Andere Bundesländer haben sich sehr schnell auf den Weg gemacht, wie z. B. Baden-Württemberg und Bayern, die einen regionalen Ausbildungspakt geschlossen haben. Der Herr Ministerpräsident und seine Regierung haben sich kurz nach den Ferien überlegt, dass das auch in Hessen gemacht werden könnte.
Ich würde sagen:Das ist ein bisschen spät.Wir haben noch 14 Tage Zeit bis zum neuen Ausbildungsjahr. Meine Damen und Herren, es gibt noch einiges zu tun.
Die Bundesregierung hat z. B. beschlossen, dass sie in der Bundesverwaltung die Zahl der Ausbildungsplätze um 20 % erhöht.Der Herr Ministerpräsident will nur die Ausbildungssituation von 2003 wiederherstellen. Das sind 10 % weniger Plätze als unter der Regierung Eichel – bei steigenden Ausbildungszahlen.
Deswegen fordern wir Sie auf, die Anzahl der Ausbildungsplätze in der Landesverwaltung um 20 % zu erhöhen. Das ist das wenigste, was Sie für die Jugendlichen tun können. Alles, was bei Ihnen jetzt herausgekommen ist, sind magere 1.000 Praktikumsplätze, von denen nur 158 besetzt worden sind.
Meine Damen und Herren, gucken wir uns den Pakt weiter an. Es enthält nicht so viel, wie Sie daraus gemacht haben. Es wurde kein Cent mehr in die Hand genommen. Die Gewerkschaften wurden nicht an dem Pakt beteiligt. Herr Weidemann hat schon bei der Vorstellung gegenüber der Presse gesagt, dass die Zusage der Wirtschaft, neue Ausbildungsplätze zu schaffen, nicht bedeutet, dass mehr Ausbildungsplätze geschafft werden. Meine Damen und Herren, in Hessen sind, heruntergebrochen vom nationalen Ausbildungspakt, 3.000 Ausbildungsplätze zu schaffen. Ich bin gespannt, wie Sie das bewerkstelligen. Ich habe meine Zweifel.
Ich komme zum Schluss. – Sie haben gestern Abend bei dem Empfang, wo wir alle sein durften, schon versucht, den Ball in das andere Lager zu schießen, indem Sie sehr freimütig zugegeben haben, dass Hessen bei der Ausbildungssituation hinten liegt. Sie haben versucht, Ihren Freunden von der Wirtschaft den Ball zuzuschieben. Herr Ministerpräsident, so einfach ist das nicht. Wenn man etwas zur Chefsache erklärt, muss man auch die Verantwortung übernehmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein der Titel, den Sie über Ihre Aktuelle Stunde und das Thema gestellt haben, nämlich „Ausbildungskatastrophe“, stört mich. Frau Kollegin Ypsilanti, es stört mich, weil Sie damit genau das Gegenteil dessen erreichen, was Sie erreichen müssen, nämlich junge Menschen zu motivieren, sich zunächst einmal selbst um einen Ausbildungsplatz zu bemühen.
Die Motivation junger Menschen ist der wesentliche Teil der Aufgabe, die wir gemeinsam meistern müssen. Wir müssen jungen Menschen auch in schwierigen Zeiten sagen, dass es sehr wohl Perspektiven, Chancen und Einstiege in den Arbeitsmarkt geben kann, vorausgesetzt dass man die Chancen nutzt, die sich eröffnen.
Meine Damen und Herren, Frau Ypsilanti, zunächst einmal zur Klarstellung. Ich weiß nicht, worauf Sie Ihre statistischen Behauptungen und Analysen jeweils stützen. Ich habe eine andere Statistik,die uns zwar alle noch nicht zufrieden stellen kann, aber ich freue mich zunächst einmal darüber, dass die IHK im Vergleich zum Vorjahr in Hessen 4,8 % mehr Ausbildungsverträge vermeldet. Meine Damen und Herren, ich freue mich darüber, dass das Handwerk nahezu identische Zuwächse zu verzeichnen hat. Ich freue mich darüber, dass es 1.560 neue Ausbildungsverhältnisse im ersten Lehrjahr gibt, nachdem wir im Ausbildungspakt gesagt haben, dass wir in den nächsten drei Jahren jedes Jahr 2.000 neue, zusätzliche Ausbildungsplätze in einer anderen Form, als Sie das häufig wollen, nämlich gemeinsam mit der Wirtschaft und zunächst einmal ausschließlich in der Wirtschaft, schaffen wollen.
Meine Damen und Herren, wenn man sich die Entwicklung anschaut – Frau Kollegin Ypsilanti, die Tatsache ist richtig, dass Ausbildung Chefsache ist –, dann kann man nicht umhin, die, was die Entwicklung des Problems anbelangt, für mich entscheidende Statistik zur Hand zu nehmen,die aufzeigt,wie sich das Problem der noch nicht vermittelten Bewerber in den letzten zwölf Monaten entwickelt hat. Ich bedauere, dass in Hessen die Zahl der nicht vermittelten Bewerber um 2,1 % zugenommen hat. Frau Ypsilanti, ich bedaure aber gleichermaßen, dass die Zahlen in anderen Bundesländern sehr viel dramatischer sind: in Nordrhein-Westfalen beträgt der Anstieg 19 %, in Niedersachsen 9 %, in Baden-Württemberg 28 % und in Bayern 15 %.
All das kann uns nicht trösten.Aber all das zeigt uns, dass wir in Hessen auf einem vergleichsweise sehr guten Weg sind. Meine Damen und Herren, das haben wir in erster Linie der hessischen Wirtschaft und den entsprechenden Bemühungen, aber auch der Landesregierung zu verdanken, die nicht erst zu einem Ausbildungspakt kommen muss, um das Problem bewusst zu machen, sondern die sich schon vor Jahren,zu Beginn ihres Antritts,dieses Themas in besonderer Weise angenommen hat.
Ich unterlege das noch einmal mit einigen Zahlen. Bei der Berufsausbildung haben wir eine ganze Reihe von Programmen mit einem Volumen von 26 Millionen c, mit denen wir Ausbildungsplätze schaffen bzw. fördern: im Bereich der Ausbildungsverbünde, im Programm Ausbildungsstellen für Altbewerber,
bei betrieblichen Ausbildungsplätzen für allein erziehende Mütter ist, bei der Ausbildung in der Migration. Das sind allesamt Dinge, die wichtig sind – einverstanden. Aber, ich sage noch einmal: Das Problem werden wir an dieser Stelle nicht in Gänze lösen.Wir brauchen eine Wirtschaft, die den Mut hat, einzustellen, weil sie Perspektiven für die Zukunft hat.
Frau Fuhrmann, weil wir gerade dabei sind: Es ist keine gute Perspektive für Unternehmen, die ausbilden wollen, wenn man ihnen zurzeit sagt: „Bildet doch bitte sogar mehr aus, als ihr braucht“, wenn dann die IG-Metall Jugendliche, die nicht übernommen werden, auffordert, auf Anstellung zu klagen. Das ist genau der falsche Weg,
weil dann Unternehmen, die über den Bedarf hinaus Ausbildungskapazitäten schaffen wollen, von vornherein sagen:Wenn man das macht, hat man am Ende bei den Personalkosten teilweise ein enormes Problem. Das ist genau der falsche Weg. Wir setzen hier auf das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen. Wir setzen auf die Teilhabe der Unternehmen.
Wir werden heute Nachmittag noch einmal etwas ausführlicher über den Ausbildungspakt zu sprechen haben. Wir haben in den letzten zwölf Monaten Erfreuliches an Bereitschaft und Kreativität vonseiten der Kammern und Verbände erleben dürfen. Die Ergebnisse sprechen für sich. Meine Damen und Herren, insofern verstehe ich nicht, warum Sie angesichts der hessischen Zahlen, die im Vergleich zu anderen Bundesländern gut sind, dieses Thema als Aktuelle Stunde angemeldet haben. – Vielen Dank.
Lieber Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Frömmrich ist heute Morgen mit dem Satz im Bezug auf die hessische Personalpolitik gestartet: versprochen – gebrochen.
Herr Kollege Boddenberg, in Bezug auf die hessische Ausbildungspolitik führe ich weiter: versprochen – und nichts dahinter.
Das, was Sie hier mit viel Lob und Hudel in Bezug auf die Hessische Landesregierung gesagt haben, ist das Papier
nicht wert, auf dem es steht. Der Ausbildungspakt, den Sie geschlossen haben, ist nichts anderes als eine viel zu späte Luftblase, die eierig dahindümpelt. Sie baut auf dem auf, was Rot-Grün in acht Jahren aufgebaut hat.
Zu Beginn will ich in diesem Zusammenhang aber auch ganz klar sagen: Wir unterstützen alle Maßnahmen von Staat und Wirtschaft, die dazu führen, dass sich die Situation der jungen Leute verbessert. Es ist richtig, dass man den Versuch startet, die Probleme gemeinsam zu lösen.
Wir stellen schon seit längerem fest, dass wir weder in der hessischen Wirtschaft noch im Handwerk und schon gar nicht bei der Hessischen Landesregierung viel Bewegung gehabt hätten, wenn die rot-grüne Bundesregierung nicht immer wieder mit dem Satz gedroht hätte: Wenn sich die Lehrstellensituation in diesem Lande nicht verbessert, müssen wir die Ausbildungsplatzumlage einführen. – Das war die Initialzündung in diesem Bereich.
Die Kollegin Ypsilanti hat schon darauf hingewiesen – wir alle wissen das –, dass die Situation nach wie vor dramatisch ist. 13.600 unversorgten Lehrstellenbewerbern stehen nur 3.700 vakante Stellen gegenüber. Das ist ein blamables Ergebnis für Hessen. Die Situation ist dramatisch. Deshalb müssen wir etwas machen.
Aber unsere Aufgabe besteht auch darin, zu fragen, welche eigenen Aktivitäten die Hessische Landesregierung entwickelt, um die Situation zu verbessern. Dazu muss ich sagen: Sie tut nichts, um die Ausbildungsleistungen in ihrem eigenen Beritt zu erhöhen. Das, was Sie festgeschrieben haben, ist zu dürftig, und es ist auch zu spät erfolgt.
Deswegen möchte ich an der Stelle die Bundesregierung ausdrücklich loben, die bereits im Juni den nationalen Ausbildungspakt vorgelegt hat.
Nein, das ist kein billiger Weihrauch, sondern es handelt sich um reale Maßnahmen. Der nationale Ausbildungspakt wurde bereits im Juni vorgelegt.Nur so hatte er überhaupt noch eine Chance, zu greifen.Wenn Sie dagegen etwas Ähnliches am 6. September vorlegen, ist völlig klar, dass es im kommenden Ausbildungsjahr nichts mehr bewirken kann. Das kritisieren wir. Es ist eindeutig zu spät.
Darüber hinaus stellen wir ein deutliches Missverhältnis zwischen den Leistungen fest.Die hessische Wirtschaft erbringt durchaus eine Leistung – Kollege Boddenberg hat das gesagt, und wir kritisieren das auch nicht –, aber die Hessische Landesregierung erbringt eben keine. Das kritisieren wir.
Wenn wir vom Hessen-Praktikum absehen, müssen wir feststellen, dass Ihre Eigenverpflichtung gleich null ist. Dabei wissen wir, dass das Hessen-Praktikum nicht genutzt wird, weil die jungen Leute, die es absolvieren, anschließend keine Perspektive im Landesdienst haben. Insofern ist hier auch keine fehlende Bereitschaft der Lehrstellensuchenden zu beklagen, sondern es mangelt einfach an Perspektiven. Für die fehlende Perspektive ist