Protocol of the Session on January 29, 2004

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Vielen Dank, lieber parlamentarischer Geschäftsführer der CDU. – Dieses Praktikum macht einen Sinn in sich. Ich werfe es der Regierung nicht vor – auch nicht dem Ministerpräsidenten –, dass sich, nachdem sie 963 Praktikumsplätze konkret angeboten hatte, letztlich nur 160 Jugendliche gemeldet haben. Man wird darüber nachdenken müssen – Herr Kollege Boddenberg hat es angesprochen, Frau Kollegin Schönhut-Keil ist darauf eingegangen –, wie man das möglicherweise anders ausgestalten und propagieren kann als in diesem Jahr. Ein Praktikum wird keine dauerhafte Lösung sein können. Aber wenn man in einer besonderen Situation auf die Überlegung kommt, zusätzliche Angebote zu machen, kann ich das nachvollziehen.

(Beifall bei der FDP)

Überhaupt nicht nachvollziehbar ist – damit schlage ich den Bogen zu meinen Eingangsbemerkungen –, dass man die Behauptung in die Welt setzt, man könne als Politiker, sei es als Ministerpräsident, als Wirtschaftsminister, als Sozialministerin oder auch als Mitglied des Hessischen Landtags, einfach für 10.000 zusätzliche Ausbildungsplätze sorgen. Das kritisiere ich genauso, wie es meine Vorrednerin getan hat, denn damit schmieren wir den

Leuten Brei um den Mund.Sie können den Brei nicht hinunterschlucken, weil er so schmierig ist.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema ist in der Tat viel zu ernst. Ich will Ihnen noch zwei Anregungen mit auf den Weg geben.

Herr Wirtschaftsminister, zunächst einmal wünsche ich mir, dass wir für die laufenden Beratungen dieses Themas im Wirtschaftsausschuss endlich den Bericht erhalten,den schon der Haushaltsausschuss bekommen hat. Über die Haushälter ist er schließlich zu uns gelangt. Aber wir möchten in der Sache, also inhaltlich, damit befasst werden. Ich prophezeie Ihnen, dass im April oder Mai die Diskussion wieder losgeht.

Außerdem sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Bildungsmaßnahmen für Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, organisieren: Berufsvorbereitungsjahr, fachliche Vorbereitungen sowie all die Etappen, die wir in den schulischen Warteschleifen und in der schulischen Vorbildung für eine bessere Chance am Ausbildungsplatzmarkt haben.

Herr Kollege Denzin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Das hat genau gepasst, Herr Präsident. – Auch darüber sollten wir intensiver nachdenken; denn viele Maßnahmen laufen nebeneinander her. Aber dieses Nebeneinanderherlaufen ist nicht nur unkoordiniert, sondern auch nicht sehr sinnvoll. Das ist eine wichtige Aufgabe. Im Übrigen hoffe ich, dass sich die Lage in ein oder zwei Jahren etwas entspannen wird.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Denzin. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Fuhrmann, wenn wir hier über Ausbildungsplätze reden, sehe ich ein Problem in der Art und Weise, wie Sie dieses Thema verstehen. Deswegen bin ich dem Kollegen Denzin dankbar, dass er noch einmal auf sachliche Weise aufgezeigt hat, worum es an dieser Stelle tatsächlich geht und wie es im letzten Jahr aussah.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Guter Mann, der Denzin!)

Wir haben uns im Sommer damit befasst, dass wahrscheinlich rund 10.000 Jugendliche keinen Ausbildungsplatz bekommen werden.

(Petra Fuhrmann (SPD):Der Ministerpräsident hat gesagt, dass sie das schaffen würden!)

Wir sind froh, dass das Problem inzwischen zumindest kleiner geworden ist. Nach den Angaben der Arbeitsämter gibt es aber immer noch 2.470 unversorgte Bewerber.

Ich will Sie sehr deutlich daran erinnern, dass die Kammern,die Vertreter der Industrie,die Gewerkschaften,das Landesarbeitsamt und die Landesregierung wiederum

wie in den Jahren zuvor, wenn es um diese Problematik ging – gemeinsam nach Lösungswegen gesucht haben. Es geht doch an erster Stelle darum, den Jugendlichen Ausbildungsplätze zu vermitteln.Ich will auch daran erinnern, dass es dann eine gemeinsame Kampagne zur Einwerbung von Ausbildungsplätzen gab,die die Lücke noch einmal deutlich kleiner werden ließ.Alle haben daran mitgewirkt, und viele sind sich ihrer Verantwortung bewusst geworden.

Allerdings möchte ich in Richtung der Oppositionsparteien ganz klar sagen: Während Sie noch über die Ausbildungsplatzabgabe schwadroniert haben und den Betrieben, die sich nach wie vor in einer konjunkturellen Krise befinden, noch mehr Angst gemacht haben, haben wir uns als Landesregierung mit diesen Partnern zusammengesetzt, Programme aufgelegt und gehandelt.

(Norbert Schmitt (SPD):Vergebliche Liebesmüh!)

Ich weiß genau, dass das Land allein nicht so viele Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen kann.Aber jeder hat an dieser Stelle seinen Beitrag geleistet.Sie reden momentan nur über das Praktikum.Aber zwischen den Partnern, die sich da getroffen haben, ist eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen vereinbart worden.

Im Landesdienst ist die Zahl der regulären Ausbildungsplätze um weitere 10 % aufgestockt worden. Ein mit Mitteln in Höhe von 1 Million c ausgestattetes Sonderprogramm ist aufgelegt worden, um besonders schwer vermittelbare Jugendliche, die weitere Bedarfe haben, in den entsprechenden Ausbildungsprogrammen beim Wirtschafts- oder Sozialministerium unterzubringen.

Es ging z. B. darum, ein Programm für Lehrlinge, die durch den Konkurs ihres Unternehmens ihren Ausbildungsplatz verloren haben, aufzustocken. Das hat etwas damit zu tun, dass immer mehr Betriebe Konkurs machen und immer mehr Menschen arbeitslos sind. Wir springen an dieser Stelle ein, um den jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Aber, meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN, Sie springen etwas zu kurz, wenn Sie sich nur auf das Praktikum konzentrieren.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es ist wichtig, in der Altenpflege 100 zusätzliche Plätze zu schaffen – auch wenn das nur kleine Beiträge sind –, das Programm für Lernbeeinträchtigte aufzustocken sowie Programme für Konkurslehrlinge und Altbewerber aufzulegen.Als letzter Baustein kommen das „Hessenpraktikum“ und,unter dem Gesichtspunkt der Startgarantie,die Modellfirma „Unternehmen Hessen“ hinzu, über die wir in den Ausschüssen auch diskutiert haben. Ferner geht es um ein Coachingprogramm in den Firmen, die dort mitmachen.

Ich habe mich vor Ort erkundigt. Für die unversorgten Bewerber, die mit ihren momentanen Qualifikationen überhaupt keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt haben und die möglicherweise auch nicht wissen, wie sie sich bewerben sollen,ist es eine wertvolle Erfahrung,an einem Coachingprogramm teilzunehmen. Immerhin wurde 450 jungen Menschen die Möglichkeit gegeben, Folgendes zu trainieren: Wie bekomme ich einen Ausbildungsplatz? Was muss ich machen? Wo sind meine Schwerpunkte? In welchen Berufen sollte ich mich bewerben? Auch das gehört dazu, wenn Sie über die „Startgarantie Hessen“ sprechen.

Kommen wir zum „Hessenpraktikum“. Das ist ein weiterer Baustein und eine letzte Möglichkeit für diejenigen, die bisher keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Es geht nach wie vor darum, den Betreffenden die Möglichkeit zu eröffnen, sich im Berufsleben einzubringen und zu zeigen, dass sie engagiert sind. Sie werden akzeptiert und können später von ihren Erfahrungen profitieren. Sie bleiben nicht zu Hause und jobben auch nicht nur, sondern haben die Möglichkeit,tatsächlich in die Arbeit einer Verwaltung oder eines Unternehmens hineinzuschnuppern. Durch diese Praktikantenplätze eröffnen sich ihnen weitere Chancen.

Frau Staatsministerin, ich darf Sie darauf hinweisen, dass die zwischen den Fraktionen verabredete Redezeit abgelaufen ist.

Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss. – Meine Damen und Herren, die „Startgarantie Hessen“ umfasst ein großes Maßnahmenbündel. Dazu gehört auch das „Hessenpraktikum“. Ich bin froh, dass immerhin so viele Jugendliche probiert haben, über das Praktikum eine Chance zu bekommen. Sie werden von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung betreut. Die Jugendlichen haben später eine bessere Chance, sich auf Ausbildungsplätze zu bewerben. Das ist aber nur ein Baustein in dem Maßnahmenbündel der „Startgarantie Hessen“.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt. Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich die Schülerinnen und Schüler einer türkischen Schule aus Izmir. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Sie sind in Begleitung von Schülerinnen und Schülern der Freiherr-vom-Stein Schule aus Eppstein und nehmen heute an der Plenarsitzung teil.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 38 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Staatssekretärskarussell: Kompetenz geht, Inkompetenz bleibt, Fulda kommt) – Drucks. 16/1817 –

Das Wort hat der Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein bisschen mehr Munterkeit an diesem Morgen kann dem Hause nicht schaden. Deshalb will ich darauf hinweisen: Manch einer, auch hier im Parlament, nennt ihn den Engel Aloisius – unseren Wirtschaftsminister Alois Rhiel –, weil er gerne engelsgleich auftritt, viel predigt und das, was er zur hessischen Wirtschaftspolitik zu

sagen weiß, wenig mit Fakten, aber viel mit Dogmen und Glaubensbekenntnissen zu tun hat.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, in Wahrheit ist alles ganz anders: Alois scheint kein Engel, sondern ein echter Bösewicht im Regierungs-Dschungelcamp zu sein. Die Indizienkette dafür wird immer länger. Jüngst quälte er junge Mütter, die nichts anderes wollten, als ihre Kinder in den Kindergarten zu bringen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Jetzt ist herausgekommen, dass er über Monate hinweg auch seinen Staatssekretär so sehr gequält hat, dass wir vor gut einer Woche ein eher leises und zitterndes Stimmchen vernehmen mussten, das flehte: Ich bin ein Staatssekretär – holt mich hier raus!

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Show-Experte Dirk Bach, der bei uns Metz heißt,

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

erkannte sofort den Ernst der Lage, eilte flugs zum Chef, und dort setzte man prompt das Staatssekretärskarussell in Bewegung. Herbert Hirschler kann jetzt aufatmen. Er darf das Camp verlassen. Aloisius ist ebenfalls glücklich, braucht er doch nicht länger mit ihm über unterschiedliche Auffassungen über die Führung des Hauses zu diskutieren.

Dass mit Hirschler die letzte ökonomische Kompetenz aus dem Regierungscamp ausscheidet, stört Aloisius dabei offensichtlich nicht allzu sehr.