Protocol of the Session on January 29, 2004

Dass mit Hirschler die letzte ökonomische Kompetenz aus dem Regierungscamp ausscheidet, stört Aloisius dabei offensichtlich nicht allzu sehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der FDP)

Wir vernehmen von Dirk, über den wirtschaftspolitischen Kurs der Landesregierung gab es angeblich keine unterschiedlichen Auffassungen.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Wie sollte das auch sein, Kollege Reif? Den derzeitigen Kurs des Stillstands und des Stillstehens kann jeder verfolgen, insbesondere dann, wenn er es lange im Schatten des Doms geübt hat.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Als neuen Staatssekretär bekommt Aloisius nun Bernd Abeln, ein laut Dirk „erfahrener Staatssekretär“ – neben dem offensichtlich unerfahrenen Minister. Der neue Staatssekretär bei Aloisius hat sein bisheriges Amt so „kompetent“ verwaltet, dass ihm ein Kollege an die Seite gegeben werden musste, um zukünftig wenigstens die größten Schnitzer zu vermeiden. Ich erinnere nur an das Haushaltsdesaster, an das SAP-Desaster, an das Staufenberg-Desaster und an viele andere Desaster mehr.

Meine Damen und Herren, von Dirk wird gelobt, als Aufsichtsratsvorsitzender von Nahverkehrsgesellschaften habe Abeln doch schon Erfahrungen gewonnen.Aber ein Wirtschaftsexperte ist er gewiss nicht.Aber auch das stört nicht, weil er als Jurist buchstäblich zu allem fähig ist und der wirtschaftspolitische Kurs sich nicht verändern soll. Was es damit auf sich hat, habe ich gerade eben gesagt.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, mit dem Dritten im Bunde, nur so wird das ein echtes Triumvirat

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

wie die im alten Rom endeten, sollten Sie im Geschichtsunterricht gelernt haben –, kommt nun erneut Fulda, und zwar mit Macht. Für seine Verdienste um den Zusammenhalt der osthessischen CDU in schwerer Zeit wird deren Vorsitzender,Walter Arnold, nun Staatssekretär im Finanzministerium. Das sei Ausdruck einer besonderen Wertschätzung für die Arbeit in der Fraktion, sagt Camp-Moderator Dirk dazu. Auch wenn man von dieser Regierung viel gewohnt ist: Das überrascht jetzt doch. Niemand in diesem Hause hat Walter Arnold je als einen Kenner von Haushalts-, Steuer-, Immobilien- oder Hochbaufragen erlebt. Im Haushaltsausschuss war er auch noch nie.

(Zurufe von der CDU)

Dass mit Herbert Hirschler nach noch nicht einmal einem Jahr seit der Regierungsneubildung der dritte Staatssekretär von Roland Koch zum teuren Spaziergänger gemacht wird, ist bittere Realität und unterstreicht, wie düster die Zukunft unter der absoluten Mehrheit im schwarzen Hessen zu werden droht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Sie kürzen an allen Ecken und Enden, haben aber mehr als 1,5 Millionen c pro Jahr für eine Parteibuch-Personalpolitik in den Chefetagen übrig. Da kann man noch viel Schlimmes erwarten. Der vorletzte Staatssekretär von Karlheinz Weimar,Jochen Riebel,sitzt zwar selten hier im Landtag auf der Regierungsbank, aber immerhin auf einem Ministersessel.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Lieber Alois Rhiel, ziehen Sie sich beizeiten warm an, denn der neue Staatssekretär – wie Sie aus Fulda kommend – könnte schon bald an Ihrem Stuhl sägen.

Meine Damen und Herren,so trudelt diese Regierung mit rasant absackenden Quoten ihrem Ende entgegen.

(Zurufe von der CDU)

Mit dem Engel Aloisius, das wissen wir alle, ist es auch so eine Sache. In München sitzt er im Hofbräuhaus am Biertisch. In Wiesbaden sitzt er zwar am Kabinettstisch, in beiden Fällen überbringt er allerdings keine Botschaft. Und so fehlt es der Regierung in Hessen – wie der in Bayern – bis heute an einer göttlichen Eingebung.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vielen Dank,Herr Kollege Kaufmann.– Das Wort hat der Kollege Schmitt, SPD-Fraktion.

(Clemens Reif (CDU): Ist der auch Karnevalist?)

Sehr geehrter Herr Präsident! Man kann die Sache lustig angehen, wie es Herr Kaufmann gemacht hat, aber man muss die Angelegenheit auch einmal von der ernsten Seite her betrachten.

Hessen steigt ab: beim Wirtschaftswachstum, bei der finanziellen Bonität, beim Erhalt von Arbeitsplätzen.Auch Ministerpräsident Koch steigt ab und wird, nicht zu Unrecht, von der CDU-treuen Tageszeitung „Die Welt“ unter die Verlierer des Jahres 2003 eingeordnet.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Ministerpräsident hat den Zenit überschritten. Er ist, wie das Land, auf dem absteigenden Ast.

Das gleiche muss man aber zu dem zweiten Kabinett Koch insgesamt sagen. Es ist auf einem absteigenden Ast. Dr. Hirschler war und ist jemand, der klar erkannt hat, dass Hessen auf der Rutsche nach unten ist. Er hat deshalb um seine Entlassung gebeten.Wenn die CDU das Argument vorschiebt, dass persönliche Gründe ausschlaggebend gewesen seien, dann hat dieses nichts mit der Wahrheit zu tun. Frau Wagner, auch Sie wissen das. Herr Dr. Hirschler war entsetzt über den fahrlässigen Umgang von Minister Rhiel mit den Problemen des Flughafensausbaus. Ich nenne das Stichwort Ticona.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Wagner, da muss man sagen: Wir haben Verständnis dafür, dass Dr. Hirschler und die FDP nicht in Mitverantwortung für das unsägliche Regierungshandeln genommen werden wollen, denn die Regierung fährt eine für das Land Hessen zentrale Angelegenheit an die Wand. Das sind die wahren Gründe für das Ausscheiden von Dr. Hirschler. Dazu sollten Sie sich bekennen.

(Beifall bei der SPD)

Hessen ist wirtschaftspolitisch auf dem absteigenden Ast. Wirtschaftsminister Rhiel ist dabei,eine zentrale Aufgabe, die Hessen zu leisten hat, zu versemmeln.

Meine Damen und Herren, das andere ist die wenig überzeugende Rochade, die mit dem Wechsel von Herrn Abeln angestrebt wird. Da ist Herrn Kaufmann absolut zuzustimmen: Abeln ist in den letzten Monaten wirklich nicht durch wirtschaftspolitischen Sachverstand aufgefallen.Ich glaube,die Mitwirkung an einem Erlass,durch den Steuerflüchtlinge verschont werden, ist aus unserer Sicht keine Wirtschaftspolitik oder Wirtschaftsförderung, sondern das ist Betrug am ehrlichen Steuerzahler.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dr. Arnold wiederum, dessen Lebensweg eher wirtschaftspolitisch geprägt ist, ist wahrlich kein Haushaltsund Finanzexperte. Es ist wunderschön, mit Ihnen umweltpolitische Fragen zu diskutieren – ich muss sagen, da haben Sie auch Sachverstand.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Aber finanz- und haushaltspolitische Fragen sind Ihnen nicht auf den Leib geschnitten.Warum ist es also zu dieser Entscheidung gekommen, dass Sie in das Finanzministerium kommen sollen?

(Zuruf des Abg. Rudi Haselbach (CDU))

Meine Damen und Herren, das ist die Belohnung dafür, dass Koch in der Hohmann-Affäre von Dr.Arnold in Osthessen der Rücken freigehalten wurde.

(Beifall bei der SPD)

Dr. Arnold profitiert nun von der unsäglichen Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Hohmann – ein unglaublicher Vorgang.

(Beifall bei der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Da siehst du nun einmal, wenn du uns den Rücken freigehalten hättest, könntest du auch etwas werden!)

Meine Damen und Herren, das macht einmal mehr deutlich, dass das zweite Kabinett Koch vor allem durch innerparteiliche Rücksichtnahmen geprägt ist. Herr Koch ist nicht der starke Mann, für den er sich gibt. Er ist abhängig von vielen innerparteilichen Strömungen in der CDU, auch von einer Strömung, wie sie unter anderem Herr Hohmann verkörpert und für die Dr. Arnold jetzt stellvertretend – weil er den Rücken freigehalten hat – in dieser Region vertreten sein soll. Das waren die Ambitionen, die aus Osthessen gekommen sind.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU))

Es ist ja nicht das erste Mal. Bei der Kabinettsbildung vor jetzt etwa einem Jahr war es auch die Schwäche von Herrn Koch, seine innerparteiliche Rücksichtnahme, die dazu geführt hat, dass das Kabinett so aussieht, wie es aussieht. Am Ende bezahlt der Steuerzahler die Rechnung dafür, dass diese Rücksichten genommen wurden. Herr Grüttner musste dafür belohnt werden, dass er dem Herrn Ministerpräsidenten in der Schwarzgeldaffäre den Rücken freigehalten hat. Das war die eine Entscheidung. Aber er hat nicht den Mut gehabt, Herrn Riebel dorthin zu schicken, wo er eigentlich hingehört – nämlich nicht nach Brüssel, sondern in die Wüste. Das ist jetzt auf Kosten des Steuerzahlers geklärt worden.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Beermann wurde in den Vorruhestand geschickt.

(Rudi Haselbach (CDU): Das ist schweinisch!)

Herr Seif hat es mit Frau Lautenschläger nicht ausgehalten – das verstehe ich ein wenig –, also musste für ihn im Umweltministerium Platz geschaffen werden.Dort wurde dann Frau Gundelach in den Vorruhestand geschickt, und der Kollege Gotthardt kann jetzt das Ministerium nicht mehr verwirren, sondern die CDU-Fraktion – damit können wir gewissermaßen leben.

Herr Kollege Schmitt, Sie müssen zum Schluss kommen.