Protocol of the Session on March 19, 2004

Der inhaltliche Unterschied zu dem, worum es hier geht, ist, dass behauptet wird, es seien Sicherheitsfragen, die dazu zwängen. Wir haben alle zu Recht gesagt, seit sechs Wochen warten wir auf irgendeine Antwort. Schily hat sie nicht. Wer mit diesem Thema auf den Markt geht, ohne eine Antwort geben zu können,ist gescheitert.Das ist sein Problem. Otto Schily ist mit etwas gescheitert, das er verkündet hat und wo er feststellen muss, dass es so nicht funktioniert.

Er hat ein einziges Ziel. Das heißt, die Leute mögen sich langsam beruhigen. Die Sache möge in Vergessenheit geraten, und dann „machen wir das, was wir immer schon tun wollten“. Weil das nicht passieren darf, ist es richtig und notwendig, dass diese Heimlichkeit auch am heutigen Tage festgestellt wird. Sie ist keineswegs überflüssig.

Zunächst kann man auch darauf hinweisen, dass diejenigen, die dort tätig sind, einen gewissen Anspruch haben, nach der Debatte im Bundesrat zu hören, ob das noch unsere gemeinsame Position ist. Ich halte einmal fest: Es ist unsere gemeinsame Position. Und das ist gut so.

Der zweite Unterschied:Wir müssen versuchen, mit weniger Geld mindestens die gleiche Leistung zu erreichen, nach Möglichkeit zukunftsfähiger und noch besser zu werden. Wir können engagiert darüber streiten, wie wir das machen. Aber niemand kann bestreiten, dass wir das Ziel angehen müssen. Der Unterschied zu diesem Thema ist, Otto Schily behauptet noch nicht einmal, das sei ein Geldproblem, sondern da sollen 600 Millionen c zusätzlich ausgegeben werden. Das heißt, in Zeiten, wo jeden Tag die Einnahmen in Milliardenhöhe insbesondere beim

Bund wegbrechen, kommt dieser Mann an und sagt bei seinem flegelhaften Auftritt im Bundesrat: Ich habe zwar keine Begründung, es kostet 600 Millionen c mehr, ihr Länder,haltet bitte den Mund.– Die Betroffenen schreien auf.Dann glauben SPD und GRÜNE,sie könnten hier sagen: Was der Otto macht, ist nicht ganz richtig; was der Roland macht, ist auch nicht ganz richtig.

Was wir machen, darüber kann man streiten. Meine Damen und Herren, um die Sache einmal auf den Punkt zu bringen: Es gibt eine Logik. Das, was Kollege Schily macht, ist nicht logisch, aber teuer, und es ist falsch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aktuellen Stunden angekommen. Sie haben heute mehr als zwei Stunden gedauert.

Ich darf in der Tagesordnung fortfahren. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7:

Antrag der Abg. Habermann, Hartmann, Dr. Reuter, Riege, Quanz, Ypsilanti (SPD) und Fraktion betreffend Weiterentwicklung der Kindergärten zu elementaren Bildungseinrichtungen – Drucks. 16/1773 –

Ich darf für die antragstellende Fraktion Frau Kollegin Hartmann das Wort erteilen. Die Redezeit – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das ist falsch! Dazu ist noch Tagesordnungspunkt 8 aufzurufen, und Tagesordnungspunkt 8 ist ein Setzpunkt!)

Tagesordnungspunkt 8 ist ein Setzpunkt? – Entschuldigung. Der Antrag ist also mit Tagesordnungspunkt 8 zusammen aufzurufen.Das ist der von der FDP-Fraktion gesetzte Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend verbindlicher Rahmen für Bildungsziele in hessischen Kindergärten – Drucks. 16/1818 –

Wem darf ich das Wort erteilen? – Ich erteile es Herrn Kollegen Rentsch. Herr Rentsch, bitte sehr, Sie haben das Wort. Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion.

(Clemens Reif (CDU): Herr Präsident, können wir nicht einmal kurz unterbrechen? Es ist gleich 11.11 Uhr!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt in diesem Haus zu einem elementaren Thema. Es betrifft den Bildungsauftrag der Kindergärten. Aber ich will Sie nicht stören.Wenn Sie der Krawattenindustrie und dem Geschmack in diesem Haus einen Gefallen tun wollen,dann holen Sie die Schere heraus und bringen sie die eine oder andere Krawatte um. Das wäre sicherlich sinnvoll.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir haben zu dem Antrag der SPD-Fraktion einen eigenen Antrag vorgelegt. Zwar stimmen wir mit der SPD in der Frage überein, dass auch wir der Meinung sind, der Bildungsauftrag der Kindergärten ist ein unglaublich wichtiges Thema.Wir

stimmen aber mit dem Inhalt des Antrags nicht überein. Unserer Meinung nach geht es nicht nur darum, bestimmte Basiskompetenzen zu definieren.Wir müssen dabei auch an die Umsetzung und an die praktischen Probleme denken. Zu den Problemen haben wir im Antrag der SPD-Fraktion nichts gefunden.

Wir Liberale wollen, dass Kinder eigenständig handeln und lernen können. Sie sollen eigene Entscheidungen treffen können. Sie sollen dies dann auch verantworten.

Schon bisher galt in der Arbeit der Kindergärten die Trias Bildung, Erziehung und Betreuung. Insbesondere der Bildungsauftrag wurde aber noch nicht hinreichend formuliert. Hier bestehen innerhalb Hessens große Unterschiede. Ich glaube, das ist jedem klar. Die großen Unterschiede bestehen vor allen Dingen darin, wie der Bildungsauftrag umgesetzt wird.

Wir halten es für falsch, das in das Belieben des einzelnen Kindergartens zu stellen.Es hängt damit quasi vom Zufall ab, welche Bildung in den Kindergärten vermittelt wird. In dem einen gibt man sich Mühe und versucht, pädagogische Konzepte umzusetzen. Am Schluss werden die Kinder dann in die Schullaufbahn entlassen.Es gibt aber auch Kindergärten, in denen dieser Auftrag nicht erfüllt wird, bei denen es wirklich in das Belieben der Kindergärtnerinnen und Kindergärtner gestellt ist, was einem Kind während der Zeit, die es im Kindergarten verbringt, beigebracht wird.

Die FDP fordert deshalb die Erstellung eines Bildungsplans für Kindergärten in Hessen, der ein Handlungskonzept für die Bildungsarbeit in Kindergärten darstellen soll. Wir müssen dabei das Rad nicht neu erfinden. In anderen Ländern wurden gute Vorarbeiten geleistet. Als Beispiel möchte ich hier Rheinland-Pfalz nennen. Dort wurden im vergangenen Sommer Empfehlungen vorgelegt,die seither diskutiert werden.Für diesen Spätsommer ist angekündigt, die abschließende Fassung vorzulegen.

Außerdem kann ich da auf Bayern verweisen. Ich glaube, das ist bekannt. Die Inhalte des dortigen Gesetzes gehen im Wesentlichen auf die Forschungsarbeiten des Herrn Prof. Fthenakis zurück, der sicherlich dem einen oder andern bekannt ist, der sich mit diesem Thema beschäftigt hat. Er ist auf diesem Feld wahrlich eine Koryphäe.

Bildungsarbeit im Kindergarten bringt mit sich, Kinder in der Lebensphase zu bilden, in der sie so aufnahmefähig sind,wie sie es nie wieder in ihrem ganzen Leben sein werden.

(Beifall bei der FDP)

Wenn die Kinder diese Chance verpassen, verpassen sie eine riesige Chance für das Lernen in ihrem Leben. Es ist unverantwortlich,diese wertvolle Zeit zu vertun.Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, dass Kinder spielerisch lernen. Aus ihrer Sicht lernen sie zweckfrei. Ein Kind lernt mit seinem ganzen Sein, also mit seinen körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Bedürfnissen. Kinder bilden dabei nicht einfach ab, was sie sehen und erleben. Im tätigen Umgang mit seiner Lebenswelt macht sich das Kind ein Bild von dieser Welt. Es strebt dabei nach Handlungsfähigkeit.

Die besondere Weise des Vorgehens der Kinder besteht darin, dass sie das, was sie sehen, nicht einfach in sich hineinnehmen. Vielmehr bilden sie aufgrund ihrer individuellen Erfahrungen mit der Welt eine zweite Ebene der Realität. Hirnforscher verwenden in diesem Zusammenhang übrigens den Begriff des konstruierenden Kindes.

Auf diese besondere Art des Bildungsprozesses und des Lernens der Kinder müssen wir als Politiker eingehen.Erzieherinnen und übrigens auch Erzieher

(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

sollten in der Lage sein, die Themen der Kinder zu erkennen, aufzunehmen und die Kinder anzuregen. – Ich merke, dass der gender-politische Sprecher der Fraktion der GRÜNEN, Herr Frömmrich, das auch so sieht. Das ist ganz hervorragend.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das bedeutet, wir brauchen einen Perspektivwechsel hinsichtlich der Frage, wie wir mit dem Bildungsauftrag der Kindergärten umgehen. Das bedeutet: Beobachtung der Kinder und Dokumentation ihres Tuns und Lernens. In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, die bestehenden Ausbildungsverordnungen an diese neuen Anforderungen anzupassen.

Wir kommen dabei auch nicht um das Thema herum, wie wir in diesem Land Kindergärtnerinnen und Kindergärtner und Erzieherinnen und Erzieher bezahlen. Wenn wir als Politiker hohe Standards verlangen, dann müssen wir auch über eine gute Bezahlung sprechen.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Ganz wesentlich für das Gelingen der Bildungsarbeit des Kindergartens ist aber die Zusammenarbeit mit den Eltern. Wir wollen, dass eine regelrechte Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern geschlossen wird. Das muss die Grundlage sein. Denn die Eltern müssen in die Arbeit des Kindergartens eingebunden werden. Kindergärten sind keine Verwahranstalten. Die Eltern müssen mit den Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern an einem Strang ziehen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist noch nicht sehr lange her, da sah man im Kindergarten die Eltern als Gäste an. Ich hoffe, dass das nun wirklich Schnee von gestern ist. Die Eltern sind gleichberechtigte Partner. Das bedeutet, dass sie auch Pflichten haben. Es kann nicht sein, dass die Eltern ihre Kinder an der Tür abgeben und meinen, im Kindergarten müsse den Kindern noch das Zähneputzen und das Schuhebinden beigebracht werden.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Dorothea Henz- ler (FDP))

Auch Eltern sind hinsichtlich dieser Fragen gefordert. Die Arbeit des Kindergartens kann dort nur eine Ergänzung darstellen. Die Arbeit der Eltern kann den Kindergarten nicht ersetzen.

(Beifall bei der FDP)

Um überprüfen zu können, welchen Erfolg die Bildungsarbeit hat, muss ein System implementiert werden, mit dem die Qualität der Kindergärten evaluiert wird. Es muss also eine Qualitätskontrolle sichergestellt werden. Darauf aufbauend kann eine qualitative Entwicklung einsetzen.

Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Das ist aber auch eine sehr schwierige Aufgabe.

Wenn wir Gelder sinnvoll einsetzen wollen, müssen wir über die Qualität in unseren Einrichtungen Bescheid wis

sen. Ich hoffe, dass wir während der Ausschusssitzung zu einer gemeinsamen Lösung kommen können.

Apropos Geld, da möchte ich noch eines erwähnen. Wir sollten in diesem Hause auch nicht die Diskussion vergessen, die darum geführt wurde, ob es richtig ist, dass in Deutschland die Eltern für die Unterbringung ihrer Kinder in Kindergärten Geld bezahlen müssen. Hingegen müssen sie für die Schule nichts bezahlen. Auch das Studium erhalten die Menschen in Deutschland kostenlos.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich glaube, die Eltern hätten viel mehr davon, dass ihnen der Staat die Kindergartenplätze kostenlos zur Verfügung stellt. Denn mit so kleinen Kindern ist der Zeitpunkt, an dem die Eltern wirklich noch finanzielle Probleme haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Jürgen Frömmrich und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie sind dabei auf die Unterstützung des Staates angewiesen.