Sie haben den demokratischen Konsens gebrochen. Deswegen sage ich Ihnen: Der Hessische Landtag ist gefordert, nach diesen wirklich üblen Äußerungen, die aus Verleumdungen bestehen, die aus Diffamierungen bestehen und die aus rechtsextremen Äußerungen bestehen, sich davon zu distanzieren. Ich bitte Sie: Kommen Sie dem auch nach.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben leider schon öfter in diesem Haus über die Entgleisungen von Herrn Irmer diskutieren müssen, die er mittels seines „Wetzlar-Kuriers“ im Lahn-Dill-Kreis verbreitet. Vieles, was er in diesem Blatt kundtut, kann man beiseite legen nach dem Motto: persönliche Meinung, Meinungsfreiheit gepaart mit schlechtem Geschmack und gerade noch an der Schmerzgrenze.
Meine Damen und Herren, ein Machwerk, in dem Minderheiten wie Homosexuelle grundsätzlich diffamiert werden, ein Machwerk, in dem vor allem Menschen islamischen Glaubens grundsätzlich in die Nähe von Gewalttätern und Terroristen gerückt werden, ein Machwerk, in dem Ausländer vor allem als Sozialschmarotzer dargestellt werden, und ein Machwerk, in dem Herr Irmer schreibt, dass er für die Abschaffung des individuellen Grundrechts auf Asyl ist, das grast nicht nur am rechten Rand die Wählerstimmen ab, sondern damit betreibt er aktiv rechte – um nicht zu sagen: rechtsextreme – Politik.
Ich lese Ihnen einige Zitate vor. Es fing im Jahr 2000 schon an: Der Islam – so Irmer und Hamer – sei aus ihrer Sicht für Deutschland und Europa die größte Gefahr in diesem Jahrhundert. – So hieß es im „Wetzlar-Kurier“.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es? – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es! – Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das darf doch nicht wahr sein!)
Weiter heißt es: „Schon heute ist bekannt, dass eine Vielzahl von Verbrechen von Islamisten ihren Ursprungsort in Deutschland hatten und haben.“
Ein weiteres Zitat: „Es wäre doch interessant zu erfahren, wie viele geschleuste Kinder und wie viele getürkte Kinder vom deutschen Steuerzahler unterstützt werden.“ – Das ist die Wortwahl des Herrn Irmer in seiner Zeitung. Das ist nicht nur minderheitenfeindlich, das ist schlicht und einfach Ausländerhetze.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist Missbrauch des deutschen Steuerzahlers!)
Auch der Artikel, der sich über Homosexualität auslässt, beinhaltet nicht nur den Hinweis, dass es sich sozusagen um Kranke handele, die ihre Krankheit überwinden könnten,
es steht auch noch die interessante Information darin, dass die CDU-Bildungspolitiker mit diesem ominösen Institut – das diese Menschen, diese armen Kranken heilen möchte – ein Gespräch gehabt hätten.
Es ist aber auch noch ausgesagt: „In diesem Milieu“ – damit ist das Homosexuellenmilieu gemeint – „ist es weit verbreitet, trotz einer festen Partnerbeziehung, so die Selbsteinschätzung, sich zusätzlich anderweitig zu orientieren.“ – Meine Damen und Herren, das ist Stimmungsmache gegen Minderheiten, nichts anderes.
Herr Irmer, was haben Sie eigentlich im Kopf, wenn Sie in Ihrem Blatt über meinen Kollegen Tarek Al-Wazir schreiben:
Er fordert eine Gleichbehandlung der Religionen. Herr Tarek Mohammed Al-Wazir wäre gut beraten, sich einmal im Jemen zu erkundigen,wie es dort mit der Glaubensfreiheit aussieht.
Meine Damen und Herren, keiner weiß, dass Tarek AlWazir Mohammed zum Zweitnamen hat, es steht nämlich noch nicht einmal in seinem Pass. Dieser Passus bedeutet doch nichts anderes als einen Hinweis darauf, dass er mit Vorsicht zu genießen sei, weil Mohammed ein muslimi
scher Name ist. Die Wertigkeit der Menschen wird hier wiederum an der Zugehörigkeit zur Religion gemessen. Das ist doch der eigentliche Punkt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Clemens Reif (CDU): Heißt er nun Mohammed oder nicht?)
Warum soll sich ein deutscher Staatsbürger, ein deutscher Abgeordneter eines deutschen Parlaments im Jemen erkundigen, wie es dort mit der Religionsfreiheit zugeht? Herr Irmer, hier überziehen Sie weit und gehen weit über die Meinungsfreiheit und persönliche Schmerzgrenzen hinaus.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Das zeigt, wes Geistes Kind Sie sind! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Widerlich! – Zurufe von der CDU)
Ich habe für meine Fraktion in zwei Fällen den Presserat eingeschaltet, weil wir glauben, dass wir Ihrem Treiben Einheit gebieten müssen.
Das müssen wir auf allen möglichen Ebenen tun. Danach habe ich etliche Schmähbriefe bekommen, die in der Tendenz so sind wie Ihr Machwerk, was auch nicht verwundern muss. So ist die Wirkung Ihres Blattes. Ich bekam aber auch viele Schreiben und Anrufe, die ausdrücklich Zustimmung zu unserem Vorgehen beinhalteten.
Meine Damen und Herren von der CDU,auch Sie können sich heute distanzieren, und Sie können zustimmen, dass solche Äußerungen nicht im Namen der CDU irgendwo verbreitet werden sollen.
Sie haben alle Ihren Anteil daran. Wer lässt sich denn in dieser Zeitung gerne ablichten? – Das geht von Ministerinnen über Minister zu sämtlichen Abgeordneten.
Sie geben dort Interviews, Sie lassen dort Presseerklärungen abdrucken, Sie lassen sich einladen und hinterher in dieser Zeitung mit Äußerungen zitieren. Meine Damen und Herren, deswegen ist es notwendig, dass Sie heute die Verantwortung dafür übernehmen und nicht mehr für ein Machwerk zur Verfügung stehen, das nur minderheitenund ausländerfeindliche Äußerungen verbreitet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU):Was haben Sie denn für ein Demokratieverständnis? Das ist linksradikal! – Clemens Reif (CDU): Heißt er jetzt Mohammed oder nicht?)
Wenn die CDU für Rechte von Minderheiten ist,wenn die CDU der Meinung ist, dass die Menschenwürde gewahrt werden muss – auch in Veröffentlichungen ihrer Landtagsabgeordneten –, wenn sie wirklich Ressentiments abbauen will, wenn sie für Integration ist, wie sie das heute Morgen gesagt hat, dann muss sie helfen, Ressentiments abzubauen, anstatt Menschen unter Generalverdacht zu
Deshalb bleibt für Sie heute nur ein Weg: Stimmen Sie diesem Antrag zu, und distanzieren Sie sich von den Äußerungen Ihres Landtagsabgeordneten und bildungspolitischen Sprechers, der als bildungspolitischer Sprecher eigentlich auch eine Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche in diesem Land hätte.
Ich möchte noch einen Hinweis geben: Herr Hohmann, den Sie inzwischen aus der Partei ausgeschlossen haben, war auch oft in diesem Machwerk zu finden. Herr Irmer hat ihm in regelmäßigen Abständen in seinen Artikeln auch zugestimmt. Bei Herrn Hohmann haben Sie endlich eine Trennungslinie gefunden.
Finden Sie heute bitte auch eine Trennungslinie zu den Positionen und den Äußerungen des Herrn Irmer. Deswegen meine Bitte: Stimmen Sie dem Antrag zu. Stehen Sie zu dieser Verantwortung. – Danke schön.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))