Es ist vernünftig, dass die Polizei den so genannten IMSICatcher nutzen können soll. Das heißt, sie wird dann mit technischen Hilfsmitteln den Standort eines Handys orten können.Das soll aber bitte nur bei Suizidgefährdeten zum Einsatz kommen. Es ist richtig, dass eine DNA-Analyse vorgenommen werden können soll.Wenn man sich in diesem Zusammenhang aber mit dem Thema Strafunmündigkeit auseinander setzt, dann darf man sich nicht nur wegen Jugendlichen mit diesem Thema befassen. Vielmehr betrifft dies dann auch Menschen mit intellektuellen Problemen. Ich habe das jetzt etwas höflich umschrieben. Das muss gleichgestellt werden.All das ist in dem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Deshalb können wir ihm leider nicht zustimmen.
Ich möchte eine allerletzte Bemerkung machen. Sie betrifft den finalen Rettungsschuss. Mir ist es schon wichtig, das zu sagen. Ich glaube, ich sage das auch im Namen von Dieter Posch.Wir haben uns in den Achtziger- und Neunzigerjahren sehr schwer damit getan.
Wir haben es uns sehr schwer mit der Frage gemacht, wie man eine Normierung des finalen Rettungsschusses vornehmen kann. Denn eigentlich ist es natürlich schizophren, dass der Gesetzgeber in das Gesetz hineinschreibt: Polizist, unter den und den Voraussetzungen darfst du töten. – Dieter Posch und ich haben lange zusammen für die hessische FDP die Innenpolitik vertreten.Wir wurden damals insbesondere von der Polizeigewerkschaft heftig gescholten. Wir wurden insbesondere auch von einem Polizeiseminar heftig gescholten, das in Gießen ansässig war. Die führten uns immer wieder vor und meinten, zeigen zu können, was für Unmenschen wir seien. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen – –
Ich weiß, die GRÜNEN sind dagegen. Unmenschen sind sie nicht. Unabhängig davon, wie man sich bei dieser Frage entscheidet, muss ich sagen: Es ist eine höchst moralische Frage, wie man mit diesem Thema umgehen will. Denn es geht dabei darum, eine Legitimation für die Polizeibeamten festzuschreiben. Wir als Liberale haben uns entschieden, dass der Staat den Polizeibeamten dann Rechtssicherheit geben soll, wenn er sich in der extremsten Stresssituation seines Lebens befindet. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf in diesem Punkt zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Kollege Hahn, herzlichen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Al-Wazir, der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Zeimetz-Lorz hat meinen Redebeitrag aus der ersten Lesung des Gesetzentwurfs richtig zitiert. Ich habe damals nämlich gesagt, dass der Gesetzentwurf das aufgreift, was auf dem Wunschzettel der Polizei steht. Sie hat gefragt, was denn daran schlecht sei. Ich möchte Ihnen begründen, warum man nicht nur das erfüllen sollte, was auf dem Wunschzettel der Polizei steht. Denn natürlich ist es so, dass wir als Gesetzgeber, als Landtag, dafür da sind, die verschiedenen Interessen auszugleichen, die es in der Gesellschaft gibt. Auf der einen Seite bestehen die Wünsche der Polizei nach effizientem Handeln. Daneben gibt es aber auch das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Wahrung ihrer Bürgerrechte.Wir sind dafür da, diese verschiedenen Interessen auszugleichen.
Ihr Problem ist: Sie begehen regelmäßig den Fehler, sich nur für die eine Richtung zu entscheiden. Die andere Richtung blenden Sie dabei aus. – Im Prinzip sagen Sie: Alles, was möglich ist, soll auch gemacht werden. – Dazu sagen wir: Das ist nicht unsere Position.
Wenn dieser Gesetzentwurf beschlossen werden soll, werden wir nicht das modernste, sondern eines der schrankenlosesten Polizeigesetze in Deutschland bekommen.
Mir hat sich in folgendem Zusammenhang eine Frage gestellt. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz hat in ihrer Rede gesagt, dass etwas geschehen sei, was sie selten erlebt habe. Diese Aussage war spannend. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie gesagt, Sie hätten das fast noch nie erlebt.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt bitte kein Ältestenrat wegen Vorlage des Protokolls! Das haben wir gestern erst gehabt!)
Das bezog sich darauf, dass Sie meinten, die Anhörung habe ein positives Ergebnis für Sie gehabt. Für mich bedeutet dies: Erstens. Meiner Erinnerung nach stimmt das nicht.
Zweitens. Selbst wenn es stimmen würde, hieße das im Umkehrschluss, zu anderen Gesetzentwürfen würden Sie
Aber unabhängig davon, ob die Anhörungen negativ oder positiv für Sie ausgehen, kann man feststellen, dass Sie am Ende sowieso das machen, was Sie wollen. Genau das ist das Problem der absoluten Arroganz der absoluten Mehrheit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann, Bernhard Bender (SPD) und Nicola Beer (FDP))
Ich möchte Ihnen zu einigen Punkten zur Novellierung des HSOG aus der Anhörung zitieren. Den Sachverständigen Dr. Graulich,
dessen Aussagen Sie zu bestimmten Punkten sehr gelobt haben, sagt z. B. zu dem Stichwort Wohnraumüberwachung, also zum Lauschangriff:
Die Vorstellung, ein Landespolizeigesetz könne in einer Art Vorgriff auf eine erwartete bundesrechtliche Strafgesetzgebung bereits präventive Maßnahmen ergreifen, verstößt gegen elementare Grundsätze des Rechtsstaats.
Das sagt einer der Sachverständigen. Sie haben aber gesagt, das Ergebnis der Anhörung sei für Ihren Gesetzentwurf positiv gewesen. Ich bitte Sie:Was ist denn an einem solchen Satz positiv? Die spannende Frage ist doch: Warum machen Sie denn nicht das, was Ihnen die Sachverständigen in diesem Zusammenhang vorgeschlagen haben?
Der Hessische Datenschutzbeauftragte sagt zu der Möglichkeit der DNA-Analyse bei strafunmündigen Kindern:
Das Landesrecht kann nicht zum Lückenschluss der StPO herangezogen werden, mögen solche Lücken auch kriminalpolitisch zu bedauern sein.
Für den vorgesehenen Anwendungsbereich auf strafunmündige Kinder ergeben sich aber gerade dann erhebliche Bedenken.
Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, das sind Zitate aus den schriftlichen Stellungnahmen zur Anhörung. Sie sagen im Zweifelsfall dann immer: Dies war eine Anhörung mit positiven Ergebnis für uns.
Herr Kollege Al-Wazir,gestatten Sie Zwischenfragen? Sie sagten nämlich eben, Sie kämen jetzt zu einer Frage. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.
Ich habe nur noch sechs Minuten Redezeit. Dafür habe ich mir noch zu viel vorgenommen. Es tut mir Leid.
(Zuruf von der CDU: Dann muss er sich das besser einteilen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Drittens. Das Stichwort lautet: Kraftfahrzeugkennzeichenlesegeräte. Ich halte nicht viel davon. Auch das Beispiel des Präsidenten des Landeskriminalamts, das Sie angeführt haben, war am Ende nicht sehr schlüssig, weil er sich – Stichwort: Madrid – auf stehende Fahrzeuge bezogen hat. Da sind aber Kennzeichenlesegeräte nicht unbedingt hilfreich.
Ich möchte Ihnen zu diesem Punkt noch Folgendes sagen: Die FDP hat dazu etwas gesagt.Das ist ein Punkt,bei dem die FDP ausnahmsweise einmal richtig liegt. Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn.
Die FDP hat in diesem Zusammenhang gesagt: Wenn Sie keine Bewegungsbilder erstellen wollen, dann sollen Sie das auch in das Gesetz hineinschreiben. – Meine Damen und Herren, genau das aber haben Sie abgelehnt. Ich stelle nun die Frage: Warum haben Sie das in diesem Zusammenhang abgelehnt? – Die Frage können Sie nicht beantworten.
Ich komme zum nächsten Punkt. Dabei geht es um den Todesschuss. Ich habe während der ersten Lesung eine Aussage des Herrn Kollegen Hahn zitiert, der 1989 gesagt hat, man könne da keine Rechtssicherheit geben, weil es natürlich in jedem Fall des Schusswaffengebrauchs eines Polizeibeamten, und zwar unabhängig davon, ob er tödlich endet oder ob es sich dabei nur um eine Körperverletzung handelt,ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geben muss.
Das ist zwingend vorgeschrieben, und zwar unabhängig davon, ob Sie eine entsprechende Regelung in das Gesetz hineinschreiben oder nicht.
Wir sind der Meinung, dass das Nothilferecht in diesem Zusammenhang ausreichend ist und wir keinen Polizeibeamten, in welcher schwierigen Situation auch immer, von genau diesem Problem, dass er nämlich für sich entscheiden muss, ob dies das letzte Mittel ist oder nicht, entlasten können, egal welche Regelung wir treffen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Aber wir können ihm ein bisschen helfen!)
Ich habe in der Anhörung immer wieder gefragt: Hat es diesen Fall seit 1977, nachdem der Entwurf eines einheitlichen Polizeirechts veröffentlicht worden ist,jemals gegeben? Die Antwort war, dass mir keiner einen Fall nennen konnte. Ich habe gefragt: Ist es aus Ihrer Sicht, aus fachlicher Sicht nötig, dies aufzuführen? – Keiner konnte es mir aus fachlicher Sicht bestätigen.
Damit kommen wir zum spannenden eigentlichen Punkt, warum Sie hier ein solches Gesetz machen. Es hat wenig mit fachlicher Diskussion zu tun oder mit fachlicher Not
wendigkeit – Stichwort: Todesschuss –, sondern es hat etwas damit zu tun, dass Sie ein bestimmtes Klima erzeugen wollen, dass Sie aus einer bestimmten Notwendigkeit heraus sagen wollen:Wir tun etwas für die innere Sicherheit – Klammer auf: obwohl das zum Teil in Punkten ist, in denen es keine Relevanz hat. Warum ist die CDU der Meinung, dass sie das machen muss? Weil sie große Probleme hat.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz und Boris Rhein (CDU))