit den eigenen Genossinnen und Genossen zu diskutieren hat. Zweitens hat das natürlich auch etwas mit den Entscheidungen zu tun, die an der Universität selbst getroffen werden.
Das ist aber überhaupt nicht der Punkt, über den wir heute zu reden haben.Wir reden heute über einen rabenschwarzen Tag für die Region Mittelhessen.
Es ist ein rabenschwarzer Tag. Denn das, was Herr Koch hier eben vorgestellt hat,ist,im Gegensatz zu dem,was Sie gesagt haben, keine große Chance. Herr Koch, das wissen Sie auch selbst. Sie haben über das größte Abwicklungsprogramm in der Region Mittelhessen gesprochen. Das haben Sie zu verantworten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Bod- denberg (CDU):Was Sie erzählen, ist doch nicht zu fassen!)
Herr Boddenberg, tun Sie doch nicht so, als gäbe es da keine Konflikte in Ihren eigenen Reihen. So viel will ich schon noch zum Thema Verteilung in der Region sagen.
Heute Nacht standen bei Ihnen die Telefone nicht still. Denn das, was Sie heute versucht haben, als Chance zu verkünden, ist in Ihren eigenen Reihen hoch umstritten. Das wird wieder von oben durchgedrückt. Das ist auch in Ordnung. Ich aber sage Ihnen: Die Kollegen Bouffier, Möller, Oppermann und Gotthardt werden in der Region verantworten müssen, was ihr Ministerpräsident da verbockt hat.
Ich will etwas zur Ausgangslage sagen. Die Ausgangslage ergibt sich durch die „Operation düstere Zukunft“ und die Pressekonferenz. In einer larmoyanten Bemerkung erklärte der Finanzminister mit Zustimmung des Ministerpräsidenten das Motto: Zwei Kliniken in einem Abstand von 28 km, das kann nicht sein. – Sie wollen einen Standort abwickeln. Ich verlange von Ihnen: Haben Sie wenigstens den Mut und den Anstand, das hier zu sagen und es nicht als Chance für die Region zu verkaufen.
Sie haben dadurch, dass Sie in den letzten 14 Monaten nicht entschieden haben, die Region systematisch in diese Situation getrieben. Das haben der Vorstand des Klinikums und die Vertreter des Fachbereichs im Übrigen auch deutlich gesagt. Sie sagten: Es gibt Abstufungen, wir wollen, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird; nur, wenn das Land dadurch, dass es systematisch keine Entscheidungen trifft, dieser Verantwortung nicht gerecht wird, sehen wir für uns keine andere Chance mehr. – Jetzt wollen Sie das hier als den großen Wurf verkaufen. Herr Koch, das ist eine Lachnummer. Das wissen Sie selbst.
Wenn der von Ihnen eingeschlagene Weg so toll und zukunftsweisend wäre, dann erhebt sich die Frage: Warum beziehen Sie in die Betreiberlösung nicht auch gleich den Standort Frankfurt mit ein? Warum tun Sie das nicht?
Es gibt kein Konzept für die Hochschulmedizin.In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt auf jemanden zu sprechen kommen, der auf der anderen Seite der Kabinettsbank sitzt. In der Tat ist es so, dass Herr Corts, der Wissenschaftsminister aus Frankfurt,in der Regel hinsichtlich der zentralen Fragestellungen keine Rolle mehr spielt. Er spielt da keine Rolle mehr. Das betrifft die Konzeption der Hochschulmedizin insgesamt. Aber auch von einer Konzeption für die hessischen Hochschulen insgesamt kann hier überhaupt keine Rede mehr sein. Sie tauchen hier ab, weil Sie nicht in der Lage sind, sich von Ihren regionalen Interessen zu lösen. Das ist es, was sich als roter Faden durch die Wissenschaftspolitik während Ihrer Amtszeit durchzieht.
Frau Beer, ich komme nun zur FDP. Mit Verlaub möchte ich sagen: Wir haben das Investorenmodell vorgeschlagen. Wir haben gesagt: Natürlich brauchen wir privates Kapital.Wir wollen das Investorenmodell. – Natürlich sehen auch wir die Finanznöte des Landes. Frau Beer, deswegen ist es eine Lachnummer, hier wieder den Popanz aufzubauen, die Sozialdemokraten seien gegen alles, was die Beteiligung privaten Kapitals einbeziehen würde.Wir haben das Investorenmodell ausdrücklich als einen tragfähigen Vorschlag eingebracht. Das wurde allerdings vom Finanzminister systematisch hintertrieben. Auch im Aufsichtsrat wurde es durch die Vertretung, die es dort gibt, systematisch hintertrieben. Dies geschah, weil das Land seiner Verpflichtung aus der Gewährträgerhaftung nicht mehr gerecht werden will.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich will Sie deshalb letztlich noch mit einem weiteren Punkt konfrontieren. Hier wird von einer Beschäftigungsgarantie geredet und davon, dass kein Personal abgebaut werde. Ich weiß,
das ist Ihnen jetzt ein bisschen unangenehm.Aber aus den Gesprächen, die in Gießen geführt wurden, wissen wir, dass die Vertreter der Privatwirtschaft natürlich gesagt haben, dass es auch um Personalmaßnahmen geht. Es gab Vertreter privater Unternehmen, die dezidiert gesagt haben:Wir reden über einen Personalabbau von bis zu 30 %. – Es geht also um 30 % der 5.200 Stellen, die es allein am Standort Gießen gibt.
Wir wissen, dass Personalmaßnahmen überall notwendig sind. Aber hier so zu tun, als ob ein Aufsichtsrat eine Beschäftigungsgarantie abgeben kann und dort gar nichts passiert,das ist schlicht falsch.Es ist aus meiner Sicht auch verlogen.
Letzter Satz.Sie wollen die Region loswerden,Herr Koch. Das ist jetzt klar. Sie erklären der Region systematisch den Kampf. Ich erkläre Ihnen hier: Ziehen Sie sich warm an. Wir werden diesen Fehdehandschuh aufnehmen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Herr Möller, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion. Die Redezeit beträgt noch sieben Minuten.
Das dürfte mir reichen. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem die Gemüter ähnlich wie in der Region auch hier mit Zielstrebigkeit und Absicht hochgekocht wurden, möchte ich versuchen, das Thema wieder ein bisschen herunterzukochen.
Der Ministerpräsident hat meines Erachtens recht umfangreich und recht ausführlich über die Chancen und die Notwendigkeiten vor Ort berichtet.Als Gießener Vertreter darf ich auf das hinweisen, was alles mit diesem Ansatz eine Lösung finden wird.Wir haben das Kernproblem der Investitionen. Dazu ist eine Aussage vom Ministerpräsidenten getroffen worden, dass der Investitionsstau vor Ort abgebaut werden wird.