Protocol of the Session on July 14, 2004

Was aber macht die rot-grüne Bundesregierung?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Was macht die denn?)

Lassen Sie mich das einmal ausführen: Die stellt diese Energiepolitik einzig und allein und ohne Wenn und Aber unter das Diktat der Umweltverträglichkeit – ohne überhaupt die Frage zu stellen, welche Konsequenzen das für unser Land hat. Das fragt diese Bundesregierung überhaupt nicht.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU))

Der bisher immer von vielen getragene Dreiklang von Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit und Ökologie wird von Herrn Trittin völlig ausgeblendet.Das möchte ich hier deutlich herausstellen.

(Beifall bei der FDP)

Diese Alleingänge der Bundesregierung werden auch dem Standort Deutschland schaden – schon allein aus dem Grund, weil sich dieser Standort Deutschland nicht aus der globalen, der weltweiten Arbeitsteilung heraushalten kann.

(Zurufe der Abg. Ursula Hammann und Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die in Deutschland arbeitenden Unternehmen sind in den internationalen Wettbewerb eingebunden. Dem kann man sich nicht einfach entziehen. Dort kommt auch ein Teil dessen her, was Sie nicht wahrhaben wollen – dass es Abwanderungen in andere Regionen gibt, wo andere Preise für Energie verlangt werden. Energiepreise sind auch ein Standortfaktor.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Ursula Hammann und Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb war und ist die FDP immer für eine Liberalisierung und Deregulierung der Energiemärkte gewesen. Die ursprünglichen Entlastungen, die einmal durch das von uns eingebrachte EEG und Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vorgesehen waren und vorgenommen wurden, sowohl für die Wirtschaft als auch für den privaten Verbrauch, sind durch das, was Sie jetzt im Nachgang an Ökosteuer draufgesattelt haben, allesamt wieder aufgezehrt worden. Diesen Vorteil hat man weggenommen.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Frau Kollegin Hammann,wenn der Strompreis gerade bei Privatkunden wieder einen staatlichen Anteil von mittlerweile 41 % hat, dann muss man doch hinterfragen:Woher kommt dieser staatliche Anteil? Warum muss er so hoch sein? Und: Kann es nicht darum gehen, sich vorrangig damit auseinander zu setzen, wie beispielsweise der Zugang zu Leitungsnetzen, das Entgelt für die Nutzung unbürokratisch und transparent gestaltet werden können, um hier einen einfachen Zugang zu haben? Ich will betonen, das gilt nicht nur für Stromnetze, das gilt auch für Gas und Wasser. Ich denke, in Zukunft werden wir auch darüber reden müssen.

(Beifall bei der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und für Holzschnitzel!)

Seit dem 1. Juli – auch das wissen Sie – hätte die so genannte EU-Beschleunigungsrichtlinie für den Strom- und Gasmarkt in nationales Recht übertragen werden müssen. Ich frage Sie: Was ist in Berlin passiert? – Nichts ist passiert, überhaupt nichts.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Gesetzeswidrig!)

Man wird hier wieder warten, bis die EU kommt und mit Anlastungen droht. Dann wird man in letzter Minute ein Gesetz zusammenschustern, das die Umsetzung von EURecht in der Bundesrepublik beinhalten wird.

Nach unserer Auffassung ist es auch durch das Verhalten der jetzigen Bundesregierung klar und deutlich geworden, dass die Kompetenzen für die Energiepolitik in Zu

kunft wieder gebündelt werden müssen, und zwar im Wirtschaftsministerium. Dorthin gehören sie.

(Beifall bei der FDP)

Denn wir sind der Auffassung, nur aus diesem Bereich kann ein Entwurf für ein zukunftsfähiges, sich dem Wettbewerb stellendes Energiewirtschaftsgesetz vorgelegt werden, das alle, aber auch alle Probleme berücksichtigt.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Dazu gehört eine unbürokratische Regulierung, kein zusätzlicher Personalaufwuchs. Seinerzeit hat die FDP einmal verlangt, die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes für das Thema Regulierung zu hinterfragen. Durch die jetzt bekannt gewordene Zahl von ca. 300 Personen, die dort neu in eine Regulierungsbehörde eingestellt werden sollen, wird umso deutlicher, dass unsere Frage, ob das Bundeskartellamt die richtige und kostengünstigste Stelle ist, sehr begründet ist.

Was brauchen wir denn in Zukunft? Ich will noch einen Aspekt beleuchten. Deutschland braucht als Erstes verlässliche Rahmenbedingungen. Zweitens brauchen wir einen Ausbau und die Erneuerung von Kraftwerken, von Kraftwerkparken. Denn – ich meine, auch das dürfte den Fachpolitikern hinreichend bekannt sein – die Anlagen sind mittlerweile älter als 25 Jahre. Alleine 45 % dieser Anlagen sind älter als 25 Jahre; bei den Steinkohlekraftwerken – darüber kann man diskutieren – sind sie älter als 30 Jahre.

Aber wir werden auch in Zukunft nicht umhinkommen, Steinkohle im Energiemix mit einzusetzen. Hier besteht eine große Chance, hier könnte es darum gehen, neue Energiequellen, neue Kraftwerke zu gestalten, die eine höhere Ausnutzung, einen höheren Wirkungsgrad erzielen und somit zu höherer Energieeffizienz führen. Das sind Aufgaben, denen man sich als Bundesregierung stellen müsste.

(Beifall bei der FDP)

Ich fasse zusammen. Erstens. Energieeinsparung an Gebäuden und im Verkehr bedeutet Ausdehnung der Energieberatung und Investitionen in diesem Bereich, um Energie einzusparen. Das bringt sowohl Energieeinsparungen wie auch Auftragsimpulse für die Wirtschaft in allen Regionen des Landes.

Zweitens. Der motorisierte Verkehr: Hier ist eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur notwendig. Wir alle, die mit dem PKW unterwegs sind, genießen immer das Fahren im Stau. Bei der Weiterentwicklung der Motoren ist die Industrie gefordert – Sprit sparende Motoren.

Drittens. Auch eine Verzahnung von Fern- und Nahverkehr, eine Verzahnung von Individualverkehr mit schienengebundenem Nahverkehr – hier ist noch vieles, was gemacht werden muss.Wenn Sie mir den Schlenker erlauben, hier trägt die Kürzung innerhalb der ÖPNV-Förderung des Bundes nicht sonderlich viel dazu bei, dass der ÖPNV ausgebaut wird. Da sollte man das Handeln verzahnen und nicht an der Stelle so reden und an der anderen Stelle so, meine Damen und Herren von den GRÜNEN.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch die Koch-Steinbrück-Liste!)

Von mir wurde schon die Modernisierung der Kraftwerke angesprochen. Das ist eine Aufgabe, die für die nahe Zukunft wahrgenommen werden muss.

Vierter Punkt. Der Energiemix darf nicht auf einige wenige aus ideologischen Gründen gewünschte Energien beschränkt werden, sondern es müssen alle Energien mit einbezogen werden. Dazu gehört die Wasserkraft, die in den letzten Jahren von Ihnen sträflich vernachlässigt worden ist.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Hammann, gehen Sie zu den Wasserkraftwerken – wir gehen gemeinsam da hin –, die werden Ihnen verdeutlichen, wie sie in den letzten Jahren von Ihrer Bundesregierung benachteiligt worden sind.

Fünftens. Was ganz wichtig ist, davon haben wir noch gar nicht geredet: Es muss eine technische Weiterentwicklung gerade der Speichermedien geben.

(Zuruf des Abg. Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Häusling, was bedeutet das denn? Wenn wir heute Windkraftanlagen,Biogasanlagen haben,wo wir die Energien nicht speichern können, kann deshalb kein konventionelles Kraftwerk abgeschaltet werden, weil diese Energien nicht zuverlässig in dem Moment zur Verfügung stehen, in dem sie gebraucht werden.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn es gelingt, diese erneuerbaren Energien speicherfähig zu machen, dann haben wir einen großen Vorteil für diese Energiekomponente. Das müssen wir ausnutzen. Daran gilt es zu arbeiten. Frau Kollegin Hammann, das alles – da befinden wir uns nicht auf einer Wolke sieben, sondern mitten in diesem Europa, mitten im tatsächlichen Leben – kann nach unserer Auffassung nur geschehen, wenn es europaweit geschieht, wenn europaweit das, was wir an Energie gewinnen und an Maßstäben für die Sicherheitsstandards anlegen, umgesetzt werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich meine, davon ist die Bundesregierung meilenweit entfernt. – Ich komme zu Ihren Ausführungen. Dazu gehört auch, dass man über Preise redet. Zukunftsfähige Energien wird es nur geben, wenn es die preisliche Komponente an der Stelle gibt. Sonst sind die Energien schneller vom Markt, als sie auf den Markt gekommen sind.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir brauchen darüber gar nicht zu diskutieren. Solange die Möglichkeit besteht, Strom aus Ländern für 5 Cent, 4 Cent und weniger zu importieren und dann – wie Sie es nennen würden – sauberen Strom aus Wasserkraftwerken zu substituieren, so lange muss auch die Komponente des Preises bei allen Energiearten berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Zum schönen Thema Hessen-Energie. Sehr geehrte Frau Kollegin Hammann,wie oft haben wir zusammengesessen und darüber diskutiert, wo es Klagen aus dem Bereich des Vogelsberges gab, wo sich Hessen-Energie die windhöf

figsten Stellen für sich selber gesichert hatte und für die anderen Privatinvestoren nur die Krümelchen am Rande übrig blieben. Das war doch die Tatsache. Dass die privatisiert worden ist, ist doch nur ein folgerichtiger Schritt.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn jemand heutzutage damit Gewinn macht, dann verteufle ich das nicht. Gewinne sind doch nicht des Teufels, sondern das ist doch in Ordnung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Heidel, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Schade!)