Protocol of the Session on September 16, 2004

Auch die Hessische Landesregierung hat in ihrer Eigenschaft als Ausbilder vor zwei Jahren nicht nur die Quoten erhöht, sondern sie wird auch die absolute Zahl der Ausbildungsplätze aufrechterhalten. Das bedeutet allein schon deshalb eine Erhöhung der Quote,weil die Zahl der im öffentlichen Dienst des Landes Hessen Beschäftigten sinkt. Die Landesregierung hat ein Übriges getan. Sie hat in den Ausbildungsgängen, wo junge Menschen später auch außerhalb der öffentlichen Verwaltung einen Arbeitsplatz finden können, die Zahl der Ausbildungsstellen zweimal um 10 %, also um insgesamt 20 %, gesteigert. Das ist die Wirklichkeit. Wir unterlassen nichts, was wir mit unseren finanziellen Mitteln tun können, damit der Ausbildungspakt umgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 59 behandelt.

Bevor wir zum nächsten Punkt der Tagesordnung kommen, teile ich Ihnen mit, dass auf Ihren Plätzen ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Schluss mit den Beleidigungen – Reformen statt „Renovierung“ des Schulsystems, Drucks. 16/2661, verteilt worden ist. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag zu Tagesordnungspunkt 75.

Jetzt rufe ich Tagesordnungspunkt 38 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Chaos bei der Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ (MGH) – Drucks. 16/2617 –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 66 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend zukunftsweisendes Agrarmarketing in Hessen – Drucks. 16/ 2648 –

Die vereinbarte Redezeit ist 15 Minuten je Fraktion. Das Wort hat der Kollege Häusling für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ hat in den letzten Monaten mehr Aufmerksamkeit bekommen als in den gesamten 15 Jahren zuvor. Sie ist aber nicht durch ihre gute Arbeit aufgefallen, wie wir es uns gewünscht hätten, sondern durch negative Schlagzeilen.

Das wurde verursacht durch Herrn Minister Dietzel, der beim Krisenmanagement völlig versagte,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

durch Bauernverbandspräsidenten Bär, der starrsinnig seine Pöstchen verteidigt,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und durch eine Praktikantenaffäre, bei der die hessische K-Frage bis heute nicht geklärt ist:Hat der Papa nun,oder hat er nicht?

Und siehe da, pünktlich vor der Plenardebatte verkündet der Minister:Alle Probleme gelöst!

Vier Monate hat es gedauert, bis der Minister überhaupt wahrgenommen hat, dass es ein Problem bei „Gutes aus Hessen“ gibt, dass der Verein auseinander zu fliegen droht und dass damit auch 1,2 Millionen c an Steuermitteln verfliegen. Der Bär tanzt, und er tanzt dem Minister seit längerem heftig auf der Nase.

(Beifall und Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun haben wir uns natürlich auch gefragt:Warum ist dieser Minister nicht in der Lage, einzugreifen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen? Wir haben uns dazu die Terminliste Ihrer öffentlichen Auftritte der letzten Monate einmal angesehen. Herr Minister, wir haben wirklich Mitleid bekommen: ein Minister, der durch dieses Land hetzt, von Viehmarkt zu Viehmarkt, keine Bezirkstierschau, kein Schäferfest ohne unseren viel beschäftigten Minister.Von Bad Vilbel bis Diemelstadt-Rhoden, jede hessische Hochleistungskuh bekommt von unserem Minister höchstpersönlich ein Schleifchen umgehängt. Wir konnten das erst letzte Woche wieder sehen.Oh,ich muss mich korrigieren: Es war ein Schwarzkopfschaf.Wenn das keine Aussage ist!

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ist es natürlich verständlich, dass sich ein so viel beschäftigter Minister nicht darum kümmern kann, was mit 1,2 Millionen c Steuermitteln passiert. Wenn wir Ihnen nicht über die Presse jede Woche klargemacht hätten,dass es sich bei dieser Marketinggesellschaft nicht um einen Karnickelzuchtverein handelt, wäre bis heute nichts passiert. Unser Druck und die zunehmende Kritik in der Öffentlichkeit haben den Minister endlich zum Handeln bewegt, nicht eigene Einsicht.

Was ist nun im Vorfeld gelaufen? Schon im Vorfeld der Mitgliederversammlung im Mai – das ist schon ein paar Tage her – musste dem Ministerium klar gewesen sein, dass Handlungsbedarf besteht. Nicht nur Insider haben mitbekommen, dass der Verein mehr mit sich selbst beschäftigt ist als mit den ihm vom Land übertragenen Aufgaben. Es fand ein Hauen und Stechen im Vorstand statt. Dabei ging es nicht um die Marketinggesellschaft und deren Aufgaben, sondern es ging um Macht, Postengeschacher und um Geld. Das hat dazu geführt, dass dieser Vorstand handlungsunfähig wurde – und damit die Marketinggesellschaft.

Anstatt schon zu diesem Zeitpunkt die Probleme zu klären, schickte Minister Dietzel seinen Staatssekretär Seif, um die Wahl des Vorstandes gut über die Bühne zu bringen – ein Freundschaftsdienst für seinen Freund aus alten Tagen Heinz Christian Bär, Bauernverbandschef in Hessen. Das Ziel dieser Wahl war eindeutig: Kritiker des Kurses von Herrn Bär aus dem Vorstand raus, noch einen Funktionär des Vorstandes des Bauernverbandes rein. So

sah das gemeinsame Ziel von Bauernverband und Ministerium aus.

So wurde die Sache auch durchgezogen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die ganze Wahl eine einzige Farce war. Ein kurzer Blick des Staatssekretärs in die Satzung hätte gereicht, um festzustellen, dass völlig falsch und durcheinander abgestimmt wurde. Da haben Mitglieder abgestimmt,die keine Stimmberechtigung haben,weil sie fördernde Mitglieder sind.

(Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Andere bekamen kein Stimmrecht, obwohl es ihnen zugestanden hätte. Das wurde auch von Mitgliedern in der Öffentlichkeit geäußert.

Aber der Minister und der Staatssekretär hielten das alles für satzungsgemäß und waren zufrieden. Denn das Ergebnis stimmte: Ihr Freund Bär war wieder Vorsitzender der Marketinggesellschaft.

Die Marketinggesellschaft wird zurzeit eindeutig vom Bauernverband dominiert. Das Verhalten des Ministers riecht eindeutig nach Klientelbedienung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schließlich – das unterstelle ich jetzt einfach einmal – hat der Bauernverband schon seit längerem sein Auge auf 1,2 Millionen c Steuermittel geworfen,um seine Ziele durchzusetzen. Das sind aber nicht die Ziele, die von einer Agrarmarketinggesellschaft verfolgt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutlich wird das auch daran, wenn man sich betrachtet, dass Präsident Bär mit seinem eigenen Betrieb und auch viele Mitglieder des Bauernverbandes überhaupt nicht an dieser Qualitätsmarke beteiligt sind.

Die Mauscheleien bei den Wahlen waren durch Kritiken in der Öffentlichkeit und aus den eigenen Reihen einfach nicht mehr unter der Decke zu halten. Das Ganze fing an, mächtig zu stinken. Dann kam wieder die übliche Reaktion des Ministers: Es bestehe überhaupt kein Handlungsbedarf, es handele sich um vereinsinterne Angelegenheiten.

In der von uns beantragten Sondersitzung des Ausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, in der Sie sich so vehement darüber aufgeregt haben, dass das Ganze unnötig wäre, haben Sie dasselbe behauptet: Alles vereinsintern, wir haben damit überhaupt nichts zu tun.

(Elisabeth Apel (CDU): So ist es auch!)

Und das, obwohl Ihr Staatssekretär diese Wahl geleitet hat und Ihnen ab diesem Zeitpunkt klar sein musste, dass es damit nicht nur um kleine Querelen im Vorstand ging.

(Horst Klee (CDU):Was hat das mit dem Staatssekretär zu tun? So ein Quatsch!)

Und schließlich die hessische Praktikantenaffäre.Auch da absolut dilettantisches Verhalten sowohl von Minister Dietzel als auch von seinem Freund Bär.

Nachdem ruchbar wurde, dass – anscheinend durch Vitamin B – eine Luxuspraktikantenstelle geschaffen wurde, ist klar geworden, dass es im Vorstand dieser Marketinggesellschaft nicht mit rechten Dingen zugeht.

(Horst Klee (CDU): Na, na, na!)

Sehen Sie sich das an: Eine Woche lang wird behauptet, der Praktikant sei mit Sonderaufgaben beschäftigt gewesen und habe deshalb ein höheres Gehalt verdient.

(Clemens Reif (CDU): So etwas an Niederträchtigkeit! Die guckt Ihnen aus dem Auge! – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, na, na, was soll denn das: „Niederträchtigkeit, die ihm aus dem Auge guckt“? Mein lieber Mann!)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit. Ich bitte alle Seiten des Hauses, die nötige Ruhe zu bewahren.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Entschuldigung, da sitzt einer in der ersten Reihe, der benimmt sich hier wie die Wildsau! – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Redner. Bitte fahren Sie fort.

Dann behauptet Präsident Bär – Sie können dieses Verhalten nachher ja noch erläutern, wenn Sie es in Ordnung finden – in aller Öffentlichkeit,er habe den Vertrag „blind unterschrieben“.

Entweder ist da jemand nicht geeignet – wenn er blind unterschreibt –, oder er wollte sich diesen Vertrag gar nicht durchlesen.Und siehe da,eine Woche später tagt der Vorstand, alle Vorständler wurden aus dem Urlaub zurückgeholt. Und plötzlich, oh Wunder, wird aus einem überbezahlten Praktikanten ein schlecht bezahlter Akademiker. Hier gilt das Motto: Nicht überall, wo „Praktikantenvertrag“ draufsteht, ist auch ein Praktikant drin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Das Aberwitzigste an dieser Sitzung aber kommt jetzt noch: Obwohl es nie einen Praktikanten gegeben haben soll, beschließt derselbe Vorstand in dieser Sitzung, Politikerkinder könnten in Zukunft nicht mehr als Praktikanten eingestellt werden.Wie das zusammenpasst, das muss mir einmal jemand erklären.

(Frank Gotthardt (CDU):Aber das fragen Sie bitte nicht uns!)