Protocol of the Session on July 15, 2004

Es ist unglaublich, mit welcher Dreistigkeit Herr Staatsminister Dietzel und auch sein Parteikollege, Herr Grieneisen, versucht haben, einen ihnen genehmen Kandidaten in das Amt zu bringen, obwohl die Region eine ganz ablehnende Haltung im Hinblick auf diese Person geäußert hat. Aber das war den beiden Herren anscheinend ganz egal.

Heute müssen Sie sich zum Vorwurf machen lassen, dass Sie nicht nur durch diese richterliche Entscheidung dem Ansehen Ihres eigenen Kandidaten geschadet haben,son

dern dass Sie auch dem Nationalpark Kellerwald einen Bärendienst erwiesen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Pleiten, Pech und Pannen – das sind die Leitmotive dieser Landesregierung. Es gibt keinen offiziellen Nationalparkamtsleiter. Die Botschafterin des Nationalparks, Frau Felicitas Woll, eine sehr bekannte Schauspielerin, hat ihr Amt aus Frust zurückgegeben. Besucher stehen vor verschlossenen Türen. Es gibt zu wenig Personal. Wer sich den „HNA“-Artikel vom 27. Mai mit der Überschrift „Keiner da“ anschaut, der ist entsetzt, wie dilettantisch dieses Projekt in den Sand gesetzt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hinzu kommt, dass wir erfahren mussten, dass das Land nicht nur diese Konkurrentenklage verloren hat, sondern auch eine zweite. Die Stelle der Sachgebietsleitung Kellerwald konnte ebenfalls durch eine Konkurrentenklage, der stattgegeben wurde, nicht besetzt werden.

Da kann man an dieser Stelle nur noch einmal ganz deutlich festhalten, auch auf Italienisch:Avanti Dilettanti.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sieht man sich die Situation vor Ort an, reibt man sich wirklich die Augen. Es ist für das noch einzustellende Personal überhaupt kein Platz da. Es fehlt die Sachausstattung. Man muss feststellen, dass der Motor Nationalpark, der für die Regionalentwicklung ein ganz wichtiger Punkt ist, ganz desorientiert ins Stottern kommt. Bis heute ist noch nicht klar, wo das Nationalparkamt langfristig angesiedelt werden soll. Die ursprüngliche Idee war die Ansiedlung beim Forstamt in Bad Wildungen. Nun denkt man an die Wandelhallen der Landesgartenschau. Aber was passiert in der Zwischenzeit? Das Personal muss eingestellt werden, und wenn dann die Räumlichkeiten fehlen, wenn die Sachausstattung fehlt, dann können Sie davon ausgehen, dass dort auch keine Motivation bei den Angestellten vorhanden sein wird, dieses Projekt zukunftsfähig zu gestalten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Schlafwandeln in der Wandelhalle!)

Dies alles scheint dank der unprofessionellen Politik der Landesregierung ein Fiasko für die Zukunft des Nationalparks zu werden. Denn wer als Besucher vor Ort war und mit diesen Dingen konfrontiert wurde, geht enttäuscht weg. Aber wir brauchen doch Menschen, die von diesem Projekt überzeugt sind und diese Überzeugung als Werbung weitertragen. Der Nationalpark lebt auch von den Besuchern, die Region lebt von der Regionalentwicklung. Beides kann nur zusammen passen.

Wir fordern von Ihnen, dass Sie so bald wie möglich die Leitungsfunktion ausschreiben, aber nicht, indem Sie die Auswahlkriterien verändern. Denn die müssen gleich bleiben. Wir erwarten, dass Sie das Personal vernünftig unterbringen, dass die Mitarbeiter vernünftig ausgestattet werden, mit einer ausreichenden Sachausstattung.

Meine Damen und Herren, zum Schluss ein Tipp an die Landesregierung: Holen Sie sich doch Amtshilfe von Ihren Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Wenn Sie sehen, was beim Nationalpark Eifel alles geleistet wurde – der Nationalpark Eifel wurde auch erst in diesem Jahr gegründet –, dann müsste es Sie blass vor Neid machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit der Eröffnung in diesem Jahr gibt es dort 25 ehrenamtliche Waldführer, und bis zum Herbst sollen es sage und schreibe 100 Waldführerinnen und Waldführer werden.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – In Hessen sind es erst 25 Waldführer, die für dieses Jahr geplant sind. Bei den Rangern sieht es ähnlich aus: 17 in Nordrhein-Westfalen, 60 geplant. In Hessen sind es fünf.

Meine Damen und Herren, so setzen Sie ein gutes Projekt für die Region in den Sand, und das werden wir nicht zulassen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Kahl von der SPD-Fraktion. – Ich kann es nicht ändern, wenn keine andere Wortmeldung da ist.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die schämen sich! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sind Spaghetti essen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, bei dem Thema ist eine kurze Vorbemerkung notwendig. Der Nationalpark Kellerwald ist das wichtigste Vorzeigeprojekt für Naturschutz und naturnahen Tourismus. In diesem Sinne ist er eine echte Entwikklungschance für die nordhessische Kellerwaldregion. Ich betone: Der Nationalpark muss ein Erfolg werden.

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Wenn ich jetzt mit einem „aber“ beginne, hat das etwas mit dieser Landesregierung zu tun. Der Umweltminister hat mit seinen undurchsichtigen Entscheidungen bei der Besetzung der Leitungsfunktion des Nationalparks schon viel Porzellan zerschlagen. Mit diesem Dilettantismus muss endlich Schluss sein. Ich fordere Sie auf, Ihren Konfrontationskurs mit der Region und den wichtigen regionalen und überregionalen Akteuren im Interesse der Sache nun endlich zu beenden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Nationalpark ist eben nicht die Privatangelegenheit von Herrn Dietzel und seinem Bad Wildunger Parteifreund, dem Bürgermeister Grieneisen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Eine so wichtige Personalentscheidung ist nicht bei einem schönen Abendessen in der Ederberglandhalle in Fran

kenberg zwischen dem Minister und seinem Parteifreund zu treffen.

(Frank Gotthardt (CDU): Das ist Wirtschaftsförderung!)

Das ist alles wunderbar mit diesen italienischen Vergleichen. Aber ich muss zur Ehre des Lokals hervorheben, dass es kein italienisches Lokal ist. Es ist ein sehr gutes Lokal;

(Allgemeine Heiterkeit – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt auch sehr gute italienische Lokale! – Volker Hoff (CDU): Herr Kahl, haben Sie einmal eine Speisekarte?)

soweit wir wissen, ist auch Lamm gegessen worden – Herr Minister, hoffentlich aus heimischer Zucht.

Das Verwaltungsgericht Gießen hat Ihnen mit seinem Urteil in eindeutiger Klarheit bestätigt, dass Ihr ausgewählter Kandidat nicht der qualifizierteste Bewerber ist. Obwohl Ihnen die Fachleute aus dem Ministerium und von Hessen-Forst rechtzeitig geraten haben, das Verfahren neu zu beginnen, haben Sie dies unbelehrbar und beratungsresistent ignoriert, mit dem bekannten Ergebnis: Niederlage auf ganzer Linie. Gleichzeitig wurde wertvolle Zeit vertan, um ein funktionsfähiges Nationalparkamt zu installieren.

Grundtenor des Urteils ist, dass mindestens ein Bewerber deutlich höhere Qualifikationen hat als der von Ihnen ausgesuchte Kandidat, und dies sowohl in Hinblick auf seine bisherigen Leistungen als auch bezüglich des Anforderungsprofils für diese Stelle.

Glücklicherweise haben Ihre Fachleute Sie zumindest davon überzeugt, kein Rechtsmittel einzulegen. Ich glaube, es war eine schwierige Sache, Sie davon zu überzeugen. Wer das einlegen von Rechtsmitteln bei einem solchen klaren Urteil erwägt, kann sich aber nur eine noch größere Schlappe einfangen.

Wir haben Sie unmittelbar nach Bekanntgabe des Urteils in einem Antrag aufgefordert, das Urteil zu akzeptieren und aus dem Bewerberkreis in einem fairen Verfahren den besten Bewerber auszuwählen. Das Gericht hat Ihnen diesen Verfahrensweg eindeutig aufgezeigt.

Bei der Dringlichkeit der Besetzung der Nationalparkleitung ist dies der fairste und schnellste Weg. Auch der Staatssekretär hat im Ausschuss auf das Zeitproblem hingewiesen, indem er zu Recht betonte, dass die Personalentscheidung deutlich vor Jahresende getroffen werden muss. Das ist eine ganz klare Aussage, die wir nachdrücklich begrüßen können.

Wir können Sie nicht daran hindern, die Stelle neu auszuschreiben.Dadurch geht aber wertvolle Zeit verloren.Wir werden auch genau darauf achten, dass nicht wieder getrickst wird. Es darf bei der Ausschreibung keine Veränderung des Anforderungsprofils an die Stelle vorgenommen werden.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das Anforderungsprofil war im Lenkungsausschuss einvernehmlich festgelegt. Das Auswahlverfahren muss nachprüfbar und gerichtsfest durchgeführt werden.Wenn Sie jetzt bundesweit ausschreiben, will ich nur darauf hinweisen,dass Sie bisher die Meldung an die PVS noch nicht gemacht haben, also können Sie die Stelle überhaupt nicht von außen besetzen. Das muss auch an dieser Stelle klar sein.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn Sie die Region beteiligen wollen, beziehen Sie die Naturschutzverbände und den Vorstand des Zwecksverbands Naturpark ein.Ihr Parteifreund Grieneisen ist nicht der alleinige Vertreter der Region,zumal ihn der Vorstand mit Zweidrittelmehrheit unter anderem wegen seiner eigenmächtigen Beteiligung am bisherigen Auswahlverfahren das Misstrauen ausgesprochen und ihn aufgefordert hat, zurückzutreten.

Meine Damen und Herren, der Nationalpark KellerwaldEdersee braucht einen qualifizierten und engagierten Leiter, der die örtlichen Verhältnisse kennt, und ein Nationalparkteam, das den Nationalpark zusammen mit der Region zum Erfolg führt. Weitere Fehlleistungen des Ministers wären für dieses Projekt mehr als fatal.

Wer wie Sie im Kellerwald über Jahre hinweg lieber mit der Kettensäge gearbeitet hat, scheint nach wie vor Probleme mit diesem Naturschutzprojekt zu haben, sonst würden Sie nicht so handeln.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kahl, Sie müssen zum Schluss kommen.

Zum Schluss:Wenn Sie es nicht können, ist in dieser wichtigen Frage auch der Ministerpräsident gefragt und gefordert. Meine Damen und Herren, der Nationalpark Kellerwald-Edersee braucht Professionalität statt Dilettantismus und Einvernehmen statt Konfrontation.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Apel, CDUFraktion.